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Sonnabend, 29. Januar 1916. Drahtanschrift: Nachricht«, »«-de«. Arrnsprechrr-Sammilnummer: SS»Ä1. »e»u„.»«»»hr »ierieilliffrltch In Dreeden bei p«ImÄt,er Zutra,un, <->n L»nn- und M«nta,en nur ein. m-I) 2,ss M.. in den »«»Ken ».«> M. «et «Ininiiizer Zupellung du,» dt« Poft r M. (ohne «eftell,eld>. «n,eigen. Preis«. Die etnlpal»», Zell« «etwa « Tilden) 3» Pf.. v«zu,«pllltze und Anptzen in Nummern ,u>ch L,nn. und Adiertagen laut Tarif.—«uewilitlgeNufirillit nur -egen Barauebezahlun,. — Belegblatt 10 Pf. Schrifileitung und Hauptgeschüst-Pell«: Marienstrafte 38/40. Druck u. Verlag von «iepsch 4 Reichardt in Dresden. »«»druck nur mit deutlicher Quellenangabe l.Dreedner Nachr.") pUIlst». — Unverlangt« Schriftltücke »erden nicht ausbewahrt. N! a» mu> »iün d«iu»i«r krks>Lung «i« Sctznupken. Nalskstarrk, lnkluenrs, krüeumatlsmus uscv. vlrken prompt kuplerenck. Olss l dffark. gegen Linsenckung von l,20 dlark franko. I.0VV«»» ^potksks, Dresden A,tt«»ii»rkt Verlangen Sie iderall nur l^aäeber^er?i!sner »u» lier kradsdsi'Asi' LxportdlerdrausrsL. I^anilr Leiclenkauz prsZer Ztralle 14 HIeue Ltokke: Zcickcnlmsclunir, Takt, Lkinslcrepp, Lclileierstolke, stips 6-8an>t tür Kleicler unä ölusen hieve hsrdtöne: sclüeker-, marine- u. pklaumenblau, veinrot, ciunlcelxrün, braun, sclivarr, vei'L, elkenbein Ae kntwaffnung de» mmtenegrinlschen Heere» dm dem Alffchluffe. Ae Berhindliingen mit Rontexegr». — An ersolgreicher Merreichisch-ungmlscher Bmftvb bei Todmoutz. — Smulreich» Virnschenmaugel. — Peter Card ilder Nnmiinienr Politik. — Amerika «nd die Bewaffnung der Handelsschiffe. Seßerrei-ssch'nngarischer Kriegrderlcht. Wie». Amtlich wird verlauthart den N. Januar: Russischer Kriegsschauplatz. Bei Toporoutz an der beßarabischeu Grenze über» fiele« hente früh Abteilungen deS mittelgalizischen Infanterie-Regiments Nr. 1v eine russische Vorfeld- fteHnug, eroberten sic im Handgemenge.! warfen die russischen Grübe« zu und führten einen groben Teil der Besatzung als Gefangene ab. Sonst nichts Re,res. Italienischer Kriegsschauplatz. Bo» de« gewöhnlichen Artilleriekümpfen «nd kleineren Unternehmungen abgesehen, verlief der gestrige Tag ohne Ereignisse. ^ Südöstlicher Kriegsschauplatz. Unsere Truppe» habe« nun auch die Gegend von Snsinje besetzt «nd stieben auch hier nirgends ans Widerstand. Die Entwaffnung des montenegri nischen Heeres nähert sich ihren» Abschlüsse. Der Stellvertreter des ChesS b«S Gcneralstabö: i (W. T- B.s ».Höker, Fcldmarschall-Lentnant. ßnglands Rücksicht aus die Neutralen. Im englischen Unterhaus,? hat man sich über die „ver- schärfte Blockade", die schon seit Wochen das Steckenpferd der englischen Hehprefle abgibt, ansgcsprochcn. Der Unionist Nenn hatte einen Antrag cingebracht, der im wesentlichen darauf hinaus lief, daß die an Deutschland grenzenden neutralen Länder künftighin von England zu- gemcssen erhalten sollten, was sie an Waren auS übersee ischen Ländern bedürfen. Im Grunde hätte die Durchfüh rung dieser Maßnahme nichts anderes bedeutet» als eine Art von Blockade der Häfen von Rotterdam und Malmö, denn dank der Wirksamkeit der englischen Ucbcrscetrusts. die besonders in Dänemark einen hohen Grad von Voll kommenheit erreicht hat, bekommen die neutralen Länder, die an Deutschland grenzen, heute schon nicht mehr als das, was sie für sich selbst nötig haben. Das ist der englischen Negierung schon seit langem bekannt, wenn sie trotzdem den Versuch gemacht hat, ihre bisherigen Völkerrcchtsbrüchc durch eine Blockade der Neutralen zu vervollstündigen, so war dafür nicht in erster Linie mahgebcnd das Bestreben, Deutschlands Absperrung