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87. Jahrgang. ^ 230. Donnerstag, 21. August 1913. ve;»gs-Gebühr vterleljLhrl. sllr Drk«. t>e» bei lagüch zwki. maliger Aulraaung <an Sau»- und Moulagen nur einmal» 2,KO M, durchau»>»arllge»o>». mWonäre bis »,k>0 M. Bei «lnmaligcr gu- liellung durch die Polt :>M.<ol,ne«el1ellgeldj. A » » land: Oasler. retch Ungarn .»>,»> «r., Schweiz b>K5 Kr!».. Jialien 7.1? Lire. Nachdruck nur mit deutlicher vuellen. angade t..Dre»dner Nachr.">,»MIIig. Iln. verlangle Planuilriple rorrd.iilchlauldcwahrt. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. Sammelnummcr für sämtl. Telephonanschlüsse: 25241. Nachtanschluß: II. GogvünSot 185« Druck und Verlag von Liepsch Lc Reich ardt in Dresden. fonr/sn^- L/ioco/scke l /kskrn- c/»ocolscke'-pee Tafel 50^ St/'kek'- c/iocolsc/g 1 Lsoso /tee ^ lkg. Lora 2,40 5k. vssseyf -er Larkon 2, 3 u. - ^ Anzeigen-Tarif. Annahme non Ankün- dipunqen bis nachm. N Uln. Eonnlag» nur Marienstrahe .18 non 1 l bi»'/ri Uhr. Die e'nspai.^- Zeil, (eima N Ulbi'N» ttO P< . die -metjplilngf Zeile ou< Teirjktlc 70 Pf. die M-'ilpalt. Neklamezetle l.-^o M. Familien Nachrichion aus Dre«» den t ie etnspail. Zeile 2k. Pf. — In Num- mcrn nach Sonn- und Feiertagen erhöhlcr 7ar,f. — Aubwürttge Auilräftk nur gegen Vciaurdezahlung -- IededLrlegdlattlOPf. Hauptgeschästüstelle: Marirnstraßc 28/40. uorr 20 Lcrrrv>cst«ri i Varlanxcn Sie überall nur ^aäeberZer?il8nei' au; 6er kradedSr^Sr Lxpoptdierdrauei'ei. LdNL^r1«r» Tiutopn^a u LuloLcyläucBk veerl.r, Lacygvmatz tvparien trri, V/l-rNvrrsrsr r-aSLe re<? 2k> Loire rrsirrksrckLN-QLL« ZfLrv ert'rgo Losere. Mutmaßliche Witterung: Veränderliche Bewöl kung, kein erheblicher Niederschlag. Das N e i ch s g e s u n d h e i t s a m t wird im Jmpf- gesctz einige von den Jmpfgegncrn vorgeschlagcne Reformen vornehmen. Die Hcrbsttagung des preußischen Land tages wird für Anfang November in Aussicht ge stellt. Der bayrische Prinz - N e gent Ludwig betonte in einer Festansprache Sie Notwendigkeit des festen Zu- sammenhaltcns von Fürst und Bolk im Kalle eines Krieges. Die bayrische Regierung genehmigte der frei religiösen Gemeinde zu Augsburg die Erteilung von konfessionslosem M v e a l u n tr r r i ch t. Der Bankbeamte Hans W i n ck l c r aus Dresden wurde wegen Unterschlag u n g von 6itt>0» Mark bei der Eommerz- und Diskonto-Bank in Berlin zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Im Haag wurde gestern der 20. Weltkongreß für den Frieden eröffnet. An Wiener unterrichteter Stelle wird er klärt, daß die habSburgische Monarchie kein Interesse an der Losung der A ü r i a n v p c l f r a g e habe. Der russische Botschafter in Konstanti nopel wurde beauftragt, bei der Psvrte gegen daS Vordringen türkischer Truppen Einspruch zu erheben. Das Kriegsgericht in Saloniki verurteilte 18 T ü r k e n und 23 K omitatschis zum Tode. Der spanische Pavillon der Weltausstellung in Gent ist vollständig abgebrannt. Neue Mittelmeerprobleme. Der Frieden von Bukarest, der den leisten Balkau- krieg abschlicßt, hat nicht nur die territorialen Grenzen der Balkanstaaten vollkommen verschoben und durcheinander geschoben und insofern der Entwicklung dieser Staaten zu Lande neue Möglichkeiten gewiesen, er hat auch n«c Probleme zur S" c ausgcrollt und das östlichc Mittel- meer plötzlich in einem Maße in den Vordergrund der Betrachtung gerückt, wie das noch vor wenigen Jahren als ausgeschlossen erschien. Der Kamps um das gesamte Mittelmeer hat dadurch eine ungeahnte Bedeutung erlangt. Zu dem Streit um die Vorherrschaft im westlichen Becken des Mittelmccrcs tritt nunmehr