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Dresdner Nachrichten : 26.05.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-05-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187405269
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18740526
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18740526
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-05
- Tag 1874-05-26
-
Monat
1874-05
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 26.05.1874
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240üä»r»k. -r ' «tlrt«: «--»»»»«»» ,»L i«SN» «»u». »UN.-I«»ur,, u——,Art a. M., Mün» ße». — v»»d« ä 0». ia iirnlkfur« a. «. — U» V»I»t in COnmsttz. — L» M,U>» » 0°» t» Paii». Tageblatt für Unterhaltung und Geschästsverlehr. Druck und Ligmchum der Herausgeber: Ltepsch St Nkichttrdt in Aresbe«. Derantwortk. Redakteur: IvlittS Nkicharöt. «r. 14«. Remirehnter Jahrgang. SWS «LU» arn «v !s». «»«! Zeil« S«,r. Eine »oranNe stir »I» »tchfttüatLi ««»ki. nrn d-r Znsemte wird nicht -eg,den. - «ulwIrNge «nnonken, Lulirilse von UN» unte- tonnlen tzirnic» u. Pcr- ioiun tnlkrtrrn «tr nur »egcn Prönumerunvo- Lamunz durch vrirl» morlcu oder Posteintoh» luag. » Silben lösten >>/, Rar. «lutioärtSse lönnen die Zahluna auch »ul eine UretdnerJivm» »nweilen. Die Li». Mitredattrur: 0r. Lu»« Für da- Feuilleton: Dresden, Dienstag, 2«. Mai 1874. L««e»,es»tchte. Fraulrelch. Dle Sitzung der National-Bersammlung am Sv. Diät begann wieder in größter Erregung. Die verschiedensten Gerüchte circullren, aber man erfährt bald, daß sich die Krisis noch gar nicht lbien will. Aul der Tagesordnung steht die dritte Berathuna «der daS Gesetz de» religiösen Dienste» «n der Armee. General Saussier, der zuerst daö Wort erhielt, suchte darzutbun, daß dieser Entwurf nicht daS gewünschte Resultat ln der Armee erzielt; indem man den Priester in die Casernen versetze, ver mindere man dessen Ansrheu. Er Littet die Versammlung, den Entwurs zurückzuweisen. Die Worte des General- machen sicht' Laren Eindruck auf die Kammer, woraus BIschos Dupanloup, der außer sich ist, daß der Entwurf, welcher die Armee unter dteGe. walt der Geistlichkeit bringen soll, in Gefahr ist, aus die Tribüne springt, um für denselben einzutreten. Die Frage sei eine sehr einfache; e- handle sich nur darum, den Soldaten die Zeit zu las. sen, um ihre religiösen Pflichten zu erfüllen; damit dir Soldaten diese-aber könnten, mühten für sie Plätze in der Kirche sein; diese seien aber nicht vorhanden. (Widerspruch linkSZ — Duvan- louv: Nein! ES gtebt keinen Platz in den Kirchen. (Neuer Wider, svruch link-. Die Rechte ist entrüstet darüber.» — Büffet: Diese Unterbrechungen sind ein Eingriff gegen die Redefreiheit. — Du- vanloup (mit den Händen am da- Pult schlagend«: ES wäre bester, mit Gründen zu antworten, alS mit Geschrei. (Lärm links.) Wir verlangen nur Eine Sache, nämlich die, daß die Soldaten wie einfache Bürger ihren Pflichten Nachkommen kbnnen. (Hier zögert Redner einen Augenblick). — Eine Simme links: Nehmen Sie sich Zeit zum Ueberlegen! (Biel» tacheS Gelächter.) — Buffet: Ich will nickt- Weiteres über solche unanständigen Worte sagen, welche einen vollständi gen Mangel an Erhebung dacihun. (Bestall recht- und «m rech ten Lcntrum. Murren links.) — Dupanloup fährt fort: Eö bandle sich um die Wiedergeburt der Armee und die Zukunft des Lande-, dle nur allein durch den KatboliclSmuS gerettet werden könne. (Bestall rechts.) Zum Schlüsse beschwört dann der Bi schof die Versammlung, das Gesetz zu votirsn; sie schulde eö dem Lande, der Armee, der Kirche; die Kammer schulde eS sich