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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.04.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19050415029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1905041502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1905041502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-04
- Tag 1905-04-15
-
Monat
1905-04
-
Jahr
1905
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wurde am 1. April eine Bombe auf den Gehülfen des Poli- .»eimcislers Lchatalowilsch geschleudert, der schwere Ver- etzungcn davontrug, denen er erlegen ist. Der Attentäter wurde von einem Schutzmann niedergeschlagen und starb bald an den Verletzungen. 12) In Mohtlew wurden am 21. Avril auf den Behülfen des Polizeimeisters Mis- gailo von drei Unbekannten vier Nevolverschüsse abgefeuert. Die Kugeln verfehlten ihr Ziel. Die Attentäter e n t- kamen. 13) An Warschau übersiel am 3. April ein Hause eine Militärpatrouille und feuerte auf sie Revolver schüsse ab. Die Patrouille erwiderte mit einer Salve. Neun Personen wurden verwundet, zwei getötet. 14) Am 3. April drang in Warschau in das Praga-Hospital, in dem sich drei bei einer Explosion verwundete Schutzleute befanden, ein Unbekannter und verwundete einen Schutz mann durch Revolverschüsse. Der Attentäter ent kam. 15) In Baku wurden auf den Pristaw Mabcd- bekow, während er Verhaftete auf die Polizeiverwaltung brachte, mehrere Revolverschüsse abgefeuert, durch die der Jessaul Muraliach, der den Pristaw begleitete, verwundet wurde. Von den Attentätern wurden zwei verhaftet, einer verwundet. ver mrrirch-jspanizche Weg. Drr Rssch-jeftwensky». Der „Motin" meldet aus Petersburg, im Marineamt ibe man befriedigende Nachrichten von Roschdjesi- -enSky erhalten. Man sei überzeugt, daß er seine Streit igste nicht geteilt habe und sich auf dem Wege nach Hongkong befinde. Ter Admiral suche die Japaner über seinen Kurs zu täuschen und strebe, mit der vereinten Flotte nach Wladiwostok zu kommen. DaS Geschwader des Admirals Nebopetow dampfe mit großer Geschwindigkeit durch den indischen Ozean. Man hoffe, daß eö Roschdjestwensly gelingen werde, ihm Befehle zukommen zu lasten. Ebenso glaube man, daß eS Nebogetow möglich sein werde, durch chiffrierte Tele gramme Roschdjestwenöky mitzuteilen, welche Inseln er anlaufen wolle. Togo. Der .Daily Expreß" meldet aus Hongkong, man glaube, daß Admiral Togo in der Meerenge von Formosa die Rusten erwarten werde, weil die dortigen Gewässer mit Minen angesi'lllt sind. spanische Nachrichten. Der „Daily Telegraph" meldet aus Tokio: Alle Gouverneure längs der Südküste Chinas erhielten von Peking aus die Weisung, für den Fall, daß die Russen beabsichtigen sollten, sich dort eine Basis für ihre Flotlenoperationen zu schaffen, eine ablehnende Haltung zu beobachten. Man vertritt hier die Ansicht, baß gegenwärtig sür eine Seeschlacht die geeignetste Jahreszeit sei, zumal das Auftreten der Taifun stürme vor nächstem Monat nicht zu erwarten stehe. — Der Kreuzer „Warjag",der von den Rusten am 8. Februar 1904 freiwillig versenkt worden war, wird wahrscheinlich bis zum 19. April in Tschcmulpo wieder flott gemacht werden. — Die Fahrt des baltischen Geschwaders wird in Japan mit großem Interesse verfolgt. Die japanische Regierung ist entschlossen, darauf zu bestehen, daß die Mächte unbedingte Neutralität bewahren. Für den Fall, baß die Neutralität ernstlich verletzt oder den Vorstellungen Japans nicht Rechnung getragen werden sollte, werde