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Nr. 178 Zehnter Jahrg. Okenstag S7 Juni 1865. H«U4 früh 7 Uhr. K»serate Werde» angenommen: Lt« Abend» Ü.Svnn- tck--»»i» Mittag» 1» Uhr: Marieustraße 13. >«i«ig in dies Blatte, ha» jetzt in 11,OW Exemplaren erscheint, Goden eine erfolgreich« Verbreitung. ^konnemnit: vierteljährlich 20 Ng,. bei unentgeldlicher Lte» srrung in'« Hau«. Durch die «önigl, Pos Vierteljährlich 22 Ngr Einzelne Nuuimerr 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Mitredacteur: Theodor Drobisch. Anseratenpreise'. Für den Raum ein«, gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile L Ngr Druck und Sigenthum der Herausgeber!: Liepslh öl Nelchardt. — Verantwortlicher Rrdacteur: Julius Nelchardt. Dteesbe» de» 37 Juni. — be. Maj. der König hat genehmigt, daß der Kam- «erherr Egon Heinrich Gustav Freiherr von Schönberg-Bib- ran-Modlau auf Luga den von 8e. Maj. dem Kaiser von Oesterreich ihm verliehenen Orden der eisernen Krone zweiter Clafse annehme und trage, sowie dem Landstallmeister Major von Mangoldt zu Moritzburg da» Comthurkreuz zweiter Elaste de- Verdienstordens verliehen. — Die Sektion der Wandrrgesellschaft für Gartencultur, Obst- und Weinbau hielt ihre Zusammenkunft sogleich nach der Eröffnungsversammlung im Hörsaale am K. naturhistor. Museum im Zwinger. Die Abtheilungen der Sektion waren durch den Direktor der K. Weinberge und K. Kellerverwalter Herrn Oberleutnant Mittag, Herrn vr. Schulze und Herrn Hofgärtner Neumann vertreten. Die Anwesenden sahen sich bei dem Eintritt in den schönen Saal überrascht, durch die Ausstellung vieler ausländischer pomologischer Prachtwerke, sowie durch die Auslegung einer kostbaren Sammlung von mehr als 300 höchst naturgetreuer Handgemälde der edelsten Obstsorten, welche vom Jahre 1840 bis >862 zur König!. Tafel gekommen. Die Gemälde von der kunstgrübten Hand de- verflorb. K HoMchenmeisters Kranke, so wie die Bücher waren aus der Btbliolhtk, welche I. M. die Königin Maria dem K. naturhistor. Museum verehrt hat und auf Befehl Sr. Maj. de» Königs Johann fortgesetzt wird. Eine Anzeige wie- darauf hin, daß diese auch an Werken über Gartenbau reiche Bibliothek in diesem Museum von 8 — 12 und 2—7 Uhr täglich benutzt werden kann. Die Anwesenden faßten den Beschluß. Donnerstag früh 8 Uhr in demselben Lokale sich wieder versammeln zu wollen. — Die Hosopernsängerin Fräulein Hänisch hat die Ferien der hiesigen Bühne zu einem Gastspiel in Graz benützt, wo He besonder- als „Susanne" in Figaro'- Hochzeit «ußrrordent- Nch« Erfolge erzielte. Der , Telegraph" schreibt über Fräulein Hänisch unter Anderen: Sie bekundete auch hier wieder die fringebildete Sängerin; ihre Stimme ist von einer wohlthuenden sympathischen Weichheit und klingt besonder- in der Höhe glockenrein. Der Anschlag ist immer vortrefflich, so wie die Verwendung der technischen Mittel überhaupt und die ganze Austastung von einer edlen künstlerischen Durchbildung zeigen. Die Eantilene im ersten Akt, wie die Arie im zweiten Akt, brachte Frl. Hänisch entschieden zur Geltung und wurde nach der letzten dreimal stürmisch gerufen. — Roch nie sah wohl die Festung Königstein eme so große frohbewegte Menschenzahl auf ihrer luftigen Höhe, al- e» am vergangenen Sonntag Nachmittag geschah, wo sich der Gewerbeverein zu Dresden in der Anzahl von 500 Personen mittelst Dampfwagens aufgemacht hatte, der Festung einen Besuch abzustatten. Im Städtchen Königstein ange- kommrn, galt e-, 800 Fuß über den Elbspiegel emporzufiei- gen. Männer und Frauen, vorzüglich junge Damen, Viele de» Etriger.s ungewöhnt, keuchten die Höhe hinauf und als sie ermattet angekommen, mußte ein Theil Wohl über eine Stunde lang am eisernen EingangSthor verharren, denn es wurden nur immer 20 Personen auf einmal Hineingelaffen und mit großer Pünktlichkeit von der wachthabenden Mann schaft abgezählt. Diese- Hoffen und Harren