möglichst vollkommen zu machen, die AuShungcrungstaktik durch eine letzte Maßnahme noch zu verschärfen, sondern die Rücksicht auf Amerika. Präsi dent Wilson hat bekanntlich vor langer Zeit schon Ein spruch dagegen erhoben, daß der amerikanische Handel mit Deutschland, so wie er durch das Völkerrecht gewährleistet ist, von England unterbunden wird und hat diesen Ein spruch damit begründet, daß Englands Blockade der deut schen Küste unvollständig und unwirksam sei. Was war natürlicher, als daß Herr Grcy den Versuch machte, Wilsons Behauptung dadurch zu entkräften, datz er eine neue Sach lage schuf, die Blockade, wenn auch unter Vergewaltigung der Neutralen, effektiv zu machen suchte? Es kann gar kein Zweifel darüber bestehen, das; das die Absicht der englischen Regierung gewesen ist, und zwar noch bis vor kurzer Zeit. Erst als man in London merkte, daß man auf diese Weise denn doch ernstere Schwierigkeiten bekommen würde, als der schlietzliche Erfolg wert war, besann man sich eines anderen. I« aller Stille wurden offenbar die Einpeitscher der Parteien von der veränderten Haltung der Regierung verständigt, Herr Ben» brachte seinen Antrag im Unter- Hause ein» gab damit Herrn Grey Gelegenheit zu einer schönen Red« über Englands peinliche Rücksichtnahme auf die Rechte der Neutralen und dem Unterhaus die Möglich keit, diese edle Rücksicht durch die Tatsache der Ablehnung deS Antrags Bcnn zu beweisen. Das alles kostete nichts «nd machte einen guten Eindruck. Man kann eS nicht leugnen. haS ganze Schauspiel ist mit einem geradezu raffinierten Geschick in Szene gesetzt worden. Mit der amtlichen Kundgebung, dab Englands Blockade viel wirksamer sei, al» die Blätter des Herrn Northclisfe, an ihrer Spitze die „Times", glaubten, fing eS an. Das Vorspiel war nötig, nm die plötzliche Ge- sinnungsändcrung der Negierung nicht allzu unvermittelt erscheinen zn lassen,- es ivar nötig, um unter allen Um ständen dcu Eindruck zu vermeiden, als ob die englische Regierung früher einmal anderer Auffassung gewesen und erst durch die Haltung der neutralen Staaten bekehrt worden sei. Nun konnte der Vorhang im Unterhausc ausgchcn und der ehrenwerte Minister deS Acußcrcn sein Sprüch lein gussagcn. „Dies Kind, kein Engel ist so rein..." Eiu jedes System, ob Blockade oder nicht, lasse ein Loch ofscn sweShalb eS zweifellos nicht richtig ist, wenn Herr Wilson soviel Wert darauf legt, daß die Blockade effektiv sein muß). Jede Blockade müsse auf die Rechte der Neutralen Rücksicht nehmen, und neutrale Schiffe, die nach einem neutralen Hafen verfrachtet würden, müßten diesen Hafen auch erreichen dürfen. Zioar bringt England die Theorie von der „fortgesetzten Reise" in Anwendung, Herr Grey ist aber 7- was kann man billigerweisc mehr verlangen! — bereit, eine andere Methode z» prüfen, nur müsse sie effektiv sein. Mit anderen Worten: Die englische Negierung legt keinen Wert auf den Vorwand, unter dem sic den neutralen Handel erdrosselt, an der Erdrosselung selbst will sie aber festhalten. Dieses Recht darf die englische Regierung für sich in Ansprua, nehmen, sic darf „auf dem Wege über die Neutralen einen Druck auf den deutschen Handel aus- übcn", und wenn die Neutralen das nicht cinsehen, dann sind sie eben nicht neutral, nach Ansicht des Herrn Grey. Das ist die neue Lehre vom Völkerrecht, wie mau sie in England gefunden hat. Alle die lästigen Unterschiede von Nichtbannware, bedingter und unbedingter Bannware sind verschwunden, alles ist erstaunlich einfach geworden und ungeheuer praktisch! England nimmt für sich das Recht in Anspruch. Deutschlands Zivilbevölkerung nuszuhungern, wer ihm dieses Recht nicht zugestcht, wer