Japan besondere Maßregeln erg-vifen. politische Tagesschau. Leipzig, 15. April. regen muß. Der Inhaber des Detektiv-JnstitutS bekundete, er habe vom „Lokalanzeiger" öfters den Auftrag erhalten, Angestellte oder frühere Angestellte zu beobachten und der Prokurist Knapp« bestätigte, daß Dr. Sandstein, der zwanzig Jahre hindurch Syndikus deS Seherischen Institutes war, vom Tage seines Ausscheidens an beobachtet wurde. Herr Löwe betont noch, daß er mit Herrn Scherl selbst noch intim verkehrt habe, wahrend er schon „observiert wurde. Kurz, eS enthüllten sich Geschäftsgepflogenheiten von seltener Deli kateste. Man konnte sie nicht einmal dann übergehen, wenn eS sich um eine unwichtige Privatperson handelte, aber daS ist nicht der Fall. August Scherl ist ein mächtiger Mann und jeder Beitrag zu seinem Bilde muß der Oeffentlichkeit will kommen sein. Zu dem neuesten Zuge läßt sich nun sagen, daß wohl kein Mensch derartiges sür wahrscheinlich gehalten hätte, daß dies eine sich aber doch sehr einfach erklärt, da ja Herr Smerl seine Lehrjahre im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten verlebt hat. Zum Prozeß der „Zeit". Der Prozeß vor dem Wiener Schwurgericht, der gestern mit dem Freispruch der Herren Dr. Heinrich Kanner und Dr. Isidor Singer geendet hat, ist der negative Abschluß eines Skandals, welcher seine Zelebrität nicht aus der Materie an sich, sondern aus der Persönlichkeit des Hauptzeugen her geleitet hatte. Die Frage, ob am Wiener „Korruptionismus" dieser oder jener Geschäftsmann, dieses oder jenes Institut beteiligt sind, hat für reichsdeutsche Zuschauer nicht die „sen sationelle Bedeutung, zu der sie sich im Bereiche der Präsidial chefs, der k. k. Offiziösen, der Kaffeehausgänger, sür Herrn Krauß und die Leier seiner „Fackel" emporgewachsen sein mag. Vielmehr wirkte auf die Entfernteren einzig die Ueber- raschuna, daß plötzlich das Regime Koerber der Beförderung solcher Mißbräuche geziehen wurde, die vielleicht unter ihm geduldet worden sind, von denen aber den früheren Minister präsidenten frei zu wissen das Interesse eines jeden war, der den hervorragenden Staatsmann als einen der wenigen in takten Charaktere Neuösterreichs geehrt hat. Denn noch ist das Echo des Lobes, das unbesoldete Leute dem gestürzten Minister spendeten, nicht verklungen, mag er auch für die Be soldeten tot sein. Herr von Koerber Hal seine Erklärungen vor dem Tribunal mit aller Festigkeit abgegeben: er hat die Situation nicht gefürchtet, sondern ihr getrotzt. Bei der Ver antwortung der Beklagten kam eine Epsiode vor, die nicht un wichtig ist. Herr Dr. Kanner, der, ehe er das Journal „Die Zeit" begründete, Vertreter der „Frankfurter Zeitung" war, sagte, er glaube nicht, daß er von dem Verleger Sonnemann auf Betreiben des gewesenen Ministerpräsidenten entlassen worden sei; denn dieser habe ihm selbst durch eine Mittels person ehrenwörtlich versichern lasten, daß er an jener Ent lastung unschuldig sei, und er habe keinen Grund, an der Ehrenhaftigkeit des Herrn von Koerber zu zweifeln. Seiner seits hat der Hauptzeuge, der in Trauerkleidung, den Zylinder hut in der Hand, erschien, mit Bestimmtheit den Umfang dessen umristen, was er, nachdem er den Kaiser um die Entbindung vom Amtsgeheimnis ersuchte, zu Protokoll gab. Zur Affäre des Herrn David Gutmann, der Onkel des Klägers Max Gut mann ist, hat Herr von Koerber erklärt, daß er eine „An regung". den alten Industriellen in das Herrenhaus zu be rufen, strikt abgelehnt hat. Zurückgewiescn wurde, neben