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7d. Fahrgang. AL LS Mittwochs 1s. Februar 1926 Gegründet 18SS «vradionlchrtfti Machrtch,«» Dr«»tr». g»rn>pr«chrr»Samm»tnumm»r SS 2.1 SW» Ilt» «-ch,ge>pri>ch«i S0 011. gFaktik«. o°m I. dU I». SwruartSS« d»t lttqUch »w«tmaUgn Zukellunv NN Laus I » ^ vDLvUllk Politx^uasprew lit» Wonai Aedruar 3 Marl» okn» PollzusleUung-gedlldr. N!»^>v P»,»,!,. Anzeigen-Preise: so Marti. « >l auhsrkalb Aachdr>>ck n»»r mit dsutttchsr tituellrnnnpad» »Dresdner Nachr " niISM». Unverlonqi' SckrSIIIucke werdi-n nick! nuldewahrt Schr>ftt»ll>mq und LauplgeichüNsftsU«: Martrullratz» SS.2. Druck >,. varlaq von vtapiq a Aatchard» m Dresden. DoMcheck-Äonto 10SS Der»de». Die Aat-Rede des ReichssinanzmiMers. Einschränkung aller öffentlichen Ausgaben zur Entlastung -er bedrängten Wirtschaft. Der Worllaul -es -eukschen Ausnahmegesuches. — Das Echo -er Ae-e Slresemanns. — Volle Frie-ensmiele ab 1. Juni 1926 beantragt. Deutscher Reichstag. iLeahtmelbung untrer Berliner Lchrtttlettung. Berit«, 10. Febr. Auf der Tagesordnung der heutigen Ncichstagssitzung steht die erste Lesung des Neichshaus- haltplaneö für 1926. Reichssinanzministcr Dr. Nein» hold führt hierzu auS: Der NeichshauShaltplan für das Jahr 1926 ist zu einer Zeit ausgestellt worden, in der man die W i r t s ch a s t ö k r t s e. die inzwischen mit voller Wucht über unser Volk herein- gebrochen ist, noch nicht in allen Auswirkungen übersehen konnte. Infolgedessen gibt der Etat kein klares Spiegelbild unserer wirklichen Not, wenn auch das Ztffernwcrk im einzelnen an mehr als einer Stelle den schon im Herbst ungünstigen Stand unserer Wirtschaft erkenne» läßt. Inzwischen sind wir tn die schwere Krisis geraten, an deren Ueberwtndung mitzuarbeiten meiner Ueberzeugung nach im Augenblick die wichtigste und dringendste Ausgabe jedes Deutschen ist, an welcher Stelle er immer auch stehen möge. Allein die Tatsache, daß wir im Monat Januar 1926 de« traurige« Rekord von 2 0 9 2 Konkurse« u»d 1888 VeschLftSauftichten erreichte«, beweist de« furchtbare« Ernst der Lage, ebe«so wie di« erschreckende Höchstzisser der unter, stützten Erwerbslose«, die von r««d 198999 a« 1. Juli 192» aus 679 969 am t. Dezember 1928 «nd rund SMillionenaml-Febrnar 1926 gestiegen ist, woz« noch a«8 de» ausgesteuerten Erwerbslosen 2,6 Millionen ZnschlagSempsLnger «nd schätzungsweise 2,5 Millionen Kurzarbeiter komme«. Ich brauche nicht daraus hinzumcisen, welche Summe von Not und Elend vor alten diese Zahlen der Erwerbslosen und Erwerbsbeschränkten in sich schließen und vor welche schwierigen Aufgaben gerade diese Frage die Negierung stellt. Auf die Gründe der Krisis, die zum Teil ja sehr weit zurück- ltegen, will ich ausführlich nicht cingchen. Sie liegen für die Landwirtschaft in erster Linie in dem Mißverhältnis der Preise ihrer wichtigsten Produkte zu den Preisen der allgemeinen Bedarfsartikel, für den Steinkohlenbergbau in der Einengnug des Absatzes der Steinkohle durch Verwendung anderer Kraftgnellcn bei gleichzeitig erhöhter Konkurrenz in» folge der Maßnahmen der englischen Negierung, bei der Eisenindustrie in dem besonders scharfen Wettbewerb, der ihr auS dem niedrigen Stand des französischen Franken erwächst. Dazu kommt neben vielem anderen noch die Kapitalknavphett unserer Wirtschaft, die zu jener Sreditkrise geführt hat, die allmählich in eine Verbraucher, krise ausgeartet ist. Ich halte eS als Finanzminister für meine Pflicht, meiner Ueberzeugung Ausdruck z« gebe«, daß die Uebcrlastnng unserer Wirtschaft mit öffentlichen Ab gabe» aller Art zur verschärf«»« der Krisis nicht unwesentlich beigctrage» hat. So unbestritten die Tatsache ist, daß die starken Steuer. «Hebungen in der Stabilisicrungsperiode und das Wunder der Rentenmark für immer ein Ruhmesblatt der Neichsfinanz