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Dresdner Nachrichten : 01.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-188507019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18850701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18850701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-07
- Tag 1885-07-01
-
Monat
1885-07
-
Jahr
1885
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 01.07.1885
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-1,-0 l'- » — In wird . spüren, ^aß Slx aber können nun^ntcht , ^ ^ Alles rubti L Nrrioraung d« Haushaltungen mit Nutz- un» Trinkmasier , zunächst mne Acnderung eintreten und Niemand wird r» ren. daß ihm nur 2 Maschinen seinen Wasserbedarf liefen«. — Dem Papiersaalmeister der Drr-dnerPaviersabrit.Chr. Eduard mann, wurde vorgestern im Leisein der Direcloren der Fabrik »u seinem gOjä'brigen Dienftjubilüum durch Herrn Oberbürgermeister vr. Stttbel die grast« silberne Medaille sür Treue in der Arbeit überreicht. Seiten« de« Direktorium« wurde dem Jubilar «in Geld geschenk «»«gebändigt. — Die Dresdner JahrmarktSsrag« war am Montag Gegenstand einer reich besuchten Versammln n g. welche gelegent lich des Johnnnimarktes von den Vorständen des Dresdner Markt» Vereins und des Sächs. HilsSvereins sür reisende Geschäftsleute im Tivoli «inberufen war. Eingefunden batten sich Marktfieranten aus Bautzen, Kwnenz, Oederan. Hemsbach. Freiberg. EberSbach. Rob- wein, Semen, Pulsnitz, Dippoldiswalde. Grimma. Döbeln. Chem nitz, Neukirch und vielen anderen gewerbe- und mdustriereichen Orten unseres Vaterlandes. Galt es doch der angeregten Aufhebung der Dresdner Jahrmärkte gegenüber die vollste Interessenvertretung der seit Jahren die Märkte regelmäßig besuchenden Fieranten geltend zu machen. Der Vorstand de- Mnrktvereins, Gust. Schlechter, welcher mit der Leitung der Verhandlungen betraut war, referirte zunächst, anknüpfend an den im Handwcrkcrverein vom Tischler meister Nissen gestellten Antrag und die Auslassungen des St.-B- Wetzlich im Stadtverordneten-Kollegium, über die Berechtigung der Dresdner Jahrmärkte und die Konsequenzen, die ihre Aufhebung mit sich brmgen müssen. Man könne wohl in der Lage sein, die Auslassungen des Herrn Wetzlich Wort für Wort zu widerlegen. Plan möchte den Provinzlern, welche zu den Resideiizbanten doch mich das ihrige beitrügen, darin eine billige Äerückirchtiguna zu Theil werden lassen, baß man ihnen Gelegenheit zur Erhaltung ihrer Existenz da gebe, wo sie dieselbe nach Recht und alten Satzungen seit Jahrhunderten zu suchen sich bemühten und auch »ariden. Kästner u. Giersch ans Dresden, sowie Dincke-Bölm'. Kainnitz wiesen ebenfalls die vom St.-V. Wetzlich vorgcbrachtcn Motive als un zutreffend zurück. Dincke betonte namentlich, daß die treffliche Orga nisation der Pferdebahn die von W. geschilderten Gefahren nicht befürchten lasse, ebenso seien die auf hiesigem Markte fcilhaltenden Tischler nicht als diejenigen rn betrachten, welche io schlechte Waaren lieferten, daß dieselben nicht als ebenbürtig mit hiesigen Fertig stellungen gelten könnten. Vcrbcr-Bcrlin bemerkte, daß es ihm wohl erklärlich scheine, wenn einige der größeren Geschäfte sich lebhaft für die Abschaffung der Jahrmärkte interessirten. Dagegen gab er zu bedenken, wie groß die Einbußen für Eisenbahnen, den Postverkehr und eine große Zahl Gewerbtreibcnder sein würben und weichen Druck eine solche Maßregel am den strebsamen Handwerker, dessen Geschäfts- und