der Frage über den Tlspofitionssonds, die Frage, ob der Präsi dialvorstand im Ministerpräsidium, Sektionschef Sieghart, und der Präsidialchef im Ministerium des Inneren, jetziger Landesvräsident der Bukowina Dr. v. Bleyleben an zahlreiche andere Persönlichkeiten mit dem Anträge wegen Berufung ins Herrenhaus herangetreten seien. Hier lautet das Zeugnis des Herrn v. Koerber wörtlich: „Meine Enthebung von der Amts verschwiegenheit reicht über den vorliegenden Fall nicht hinaus. Ich kann daher über andere Sachen keine Auskunft geben. Wenn jedoch „Die Zeit" andere Artikel nach dieser Richtung bringen wird, werde ich gerne noch einmal bereit fein, hierher zu gehen." Es ist die letzte verpflichtende Aeußerung, die der frühere Ministerpräsident gestern tat. Die Tatsache, daß die sehr dringlichen finanziellen Anliegen der „Zeit" an das Haus Gutmann geosfenbart worden sind, und die verblüffende Freisprechung^ die Herrn Dr. Kanner autorisierte, dem Klqger zuzuruien: „Schämen Sie sich' Wozu haben Sie sich daher gesetzt?", gehen unS nichts an. Zur Reform der militärischen Ehrengerichte. In der „Tägl. Rundschau" weist Generalleutnant z. D. von Boguslawski die Ansicht zurück, daß die militärfichen Ehrengerichte „reformbedürftig" seien. Indessen wirken seine Ausführungen nicht überzeugend. Ehrengerichte sollen Hand lungen und Unterlassungen vor ihr Forum ziehen, die das Gesetz zwar nicht als strafbar bezeichnet, die jedoch „dem rich tigen Ehrgefühl und den Verhältnissen des Osfiziecstandes zu wider sind". So formuliert Boguslawski selbst ihre Ausgabe. Wenn nun aus Grund dieser Kompetenz Männer wie Oberst leutnant a. D. von Wartenberg und Oberst a. D. Gädke an geklagt oder gar verurteilt werden, weil sie militärische In stitutionen freimütig, aber durchaus sachlich kritisiert haben, so sind vielleicht nicht die Bestimmungen reformbedürftig, son dern der Geist, der sie auslegt und handhabt. Und dann hätte Herrv. Boguslawski recht, indessen ... der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig. Der Mann der unbegrenzten Möglichkeiten. Vor dem Berliner Schöffengericht wurde gestern die Pri vatklage des Dr. ^ur. Löwe gegen Herrn August Scherl ver bandelt. Herr Lowe, der eine Zeitlang die rechte Hand des Herrn Scherl war, schied dann aus seiner Stellung aus, beide Herren gerieten in eine Zeitungsfehde und schon bevor diese begann, glaubte Herr Scherl in einzelnen Artikeln anderer Blätter die Wirkung von Indiskretion irgend eines Beamten erblicken zu müssen. Er riet auf Herrn Löwe und ließ nun diesen durch ein bekanntes Detektivbureau beobachten. Herr Löwe führte im Lause der Verhandlung durchaus zu treffend aus, daß die unausgesetzte Beobachtung das Nerven leben schwer schädigen müsse. Das Gericht hat in den Ver fahren des Herrn Scherl keine „Beleidigung" erblicken können; eine Schädigung ist dem Kläger unseres Erachtens jedoch er wachsen. Jeder Arzt wird bestätigen, daß ein solches Ueber- wachungssystem den Betroffenen mehr oder minder heftig er Castros goldene Rücksichtslosigkeit. Wer sich für die auswärtigen Beziehungen Deutschlands interessiert, der tut gut, die Herren Castro und Bowen nicht außer Auge zu lassen. In diplomatischen Kreisen Washingtons spricht man, wie der Draht meldet, sehr erregt darüber, daß der Präsident von Venezuela seinem ehemaligen Protektor und Busenfreunde, dem Gesandten Bowen, auf seine letzte Mitteilung in diplomatisch unzulässigem, ja sogar drohendem Tone geantwortet habe. Mitglieder des diplo matischen