bis e- hieß: gehet ein, durch die enge Pforte! Kopf über Kopf drängle sich die Maste vor; spitze Ellnbogen übten ihre unverjährba- ren Rechte und die Crinolinen mußten manche Unbill erdul den. Al- endlich der große Wurf gelungen und Viele erst 'die Eingangspforte passirt, als ein Theil der Besuchenden schon wieder herabkam, schritten sie empor, wo die Führung in der Weise geschah, daß ungefähr 20 bi- 22 Personen sich zu einer Gesellschaft vereinigten, der Ei» Führer beigegeben war. Welch ein Staunen und Verwundern über die groß artigen Festungswerke, als der Weg vom grünen Thor aus über die hölzerne, so wie durch die bedeckte und offene Appa- reille ging. Beim CommandantenhauS vorüber nach dem Walle und der äußern FestungSumfastung zu, lenkten sich so dann die Schritte der Besucher, denen das Wetter äußerst günstig war. Welche Rundsicht, ein genügender Ueberblick von der ganzen sächsischen Schweiz. Nach dem Rundgang verweilten Vrele im Erdgeschosse der Friedrichsburg, woselbst einige Ueberrest« des ehemaligen großen Weinfasses aufgestellt find. Erfrischungen von Wein, Bier, Kaffee u. s w. waren hier gut und billig zu haben. Während der Wanderung, die anderthalb Stunden in Anspruch nahm, wurde vielen histv- risch-merkwürdigen Stellen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Das Pagenbelt, dir Stelle, wo der Baron Kleitenberg hin gerichtet worden, wie da, wo man im Jahre 16 !0 dem Festungscommandanten Friedrich von Beo» in Folge auSge- übter Betrügereien erst drei Finger abgehauen and dann an «lvem über die Festungimauer hinauiwogenden Ast erhenkt Pttte. Ebenso interessirte gar Viele die vorspringende Ecke de» Festung unweit der sogeuaunlen Königsnase, wo im Jahre 1848 der Schornsteinfeger Abratzky dieselbe von Außen er fliegen hatte. Das höchste Interesse bot das Brunnenhaus, wo man in die Tiefe des Brunnens hinabsah, der nach einem vierzigjährigen Bau im Jahr 1üS2 beendigt wurde. Das Verzeichniß der Staatsgefandenen auf dem Königstein weist 283 Männer auf, darunter der Kanzler I>r. Krell, der hier 10 Jahre saß und 1601 in Dresden enthauptet wurde Nicht minder fragten Viele der Besucher nach dem unterirdischen Gefängniß, wo der Marquis d'Agdollo 23 Jahre geschmachtet habe, von dem sic in dem Oettinger'schen Roman „Gräfin Kielmannsegge" gelesen. Wo vom August 1849 bis Juni 1850 der Russe Bakunin sein Gefängniß gehabt habe, selbst diese Frage wurde vielfach vernommen Ein großer Theil der Besucher verfügt sich nach der Besichtigung der Festung nach den sogenannten Hütten herab, wo man den zwei Etablis sements : Holz'chleiferei des Herrn llr. Rudel und der Schnei demühle des Herrn Pflugbeil besondere Aufmerksamkeit wid mete. Und in der That muß die Holzschleiferei in Betreff von Papierfabrikation das höchste Interesse in Anspruch neh men, denn das uns vorgelegte Papier überlrifft alle Erwar tungen. Durch das Schleifen des Holzes wird nämlich die Faser gleichsam so wieder abgelöst, wie sie sich gebildet hat und da die Pflanzenzelle des Holzes mit der des Hanfes, Flachses und der Baumwolle identisch ist, so muß nolhwen- digerweise die Holzfaser, wenn sie richtig gelöst ist, auch die verfilzbare Eigenschaft jener besitzen, worauf bei der Papier- fabrication das Wesentlichste ankommt. Die richtig geleitete Fabrikation bringt daher auch eine Faser zu Wege, welche den Holzstoff nicht mehr als ein bloßes Surrogat, sondern als einen wirklichen Ersatz der Hadernfaser erscheinen läßt. Bei unbeschränkter Menge desselben ist dies von doppelter Wichtigkeit für die Papierfabrication: 1) den großen Mangel an Hadersocken für die Fabrikation der Mittelpapürgattungen zu beseitigen, 2) die Preise der Hndern zu reguliren, daß eine Vertheuerung derselben nicht mehr möglich ist. Wir werden in Betreff dieser Erfindung in diesen Tagen einen längeren Artikel bringen. Der Schneidemühle des Herrn Pflugbeil einen Besuch mit