auch ein solcher um den östlichen Teil dieses seit dem grauen Altertum im Mittelpunkte der Geschehnisse liegenden und als Ver kehrs- und Handelsstraße außerordentlich wichtigen McercS. Einstmals war das handeltreibende Griechenland Herrscher auf dem größten Teile dieser Sec, dann wurde cs durch das stolze, ausstrebende Nom verdrängt, bis die römische Welt in Trümmer ging und eine Reihe von kräftigeren und machtvolleren Staaten ans seinem Grunde sich bildete. Seitdem haben Genuesen, Venezianer, Pisaner im Kampfe oder im Bunde mit den Osmancn die Vor herrschaft ans dieser See behauptet. Und wiederum kam eine Zeit, wo auch deren Herrschaft in den Staub der Ver gangenheit versank und eine neue kraftvollere, sungfrischc Macht aus den Wellen cmporsticg und die übrigen see fahrenden Nationen in ihren Bann schlug, England. Freilich mußte auch hier erst eine andere zur Macht auf den Wellen des MittelmecrcS drängende Nation nicdcrgckämpst werden. Die Schlachten bei Abukir und bei Trafalgar ent schieden über die englische Vormachtsstellnug, wie auf dem Ozean so auch über diesen Teil der Sec. Frankreichs Banner trat zurück und England triumphierte auf den Wogen. Es hat seitdem seine Stellung im Mittclmecr weiter ansgebaut und die ' westlichen Mittclmecrmächte, Spanien und Portugal, seinen Plänen dienstbar gemacht. Der Wiederaufbau der spanischen und portugiesischen Flotten mit englischen Mitteln und englischer Unterstützung dient ausschließlich den Zwecken Albions. ES muß zu die sen Mitteln greisen, denn cs kann nicht gleichzeitig die Herr schaft ans dem Ozean, auf der Nordsee und im Mittel- mecr aufrecht erhalten. Und doch wird es ihm auf diese Weise aus die Dauer nicht gelingen. Schon hat es — ob zu seinem Glück und Erfolg, mag eine spätere Zeit entscheiden — einen Teil seiner-Hcrrschaftsbcfugnissc im Mittclmecr an Frankreich abgetreten. Die in Paris gehegten Pläne, das Mittelländische Meer zu einer französischen See zu machen, stoßen ek-r wieder bei den anderen Anliegern die ses McercS aus energischen Widerstand. Oesterreich- Ungarn und Italien haben sich in Verteidigung ihrer gemeinsamen Sceinteressen zusammengcsundcn und ver langen Gleichberechtigung für ihre» Handel und ihre Flotten. Besonders die italienische Flotte hat sich seit den Tagen des italienisch-türkischen Krieges und den kühnen Handstreichen ihrer Admirale in der Aegäis und vor den Dardanellen eine achtunggebietende Stellung errungen und hält mit der österreichischen zusammen den vereinigten Strcitkrästcn Frankreichs und Englands an diesen Ge staden die Wage. Das Mittelmccrproblcm hat sich also seit der Eroberung Libyens durch Italien ganz erheblich zngcspitzt. Die früher so große Intimität zwischen den beiden lateinischen Schwcstcrnativnen hat eine merkliche Ab kühlung erfahren. Die letzte Oricntkrisis hat dieses Problem noch um einige bereichert. Die türkische Herrschaft im östlichen Becken des Mittelmccres ist zusammengestürzt und neue Reiche zeigen ihre Flagge an bisher ottomanischen Küsten. Die Hellenen haben ihren Ruf als Seefahrer erneuert, sie haben ihre Häsen und Küsten um ein Beträchtliches er weitert und sind im Begriff, die Seemacht des nahen Ostens -n werden. Sic haben nicht nur zu Lande beträcht liche Erfolge davougetragen und damit die Scharte von 1807 ausgewetzt, sondern sic haben auch mit ihrer kleinen, unscheinbaren, aber schlagfertigen Flotte die militärischen Operationen der Verbündeten im Türkenkricgc wirksam unterstützt und durch sic im Kriege gegen Bulgarien Trümpfe in der Hand gehabt, die ihnen gut zustatten kamen. Mit Hilfe der Flotte ivar cs