Korps, die sich im Staatsdepartement erkundigten, erhielten die Auskunft, vor Roosevelts Rückkehr werde man nicht gegen Venezuela Vorgehen, sollte aber die Antwort Castros in der Tat eine Beleidigung des amerikanischen Ge sandten enthalten, so werde man diese sicher nicht ignorieren. Diese Drahtnachricht ist sehr bemerkenswert. Präsident Castro müßte an Größenwahn leiden, wenn er ohne ganz besondere Motiv« Amerika, dem er seine Existenz dankt und das ihn jederzeit vernichten kann, brüskieren sollte. Anderseits könnte er den Erpansionsgelüsten der Vereinigten Staaten keinen größeren Dienst leisten, als wenn er ihnen durch taktloses Ver halten den Vorwand zu Repressalien böte. Es scheint uns in folgedessen sehr unangebracht, wenn einzelne deutsche Zeitungen sich über Herrn Bowen lustig machen und behaupten, sein ehemaliger Schützling erwiese sich als undankbar und betätigte nun an ihm seine vielbewunderte göttliche Grobheit. Wir glauben im Gegenteil, Herr Bowen und Herr Castro sind im Grunde ein Herz und eine Seele. Herr Bowen hat feinen Zweck erreicht und das sonderbare Betragen des venezolani schen Präsidenten, das den amerikanischen Plänen so trefflich zu statten kommt, erklärt sich ganz einfach als eine „goldene Rücksichtslosigkeit". Deutsches Deich. Leipzig, 15. April. * voa Herr« Th. TH. Heine erhalten wir folgenden Brief: An die Redaktion de« Leipziger Tageblatte« 1 In der Nummer 186 Ihre« Blatte« vom 12. April 1905 schreiben Sir, ich habe mich dazu verstanden, den König von Sachsen um Gnade anzurufen. Auf Grund de« Preßgesitze« er- suche ich Sie, diesen Irrtum an der gleichen Stelle und unter der gleichen Uebrrfchrift zu berichtigen. Ich habe mich nie dazu verstanden, den König von Sachsen um Gnade anzurufen. Hochachtend Td. Th. Heine. München, den 14. April 1905, Theresienstraße 148. Dann sind in der Presse über Herrn Heine irrige An- gaben gemacht worden. Vielleicht klärt sich der Widerspruch io auf, daß Herrn Heine ohne sein Zutun durch einen Gnadenakt deS Königs von Sachsen seine Strafe erlassen oder gemildert wurde. Immerhin stehen wir nicht an, unser Urteil über Herrn Heine in diesem Punkte zu revidieren. * Die Unsicherheit der Verzollung gibt den Inter essentenkreisen von Handel und Industrie vielfach zu Klagen Anlaß. Der Handelsvertragsverein schreibt darüber: „Nach Abschluß der Handelsverträge mit den bis- herigen Vertragsstaaten werden die Absatzbedingungen für viele Branchen der deutschen Exportindustrie auf wichtigen Gebieten des Weltmarktes in Zukunft nicht nur erschwert, sondern obendrein für die erste Zeit recht unsicher werden: für zahlreiche wichtige Export artikel lassen sich Kalkulationen heute mit einiger Zu verlässigkeit überhaupt noch nickst vornehmen. Der Grund hierfür liegt darin, daß sämtliche Staaten, welche jetzt neue Zolltarife ausgestellt oder noch in Be arbeitung haben — Oesterreich-Ungarn, Schweiz, Rußland, Rumänien, Serbien, Niederlande, Nor- wegen, Schweden. Spanien. Portugal — mit der mehr oder minder starken Erhöhung der Einfuhrzölle zugleich eine zum Teil durchgreifende Aenderung des Tarif schemas und des Tariftextes verbunden haben. Dadurch wird es für viele Artikel ungewiß, unter welche Positionen sie künftig zu sub- lumieren sind und der Willkür der Zollbeamten zum Teil ein weiter Spielraum gelassen. Dies gilt ins- besondere für diejenigen Staaten, die kein amt liches Warenverzeichnis zum Zolltarif be sitzen und das ist die große Mehrzahl. (Ein solches amtliches Warenverzeichnis gibt es