Familienstand äußem müßte. Hustia-Knnienz nahm Bezug auf die Gewerbeko.inmcrn, deren Pflicht es sei, die Handwerker m ihrer Existenz zu schütze». Nietichel-Pnlsnitz ver wandte sich beredt für die Erhaltung dcS Jahrmarktswesens und forderte zu einem eimiinlhigen Zusammengehen aller interessirten Gewerbsleute aus. Anders ^iebeulebu vertrat speziell die Interessen des Schuhmachergewerbes und betonte daß die Aushebung der Märkte und die Beschränkung des Hausirweikiis einfach dahin führen müsse, in der äußersten Roch den Gewerbsmann entweder den Großhändlern in die Arme oder dem vollen Untergang entgegen zu treiben; denn hebe die Stgdl Dresden die Jahrmärkte auf. so würden ihr in kurzer Zeit auch die anderen größeren und kleineren Städte folgen. Die Kleingewerbtreibeiiden halten sich aus den Jahrmärkten nur durch ihre Rcellitäl und Sache des Gcwerbe- schntzes sei es, die Jahrmärkte nicht ans Kosten der kleinen Gewerbe zu beseitigen, sondern vielmehr die Händler und Inden von den Märkten rem zu halten. Nach Schluß der nahezu 2'/ ständigen l Tedakte wurde der Marktverein mit Abfassung einer Petition an! den Stadtrath zu Dresden betraut, gleichfalls aber alle anderen! intereisirtk» Städte zu gleichem Vorgehen ausgesordcrt, endlich aber folgende Resolution einstimmig angenommen: „Tie am 29. Juni im kleinen Tivolisaale tagende Veriamnilung von Marktfieranten erklärt, daß die Aushebung der Jcihrmärlte Dresdens schädigend irrr ( eine Menge hiesiger und auswärtiger Gewcrbtrcibcnder sei und deren j Interesse tiei beimchlbciligcn würde." Hinsichtlich der auswärtigen! Petitionen ward als spätester Einlieieiungskag der lö. Juli bestimmt, j — Der am Sonntag aris ver Strecke des Elster stusscs zwischen l Leipzig und Plagwih stoilgefundencn „Leipziger lokalen Amateurruderrcgatta" wohnte eine große Zuschancrinenge bei. Mit sichtlichem Interesse folgten auch FI KK- HH. die Prin zen Friedrich August, Johann Georg und Mar. sowie der Kreis«, hauplmau» Graf zu Münster, der Amtslicruptinann geh. Regierungs-! ralh 11r. Plagmann und ander« Ehrengäste dem interessanten Schau- > spiele Tie Königl. Prinzen wurden bei ihrer Ankunft vom Re- j gattakomilee ebrsurcktsvoll begrüßt und vom Publikum mit Hoch- > rufen empfangen. Die Bahnlängc betrug ca. 2300 M., mit Aus nahme des 6. Rennen, bei welchem sie nur !000 M. enthielt. Nach! Beendigung der Regatta, die ohne jeden Zwischenfall verlies, nah-! men die Kgl. Prinzen nebst Begleitung da« Boothau« des Ruder- Vereins „Sturmvogel" in Augenschein wobei vr. Heine ein Hoch aus das Königshaus ausbrachte. — Vielfach ausgesprochenen Wünschen zufolge läßt die Kgl. Gencraldircklwu der sachs. Slaarsbahnen Sonntag den 12. Juli einen Extrazug nach Görlitz mit besonders ermäßigten Preisen verkehren, um den Besuch der interessanten Görlitzcr Ausstellung zu erleichtern. An denoelhen Tage soll auch von Reichenberg und Zittau über Löba» ein iolch' ^billiger Exrrazug" nach Görlitz ver kehren. lieber das Rohere bcrichlen wir noch. — Dem Schriftsteller Tr. Max Oberbreyer in Leipzig, welcher die großen Sammlungen für die Abgebrannten in Saalburg in Thüringen geieitet halte, ist seikens der genannlen Stadt das Ehrenbürgerrech r und vom Fürsten Neuß j. L- der Neußische Haus- ordcn verliehen worden. — Der Mitinhaber der Finna Hosjnwclier Eliinever, Herr Jul. Jacobi, hakte vorgestern aui einem Spazierritt nach Blase wik das Unglück, über den Kopf des Pierdes zu stürzen. Er schlug mit dem Kops auf einen Stein aus und