ihnen »täglich, Saloniki und auch Kawalla zu behaupten. Das Fehlen einer bulgarischen Flotte hat ihnen ihre Erfolge zu Lande außerordentlich erleichtert. Diesen Mangel wird man in Sofia schmerzlich empfunden haben, und cs ist auzuuchmeu, daß Bulgarien nunmehr, nachdem ihm ein Küslen- strcifen an der Aegäis zugcsallcn ist, sich ebenso wie Griechenland eine starke, seinen Verhältnissen ent sprechende Flotte schaffen wird, um den Zukunstskricg mit der Türkei sowohl wie mit seinem ehemaligen Verbünde ten Griechenland auch zur See aufnchmen zu können. Man kann cs verstehen, daß die bulgarischen Staatsmänner im Hinblick auf die Möglichkeiten der Zukunft mit dem Aufgebot ihrer letzten Energie um Kawalla gerungen haben. Tenn diese Stadt besitzt einen vorzüglichen Hafen und mar als Handelsmetropole geeignet, Saloniki ein Gegengewicht zu bieten und einen großen Teil des Handels im nordöstlichen Teile des Mittelmccres an sich zu ziehen. Sie ließ sich außerdem als Seefeste ausbancn und bildete somit einen vorzüglichen Stützpunkt für die Küsten- wie für die Landfront. Militärische, politische und wirtschaftliche Gründe drängten also zur Behauptung dieses Platzes. Ungeahnte Möglichkeiten hat sich Bulga rien hier durch seine Halsstarrigkeit verscherzt. Es wird nun versuchen müssen, den Kawalla durchaus nicht gleich wertigen Hafen von De dcag ätsch auszubauen und zu einem Mittelpunkte des Handels wie auch zu einem Stütz punkte der zu erbauenden Flotte zu machen. Denn wenn es auf die Ausbreitung seiner Macht zur See verzichtet, läuft es Gefahr, auch noch den schmalen Küstenstreifen an Griechenland zu verlieren oder doch von den Hellenen in der Ausnutzung der Freiheit des Meeres behindert zu werden. Alles deutet darauf hin, daß auch a» den Küsten der Aegäis In Zukunft ein großes Wettrüsten zur See anhcbcn wird, und daß über kurz oder lang die Kämpfer von neuem aufeinandcrstoßcn werden. Der Hellenen Erwartungen und Hoffnungen sind seit ihren großen militärischen Erfolgen zu Lande und zur See ge waltig gestiegen. Man träumt in Athen von einem Groß- gricchcnland, von einer Vormachtstellung im östlichen Mittclmecr und von einer Wicöcrausrichtung des byzan tinischen Kaiserreiches mit Byzanz als weltlichem und kirchlichem Mittelpunkt. Ebendahin strebt auch Bulgarien mit allen Fibern seiner Seele. Der Kampf der Zukunft geht um Konstantinopcl. und ans diesen Kampf gilt cs. sich vorzubcrcitcn. In einem solche» haben die Verbündeten von ehemals nichts mehr gemeinsam, der Gegensatz springt ja in die Augen, und er wird durch den Haß der beiden V o l k S st ä m m e gegeneinander nur noch verschärft werden. Auch in der Türkei fühlt man, daß es jetzt um das letzte Juwel aus europäischem Boden geht: die Pforte ist daher entschlossen, die Hände nicht müßig in den Schoß zu legen, sie will die Lebrcn des letzten Balkankriegcs be herzigen und sich eine Flotte bauen, die imstande ist, den Gegnern von morgen auch zur Sec die Spitze zu bieten. Die Bestellung zweier Großkampfschissc in England ist der Beweis dafür und als Anfang zweifellos zu begrüßen. Griechenlands maritime Vvrmachtsplänc haben aber noch andere Mächte herausgesoröcrt. In Rußland be trachtet man mit argwöhnischen Blicke» der Hellenen Aus stieg und ihre Aspirationen aus Konstantinopcl. Auch dort rüstet mau sich darum aus die Entscheidung um die Perle der Türkei. Ter Zar hat bereits Befehle gegeben, die Verdoppelung der bisher recht kläglichen Tchwarze- Mecrslottc vorzubcrcitcn. Rußlands Begehren rust wieder England ans den Plan, das an der Frage der Schließung oder Oessnung der Meerengen außerordentlich