selbst, dle inmitten der socialen Gefahren, die sie umgeben, so sich der ihr gewordenen Mission würdig zeige. — General Guillemant be kämpft den Antrag. well la bereit- eine religiöse Organisation sür die Armee bestehe und eS nicht gut sei, aus der Religion ein Instrument der Propaganda zu machen. Ein Almosenier in einem Regimente beschäftige sich mit anderen Dingen, alS mit der Religion, er mache sich zum Angeber und Spion, und von seinen Berichten hänge die Beförderung der Oistciere ab. Redner stellt in Abrede, daß kein Platz in der Kirche sei; diese» könne der Fall bet der Sechsuhrmeffe, aber nicht bei den Frühmessen sein. Uebri- aenS könne man eine Stunde vrstimmen, wo die Kirchen für die Soldaten frei seien, dle dieselben besuchen wollten. Zudem ist er der Ansicht, daß e» besser sein würde, wenn man sich mit der Or ganisation der Cadreö, alS mit den Beichtstühlen der Armee be schäftige. Die Verwerfung dev Gesetzentwurfes würde ein großer Dienst sein, welchen man der Armee leiste. Dupcmloup steigt nun wieder auf die Tribüne: er zeigt sich ganz außer Fassung über die Angriffe deö Vorredners und hofft, baß die Versamm lung diesen keine Rechnung tragen wird. — General Gulllemaut erwledcrt noch einige Worte, und man schreitet zur Abstimmung. Da- Gesetz wird mit 384 gegen 23l Stimmen angenommen. Die weitere DiScusston war ohne Interesse. Die neuen Minister er schienen in der heutigen Sitzung noch nicht, was man ihnen aber nicht verübeln darf, well noch keine ernannt sind. ausführen zu können, hat daö Küchenpersonal daselbst schon um, Vorkommen, wenn die Hunde bloS mit 3 Beinen oder einem ^ El- Locales und Sächsische». — Die „Nationalzeitung" bringt in ihrer Morgennummer vom 24. Mai einen längeren Artikel über den Sondergeist in Sachsen. Im Anfänge desselben wird äußerst lebhaft im allbckanfften national- liberalen Sinne plaidirt, daß die Klein- und Mittelstaaten deutsch d. h. preußisch werden sollen. Nach Ansicht des Artikelschreiber'S hatte besonders Sachsen im berufenen Jahre 1866 alle Berechtigung zur Fortexistenz verwirkt. Aha, hier liegt endlich offenes Geständniß vor; nun auch ihr heraus mit der Sprache, ihr Herren Reichsver- leimer, ehrlich, wie es sich dem Manne ziemt: Was versteht ihr unter Reichstreue? Treue zum Reich und engeren Vaterland oder zu — Preußen? Auf die Bemerkung des Berliner Blattes wollen wir nur antworten: außer einigen malkontenten politischen Schwätzern, welche durch vieles brutales Schwadroniren gegen Sachsen einen ihnen noch fehlenden Ruf erlangen wollen, nicht befördcrungs- fähigen Professoren und endlich einigen Leipziger und Schönburgi schen Pfeffersäcken will in Sachsen Niemand etwas von Annexion wissen. Wenn die „Nat. Ztg." dann von der täglich wachsenden „nationalen", d. h. großpreußischen Stimmung im Volke Sachsens spricht, so möchten wir doch erwidern (und wir glauben eher dazu berechtigt zu sein in dieser Sache ein Urtheil abzugeben, da wir stets mit dem Volke in ununterbrochenem Verkehre stehen), daß wir voneinem solchen Umschwünge noch nichts gemerkt haben. Mit Ausnahme der social-demokratischen Kreise ist das sächsische Volk gut deutsch, aber zugleich hat es auch seincngeres Vaterland lieb und schätzt dessen Vorzüge. Die Schwarz-weißen, die Männer nach dem Herzen des nationalliberalen Moniteurs, recrutiren sich einzig und allein aus den schon oben angeführten Categorien der menschlichen Gesellschaft und zum Theil aus eingewandertcn Preußen. Auf die albernen Beschuldigungen gegen die charakterfeste Fortschrittspartei, welche Männer wie Wigard, Heubner u. A. in sich zählt, wird