abzustatten, war dem Referent dieses aus Mangel an Zeit nicht vergönnt, denn eS nahte der Netour- zug nach Dresden. Wiederum waren es.die Herren I)r. Nentzsch und Schuldirektor Claus, welche sich der großen Mühe un terzogen, diese Fahrt in's Werk zu setzen und den Müssende, such der Festung Königstein zu ermöglichen, wofür gewiß Alle, welche an der Fahrt Theil nahmen, diesen re^en Män nern den aufrichtigsten Dank zollen werden. — -f Ein Seitcnstück zu der Geschichte von dem Lerchen paar, das unter den Elsenbahnschienen nistet, findet sich auf dem Waldschlößchen Dort nistet in der Musikhalle ein ge mütliches Rothschwänzchenpaar, das merkwürdiger Welse während der stärksten Musik dort ruhig ein- und ausfliegt und seine Jungen füttert. — Einer der schönsten und seltensten reich befruchtet n Kirschbäume, ein wahres Naturspiel, befindet sich jetzt in Strehlen Nr. 26 bei Herrn Magnus. Der Besitzer hat selbst so vul Freude an diesem Baume, daß er sich noch nicht ent schließen konnte, die reifen Kirschen abzuvehmen. — Herr Emil Devrient ist zur Erholung auf einige Wochen nach Salzburg gereist. Herr Döring wird noch Ende Juni am hiesigen Hostheater ein Gastspiel beginnen. Herr Schnorr v. Carolsfeld, der vielbewunderte Erlöser des „Tri stan", wird am Tage der Wieder-Eröffnung der Bühne als Faust in „Margarethe" auftreten. — Wie den Lesern dieses Blattes erinnerlich sein wird, machten wir das Publikum vor dem ebenverlaufenen Dresdner Jahrmarkt aufmerksam auf die Art und Weise der Ausstellung und des Abbrechens der Jahrmarktsbuden, und zwar geschah dies zu dem doppelten Zwecke, einmal um die Personen, de nen diese Beschäftigung und deren Ueberwachung obliegt, auf die Uebelstände, die damit zusammenhängen, aufmerksam zu machen, andererseits um dem Urtheile des Publikums zu über lasten, ob ein früherer Artikel über diesen Gegenstand unge rechtfertigt war oder nicht. Wir haben bei diesem Jahrmarkt die erfreuliche Wahrnehmung gemacht, daß wir nicht umsonst geschrieben haben. Die Ausstellung der Buden und deren Herbeischaffung ging nun zwar noch in der von GroßmutterS Zeit hergebrachten Art und Weise vor sich; man sah zwar das Bemühen, beim Auseinanderlegen der Budenth-ile auf das verkehrende Publikum Rücksicht zu nehmen, allein das Geschäft an und für sich ging ebenso langsam wie früher vor sich und erschien ebenso planlos, wie ehedem, denn von Diens tag an wurde bereits der Neustädter Marktplatz mit wesent licher Einengung der ganzen Paffagelinien mit Budentheilen belegt, und am Donnerstag wurde erst in der Hauptsache mit der Ausstellung der Buden daselbst begonnen, auf dem Pa- laisplatz dagegen sah man überhaupt erst vom Donnerstag an die Buden erstehen mit etwaiger Ausnahme einiger Vrat- wurflbuden, die bereits von Mittmoch früh an mit flottem Geschäftsbetriebe quer über die äußerst frequente Fußgänger bahn gebaut waren. Warum, fragt man, beginnt man mit dem Ablagern der Budentheile und deren Ausbau nicht viel mehr zuerst auf den Stellen, wo der wenigste Verkehr herrscht, z B. auf dem Palaisplatz, auf dem Platz an der Neustädter Kirche, auf der Mitte der Hauptallee, und läßt die frequen testen Stellen, insbesondere den Neustädter Markt, unberührt und unbebaut bis zum letzten Augenblicke, z. B. bis zum Donnerstag Nachmittag? Ging durch diese Wahrnehmungen die Hoffnung auf Aenderung der geschilderten Zustände voll ständig un er, so war es um so erfreulicher, diese Hoffnung bezüglich des Abbrechens der Buden auf einmal erfüllt zu sehen. Schon die Art und Weise des Abbruchs ließ keine» Zweifel übrig, daß rin anderer Geist diese« Geschäft leitete, und der letztere hat es möglich gemacht, daß mit Donnerstag Abend ganz Neustadt-Dresden von Allem, was der Jahrmarkt auf die Straßen gebracht, vollständig befreit war. Der Be weis, daß die Jahrmarktsbuden bis zwei Tage nach dem Jahrmarkt ohne Schwierigkeiten vollständig beseitigt