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« »ro Dienstag, 18. Mai 1828 Gegründet 18S« 'Lradianlchktll. «achrtchie» Drr»»»». g«rnlpr»g»«r-Sammelnummer: SV 241 vu» sür Nachlgeiprächei SV 011. iS. dt« Sl. Wat IS2» det lilgllch»w»iinuiig-r Juslellung sreiKaus I.SOWark. " WLoUl)» Polidemgspreis itir Monal W« Zward odnePoll^uüellungügediikr. N >»,»>», m«»r l« Psenni,. Di« Anzeigen werden nach Saidmark verechnei: die »inipallige ZV m,n dre>Ie Anzeigen-Preise: auiierkald SVv Pig. OffrriengelMr IO Plg. Au»w. AuNritae aeaen Dorau-dezakl. «lackdruck nur mti deuiltcher Quellenangabe l,Dre«dn»r Nachr." mlMIig. Unaerlangl» SckrNIIlucke werben nick« auibewadri. Schrislleitunq und naupig»ich!lil«sl»ll» wartenilral,, 38 42. Druck u. Deriaa von tiiepsch ck »eichaedl in Dresden. Poliicheck.Ävnla 1OS6 Dresden. Haller marschiert auf Warschau. Die Gegenrevolution -er polnischen Nationalisten im Gange. — Schwere Kämpfe bei Lo-z. Beginn -er Abrüslungskonserenz in Genf. — Reichsbannermanöver in Oesterreich. - Schwere Unwetter über Italien. Eine Gegenregierung in Posen. Berlin, 18. Mai. Wie die Morgenblätter aus W a r sch a u melden, ist in Posen eine Gegenregierung ausgerufen worden, die sich aus dem General Haller, dem Vizemarschall Pluctnski und Paszkomski zusammensetzt. Die Truppen Ptlsudskis stehen mit den Strettkrästen Hallers bereits westlich von Lodz in Kühlung. Es sollen bereits größere Gefechte stattgesundcn haben. Auch aus anderen Gegenden werden schwere Gefechte gemcldt. 2.1 Kilometer von Lodz entfernt befinden sich mehrere Abteilungen der Haller- Truppen auf dem Marsch nach Warschau mit dem Befehl, bis nach Girardow zu marschieren, wo scheinbar General Haller seine Truppen zum Stoß gegen Warschau zusammenzieht. Ihm unterstehen bis jetzt 27NM Mann. Wie weiter aus Katto- witz gemeldet wird, hat sich die ganze schlesische Division unter dem Kommando des Generals Zajac unter den Befehl des MarschallS Pilsudskt gestellt. » Paris, 18. Mai. Eine Meldung des Korrespondenten der „Chicago Tribüne" aus Posen bestätigt die in Berlin ver öffentlichte Nachricht, daß General Haller sich weigere, von seinem Posten zurückzutretcn und den bewaffneten Widerstand gegen Marschall Pilsudskt zu organisieren ge- tenke. WarschaL Pilsudskt habe de« ScnatSprüstdente« be» «ostragt, mit General Haller zu »erhaudel«. Nationalistische Mitglieder beS Polnischen Landtages seien In Posen ein- getrosfen und entfalteten eine große Tätigkeit. Der Berliner Berichterstatter des „Echo de Paris" ist nach Posen gereist und berichtet über den Widerstand, der in Posen gegen Marschall Pilsudski organisiert werde. Die Lage sei ernst und der Kampf zwischen den Anhängern Pilfudskis und den Regierungstruppcn werde fortgesetzt. Gestern habe die Kavallerie von Posen Wilamow, den Stammsitz des Königs Johann Sobicski, wohin sich mehrere Mitglieder der alten Regierung geflüchtet hätten, beseht. lW. T. B.) Die Auffassung in Warschau. Warschau, 18. Mai. DaS allgemeine Interesse kon zentriert sich jetzt auf die Entscheidung der rechtsparteilichcn Führer in Posen, die gegen die Einberufung der National versammlung nach Warschau protestiert hatten. Man hofft jedoch, daß auch in Posen bald wieder eine Beruhigung der Gemüter eintretcn werde, und daß die Bemühungen der Generale Haller und Musnicki nicht den gewünschten Erfolg haben werden. Die Kommandeure von Lublin, Grodno, Brcst- Litowsk und Przemysl haben sich Pilsudski zur Verfügung ge stellt. Tie sozialistische Partei fordert die Arbeiterschaft zu weiterem rücksichtslosen Handeln aus und strebt nach einer Arbeiter- und Bauernregierung. Sie erklärt, alle ihre Ener gie und Kräfte einsctzen zu wollen für die Durchführung sozialer und politischer Reformen. General Sosukowski. der frühere Kriegsministcr. der als Kommandeur der Posener Truppen einen