wohl deren Organ antworten. — Gestern endlich legte der Himmel seine bisher immer noch festgehaltene trübselige Mene ab, die Morgensonne des zweiten Pfingst-Fciertages stieg mit heiterer Majestät empor an einem tief blauen Himmel. In Folge dieses himmlischen Feiertagsgedankens strebten denn auch Tausende früh Morgens hinaus in die Natur; die Früh-Concerte wurden stark besucht, vor Allein erhielt der Große Garten einen überreichen Zuspruch; im Grase zitterte noch der Morgcnthau, aber schon streiften die Feiertagskeider geputzter Schönen darüber hin. Die Restaurants waren fast überfüllt. Wie viel an so einem herrlichen und zugleich festlichen Morgen im Großen Garten Kaffee getrunken wird, davon werden wmige eine Wissenschaft haben ; man höre also, daß nur allein beim Hofgärtnrr, dessen Kaffee beliebt und gut ist, an einem FeirrtagSmorgen, von 5 Uhr an bi» in die Vormittagsstunden hinein, über 5000 von den bekannten Kännchen Kaffee verschenkt worden sind. Um die» aber 2 Uhr Nachts angefangen, Kaffee zu brennm und zu brauen. Ein Kellner sagte uns, oaß er allein an einem Feiertagsmorgen gegen 120Thlr. umgrsetzt habe. Es lebe der Kaffee! Wohin man auch seine Schritte in der Umgebung unserer durch reichsten Besuch aus gezeichneten Stadt wandte, überall Ströme von Menschen, überall Fülle. Ringsum waren viele Restaurants mehr und minder beflaggt. Wie überreich die reizenden Punkte in der Umgebung besucht wurden, dafür spricht, daß gestern nur allein durch die Dampfschiffe über 20,000Menschen von Dresden aus, stromauf- und stromabwärts be fördert worden sind. ES gingen nach Riesa hinab und hinauf nach Böhmen am vorgestr. Tage40—50vollbesetzte Schiffe für deren jedes man eine Durchschnittspersonenzahl von 500 ganz wohl annehmen kann. Daß der Verkehr auf den Bahnen ein ganz entsprechend leb hafter, nur natürlich »roch zahlreicherer, gewesen, ist selbstredend. An ganz besonderen Festvergnügungen, ungeplanten, unerwarteten, zu denen Der und Jener gekommen, wird es auch nicht gefehlt haben. So amüsirten sich gestern Vormittag wohl Hunderte auf der altm Brücke an — Krebsen. Der Fisch- und Delicateffenhändler Röder hat unterhalb de» Blockhauses seine Behälter für Hechte, Aale, Krebse u. dergl. schmackhaftes Gethier, in der Elbe liegen und gerade gestern Vormittag füllte er diese Behälter aus etwa 16—18 großen Körben, die am Lande umgestürzt wurden. Ueber das Durcheinander der mobilen Krebse — was auch ganz komisch aussah — amüsirte sich die Menge nicht wenig. — Sämmtliche Lokalitäten von Reisnvitz, Fcldschlößchen, Berg keller, Ballhaus, Schillerschlößchen, Waldschlößchen nebst Park sind von dm ComiteeS 12 hiesiger Unterstützungsvereine occupirt wor den, um heute daselbst ein großes Frühlingsfest abzuhalten; sechs Milstär-Musikchöre sind dazu engagirt worden, um von vier Uhr an i re lustigen Melodiken erklingen zu lassen. Bei eintreten der Dunkelheit wird eine brillante Illumination stattfinden und ein Ball die Herrlichkeiten dieses Festes beschließen. Daß eS bei dem plötzlich eingetretenen herrlichen Wetter an zahlreichem Besuche nicht fehlen wird, ist zu erwarten. Um 2 Uhr erfolgt der Abmarsch der Vereinsmitglieder unter klingendem Spiel und dm Vereinsfahnen vom Postplatze und in Neustadt von der Restauration Convent Im mergrün. — Eine» der schönsten Thiere unsere» Zoologischen Gartens, der Königstiger, litt seit 3 Wochen an Obstruktionen, nahm keine Nahrung mehr zu sich, und war trotz aller angewandten Mittel nahe daran, zu verenden. Die Liebe und sorgsame Pflege, welche Herr Direktor Schöpf seinen Thieren widmet, ließen ihn nach