nicht ge stattet. daß jegliche Fracht daraufhin untersucht wird, ob sic möglicherweise in irgend einer Form nach Deutschland kommt, wer sich nicht damit absiudet, daß ihm von den englischen Krämern zugcmogen wird, waS er au überseeischen Gütern bedarf, der ist eben nicht neutral. Daß cs eine neutrale Regierung geben lanu, der diese neue Lehre nicht cinlcuchtct, die von diesem neuen „Recht" englischer Prägung nicht vollständig durchdrungen ist, das ist für Herrn Grey ein unmöglicher Gedanke. An so etwas vermag er in der Unschuld seines Herzens nicht zu glauben. Nun folgt das Haupt- und Kernstück jeder Rede eines eng lischen Ministers, die mit srommcm Augcnaufschlag vor- gctragenc Verleumdung Deutschlands. Was wir bisher nicht gewußt habe», was den Neutralen selbst unbekannt geblieben ist, waS kein Verstand der Verständigen bisher gesehen hat, Herrn Greys einfältiges Gemüt hat cS ge funden: Deutschland vergewaltigt die neutralen Staate», England und seine Verbündeten achten ihre Rechte. Deutschland hat den Ozean mit Minen verseucht, als ob nicht in Holland, Dänemark und Norwegen immer wieder über angeschwemmte englische Minen geklagt würde. Deutschland hat das Meer als Kriegszone erklärt — näm lich daS Meer an der englischen Küste, so weit die englische HoheitSzone reicht, und das auch erst, nachdem von Eng land die Nordsee als KricgSgcbiet erklärt worden ist. Deutsche Kreuzer haben neutrale Handelsschiffe mit Lebens mitteln für Englands Zivilbevölkerung versenkt, als ob der Fall deS „William Frye", -er allein hierfür heran- gezogen werden kann, ohne weiteres so auSgebcutet werden könnte, als ob er nicht längst durch deutsches Ent gegenkommen gegenüber dem amerikanischen Standpunkt seine Erledigung gefunden hätte! Es ist die alte, schon den alten Römern bekannte Weise vom unverfrorenen Vcr- leumdcn, die im heutigen England zum Leitmotiv aller Mintsterredcn geworden ist. Wir kennen sie hinreichend, und die Neutralen, die damit betört und über die Verluste ihres Handels, über die Schädigungen ihrer Industrie ge tröstet werden sollen, ebenfalls. Herr Grey hätte sich viel leicht kein« so große Mühe zu geben brauchen — geglaubt wird ihm doch nicht, solange klare Tatsachen eine ganz andere Spruche reden. Aber wenn auch. — cS ist dem englischen Minister des Acußeren jedenfalls gelungen, bei seinen Mitbürgern den Anschein zu erwecken, als ob England in der Blockadefrage keinen Schritt zurückgewlchrn sei. ES bleibt ihm jetzt nur noch übrig, Hertn Wilson zufrieden zu stellen. Das aber hat, nachdem Oberst Honse wieder aus London abgcreist ist, gute Weile. Herr Wilson wird gewiß nicht ungeduldig werden, den Eindruck hat man auch in Amerika. Schrieb doch Sie nichts weniger als deutschfreundliche Ncuyorker „Tribüne" vor kurzem, Laß der Präsident mit seinen Droh ungen „scharfer" und „schärfster" Noten gegen England „lediglich für die Zuschauer spiele". Das Blatt meinte, in London werde mau wohl scharfsichtig genug sein, das zu er kennen, und hat sich darin nicht getäuscht. Wenn also jetzt die „verschärfte Blockade" nicht durchzusührcn ist, weil eine Anzahl englischer Blätter so großen Lärm damit gemacht hat, daß cs auch Herrn Wilson unangenehm wurde und er abminken mußte, so ist damit noch lange nicht gesagt, daß der Plan überhaupt aufgegeben worden ist. Dazu ver spricht cr doch zu viele Vorteile, ganz besonders auch für die leidige Frachtranmfrage. Nur wird man künftighin etwas vorsichtiger zu Werke gehen und nicht, wie es geschah, gleich mit der Türe ins Haus fallen. Durch die Debatte im Unterhaus und Greys Rede ist ja auch alles ansS beste vor bereitet worden. 