z. Z. nach authen tischer Mitteilung nur in folgenden Staaten: Belgien. Dänemark, Frankreich. Italien. Oesterreich-Ungarn. Spanien, Portugal, Schweiz, Serbien, Australischer Bun>. Offizielle Sammlungen von Zolltarif-Ent scheidungen werden herausgegeben in: Oesterreich. Ungarn. Italien. Vereinigte Staaten von Amerika und Dänemark. ) In den zahlreichen Fällen, wo die Klassifizierung eines Artikels aus dem Wortlaut des neuen Tarifes nickst mit Sicherheit ersichtlich ist. ist eine zuverlässige Auskunft an zu ständiger amtlicher Stelle fast nir gends zu erhalten. Entweder wird mitgeteilt, daß eine Auskunft vor Inkrafttreten des neuen Tarifes nicht erteilt werden könne, oder aber es wird auf die noch in Aussicht stehende Neubearbeitung des amtlichen Warenverzeichnisses verwiesen. Das ist ein großer Uebelstand. Die deutsche Regierung würde sich u. E. ein Verdienst erwerben, wenn sie dem Aus lande mit gutem Beispielvoranginge und das deutsche „amtliche Warenverzeichnis" sobald als möglich veröffentlichte. Dann wäre unsere Industrie wenigstens darüber zuverlässig in formiert, welche Zollsätze die ausländische Konkurrenz für die zahlreichen, im neuen deutschen Tarif nicht namentlich aufgeführten Spezialartikel künftig zu zahlen hat, und wie hoch die Einfuhr sämtlicher deut- schsrseits benötigten Rohstoffe und Halbfabrikate be lastet ist." Man sollte doch meinen, daß die deutsche Regierung in der Lage wäre, einen gewissen freundlichen Druck — wenigstens auf die Vertragsstaaten — dahin auszuüben, daß diese die Fertigstellung ihrer amtlichen Warenver zeichnisse tunlichst beschleunigen oder mindestens dafür Sorge tragen, daß inan über die künftige Verzollung sämtlicher Einfuhrartikel schon jetzt eine zuverlässige Auskunft erhalten kann * Reichstagßabgeordneter Faller Wie aus Köln gemeldet wird, ist heute der natwnalliberale Reichstags abgeordnete Faller im 49. Lebensjahre infolge von Herzkrämpfen gestorben. Faller, der dem Reichstage seit 1898 angehörte, war Posthalter zu Bonn dorf im badischen Schwarzwald und vertrat den Wahl- kreis Tonaueschingcn-Dillingen, den er in der Stichwahl mit knapper Mehrheit (11 773 Stimmen gegen 11 035) gegenüber dem Zentrum behauptete. In der Hauptwahl naaren 9701 Stimmen für den Zentrumskandidaten. 9317 für den Nationalliberalen, 2189 für den Sozial demokraten und 46 volksparteiliche Stimmen abgegeben worden. * Berlin, 15. April. * ReisediSpositione» VeS Kaiserpaares. Ueber die Reise pläne ves Kaisers nach der Rückkehr von der Mittelmeerfabrt verlautet folgendes: Der Monarch beabsichtigt nach Beendigung seiner Mittelmeerfahrt auf der Rückreise von Italien zu An fang Mai dem großherzoglich Badischen Hofe in Karlsruhe einen kurzen Besuch abzustattr». Von dort erfolgt, wie be reit« gemeldet, die Weiterreise nach Straßburg, Men, Ur- ville und Wiesbaden. Für AuSgang« Mai wird der Besuch des Kaisers in Cadinen erwartet, und zwar im Anschluß an den alljährlich wiederkehrenden Jagdaufenthalt in Pröckelwitz und Schlobitten. Auch die Kaiserin dürste in diesem Jahre mit den jüngsten kaiserlichen Kindern wäh rend der Nordlandreise deS Kaisers einen mehrwöchigen Sommeraufenlhalt in Cadinen nehmen. Am 8. und 9. August wird der Kaiser, wie schon berichtet, in Posen weilen, und am 2l. August der Festungsübung in Thorn beiwohnen. Ende September berw. Anfang Oktober finden sodann die alljährlichen Jagdvesuche in Rominten und Hubertus statt, bei denen der Kaiser voraussichtlich von der Kaiserin begleitet sein wird. * TaS ReichSversichcrungSamt