vrrivaltung bleiben werden, so hat sich auch ebenso klar er» wiesen, daß ein an den Welthandel angeschlossencs Volk Steuern und Abgaben in der Höhe, wie sie das deutsche Volk und die deutsche Wirtschaft tn den letzten Jahren in Reich. Ländern und Gemeinden geleistet haben, auf die Dauer nicht ertragen kann, ohne daß die Fundamente seiner Wirt schaft zerstört und dadurch Krisen hervorgerufen werden, wie sie jetzt unser Volk durchzittern. Soweit diese Krise den tn der Kriegs- »nd Inflationszeit aufgeblähten Apparat der Pro- dnktlon und vor allem des Handels wieder auf ein normale» Mas, bringt, kann sie heilsam verlausen. Aber es kann leider keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die Krise weit darüber hinauSgcht und mit dem Kranken auch den Gesunden in den Abgrund zu ziehen droht. Wollen wir aber verhinderu. daß die Krisis sich zur Katastrophe auswächst, so dürfen wir nicht nur an den Snmptomen kurieren, ohne das Uebel bet der Wurzel zu fallen.' sondern müssen uns aus finanzpolitischem Gebiet dazu cntschlicßen, ans der Rot zu lernen «nd dafür zu sorge«, daß die gesamten össcntliche« Ausgaben Deutschlands in Reich. Ländern und Gemeinde« so eingeschränkt werden, daß bi« zu ihrer Deckung notwcndiacn Lasten wirtschastlich tragbar wi» sozial gerecht gestaltet werden können. Es wird deshalb anf finanziellem Gebiet dix Hauptaufgabe sein mttllen, das Verhältnis zwischen der Leistungsfähigkeit der Wirt schaft wie des einzelnen Steuerzahlers und dem gesamten StaatSbcbarf der öffentlichen Hand in Deutschland mit größter Strenge nachznpriisen »nd den notwendigen Aus gleich zwischen Slcncrbedürfnis und Stenerkraft zu finden. Der fetzige Apparat der gesamten »ssentlicken Betätianna. -er ia infolge der politischen Struktur «nlrreS Reiches be, sonders kostspielig ist. ist ans die Dauer neben lmn nnS durch Heu Krieasoerlnst ankerleqten Lasten siir uuser arm ge» «ordeneS Volk zu aroß. In diesem Panzer werden wir nickt schwimmen können, sondern untergeben mttllen Aus Grün der im Finanzausgleich votaesehencn Finanzstatistik werden wir deshalb noch »m Laufe de» Jahres die Möglichkeit ae- naucster Prüfung haben, und ich iebe es als meine dringendste Pflicht an. im Verein mit den Ländern »nd Gemeinden hier »urck, AuSnükung jeder Möglichkeit einer vcrwaltunas. »eretusachuug und durch Vermeidung aller Aubaaben. idle irgendwie ohne Schaden für unser Volk zu ersparen sind, zu einer sowohl für den einzelnen wie für die Gesamtheit trag baren Belastung zu kommen. Das wird nur geschehen können, wenn mir die berühmte und fast legendär gewordene BerwaltungSrcform aus dem Stadium der theoretischen Erwägung und der Kommissions- beratungen heraus zur praktischen Durchführung bringen. Dabei denke ich selbstverständlich keineswegs an einen schematische» Beamtenabbau, der schon aus bcamten- politiichen Gesichtspunkten heraus unter keinen Umständen wiederholt werden darf und praktisch ja immer die Gefahr in sich birgt, daß aus arbeitenden Gehaltsempfängern nicht arbeitende Pensionsempfänger werden. Nicht der Abbau von Personen, sonder« der vo» ver- waltuugsarbeit, nicht von Beamte», sondern von Aemteru tut not. und zwar nicht nur im Reiche, sondern mindestens in dem selben Maß« in den Ländern und Hsemeinden. Zum End zweck der Ersparnisse ist nötig, auch die voll« Verantwortlich keit der Länder und Gemeinden für di« zu leistenden Auf gaben wiederherz»stellen, da eS sich bei dom bisherigen Prinzip der lieber Weisungen uvtt all den Ungerechtigkeiten derSchlüsiel- antetle nicht vermelden ließ, daß an manchen öfscutlichc« Stellen zuutel Geld vorhanden war, da» zu Ausgaben veranlaßt«, die. lwm Standpunkte der Gesamtivitt schuft aus betrachtet, außerordentliche Gefahren tn sich schließen. Di« Selbstner- ivaltung wird nur dann wirtschaftlichen