unablässige,» Sinnm, das schöne Thier lebend zu erhaltm, auf dm glücklichen Ge danken kommen, ihm ein Klvstir beizubringe». Das ist allerdings leichter gedacht, als gcthan. Am 23. d., früh 5 Uhr, gelang es dem Direktor, dem krankm Thiere beizukommen und das bereit gehaltene Riesenklystir in den Tigerleib zu bringen. Welche Freude, der Erfolg war vollständig, die Nahrung schineckt unserm Patienten außerordentlich, und ist somit dem Garten eines der schönsten Exeinplare erhalten. — Am vergangenen Pfingst-Sonnabend entstand auf der Scheffclstraße ein großer Menschenauflauf. Zwei Arbeiter hatten auf einer Trage zwei große Niesen-Blumenvasen geladen, wollten einem entgegenkommenden Fuhrwerk noch rechtzeitig auSweichen, durch welche rasche Wendung die Drage zerbrach und die leicht zer brechlichen Vasen total zertrümmert wurden. — Da die Hunde gegenwärtig in dm Verhandlungen unserer städtischen Collegim männiglich durchgehechelt werden, so ist eS viel leicht Diesem oder Jenem von Interesse, wenn wir in Nachstehendem zwei churfürstliche Befehle mittheilen, die seiner Zeit auch gegen un sere vierfüßigen Freunde gerichtet waren. Der eine Befehl, daß die Bürger- und Bazreruhunde zu lähmen, damit sie der Wildbahn keinen Schaden verursachen möchten, ist vom 15. Januar 1588 und lautet folgendermaßen: Obwohl mehrmals - verordnet, daß unsere AmtS- Unterthanm, auch die von Adel, derselben Leute, Schäffern und Hir ten, ihre Schaaff-Hunde und Rüden an den Sevlen führm, oder de nen starke Klöppel fünfviertel der Ellen lang anhängm, die zu nichts anders, denn Bewahrung des Hausfriedens, in Höfen, an Ketten oder sonsten innen halten und außerhalben der Dorff-Zäune nicht kommen lassen sollen; So gelanget uns doch an, daß demselben ab lerdinge nicht nachgegangen, etliche solche ihre Hunde ledig und un- geklöppelt lauffen, eines Thcils dieselben zu kurz und mit Vortheil dergestalt anhängm lasten, daß sie dem Wildpräth nacheilm, es aus unserer Wild-Bahn von einem Ort zum andern treiben und in vie- lerley Wege beschädigen sollen. Darum begehren wir, Du wollest, Krafft des unserS Befehlichs, mit Zuziehung unser Schösser, dm Amts-Unterthanm, Bürgern und Bauerschaft, in Deiner aufgetra gme Rester unserthalbm auflegm, allen ihren Hunden, di« sie mit aus» Feld führm, cinm Förder-Fuß ablösm zu kaffen, auch in Acht haben, daß eS dermassen erfolgen und dadurch unsere Wildbahne um so viel desto weniger hinführo unbenachtheiligt verbleiben möge. Der andere Befehl, das Verfahren wider Diejenigen betreffend, so ihre Hunde nicht klöppeln wollen und dadurch Schaden veranlassen, ist vom 6. Juli 1618 und lautet also: Als begehren wir hiermit be fehlende, du wollest dis Hunde, welche am Wildpret Schaden verur sacht, abfordern, uns dieselben alsbald zuschicken, die Personen aber, denen die Hunde gehörig, bei Seits stecken, und durch den Schösser, unfern Unterthanm auferlegcn, daß sie kraft unser vorigen Befeh ligt) und wsuckata, die Hunde nachmals in gewisser Zeit, die du ihnen namhastig machen wirst, klöppeln sollen, alsdann und da es Ausgangs solcher von die ihnen gesetzten Zeit, noch nicht erfolget, sie kbcnermaqhm mit Gefängniß belegen und uns davon unterthä- nigsten Bericht thun, wollen wir sie uf eine Zeit lang an unsrm Fcstungsbau nach Dresden abholm lassen und mit solcher Straffe belegen, daß sich andere daran stoffen, sie auch unsere Beschlichen hin- füro unterchänigst zu gehorsamen Ursache haben sollm. —Wmnman sich diese Zustände vergegmwärtigt, wie sonderbar würde es uns lm langen Klöppel zwischen dm Beinen herumliefen; oder, wenn der ehrsame Bürger, weil