hat zu der Frage Stellung genommen, wie eS mit solchen Bescheinigungen über die Auf rechnung der Quittungskarten zu halten ist, die nach einjähriger vergeblicher Aufbewahrung bei den Poli zeibehörden unbestellbar geblieben sind. Das Reichs- versicherungsamt hat davon abgesehen, wegen Aufbewahrung der Aufrechnungsbescheinigungen eine entsprechende Anweisung an die Landesversicherungsanstalten ergehen zu lasten. Da beim Fehlen einer gesetzlichen Bestimmung kein Anlaß vor liegt, den Polizeibehörden die Verpflichtung zur Aufbewahrung der erwähnten Bescheinigungen aufzuerlegen, so werden die Polizeibehörden ermächtigt, die betreffenden Bescheinigungen ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie ein gegangen sind, zu vernichten. — BeförderunaimBereichdesReichsamts des Innern. Mit der Ernennung der Geheimen Regie- rungsräte Müller und Lohmann zu Geheimen Ober- rcgierungsräten sind die im Recchsamt des Innern erwarteten Beförderungen, wie man annimmt, noch nicht abgeschlossen. Der auch als Präsident des Bundesamtes für das Heimat wesen noch zum Ressort des Reichsamts des Innern ge hörende, jetzt zum Wirklichen Geheimen Ober-Regierungsrat mit dem Range eines Rates erster Klasse ernannte Dr. Kelch, der früher auch als Mitglied der freikonservativen Fraktion dem Aogeordnetenhause angehörte, war, als Helgo land an Deutschland kam, eine zeitlang Regierunaskommissar dort. Er vermahlte sich dann mit einer Helgoländerin, deren Bruder als Arzt in Südafrika weilt. Das zum Geheimen Ober-Regierungsrat beförderte Mitglied des Reichsamts des Innern, Lohmann, ist ein Sohn der vormaligen Mitglie des deslelben Amtes und Hauptmitarbeiters an den ersten Ar- beiterversicherungsgesetzentwürfcn, des jetzigen Unterstaats ekretärs im preußischen Handelsministerium. Auch ein Sohn des Staatssekretärs des Reichsschatzamtes, Frhrn. von Stengel, ist im Reichsamt des Innern tätig. — Der Staatssekretär des Reichsschatzamtes Freiherr v. Stengel hat sich mit Urlaub nach Süddeutschland be- geben. Wie angenommen wird, besteht wegen der im Herbste in Angriff zu nehmenden Steueraktion in allen wesentlichen Beziehungen eine Uebereinsfimmung zwischen dem preußischen Finanznnrnster und dem Reichsschatzsekretär. * * Tie Famecker Friedhofsangelegenheit ist nunmehr endgültig erledigt worden. Wie aus Straß burg gemeldet wind, verkündigte heute (Sonnabend, der k a i s e r l i ck> e R a t das Urteil in dem Rekurse, den die Einwohner von Fameck und der Bisck> of von Metz gegen die Entscheidung des Bezirkspräsidenten in Metz angemeldet hatten, der die Trennung des Fa mecker Friedhofes in Abteilungen nach Konfessionen ver boten hatte. Der Rekurs wurde abgewiesen und das Verfahren der Verwaltungsbehörde und des Be zirkspräsidenten in allen Punkten dein Sinne und Wort laut des Gesetzes entsprechend als richtig anerkennt. * Hamburg, 15. April. An dem Diner, das daS freiwillige Automobilkorvs gestern abend im „Hamburger Hof" veranstaltete, nahmen außer dem Prinzen Heinrich teil: Kommandierender General v. Bock und Polach, der Generalsekretär des deutschen Automobilklubs Freiherr v. Brandenstein. Prinz v. Thurn und Taxis, die Kapitäne Wenzel und v. Bülow, Kommerzienrat Bürenstein-Berlin u. a. > Prinz Heinrich brachte ein dreifaches Hurra ans den ! Kaiser aus, worauf die Kapelle: „Geil dir im Sieger- i kranz" intonierte. An den Kaiser wurde ein Telegramm ! gesandt. Prinz Heinrich hat sich beute früh nach dem Luruper Exerzierplätze begeben, wo das gestern von Berlin