interessiert ist. da ein großer Tel! seiner Levensmittel zufuhr durch die Dardanellen hindurch muß, und eine Stockung in der Ernährung seiner Bevölkerung leicht eine Hungersnot in Altcngland Hervorrufen könnte. Es nimmt daher nicht wunder, wenn man hört, daß das britische Marincamt eine Verstärkung der Millelmeerslotte vor bereitet. Aber damit ist die Reihe der Verwicklungen nicht er schöpft, die aus der neuen Gestaltung der Dinge im östlichen Mittclmecr entspringt. Die Wellen der großen Tturm- slut im nahen Osten branden auch au die Gestade der Adria. In Italien und Oesterreich-Ungarn sicht man den Ausstieg der neuen Mittelmccrmachr höchst ungern, da man von der französischen Konkurrenz sich schon reichlich bedrückt fühlt und von einer im Banne Frankreichs stehenden und zu dessen Unterstützung aus- gebotenen griechischen Flotte nichts Gutes erwartet. Italien muß seine sehr lebhaften Handelsinteresseu im östlichen Mittelmecrc gegen die griechischen schützen und hat daher ein Interesse daran, von den gemäß dem Vertrage von Lausanne als Fauslpmud zurückbchaltencn türtischen Inseln eine oder zwei, vielleicht Rhodus oder Stam palia, zurückzubchalten und als Flottenstützpunkt aus- zubanen. Dieses Bestreben kann mau auch vom deutschen Standpunkte ans verstehen, denn ein solcher Flottenstütz punkt käme auch dem Dreibünde zugute. Ein gemein sames Interesse haben weiter Italien und Oesterreich daran, daß die Straße von Otranto nicht durch eine grie chische Flotte gesperrt wird. Aus diesem Grunde haben beide Mächte in London die Neutralisierung des Kanals von Korfu betrieben. Es ist also eine gewaltige Kette von Machtsragen und Problemen, die durch den Orientkricg gerade im Mittcl- mecre ausgerollt sind. Es ist nicht möglich, alle Entwicklun gen und Gestaltungen anzudcutcn, die sich hier mit elemen tarer Gewalt hcrvordräugcu. Der Hinweis aus die ge gebenen mag für den Augenblick genügen. Vom Balkan. NtisZmid kicken die Türkei. Der russische Botschafter in Kvustantinvpcl wurde be auftragt, bei der Pforte gegen das Vordringen türkischer Truppen zu protestieren. Gleichzeitig wurde dem Peters burger türkischen Botschafter mitgetcilt. Rußland werde im Falle einer Weigerung seitens der Türkei energische Mas^- rcgeln ergreifen. — Eine Meldung von dem bevorstehenden Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Rußland und der Pforte wird jedoch im Petersburger Auswärtigen Amte als verfrüht bezeichnet, wenn die Lage auch als sehr ernst beurteilt wird. Oesterreich und die Adrianopelsrage. Au Wiener unterrichteter Stelle erklärt man, daß die h absburgi s ch c Bl onarchie kci n I nter c s s e daran nch m e, ob Aürianvpel türkisch bleibt oder den Bulgaren wieder zurückgegebcn wird. Denn man verharrt bei der Ansicht, daß der Bnkarestcr Fricdcnsve» trag nicht die Ausrcchlcrhaltung der durch ihn besiegelten Neuordnung der Dinge auf dem Balkan verbürgt, nnk> meint, daß es früher oder später zu neuen kriege rischen Konflikten ko m m c n werde. Unter solchen Umständen erscheine es gleichgültig, ob ein strittiger Punkt mehr oder weniger der Zukunft zu lösen übrig bleibt. Sollte eine gemeinsame Aktion der Großmächte gegen die Türkei beschlossen werden, woran man jedoch in Wien nicht denkt, so würde sich Oesterreich-Ungarn davon natürlich nicht ausschlicßcn. Tie Meinung herrscht jedoch in den Wiener diplomatischen Kreisen vor, daß sämtliche Großmächte ein gewisses Riihebedürfnis cmpsindcn »nd daher keine Lust haben die Lösung der Frage von Adria, nopcl selbst in die Hand zu nehmen, woraus sich gleich schwerwiegende Verwicklungen ergeben können. WZ