sein kön nen, ist also durch die That geliefert, und dieser Umstand bürgt dafür, daß das alte langsame Verfahren beim Abbre chen der Buden beseitigt ist und folglich auch beim Ausbau das nächste Mal nicht wieder erscheinen wird. — Vor dem Orangeriehause ailf der Ostraallee entwik- kelte sich am Sonntage bereits ein reges Leben. Dort befand sich das Anmrldebureau für die 25. Versammlung deutscher Land- und Forstwirthe, und jedes Mitglied derselben empfing dort die Vereinsschleife in den deutschen Farben. Bis Sonn tag Abend waren freilich nur 600 Festtheilnehmer eingetroffen, indessen hofft man, daß die Zahl bi- auf 2000 steigen wird. Die hauptsächlichsten Restaurationen, wie Helbig's, Terrasse, der zoologische Garten, Renner'S, Lusserts, Waldschlößchen und andere, wurden von den Gästen belebt, bei Meinhold's Abends fand die erste Begrüßung statt; namentlich zeichneten sich die grünen Pikeschen der Forstbcamten vortheilhast aus. Viele Häuser, voran das Rathhaus, haben schon geflaggt, sehr ge schmackvoll waren die Omnibusse decorirt. Das königl. Oran geriegebäude ist zum Empfang der 25 forst- und landwirth- schastlichen Wanderversammlung ebenso geschmackvoll, als prak tisch eingerichtet. In demselben befinden sich die verschiedenen Anmeldeburcaux, das Sekretariat, eine Filiale der Post, ein Correspondenzzimmer, ein Zimmer für da« rothe Dienstmann- Institut, eine Ausstellung der forst- und landwirthschaftlichen Literatur, veranstaltet vom Buchhändler Türk, eine Ausstel lung von Gemälden u. s. w. Die Versammlung hat rin täglich erscheinendes Blatt In der Reitbahn der königlichen Stallungen finden die Plenarsitzungen statt. In der Mitte befindet sich eine kolossale Rednerbühne; zwei macht ge, roch ausgeschlagene Podien erheben sich zu den beiden Seiten der selben Vor der Tribüne sind die Stenographen- und Jour nalistenplätze. Zu der ersten Plenarsitzung hatten sich wohl über 1000 Personen eingefunden. Wir bemerkten u. A. die Minister Freiherrn v. Friesen und v. Zeschau, den Oberbür germeister Psolenhauer, die Geh. Räthe Weinlig und Reu- ning, viele hochgestellte Forst-, Finanz- und andere Regie- rungsbeamte aus allen deutschen Ländern, viele Mitglieder der deutschen Landtage, Professoren deutscher Land- und Forst- Academicen, Rittergutsbesitzer, Amtleute, Ingenieure; selbst Bauern in Altenburger und Ungarischer Nationaltracht fehl ten nicht. Das Präsidium, aus den Herren Gchcimrath Weinlig und Rittergutsbesitzer Schneider aus Gönnsdorf be stehend, eröffnet? die Sitzung halb 10 Uhr mit Begrüßung der Anwesenden, sowohl im Namen der Gesellschaft als der Staatsregierung. Ebenso rief der Obcrbügermeister Herr Pfotenhauer im Namen der Stadt Dresden der Versamm lung das herzlichste Willkommen zu. Wie ihn der Beifall entli ß, so empfing den Ministerialrath v. Pabst auS Wien rei cher Applaus, denn dieser ist der einzige überlebende der vier Gründer der Vereinigung. Präsident v. Seckendorf auS Merseburg brachte in schwungvollen Versen ein begeisterte- Hoch auf den König aus, in welches die Versammlung enthu siastisch einstimmte. Se. Majestät werden einer der nächsten Sitzungen beiwohnen. Nachdem sich die Versammlung noch über die Schwierigkeit, zur Erntezeit genügende landwirth- schaftliche Arbeiter zu bekommen, ausgesprochen hatte, trennte sie sich in Sektionen. Die Sektion für Acker- und Wiesen bau tagte in der königlichen Reitschule, die für Viehzucht im Speisesaale der Harmonie, die Forstsection im Stadtverord- nctensaale, vor welchem eine äußerst geschmackvolle Dccoration, bestehend aus Fahnenmasten, Flaggen und Guirlanden ange bracht war. Der Ausstellung auf dem Alaunplatze haben wir nur einen flüchtigen Besuch widmen können, die Un gunst des Weiters ließ auch bei dem nicht sehr zahlreichen Publikum keine rechte Feststimmung auskommen. Wir wollen aber allen Denjenigen, welche die Ausstellung besuchen wollen, e.'