eingetroffene Automobilkorvs in 2 Gliedern Auf- stelluiia genommen batte. Prinz Heinrich schritt zu nächst die Front ab, worauf exerziermäßiges Fahren der Automobile stattfand. Gegen 10sH Uhr erfolgte die Ab- fahrt des Korps nach Knel. * Oldenburg, 14. April. Tic Meldung, daß Redak teur Biermann ein Gnadengesuch eingereicht habe, ist unrichtig. Die Nachricht klang auch recht unwahrscheinlich. * Aus den Ostmarkcn. Im Zusammenhang mit der energischen Handl-abung der Lstmarken-Politik. wie sie neuerdings bei der Regierung erfreulicherweise zu be obachten ist, steht ein größeres Interesse der maßgeben, den Instanzen für das Werk der Ansiedlungs kommission. Wie aus Posen gemeldet wird, treffen die Minister von Podbielski, von Budde und Freiherr von Rheinbaben am 5. Mai in Be gleitung mehrerer Ministerialräte, einer Anzahl von Abgeordneten, des Oberpräsidenten von Waldow und des Präsidenten der Ansiedlungskommission Blomeyer in Iannowitz ein, um mehrere im Kresse Znin belegens Ansiedlungsgüter zu besichtigen. und kommen auf das Mißverständnis, das einmal zwischen uns bestanden hat, nicht mehr zurück." Die Verwirrung, in die der Doktor jetzt geriet, war ganz anderer Art, als eS Flora gewünscht hatte. Daß Henny die Großmut oder die Verstellungskunst bis zu dieser ihm so günstigen völligen Umkehrung der Tat sachen treiben würde, hatte er nicht erwartet. Aber sie hätte kein klügeres Benehmen wählen können, um ihn noch zu einer längeren lebhaften Unterredung mit ihr zu bringen. Er fühlte sich zu einer solchen nicht nur ver pflichtet, sondern ganz unwillkürlich von Herzen ange regt. Es war ihm sehr willkommen, der schönen, liebens- würdigen Henny wieder frei ins Auge sehen zu dürfen und die so überraschend wieder geklärten Beziehungen zu «hr angenehm auszukosten. Auf eine Frage Floras, die diese mit kaum verhehlter Ungeduld an ihn richtete, hatte er nur kurz geantwortet und eine zweite Anrede ganz überhört. Flora verfügte nicht über dieselbe lächelnde Selbstbeherrschung, wie Henny. Dennoch gelang es ihr nach wenigen Minuten, ihre Empörung und Enttäuschung zu bezwingen, und, ohne sich um ihren unhöflichen Nachbarn weiter zu be kümmern, sich mit freundlicher Ruhe an den ihr gegen- über sitzenden En>ald zu wenden. Diesen schien seine Nachbarin, ein blasses, mageres Mädchen, die Tochter eines Geschäftsfreundes von Herrn Mähnert, zu langweilen. Er war in ein Gespräch mit dem unweit sitzend P Herrn Mähnert selbst verwickelt und überrasck e diesen freudig durch 'eine wirklich kaufmännischen Interessen und sach verständigen Fragen und Bemerkungen. Der Schnaps fabrikant war entzückt von dem netten jungen Mann, der an seinen gelehrten Studien keinen Gefallen mehr fand und sich lieber dem praktischen Geschäftsleben widmen wollte. Er war überzeugt, daß Ewald auch den Geheimnissen der Likördestillation viel mehr Verständnis und zugleich Bescheidenheit entgegenbringen würde, als der auch bei so ernsten Dingen immer zu allerhand Ulk aufgelegte vr. Grolich, und von keinem anderen Men schen hätte er sich gutwillig in feiner Unterhaltung mit ihm stören lassen, als von seiner Flora. Henny beobachtete mit heimlichem Entzücken, wie das Gespräch zwischen Ewald und Flora immer eifriger wurde. Jetzt gab sie den Doktor versuchsweise einen Augenblick frei. Dieser besann sich sogleich auf seine Pflicht und sagte Flora eine Schmeichelei über ihre kost bare seegrüne Toilette. Er wurde gar nicht gehört und bekam auf eine zweite zugleich zaghaftere und lautere Bemerkung, durch