er seinem Hund den Maulkorb nicht an gemacht, zur Strafe eingesteckt würde, oder etwa die Straßen kehren müßte. — Vorige Woche ist der Demnitzsche Gasthof zu Räcknitz von Herrn Backofen, dermalen Restaurateur zur Tonhalle, käuflich er worben worden. Die Tonhalle, welche der hiesige allgem. Musiker verein von Hem» Schmieder kaufte, verläßt Herr Backofen kom mende Johanni, um dem «men Pächter, einem Berliner Restaura teur, da» wohlrenommirte Tanzetablissemmt zu übergeben. — In Berlin findet vom 24. bis mit30. dieses der zweit« deutsche Schuhmacher-Congreß statt. Daö Congreß aebäude ist das Hotel Imperial, irüder Arnim. Unter den Linden 44. Dle Verhandlungen des Congresscö werben sich selbstver ständlich mit den gewerblichen Tageöiragen beschäftigen und die Hebung der Schubmacker-Innung anstrcben; eS würbe aber dabei gar nickt übel sein, wenn man auf diesem Congreß auch die Frage InBetracht zöge, ob eS nicht möglich sei. die schon sehr hochgestiegenen Preise sür Schuhwaaren etwas herabzusetzcn. -- L. L. Teplitz, 22. Mai. Wie herrlich leuchtet jetzt die ganze Natur! „Wir sind jetzt in dle Hausse der schönen Tage ein getreten, die Baisse dcS Frühlings ist vorbei" — schnarrte am StephanSpiatze vor inir eine orientalische Nase zu ihcer Rebecca, die — Nase wie Rebecca — laut Kurllste einem Börsenbesuchcr aus Prag anachörten. Ich bedauerte von Herzen den Prager Jobber, der für den glückseligsten Dekorationswechsel, den MMter Natur aus ihrer Bühne vorgenommen hat, sein bezeichnendstes Bild nur von dem Aus und Nieder der Börsenkurse hcrznnebmm wußte. Doch auch mich selbst ertappe ich da — noch renke ich der Eröffnung des Tcplitzer Tbeaterö - bei einem Vergleiche, der dle Erhabenheit und Lieblichkeit des Eintritts deö Frühlings nur düritig wiederspiegelt. „Dekorationswechsel" da. wo sich neues Leben durch Alles, was Odem hat, ergießt! „Naturbühne" da, wo die Pflanzenwelt irischer, faltiger, lieblicher schimmert, denn ie! Bedarf eS überhaupt der Vergleiche und Bilder, wenn die Schöpf ung selbst Bild um Bild, eins immer anmulhigcr und erhabene, alö das andere, schafft? Augenblicklich ist Teplitz ein kleiner Paradies. Dle nahe Landschaft ist reizend, die lerne verlockend. Du wandelst erquickt unter dem irischen Grün der Parke, Pro menaden und Anlagen in und um die Stadt; und dein Herz schlägt höher, wenn in der reinen Atmosphäre die Couture» des Erz- und des böhmischen Mittelgebirges sich Haarschars ab heben! Ernst blickt daö Mückcnthürmche», hell blinkt die weiße NoUeudorier Kapelle hernieder und nach Osten schließt der ab fallende Sattel des SckneedeM'Mö Rundsicht. Änd von der andern Seite wachsen in bas blaue Firmament hinein der Polak- bcrg, der große Franz, der Nadelstein, der Miicschauer und wie sonst die malerischen Basaltkuppen heißen mögen. Inter Ebene gualmk und dampft eS auS hohen Schloten von Fabriken und Braun- kohlengrnbcn, den Blick aus die lieblich hingegossenen Dö ier, Meiereien, Klöster und Kirchen oft beeinträchtigend; weiter nach der Höhe hinauf aber erscheint der Qualm nur wie ein seiner Duft, der zum Frieden des Bildes gehört. Die Laub- und Nadelholzwälder aber sind mit Tausenden von Sänger» belebt, deren einen wundersamen ChornS bildende Soli dem Mcnschen- herzen und Ohre doch noch anmuihiger klingen alS eie besten Leistungen unsrer »rackem BadekapeUe. ES gicbt hier noch bei weitem mehr Singvögel alö bei uns daheim! — Bei solchen Rei zen. in denen jetzk Teplitz-Schönau prangt, ist es kein Wunder, wenn sich auch die ganze Badcscencrie mit einem Schlage ver ändert hat. Alle Kuranlagen sind von Vatcgäilcn und