Selbstmordversuch machte, befindet sich außer Lebensgefahr. Dagegen hat Oberst Basziowitsch, der Leiter der Warschauer Unteroffizicrschule, der mit großer Energie sür die Negierung WitoS gekämpft hatte, Selbstmord begangen. Die Tatsache, daß poscnsche Truppen noch immer vor Warschau stehen, sei mit technischen Schwierigkeiten beim Abtransport zu erklären. Beruhigen»« Erklärungen »es Innenministers. «Durch yunkspruch.» Warschau, 18. Mai. Ter neu« Minister deS Innern er klärte Pressevertretern: Die Mitglieder der Regierung WitoS sind frei. Es bestand kein Anlaß, ihnen einen bestimmten Aufenthaltsort anzuweisen. Kür eine Berlänaeruna des Be lagerungszustandes liegt nicht hie geringste gesetzmäßige Vor aussetzung vor. Di« gegenwärtig« Regierung wird sich strikt an die Gesetze halte». Dt« VerkehrsfrrtSeit wird heute wieder hergestellt werden. (W. T.B.) England un» »ie Ktklalur Pilsuvskl. London, 18. Mat. In der gestrigen Unterhaussitzung er klärte Chamberlain auf die Anfrage, ob die neue polnische Regierung bereits non der britischen Regierung anerkannt worden sei. er habe nicht die Zeit gehabt (Gelächter), irgendwelche Schritte in bezug aus die Anerkennung zu tun. Er werde jedoch vielleicht gegen Mittwoch in der Lage sein, über diese Krage Informationen zu geben. Beerdigung der Warschauer Opker. Warschau, 18. Mai. Am Montag fand in Warschau die Beisetzung der Opfer der dreitägigen Schlacht statt. Es wurde zu Ehren der Gefallenen eine stille Keier auf dem Friedhof veranstaltet. Au Demonstrationen ist es dabei nicht ge kommen. — Der frühere Premierminister Witos hat sich heute von Warschau nach seinem Heimatdorfe begeben. Beginn -er Abrüstungskonferenz. lD u r ch F u n k 1 p r u ch.l Genf, 18. Mai. Die erste Tagung des Borbereitungo» ausschuffcs sür die Abrüstungskonferenz ist heute vormittag um 11 Uhr in öffentlicher Sitzung eröffnet worden. I« dem Ausschuß sind Lll Staaten mit nngefähr Ivll Delegierte» und Sachverständigen vertreten. Die Presse aller Länder ist stärker vertreten, als in der vergangenen Woche. Der Ans» schuß wählte zum Präsidenten Loudo«»Holla«d zum ersten Vizepräsidenten Cobian-Spanie« und zum zweiten Vizepräsidenten Bncro-Urnguay. sW. T. B.j * Genf, l8. Mat. Die deutsche Delegation sür den Ausschuß zur Vorbereitung der Abrüstungskonferenz, der heute mn elf Uhr die Eröffnungssitzung abhält, setzt sich folgendermaßen zusammen: Dclcgationssührer Botschafter a. D. Graf Bernstorsf, Geheimrat Bülow, Gesandtschaftsrat Boltze, Oberst von Stülpnagel. Oberstleutnant Ducmlein. Major Schindler. Rittmeister Baeumke» Konteradmiral Frhr. von Krenbcrg, Fregattenkapitän Gadow. An den Arbeiten des Ausschusses nehmen außer den zehn Natöstaaten noch folgende zehn Staaten Teil: Deutschland, Vereinigte Staaten, Holland, Finnland, Polen, Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien, Argentinien und Chile. Sin Aachgebeu Brasiliens in -er Äalssrage? Berlin, 18. Mai. Au dem dem Prüfungsausschuß deS Bölkcrbiindsrnts vorgclegtcn Entwurf wird von hiesiger unterrichteter Seite gesagt, obwohl hinsichtlich des Zusammen tritts der zweiten Tagung des Prüfungsausschusses «och Zweifel bestehen, so könne doch angesichts der Tatsache, daß abgesehen non den beiden Interessenten Spanien und Brasilien, die sämtlichen Ausschussmitglieder, und zwar ein mütig in sehr entschiedener Weise gegen die Vermehrung der ständigen RatSsitzc sich ausgesprochen haben, diese Frage als bereits negativ entschieden angesehen werben. Nach einer Genfer Meldung erklärte der Vertreter Brasiliens bei der Schlußbergtnng des von der Nnterkommission aus- gearbeitcten Berichts an den Rat, die brasilianische Haltung im März sei durchaus nicht gegen Deutschland gerichtet ge wesen. Brasilien sei nicht gegen den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund gewesen, und die brasilianische