die er Floras Unterhaltung mit Ewald zu unterbrechen wogte, eine so unfreundliche Antwort von ihr, daß Henny über diesen sichtbaren ersten Erfolg ihrer Taktik innig beglückt war. Als er sich gekränkt wieder ihr zuwendete, schüttelte sie milde den Kopf. Der pikante Zug um die Mund winkel würzte den holden Ausdruck ihres Gesichtes mit einer allerliebsten Bosheit, und sie sagte mit einem so leisen Tone, als ibn der Anstand bei Tische irgend ge stattete: „Wir sind Freunde, lieber Herr Doktor. ES wäre unrecht von mir, Ihre Freundschaft selbstsüchtig zu miß brauchen und Ihre Unterhaltung für mich allein zu be anspruchen. Sie haben gegen Ihre andere Dame offen bar größere und heiligere Pflichten, und mir scheint, Fräulein Mähnert zürnt Ihnen wegen der Vernach lässigung, mit der Sie sie vielleicht um meinetwillen ver letzt haben. Machen Sie's wieder gut. Es ist meine Freundespflicht, Ihnen das zu raten. Ich mache heute weiter keine Ansprüche an Sie." Mit einer königlichen Neigung des klassisch frisierten Hauptes entließ sie ihn gewissermaßen aus ihren Diensten und wandte sich ihrem linken Nachbar zu, einem rot wangigen Architekten, der sie eifrig über den konstruk tiven Stil, über Walm und Krüppelwalm, über Falz ziegel, Stampfbeton und Isolierschichten unterhielt. I)r. Grolich aber saß, nach einem nochmaligen vergeb- licken Versuch, sich Floras Gnade rasch zurück zu erobern, verlassen zwischen den beiden Damen und sah sich allein auf die materiellen Freuden der Tafel angewiesen, die übrigens (einer ungeteilten Aufmerksamkeit auch wert waren. Denn Herr Mähnert hatte die Lieferung des ganzen Abendessens einem Feinschmeckerlieferanten über tragen. Es bestand, da es nur als einleitender Imbiß für die Pfirsichbowle gelten sollte, größtenteils au« kalten Schüsseln. Der Karpfen mit Mayonnaise hatte schon das Wohl gefallen deS Doktors erregt, über den krustierten Hirsch- rücken mit Kumberlandsauee war er infolge des Freund- schastsgesprächs mit Henny einigermaßen kritiklos hin weggegangen. Um so gewissenhafter prüfte er jetzt die Taubenpastete und die Fleischsülze, bezeigte -er kalten Nindslende mit gemischtem Salat seine tatkräftige Hoch achtung und widmete sich sogar dem süßen Nachtisch nach drücklicher, als sonst. Nur den Weinen sprach er mit vorsichtiger Zurückhaltung zu, um sich genügende Fassungskraft für den bevorstehenden Pfirsichsekt zu be wahren. Auch.Henny genoß, während sie die architektonischen Belehrungen ihres Tischherrn über sich ergehen ließ, die tadellosen Darbietungen der Tafel mit Verständnis und Ruhe und bedauerte einen Augenblick, daß Mama und Gerda der Einladung nicht ebenfalls gefolgt waren. Das war hier doch noch ein anderes Essen, als es die gute Gerda in ihrer Küche bieten konnte. Aber vielleicht war es ganz gut so, daß sie zu Hause geblieben war. Der Vergleich würde sie nur beschämt und unsicher gemacht haben. Zu Hause aber fühlten sich Mama und Gerda immer so wohl! Nach Aufhebung der Tafel erfolgte für eine halbe Stunde die übliche Absonderung eines Herren- und eines DamenzimmerS. vr. Grolich widmete sich mit schweigen- der Andacht seiner Upmann und trank grimmig einen Flora-Likör nach dem andern, während sich Ewald freundlich Herrn Mäkmerts kaufmännischen Werdegang erzählen ließ. Im Damcnzimmer mühte sich Flora, gleich ihrer Mutter die liebenswürdige Wirtin zu spielen, und sehnte mit Ungeduld den Beginn des Tanzes und der Pfirsichbowle herbei. (Fortsetzung folgt.)
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