Fremden belebt, die Logiözettcl schwinden von den Häusern, Hoffnung strahlt auS sonst bekümmerten Gesichtern. Vor Allem aber freudig erregt sind die Mienen der Tcplitzer selbst. Gestern, am Donners tage, wurde ihr neues Theater cingcweiht. Wenn man vorn Auhlger Bahnhof kommend, in die Königstraße ein biegt, präsentlrt sich sofort am Eingänge zum Kurgarten der freundliche Bau. Mit einem Auiwandc von 300,000 Gulden hat die Stabt Teplitz den Künsten dieses Heim gegründet. Ar chitekt Schreiber von Dresden wurde berufen, der Badestadt dm Musentcmpel zu errichten. Er löste seine Ausgabe auf s glücklichste. Der Bau benutzt das terrasscnartlg ghsgucnte Terrain zweck mäßig in der Art, daß Bühne nebst Schnürboden und Versenkung auf die tiefste Stelle kommen; der Hanplclnganq sür das Publi kum ist bequem von der hohen Seite. Acnßcrlich und auch in der inneren Einrichtung erinnert der Tcplitzer Bau vielfach an daS von demselben Künstler geschaffene Albertthcater in NcMiabt- DreSdeo. Daö Tcplitzer Theater ist am lioo Zuschauer einge richtet; außer Parqutt, Parterre und Logen HM es zwei Ränge, Der Totaleindruck, den es im Inneren bietet, ist ein sreundlick- behaglicher. Zu der ersehnten Eröffnung hatte sich ein festlich geschmücktes Auditorium eingestrichen. Vom Dresdner Hofthcater war Hofrath vr. Pabst, vom Laubcthcater in Wien Vortrags- metstcr Strakosck erschienen. Der Tcplitzer Gcmcinterath nahm, seinen Bürgermeister Uhcrr an der Spitze, im Parguct Platz. Mit einem schwungvollen Prologe, von Frl. Frey begeistert gesprochen, der österreichischen Nationalhymne und der Vomchrung dcr„Karls- chüler", wurde die Weihe des Hauseö vollzogen. Artistischer Direktor ist Herr PodolSky, rühmlickst bekannt als vormaliger Leiter des Herzogs. HoitheatcrS in Altenburg. Es ist ihm ge lungen, sür Schau- uyb Lustspiel sowohl, alS für ble Oper ein recht gutes Personal zu engagiren. Eö sind nicht Kräfte ersten RangcS; aber auf einer Provinzialbühne wird »nan selten eine so wackere Besetzung und ein so gutes Zusammenspiel in einem so chönrn Theater vorfinden. Heute geht der „Freischütz", demnächst „Norma", „Postillon/' u. a. Opern in Scene. Mit Recht riefen die bänkvaren Teplitzer am Schlüsse der Vorstellung sowohl den Direktor PodolSky alS den Architekten Schreiber heraus. Teplitz bars auf diese Schöpfung seines Gemeinsiimö stolz sein. Es ist Vorsorge getroffen, daß selbst lahme Kurgäste der Vorstellung ohne Beschwerden beiwohnen können. Dock, zu warm lockt die herrliche Maisonne! Hinaus, wo die Schwalben schwirren, wo das zarte Gelbgran von deo Fichen sproßt, hinaus in Lenzessonne und LenzeSIust! — Oefsentliche Gerichtssitzung am 23. Mai. Der Schlossergeselle Carl Richard Clauß von hier befand sich bei seiner Tante in Wohnung und Kost. Clauß war in dem Maschi- nenramn der sächs.-schlesische» Staatökahn ängestellt; trotz nicht unbedeutenden Lohnes brauchte er doch mehr Geld, alS er aui- bringen konnte, und so dauerte eS denn auch nicht lange, daß er ich am Eigentbum seiner Mitmenschen vergriff. Zuerst fiel seine Tante znm Opfer. Eine ihrer Kommoden wurde vom Schlosser geöffnet, ein Schächtelchcn. worin sich ein 20-Markstück befand, erbrochen, aber nichts entwendet, dagegen aus einem anderen zu gänglichen Behältnis- ein Thaler gestohlen. Etwas später erfuhr Clauß, baß eine Cousine von ihm die Absicht habe, zu ver reise«. Clauß besuchte dieselbe Tags vor dem Ausbruch unb nbltztt ihr, bei der Visite, glücklich den Vorhausschlüfsel hinweg. Zum Glücke entdeckte seine Verwandte noch rechtzeitig den Lierlmt
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