zog sich damit eine lange Wunde an der Slirne zu. Nachdem er m einer Drösche zu mehreren Aerzten, die er aber nicht rn Hause was. gefahren, um sich verbinden zu lassen, leistete man ihm im Earolahause die er betene Hilfe, iodaß er alsbald nach seiner Villa im Waldpark fahren konnte. Herr Jaeobi ist kein SomttagSrciter, sondern Von seiner Militärdienstzeit bei den Ulanen her des ReikenS kundig. — Gestern früh machte sich die Uebenichrnng eines Arbeiters, der in seiner Wohnung aus der Pirnaische» Straße einen Er drosse lun a sv e r su ch gemacht und in Folge dessen in eine lebensgefährliche bewußtlose Situation gerathen war, nach dem städ tischen Krankenhause nothwendig. — Tie hier auf der Palurstraße Ol vom Bezirksverein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke errichtete, namentlich während ocS Winters äußerst lehhast besuchte „Erste Dresdner Kassceschänke" ist vom 1. Jul, an iür die Dauer des Sommers geschlossen worden. Frau venv. Redakteur Springer, die Lberleiterin gedachter Anstalt, hat deren gemeinnützigen Eharakter unter oftmals schwierigen Ver hältnissen znwahrc» gewußt,auch eine sehr anerkennenSwerlhe Gewandt heit im wirth'chasllichcn Betriebe und große Lpierwrlligkeit im Verkehr mit den zumeist mittellosen Besuchern ossenbart. — Vorgestern wurden die Pferde eines auf dem Johannesplatz stehenden, mit Töpscrwamcn beladenen Geschirre-scheu, im rasenden Lame über den Platz und die Langeslraße entlang durchgehend. Während der tollen Fahrt siel ein Geschirr nach dem andern in Scherben ans das Pflaster und selbst dann, als eines der Wagen räder beim Prinzlichen Palais zuiaimncngebrochcn war, zerrten die beiden Pferde den Wagen noch eine Strecke fort. — Die Frau des Gutsbesitzers Kunath inWilschdorf wurde vor einigen Tagen, während sie beim Ausschirren der Pferde be hilflich war, von dem einen auSlchlagcnden Pserde so heftig ge troffen, daß ein Armbruch konstatirt wurde. — Am heutigen Tage tritt in Radeburg da« Statut der neugegründeten Dienslbotenkrankenkafsc in Kraft. Hofprediger Stöcker hat an Herrn Stadtverordneten Pickenbach als Antwort auf da- Z»sli»»nu»gstelcgrai»m der anti» semitnchen verfainmluug solaendeS Schreiben gesandt: „ScheintHaler Hof bei Partcnkirchen. de» W. Juni 1885. Geehrter Herr Stadt- vrrordneeter! Nehmen Die au- weiter Feme den herzlichsten Dank für da- Telegramm, da- mich als erster Gruß a»S der Reich-Haupt- ' >dt bei meiner Ankunft in Partenkirchen empfing. Als Ausdruck na. daß der widerwärtige Prozeß der guten und großen , welcher wir dienen, nicht schaden, sondern nützen >v>rd. Mit der Bitte, daß Sie den deutschen Patrioten, welche bei der imvoiaiiten Versammln»» vom letzten Freitag mitgewirkt haben, meinen Gegen- gmß sagen, vin ich unter brr alten Losung der Freiheitskriege: Gott für König und Vaterland!" zu weiterem GeisteSkampf entschlossen und gerüstet. Ergebenst Hokprediger Stöcker." Be» der Erösinuna de« Braunlcknvciger Landtage« erklärt« StaatSminislrr Gras (Jortz, dir Landesregierung Hab« sich vrranlaßt gefeden. den Landtag beute einzubrnifen. um demselben wichtige, dir Tkronfolgk-Anqrlcgenhiiten betreffend« Mittbcilungen zu machen. Di« Mitttirilungrn seien grössten«,eil- dkrart, daß sir wenigstens sür jetzt noch d«r Orsf-ntlichteit entzogen bleiben muss«». Im Auf trag« ver LandrSregiemng stellt er dakrr den Antrag, die Sitzung in eine vertrauliche zu verwandeln. Die Verhandlungen werden demgemäß unter flrenastem Ausschluß der Oeffentlichkeit geführt. Die