Regierung habe in ibrrr Note an Deutschland den Wunsch ausgedrückt» daß der Eintritt Deutschlands ln den Völkerbund gesichert sei. Darum wünsche Brasilien eine Lösung der Krise, die de« Eintritt DeuischtandS in den Völkerbund ermögliche. Reibungen in -er RegierungskoaNNon. Die Vorstellung -es neuen Kabinetts. Verl in, 18. Mai. Das neue Ncichskabiuett hat beschlossen, «ine RegiernngSerklärung abzngcben, die morgen erfolgen wird. Die Erklär«»« wird aber nur kurz «nd mehr formaler Natur sei«. Wie es heißt, werden sich die Fraktionen ebenfalls in der Hauptsache ans die Abgabe einer kurzen Erklärung beschränken, so daß man hofft, mit der Vorstellung der neuen Regierung morgen zu Ende zu sein und am Donnerstag die Pfingftferie« beginnen ,« können. Wie verlautet, soll das Kabinett kein ausdrückliches Bertrancnsvotum verlange«. Ob Mlßtraneusanträge cingebracht werden, bleibt abzuwarte«. Daß innerhalb der Regierungskoalitton allez wieder im alten Gleis gehe, wird man, wie die „Tägliche Rundschau" be- merkt, vorläufig noch bezweifeln dürfen. Zentrum und Deutsche Bolksvartei haben zwar durch die Vereinbarung vom Sonntag gegenseitige Uebcreinstimmnng erzielt, nachdem die «inseittge Erklärung deS Kölner Oberbürgermeisters Ade nauers eine gewisse Spannung hervorgrrnsen hat. Man wird, sagt das volkspartcilick>c Blatt, mit dieser Vereinbarung ein verstanden sein, denn wie die Dinge stehen, sei bas Zu sammengehen des Zentrums mit der Deutschen Volkspartct diejenige Grundlage, ohne die ein Regieren in Deiitscblon zurzeit überhauvt unmöglich sei. Wenn angesichts der Unmög lichkeit einer Links- oder Rechtsrcgterung auch noch die Mitte anseina"^ -'!.Ze, so könnte eine »parlamentarische Basis irgendwelcher Art überhaupt nicht mehr Zustandekommen. Die Beziehungen zu den Demokraten litten naturgemäß immer noch unter dem unvrrantmortlichcn Vor gehen Kochs gegen Reichskanzler Dr. Luther. Die Demo kraten täten jetzt so. als sei nichts geschehen nnd erkennten auch die Flaggein»erordii»»ig willig an (dein wird von demo kratischer Seite widersprochen), die ihnen als Vorwand ge- dient habe, nm Luther zu beseitigen. Man wirb trotzdem da mit rechnen müssen, daß di- Trübung *er BeU-b"ngen. die die Demokraten hervorgernfen haben, innerhalb der Koali tion io rasch nicht zu beseitigen sei. wenn auch äußerlich die Koalition weiter bestehe. Die Bedingungen »er Deuischnaltonalen. Berlin. 18. Mai. Das „B. T." weiß zu berichten, Abge ordneter Graf Westarp habe dem Reichskanzler erklärt, daß die Deuischnationalen bereit wären, das Kabinett Marx zu unterstützen, wenn folgende Bedingungen erfüllt würden: Sosortige DnriMhrnna der Flaggrnverordnung. Stellung nahme deS ReichSkabinettS gegen de« Volksentscheid sür die Kiirftrnentcignung und schließlich die Borlag« eines Reich», kchnlgcsctzcntmurss. Richtig ist daran nur, daß Graf Westarp diese Forderungen gestellt hat, nicht aber, daß er die Bereit willigkeit der Deuischnationalen ausgesprochen hat, einem Ver trauensvotum für das Kabinett Marx zuzu stimmen. Wenn Mißtrauensanträge etngebrachi werden, so bleibt die Entscheidung den Deuischnationalen, ob sie z,«stimmen oder sich der Stimme enthalten wollen, auch bet Annahme ihrer Be dingungen noch Vorbehalten. Rücktritt -es Staaissekrettirs Kempner? Spicker soll Ehef der Reichskanzlei «erden. Berlin. 