Schaden verhüten können, wenn für jode Ausgabe auch die entsprechende Be lastung von der gleichen Körperschaft, di« die Ausgabe be willigte, beschlossen und der Bevölkerung gegenüber verant wort ck werden muß. Reich, Länder und Gemeinden — auch die meisten öffent lichen und privaten Betriebe — haben sich in der Zeit, wo die Ausnahme innerer Anleihen unmöglich war, daran gewöhnt, nicht nur die lausenden Ausgaben aus den Einnahmen, d. h. also aus Steuern und Abgaben zu decken, sondern aus diesem Ertrag auch alle die Ausgaben zu bestreiten, die Werte für die Zukunft schassen, kaufmännisch gesprochen also Neu- anschafsungen aus Unkostcnkonto zu nehmen. Mir scheint aber eine ttebertreibnng dieses Prinzips be» erstrebten Erfolg zu gefährden. Wir müssen deshalb wieder dazu über» gehe», zwischen dem ordentlichen und dem außerordentliche» Haushalt streng zu scheiden und Ausgaben des Extra- ordinariums nicht mehr wie bisher durch Steuern und Abgaben, sondern durch Anleihen zu decken, wobei bei der geringen Aufnahmefähigkeit des inländischen Marktes die äußerste Beschränkung solcher Ausgaben sclbstverstänb» liche Pflicht ist. Das Ziel, das erreicht werden muß, steht für alle festr Durch Reform der Verwaltung nub Beschränkung der Ausgaben und AnSaabe« Anpassuug der gesamten öffentliche» Lasten Dcutschlauds. soweit «tr allein darüber zu bestimme« habe«, a» die Stenerkraft unseres Volkes uub «userer Wirtschaft. Bon der praktischen Lösung dieser Frage hängt der Wieder aufbau unserer Wirtschaft und. da nur eine gesunde Wirt schaft gesunde öffentliche Finanzen aus dte Dauer gewähr leisten kann, auch unser finanzielles Schicksal ab. «Bet Schluß de» Blatte» dauert die Verhandlung fort^ Das -eutsche Aufnahmegesuch. Die Ueberreichung in Gens. Ke «s. 19. Febr. Die deutsche Note mit dem Gesuch um Ausnahme i« de« Völkerbund ist. wie den Blätter« mitaeteilt wird, heutc mittag in Genf übergebe« worden. Da» dem Generalsekretär des Völkerbundes übergebene Aufnah mcgesuch Deutschlands in den Völkerbund hat folgenden Wortlaut: Herr GeueralsekretLrs Unter H-uweis aus bas deutsche Memorandum a« die Rcgierunge« der RatSmächte «om September 192t, anf die Ihnen, Herr Generalsekretär, übersandte deutsche Rote vom 12. Dezember 1921 und auf die Antwort beS Völkcrbnnds- ratS daraus vom 1t. März 1928, sowie unter Bezugnahme auf die i» Abschrift ihr beigefügte Rote der übrige« an deu Ver trägen vo« Locarno beteiligten Regier,ingc« vom 1. Dezember l925 beehre ich mich gemäß Artikel 1 der Bölkrrbnndsratznng »ameus der deutschen Regierung hiermit, die Ausnahme Deutschlands i» de« Völkerbund zu beantra ge«. Ich b tte Sie. diese« Antrag baldmöglichst aus die Tagesordnung der Bundesversammlung setze» zu wollen. Genehmige« Sie. Herr Gcueralsekretär, de« Ausdruck meiner vorzügliche« Hochachtung. lgez.» Stresemaun. Die Anlage zur deniichen Aoie enthält di« nachstehende Auslegung de» Artikels 16, wie sic von de« beteiligten Mächten in Locarno beschlossen worden war: Di« deutsch« Delegation hat gewisse Klarstellungen hin sichtlich d«S Artikel» 16 der BölkerdundSsatziing verlangt. Wir sind nicht zuständig, kn Namen des Völkerbünde» zu sprechen. Wir zögern aber nicht, noch den im der Berkam-m- lung und in den Kommrisstomen de» Völkerbundes bereits gepflogenem Beratungen und nach den zwischen umS auS- getauschten Erläuterungen Ihne« di« Auslegung nntzuteilen dte wir unserseits dem Arttkel 18 gebe«: Nach dieser AnSIcguug sind die sich für di« BmnbeSmit» glieder a»S diesem Artikel ergebenden Verpflichtungen fo ,« verstehen, daß jeder der Mitgl edftaate« des NundeS gehalten Ist, loyal «nd wirksam «itUardeiten, um der Satzung Achtung zu verschaffe« und jeder Äugriffshandluug eutgegenzutrcten, in einem Maße, das mit seiner militärische« Lage verträglich ist