Gährung im sozialdemokratischen Lager dauert »vrt. Ter Abg. v. Bollmar. ehemaliger päpstlicher Offizier und z. Z. der Radi kalste der Radikale», verlangt jetzt, daß künftig die Abstimmungen der sozialdemokratischen Abgeordneten in den Fraktionsberathungcn durch das Parteiorgan veröffentlicht werden solle». Ist dies schon Terrorismus, hat er doch Methode. Inzwischen hat man den „ge mäßigten" Aba. Frohme in einer Frankfurter Parteiverianimlnng niedrrichreien lassen, als er seine Ansichten über die Verhältnisse entwickeln wollte. O diese Apostel der Freiheit! ES ist anzunehmen. daß die Angelegenheit der Vergebung der Dampfers ubventionen vom BundeSratbe trägen seiner Ausschüsse erledigt werden wird. Um ^ Vlilsingcn als Anlaufs-Hasen fanden lebkaste Debatten statt. Baden, Würtrmbrrg und Hessen waren lebhaft bemüht, daß Rotterdam den erhalten möchte. Wie c« scheint, ist die schlicßliche Wahl von Vlissinge» aus den speziellen Wunsch des Reichskanzlers zurückzufükrcn. Dem Prozesse wegen Ermordung dcS Polizcirath Tr. Rumpfs in Frankfurt liegt folgende Thalsachc zu Ärniide: Am 13. Januar d. I. etwa V>8 Ubr Abends verließ der Polizeirath Tr. Nuinpff, ein tütjühriacr aber noch sehr rüstiger Herr, sein Bureau im Polizcipräsidialgcbäuve.umsich, entgegen seinersonsligeiiGepflogenlieit, direkt nach seiner. ..Sachienlagcr" 5 inmitten eures der fashioncibelslen Stadttheile Frankfurts belegenen Wohnung zu begeben. Er sollte dieselbe lebend nicht mehr erreichen. Gegen 8 Uhr Abends fand ihn nämlich 'ein Dienstmädchen, welches miSgegangen war. um im nächsten Spezerciladen Einkäufe zu machen, inmitten einer Blutlache liegend und im Verscheiden in dem vor dem Häme befindlichen Vor- gärtchen unweit der HauSthür, den Kopf nach der Straße zugekchrt, vor. Gleich daraus hauchte er in ihren Annen sein Leben aus, ohne ein Wort vorher sprechen zu können. Tie Obduktion ergab, daß gegen den Ermordeten ein furchtbar starker Stoß mittelst eines zweischneidigen Instruments geführt worden war. welch' letzteres am rechten Schlüsselbein eindringcnd und links »ach unten gehend die reckte Lunge durchbohrte und sogar da? Herz getroffen hatte. Dcr Tod war sodann durch Verblutung erfolgt. Bei der Leiche fand sich noch Uhr und Portemonnaie vor und cs ergaben sich auch keine Momente für die Annahme, daß es der Mörder auf eine Beraubung abgesehen halte. Die Straße „Sachsenlager" ist Abends um jene Zeit auch noch immer sehr belebt: Brief- und Zcitunasträger pflegen hier ihre letzten Tagesgänge abzuinachen. die Fleischer ciitjeiiden ihre Lchrbiirschen in die Häuser, um Bestellungen für den folgenden Tag auszunehmen, die gerade in jener meist von wohlhabenden Leuten bewohnten Gegend sehr zahlreichen Dienstmädchen machen Einkäufe sür den folgenden Morgen und hcnutzen dielen Anlaß zu kleine» Plaudereien u. s. w.. viele Einwohner kehren um jene Zeit nach Hause zurück oder gehen und iahren auS, kurz, der Verkehr dort ist gerade Abends stets ein reger und mar damals durch zahlreiche iu der Nähe stattfiudende Bälle und Ver'auimluugeu noch mehr als sonst belebt. Und doch hatte nur ein einziger Mensch den letzten Todrsichrei des linter Mördershnnd Verblutenden vernommen! Es mar dies der Lehrling Ludwig Schmidt, der mit 'einem Metzler, dem Tapezirer Riese und dessen Gehilfen mittelst Handwagens ein Sopha nach dem Haust Sachsenlager Nr. 17, welches unweit von dem Hause des Ermordeten entfernt ist, befördert, und während seine Begleiter daS Sovha i» das betreffende