18. Mai. Wie die „Dentkcke Allaemeine Zeitung" meldet, habe« die ChefS der Reichskanzlei. Staats sekretär Sempner. «nd der Vresseabtei/nna, Mi» «ifteriakdirektorKiep. dem Reichskanzler ihre Remter zur Berkügnna gestellt, sind aber gebeten morden, ibre Posten oorlänfig inne z« behalte«. Aus gutunterrichteten Zentrumskretsen bört man. daß der Reichskanzler Dr. Marx sich mit der Absicht träat. den früheren Reichsprellechef. Ministerialdirektor Dr. Spieker, zum Staatssekretär in der Reichskanzlei zu ernennen. Der bisherige Staatssekretär Dr. Kemvner beabsichtigte bereits bet den letzten Kabinettskrisen seinen Posten zu verlassen. Auch der ReichSpressechek Dr- Kiev dürfte demnächst eine anderweitige Verwendung im diplomatischen Dienst finden und einer Persönlichkeit Platz machen, die der Richtung des Reichskanzlers mehr Rechnung trägt. * Ministerialdirektor Spieker, der früher als Redakteur an der „Germania" gewirkt hat, ist besonders in letzter Zeit als ganz ausgesprochen links orientierter Zentrumspolitiker hcrvorgetrcten. Er hat schon als Leiter der Bolksblockprvpa- ganda bet der ReichSvräsidentcnwahl durch seine skrupellose Agitation unliebsames Aufsehen erregt. In seiner fetzigen Mußczctt hat er sich in ausfallender Weise im Reichsbanner betätigt. In den RechtSkreiscn gilt dieser betriebsame Rcklamechcf deshalb von seher als der „böse Geist" seines Gönners Marx. Wen» der jetzige Reichskanzler ihn wirklich auf den Posten deS Staatssekretär- in der Reichskanzlei be ruft. so beweist er damit, daß er die Auswahl seiner nächsten Berater ganz Im Sinne der vom „Vorwärts" erhobenen Forderungen treffen will. Ein« solche Verbeugung vor der Sozialdemokratie würde bester als alle Regierungserklärun gen offen bestätigen, daß Herr Marx offenen Links, kur» einschlagen will. Krifenslimmung in Frankreich. Paris, 18. Mai Von zuverlässiger Seite verlautet, daß Briand bei dem Wiederzusammentritt des Parlaments die Wahlreformvorlage in der Kammer einbringen werde. Die Regierung ist für die Rückkehr zur Kreiswahl und sie kann ihre Resormvorschläge auf die Tatsache stützen, daß 77 Generalräte sich mit dieser Wahlreform ausdrücklich ein verstanden erklärt haben. Die allgemeine Anssaffnng in parlamentarischen Kreisen geht dahin, daß mau einer ««auf haltbaren Kabinettskrise cntgegengehe. Die beschleunigt« Einbringung der Wahlrcformvorlage, deren Behandlung erst nach der Ratifizierung des Washingtoner Schulüenabkommens und der Marvkkoanssprache vorgesehen war. gilt als Be stätigung dieser Auffassung. Ein günstiger Abschluß der Londoner Verhandlungen könnte vielleicht noch eine Wendung herbcisühren. Ei» Pariser Abendblatt albt der Anssassnng Ausdruck, daß ein weiteres Sinken des Frauken de« sichere« Sturz des Kabinetts bedeuten müsse, während bei einer glück, lichen Aktion des Finanzministers das Kabinett sich einige Zeit halten könne, weil alle innenpolitische Streitfrage« hinter dem Wäbrnngsprovlem znrttcktreten. <vte englisch-sranzvslschen Schul»enoerhan»lungen London, 17. Mat. Per et erklärte in einer Unterredung Vertretern der britischen Presse in der französischen Botschaft, seine Besprechungen mit Churchill sei herzlicher Art acwesen. Bisher aber sei nichts Endgültiges erreicht worden. Er und Churchill hätten nach einer Formel der Ueberein- stimmnng gesucht, aber bisher hätten Ne noch keine solche ge- sunden. Er hoffe, daß die Nacht Schadkanzler Churchill und ihm selbst Rat bringen werde. Er fahre Mittwochvormittag nach Paris ab, und zwar »nabbängia davon, ob vollkommene Ucbercsnstimmnng erzielt sei oder nicht. Englische Maßnahme gegen zukRnslige Streikgesahren. IDurch stank sprach.) London, 18. Mat. Ebenso wie der parlamentarische Be richterstatter des „Daily Telegraph" melden „Morning Post* und „Daily Mail", daß die Regierung plane, auf gesetzlichem Wege in Ankunft einen Streik von einer vorherigen Abstim mung der Arbeiter abhängig zu machen, die geheim vorzu- nchmen wäre. <W. T. B.) Kamps in einem englischen Bergwerk. Abcrtillery, 18. Mai. In den Gängen einer einsaul liegenden Kohlenzeche überraschte die Polizei eine große An zahl streikender Bergarbeiter, die beschäftigt waren. Kohle zn brechen. Es fand In der Dunkelheit ein heftiger Kamps statt, Acht Kohlendiebe wurden verhaftet. Der größere Teil könnt« dank seiner besseren Kenntnis der AuSgänge flüchten.