und das seiner geographische« Lage Rechnung trägt. Llandervelde. Briand. Baldwtn. Chanvberlatm. Dr. Beuesch. Skrzyuski. Scialoja. Drummvn- über Deutschlan-s Dölkerbun-s- beilritt. Köln. lü. Febr. Der Generalsekretär beS Völkerbundes. Sir Eric Drummond, erklärte dem Genfer Vertreter der Kölnischen Zeitung" u. a.: Seit dem Bestehen des Völker- bundes ist eS das erstemal, daß der Rat dte Einberufung einer außerordentlichen VSlkerbunbSversammluna in» Auge zu faßen bat. Die Tatsache beweist, welche große Bedeut««« die Mitglieder des BnndrS der Ausnahme Deutschlands bei- mesicn und wie lebhaft sie wünsche«, sobald wie möalich die volle Mitarbeit Deutschlands zu gewinne«. Deutschland ist sa in Genf kein Fremdling mehr. Ich brauche nicht mehr daran »« erinnern, Lab deutsche Ver treter seit langem an zahlreichen BölkerbundSkonkerengen teilnehmen, in mehreren ständigen Organisationen LeS Bundes sitzen uud erfolgreich an unserer Arbeit Mitwirken. Der Eintritt Deutschlands in den Vö'kcrbund wird die Zu sammenarbeit noch vollkommener gestalten im Interesse der Eintracht unter den Nationen. Ich kann daher beute meine lebhafte Freude über bas aroße Ereignis auSsvrechen. dos der deutsche Antraa aus Eintritt in den Völkerbund be deutet. Ich bin dabei sicher, die Gefühle deS Völkerbunds» rate» wiederzuaebcn. Schließlich erinnerte der General sekretär des Völkerbundes daran, daß er bereits vor etniaer Zeit den Vorzug batte, die persönliche Bekanntschaft beS NcicbSmtnIsters -es Aeußeren. Dr. Stresemaun. z« machen. Snqtand und der gewünschte polnische Raissitz. London, 16. Februar. Wie der Vertreter der Telcgraphen- Union von gut unterrichteter Stelle erfährt, ist wegen der Zuweisung eines permanenten Sitzes im Völker- bundsrat an Polen noch nichts Definitives beschlossen worden. In politischen Kreisen herrscht aber trotzdem eine gewisse Unruhe. ES läßt sich nicht leugnen, tznß sich mächtige Einflüsse zugunsten eines polnische» Sitzes t« BölkerbundSrat bcmcrkbar mache«. Man ist nicht ganz sicher, ob England nicht in letzter Stunde die Uebernahme der Ver antwortung für die Verhinderung der Erfüllung dieses pok- nisch-französifchen Wunsches scheuen wird. sT. U.f Die Räumung -er 2. un- 3. Zone soll verzögert wer-en. Paris, 16. Febr. Der Havasocrtreter in London er lährt vo« informierter Seite, daß in diplomatische« Kreise» Londons die Nachricht, die Räumung der zweiten nutz »ritten Zone werde augenblicklich ernstlich ins Auge gesoßt, als verfrüht angesehen «erde. Die offizielle« englischen Kreise seien der Ansicht, daß. wenn eine Herabsetzung »er Essektivbcstände in der zweiten «nb dritten Zone auch «lS wahrscheinlich, aber nicht als unmittelbar bevorstehend ange sehen werbe. baranS nicht z« solger« fei. baß die Alliierte« an die völlige Räumung des Rhein, landes denke« Man sage in diesen Kreisen, daß ei» solcher Beschluß erst erwogen werde» könne, „wenn man Dentsch, land am Werke beobachtet habe- lW. T. B.t Tschikscherin für -ie Abrüstungskonferenz. Aber in einem nichtschweizerischcn Ort. Moskau, 19. Febr. Beim Volkskommissariat für Aus wärtig« Angelegenheiten ist ein Telegramm de» General sekretärs des Völkerbundes clngcgangen. worin der Wunsch der fünf Mächte nach Verschiebung der Einberufung der tun bereitenden Abrüstrngskonserenz mitgetetlt und da» Volkskommissariat um seine Vorschläge befragt wird. I» einem Antworttelegramm weist Tschiticke rin aus dte bereits anSgedrückie Bereitschaft der Sowjetunion zur Teilnahme an der Abrüstungskonferenz hin. Der g^ wünschten Verschiebung deS Zusammentritts der Konferenz timmt die Sowsetrcgicrnng zu. Sie hält an der Einbernsnng anßerhalb der Schweiz fest und drückt den Wunsch aus. die Konferenz möge tn eine«, Lade tagen, welches knvlomatische Beziehungen zur Sowjetunion unterhält. lA. T. B.s