HauS trugen, ans der Straße gewartet und den Wagen bewacht halte. Er hörte auch bald nach dem erwähnten Schrei die Gartenthür des Hanies Nr. 5 in's Schloß fallen und iah wie ein Mann von dort nach dem gegenüberliegenden Trottoir eilte und ans demselben schnell in der Richtung nach dem „Grünsbergweg" zu sortlief und um die Ecke verschwand. Er schil Verdä" vor, weShalb er bchnis weiterer Feststellung den derte, ihm »ach dem Rathhaust zu folgen. Nun < die Flucht, indem er eiligsten Laufes die Straße arzt de« Stadtkrankenbause-. Fortsetzung de« lokule« TheUe« «eit« V. r«ae»ßt1chichte. Deutsche« Sketch. Di« aus Dienstag a»beraumt» Sitzung de» Fustt,au«schusie« de« «unde«rRth». Mbi« Donnerst«,« verschoben worden. Gerüchtweise «ertmcktt. dt« Rch, de» sekretär» von Bötticher nach Em« »um § Monarch«» über dm bchtz«igm »«mg de« Dottrag tz» hatten. derte den Verdächtigen als etwa 21 Jahre alt, ohne Bart, bekleidet init dunklem Anzug und scidner, in der Milte eingedrückter Mütze; während des Laufens habe derselbe ausfallend mit de» Armen ge schlenkert. — Tie Polizei entwickelte die emsigste Thätigkcit zur Entdeckung des Mörders, der allem Anschein nach die Älutthat nur ans Rachiucht oder politischen Motiven verübt hatte und den man im Lager der Anarchisten suchen zu müssen glaubte. Letztere An nahme rechtfertigte sich um so mehr, als Tr. Rumpfs gerade in Be zug auf die Aufdeckung anarchistischer Umtriebe große Thätigkeit ent faltet und deswegen sogar viele anonyme Drohbricst erhalten hatte. Es wurden zahlreiche Verhaftungen und die umfangreichsten Re cherchen vorgenonnnen, auch 10,000 Marl Belohnung für Entdeckung deS Mörders arisgeietzt. doch gelangte man vorläufig zu keinem Er- gcbniß und die Verhafteten mußten meist sehr bald wieder entlassen werden. Ein besonderer Zufall lieferte endlich der Behörde einen Menfchen in die Hände, der sich von vornherein schwer verdächtig machte! Am 19. Januar begegnete nämlich der Gendarm Gvtz in dem nahe bei Mannheim gelegenen OrteHockeiilieim vordem Wirths- haus „Zinn grünen Baum" einem sungen Menschen, dem er sür einen reifenden Handwerksburschen dielt und den er nach seinen Le- stimationspapieren fragte. Letztere lauteten ans einen Schreiner einrich Nau aus Franrfurt, kamen aber dem Gendarm nicht rick den Wanverer auf! !»n ergrifl derselbe aber Straße nach Schwetzingen zu entlang rannte. Ter Gendarm verfolgte ihn und forderte auch einige in größerer Nähe des Flüchtlings befindliche Landleute, so namentlich de» Landwirth Jakob Rinkles und dessen Sohn Georg, aus, dem Flüchtling den Weg abznschneideir. Letzterer hielt ihnen aber beim Näbcrsomineir einen Revolver entgegen und machte sich, da Beide zur Seite sprangen, den Weg wieder frei. Von dem »un himuaekommenen Gendarm Götz und den beiden Rinklcs'S weiter verfolgt, drehte er sich im Weiter'pringcn nach rückwärts um und feuerte schnell hintereinander »ach seinen Verfolgern zwei Schüsse ab. Tie Kugeln gingen aber kehl, doch drang die eine, nachdem sie die Scheibe eines Fensters des Wohnhauses des Michael Vetter zer trümmert hatte und an dem Kopfe der im Zimmer anwesenden Ka tharina Vetter so nahe vorüberäcflogen war. daß sie dieser einen brennenden Schmerz an der rechten Schläfe verursachte, in die eine Wand diese- Zimmers ein. Durch das Abgeben dieser Schüsse hatte der Angeklagte a» Vorsprung verloren und wurde in Folge dessen bald cingeholt und in dem Moment, wo ec einen dritten Schuß abfeuerir wollte, von GeoraRinkle» gefaßt