'Grey hat so viel von der Rücksicht aus die Neutralen gesprochen, daß man, wie er hofft, im Haag und in Stockholm beruhigt und von dem durch die „Times" m unvorsichtiger Weise geweckten Verdacht geheilt sein wird. Das ist um so mehr erwünscht, als England die Neu tralen künftighin mehr, als cs durch die Anleihe in Amerika geschah, zur Bestreitung seiner Kriegskosten heran- ziehcn möchte. Nach der englischen Finanzzciischrist „Statist" rechnet man in London damit, für etwa 12 Mil liarden englische Wertpapiere in den neutralen Ländern unterzubringen, um so das nötige Gold zur Fortsetzung deS Krieges zu erhalten. Wozu also den Holländern, Schweden und Norwegern unnötig Angst machen, wenn man sie braucht — und schließlich durch allerlei Hintertüren trotz allem ans Ziel kommen kann? Die Verhandlungen mit Montenegro. Zu der Vcrössenllichung der Ucbergabcbedingungeir wird von unterrichteter Wiener Seite darauf hüigcwiesen, daß der abgeschlossene Kriegövertrag für Montenegro ein außerordentliches Entgegenkommen bedeute. Mit der Unterzeichnung des militärischen Aktes der Wasscnstrccknng sind die Verhandlungen militärischerseits abgeschlossen, und cs könnte» nunmehr die F r i e d c n s v c r h a n d l n n g c n beginnen. Nach der montenegrinischen Verfassung hat, wenn der König außer Landes ist, der Thronfolger, wenn auch dieser abwesend ist, das Gesamtministerium die volle Regierungsgewalt. Von dem montenegrinischen Kabinett sind nur einige Mitglieder im Lande zurückgeblieben, als deren Bevollmächtigte General Bccir und Major Lompar die Vereinbarung über die Waffenstrcckung unterzeichnet haben. Solche Kricgsverträge bedürfen nicht der Be stätigung des Staatsoberhauptes oder der verantwortlichen Regierung. Sie wurden deshalb beiderseits nur von den« militärischen Befehlshabern ausgefcrtigi, sind aber ebenso verpflichtend, wie jeder andere Staatsvcrtrag. König Nikolaus ist am 18. Januar aus Montenegro gewichen. Er floh auf einem Boote über den See nach Skutari und begab sich von dort zu Fuß und zu Pscrü nach San Giovanni di Mcdua, wo er vom italienischen Vertreter empfangen wurde. Seine Flucht wirst ein eigentümliches Licht auf den König, der am 13. Januar durch ein Schreiben und ein Telegramm an Kaiser Franz Joseph mit der Bitte um Frieden herangctretcn ist. Die nächste militärische Tätigkeit in Montenegro hat sich mit der Sicherung der Verhältnisse deö Landes zu befassen. Der Verpflcgungs- dienst muß, obgleich in dem Vertrage über die Waffen- strcckung das nicht als besondere Bedingung angeführt ist, geordnet werden. Wir werden von nun an nicht nur unsere dort stehenden Truppen, sondern auch das vollkommen aus gehungerte Land zu ernähren haben, wobei die erheblichen natürlichen Schwierigkeiten zur Bewältigung der Frachten zu überwinden sind. Doch ist zu erwarten, daß auch in dieser Beziehung in naher Zeit alle Hindernisse beseitigr seiu werden. Unsere Truppen habe» sich nicht nur auf die Besitznahme von Skutari beschränkt, sondern auch alle Höhen in weitem Umkreise besetzt und befestigt. st>.) Warum Nikita flüchtete. b. Au unterrichteter Stelle verlautet, die Herbeifüh rung der Flucht Nikttas ist das Werk des italie nischen Hofes. Als Kronprinz Danilo in Rom nach dem Falle Eettinjcs keine militärische Hilfe durchsetzen konnte, sogar vernehmen mußte, bas; auch die Zurück führung des italienischen WalonakorpS erwogen werde, entschloß sich Nikita, die Kapitulation und das Frie-cns- ansuchen an Oesterreich-Ungarn zu unterschreiben. Salan- dra und der italienische Hof erklärten, daß der Abschluß des Friedens zwischen Nikita und Oesterreich-Ungarn innere Unruhen in Italien und überhaupt unübersehbare Folge»