und zur Erde geworfen, woraus ihm nach heftigem Widerstande die Waffen — der Revolver und ein scharfes, großes Schnsternieffer — abgenommen wurden. Dem Untersucklingsricyter in Mannheim voraeiührt, nannte er seinen richtigen Namen. ES ergab sich auch bald, daß man eS wirklich mit dem Schnhmachcrgesellen Julius Adolf Lieske auK Zossen bei Berlin » thun hatte, der von 1877 bis 1681 bei dem Schiihniachermeistcr Icinicke daieldst da- Schnhmacherhandwcrk erlernt hatte. Dann am« er in die Frenide und trieb sich anscheinend arbeitslos in Deutschland herum. Mitte 18W ging er nach der Schweiz und hat sich nachweislich in Basel. Gens, Zünch. Lausanne und Altorf auf- gehalten. In Lansanne stingirte er als Bibliothekar de- dortw-- au« anarchistisch gesinnten deutschen Handwcrkern bestehenden beitrrverein». ES gelang sodann, sestzustellen, daß sich LieSke. r er strikt aeleuanet hatte, vom 31. Dezember 1881 bis 14. Jan 188b m Frankfurt aufgehalten, ohne hier Arbeit zu suchen. ' 31. Dezember war er in der Wirthschast zum „Deutschen Hos" : Ranff eingekehrt und hatte sich in derselben bi- zum 13. Jan aukgehalten. Tag- über hielt er sich auch in anderen Lola Ich «mch m der .Christlichen Herberge" aut ,md >»- Briefpapier und zwei KrmvertS . Zahlung mit 5 Pfennigen verlau die ü Pfennige schenken, al« das ihm Frau Bentheim nun wirk!». . ^ Dank davon. Bald darauf betrat er die Wirthschast des Anton Rau in Bickenbach und schrieb daselbst zwei Briefe, deren Adressen leider nicht sestzustellen waren. Befragt, woher die auf dem Rücken seine- RockeS bemerkbaren Tannennadeln kämen, gab er an, daß er sich unterwegs unter einen Busch gelegt habe. Er machte sich dort bei mehrere» Personen dadurch verdächtig, daß er auffällig bestrebt war. die linke Hand, an welcher sich zwischen Daumen und Zeigefinger eine beträchtliche Wunde befand, unter der Mütze zu verberge»: über die Ursache seiner Verwundung machte er die widmprechendsien Angaben. In Zwingenbcrg ließ er sich auch von Dr. Weil die Hand verbinden, dem er auf Befragen angab. er sei hinaesallen. Aus die Unwahrschcinlichkeit seiner Angabe hingewiesen, blieb er dennoch dabei. Er klagte dem Doktor seine Noch, der ihm dann noch 10 Pf. auf die Reise schenkte. Am 15. Januar war LieSke i» Laudenbach, wo er bei mehreren Personen an-ab. er habe sich in die Hand geschnitten. In Heinsbach sprach er m der Wohnung deS Waldhüters Hellweg an und äußerte, als er einen Teller Suppe erhielt: „Der Teufel soll die Reichen holen, eS dauert aber nicht mehr lange: wenn man etwas haben will, muß man zu den Annen gehen, die Reichen geben doch nicht-." In Weinheini sprach er bei dein Tischler Friedrich um Arbeit an, der ihm sagte, daß über acht Tage eine Hobelbank frei werben wurde und ihm einen Zettel mit seiner Adresse gab. Dieser Zettel wurde noch In Hockenheim vei LieSke vorgefundcn. Am 17. bettelte er in Heddesheim bei der unverehe lichten Katharina Menz, suchte am 18. Abends vergebens in Schwetzingen im Gaslhot „zum Bären" Unterkommen zu finden und begab sich dann nach Hockenheini, wo er um SV« UhrAbends ankam und von dem Wirth Weißenberger ausgenommen wurde. Bei seiner Verhaftung wurden außer verschiedenen Habseligkeiten noch 13 Mark 17 Pf. baarcs Geld n»d 5 Revolverpakröne», Messer re. bei ihm ,, . vorgesunden. Die Kopfbedeckung, mit welcher er in Bickenbach. itke nach den An- Zwingenberg und Heinsberg crichien, war ein weicher schwarzer Um die Wakl von Filzhut mit breiter Krampe, während er nach Angabe aller anderen ' Zeugen, die ihn in Landcnbach, Weinheil». Heddesheim und Schwetzingen sahen, an diese» Orten einen steifen Hut mit schmaler Kränipe, ähnlich dem, mit welchem er in Hockenheim festgenvminen wurde, trug. — Lieske leugnet seine Anweienheit sowohl in Frank furt wie an allen den gedachte» Orten und machte über seine Tonr nach Hockenheim ganz unwahre Angaben. Es wurde ferner ermit telt, daß Lieske aus seiner Reise von Basel nach Franksntt seinen Koffer in Basel sür 10 Fr., in Frankfurt seine Uhr für 7 Mark ver- segt hat, also daß er sich auf dem Wege von Frankiurt, wo er ge bettelt. jedenfalls in Geldverlegenheit befunden habe. Di« Anklage nimmt iiilii an. daß er das bei ihm Vorgefundene Geld unterwegs von einem Genossen erhalten habe. Auch andere Beweismomeiile sprechen — so nimmt die Anklage an — für die Schuld des Lieske, io namentlich dessen Zusammenhang mit der anarchistischen Partei. Es wird dabei auf zahlreiche Artikel in dem „Rebell" und in öcr „Freiheit" hingewieseii, welch' letztere über die „Hinrichtung" Rumpss's einen triumpl»rcndcn Artikel brachte. Der Schuster Keller in Basel bekundet allsdrücktich, daß LieSke zu den Anarchisten gehört und die „Freiheit" gehalten habe. Er habe ost über Anarchismus gesprochen »iid wenn er mit Keller allein war. die Thaten Slellmacher's und Kammcrer's gelobt, auch geäußert, daß wenn er lOO,000 solcher Leute hätte, es bald anders in der Welt kommen würde und daß, wenn man 30 Piuiid Dynamit unter das Baseler Münster lege und diese anzünde, kein Stein auf dem andern bliebe. In Bezug aus den Prozeß gegen Reinsdorfs habe er gesagt, daß die Todesstrafe von solchen Thaten nicht zurückichrecke. Er habe auch „Stellmacher-Pla kate" und andere revolutionäre Schriften verbreitet. In Frankfurt lernte Lieske den Schlosser Huber keimen, der sich in der Hoffnung, daß Lieske sein Bier bezahle» werde, Letzterem gegenüber auch >ür einen Anarchisten miSgab. Es sei das Gespräch aus Reinsdorfs ge kommen und Lieske habe geäußert, das Attentat in Clesernhos (so heißt das Polizei-Präsidialgebände in Frankfurt a. M.j habe n»ß- lingen müssen, weit man zu wenig „Ehokolade" (Dynamit) daznge- noniincn: es habe aber eben nur dem Polizeirath Rumpfs gegolten. Sodann habe sich Licste nach der Persönlichkeit Niimpss's, sowie nach dessen Gcwolmheiken re. erkundigt und dabei geäußert, er wolle ihn „verkohlen." Sodann habe er von der Möglichkeit eines'Atten tats in der Wohnung Nnmpss's gesprochen. Ter Schreiner Nau, dessen Anmeldeschein »>i Besitze Lieske's vorgesilnden wurde, hat de» Letzteren ebenfalls belastet. Er war es, der den LieSke zu dem Pfandleiher Kautz hinsührte und ihm den 'Anmeldeschein verkaufte. Lieske gab auch ihm gegenüber seine anarchistische Gesinnung und den Haß gegen Rumpfs Ausdruck, i» Bezug ans welchen er einmal sagte: „Hat denn der noch kein Leibweh t" Im Gefängnis; wurde ihm die bei Kautz versetzte Uhr gezeigt, worauf er sie zur Erde warf und zertrümmerte. Am die Frage, warum er das gelhan, sagte er: r,Wc>t sie mein ist", als ihm aber vorgehalten wurde, daß er damit seine Anweienheit in Frankttirt zugeslehe. sagte er: „Rn» die Ubr kann auch auf andere Weise nach Frankfurt gekommen sein." — Tie Anklage gelangt, indem sie alle Judicien ziisaiiiiiiemaßt und na mentlich auch in Betracht nimmt, daß der Mord sehr wohl mit einem Schusterinesser, wie es Lieske besitzt, misgeführt werden konnte, daß Letzterer, da er gar keinen Grund zu einem persönlichen Haß gegen den Dr. Ruinpfs gehabt, den Mord lediglich ans anarchistischen Motiven und in dem Sinne volliiihrt habe, wie von der „Freiheit" in einem Artikel: „Tie Propaganda der That" dcS Näheren dargc- legt werde. Es heißt darin: „So sehen wir nnS denn um neue, öffentlich gar nicht bekannte Kräfte um und die Zukunft wird lehren, daß dieselben ihre Pslickt zu erfüllen verstehen". Liese Sätze passen, so nimmt die Anklage an, ganz aus Lieske. Interessante Momente ans den Verhandlungen selbst waren folgende, die als Ergänzung des gestern schon Mitgetheiltcn nacbgetragen seien: Aus die Frage , des Präsidenten, was er ans die Anklage zu erwidern habe, anr- cndlich der Behörde einen! wortet LieSke mit lauter Stimme und in hettigcm Tone: „Ich habe in Hockenheim geschossen, aber den Dr. Rumpfs habe ich nicht er mordet". Präs.: Sie brauchen nicht so heilig zu werden, ich er mahne Sie auch, von dem bisherigen halsstarrigen System des Leugnens abzugehen: Sie haben de» glaubhasteste» Zeuge» gegen über Thatsachen bestritte», die unzweiielhast waren. Sie habe auch inec! in der Untersuchungshaft eine auß htig ! Leugnen bewiesen. Angckl.: Ja, w fsor- suchungsrichter hat, dann muß man außervrbentliche Hartnäckigkeit nn wenn man einen solchen Unter- . „ , , . leugnen. Präs.: Was wollen Sie damit sagen? Angeld: Er hat mir Fesseln anlegcn lassen und seit der Zeit habe ich 'Alles geleugnet. Präs.: Geben Sie Ihren Aufenthalt in der Schweiz zu r Angeld: Ja, ich bin in St. Gallen, Altorf und Basel gewesen. Präs.: Nun, das haben Sie in der Untersuchung auch geleugnet, warum gestehen Sie denn nicht auch zu, in Lausanne, Genf »uv Zürich gewesen zu sein? Angeklagter ichwcigt und erklärt aus ferneres Befragen über die seiner Reise nach Frankfurt zu Grunde liegende Absicht, daß er sich Arbeit hat suchen wollen. Prä!.: Haben Sie den Ort Bickenbach nach der'Ab reise von Frankfurt besucht? Angeld: Ich weiß nicht, ob der Ort so hieß. Präs.: Haben Sie sich beim Dr. Weil die Hand verbinden lassen? Angeld jzögernd): Ja. Präs.: Also geben Sie doch die ganze Reise in die Bergstraße zu? Angeklagter schweigt. Präs.: Warum sind Sie denn so plötzlich, ohne Abschied zu nehmen, am 13. Januar aus der Wirthschast von Ncmfft forlgebliebcn? Angeld: Ich bin die ganze 'Kackt gegangen. Präs.: Sie gestehen also zu, Frankfurt am 13. Abends verlassen zu haben und die ganze Nacht gewandert zu sein? Angeklagter schweigt. Präs.: Sie erschweren ihre Pvsitivn selbst, daß Sie ans solche Fragen keine Antwort geben erleichtern Sie doch ihr Gewissen durch ein ansrichtiges Geständniß und ersparen Sie sich die Oval einer dreitägige» Verhandlung und der Konfrontiriilig mit den zahlreichen Zeugen, welche alle die von ernst, um derartige Aeußeruiigen zu in Hockenhci 'er Anklt Zeittm»<n -,f'0 ,:r" ' achen. 'Run schildern Sie uns organg in Hockenheim. Angeld schildert de» Vorgang so, -ereits »ach der Anklage daraestellthabei^ Präs.: Warum denn den Revolver mit sechs scharsen Schüssen geladen, 'llten Sie sich sichern? Angeld: Ich dachte, ich könnte angcscille» werden. Präs.: Als Handwerksbursche? , das passirt auch. Präs.: Warum haben Sie den» in Hockenheim geschossen? Angckl.: Ich schoß, um die necke,i und auch aus Angst. Präs.: Geben Sie zu. daß ahlreichen Zeugen über ihre Zugehörigkeit zu den ' ert, die Thakn Stellmacher'-und Kämmerer'« ver- Ilgche Schriften verbreitet haben? Der Air es, er bestreuet jede.einzelne bekmdqt« Aeuhe-
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