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aus Straßen und Plätzen setlyalten, sei es ni schenke an Geld und Naturalien oder durch reiche Abnahme der Maaren die größte Freube zu bereiten. So hatten in den Nachmittagsstunden des verflossenen Freitags der Besitzer des Hotels „Stadt Gotha" und mehrere Fremde sich den etwas kostspieligen, aber hübschen Spaß gemacht, aus den Fenstern ge nannten Hotels unter die unten stehenden Jungen und Mäd chen Geldstücke zu werfen, wobei das Ringen um das blanke Metall höchst spaßhaft anzusehen war. In den Mittagsstunden des gestrigen Tages ging eine anscheinend den höchsten Stän den angebörige Frau durch die Straßen und beglückte die Klei nen durch Abnahme ihrer Maaren, die in dem Tragkorbe eines hinterher gehenden Dienstmädchens verschwanden. Da blieb Keiner unbeachtet, einem Jeden wurde etwas abgekauft. Natürlich er regt ein solcher Vorfall unter den Kindern, denen die Freuden des Lebens so knapp zugemessen sind, die größte Freude und hat auf ihre jungen Herzen den günstigsten Einfluß. — Vorgestern Abend um 8 Uhr kaufte in der Rüger'schen Choeoladenhandlung ein Herr mehrere Süßigkeiten für den Weih nachtsbaum. Während solche in einen Papiersack versenkt wor den und der Herr bezahlen will, sieht ein daneben stehender Herr das süße Paquet. Da fällt ihm wahrscheinlich das Lied von Kücken ein: „Ach, wenn Du wär'st mein eigen, wie lieb sollt'st Du mir sein!" und bringt das unterdessen zur Seite gestellte Säckchen nach Art und Weise eines gewissen Lips Tullian an sich. StUt Zahlung in klingender Münze giebt er Fersengeld und zwar propre, Doublirschritte. Man eilt nach und ruft unterwegs Geucke'sche Dienstmänncr zu Hülfe, die, was Schnellfüßigkeit anbelangt, gerade auch nicht an Frostballen leiden. Mosje Kripskraps wird gefangen, während er die süße Bürde von sich wirft. Er muß aber solche wieder aufheben, wird zurückspedirt und muß die Ehocoladen- und Zuckerplätzchen wieder an den Ort stellen, wo er solche entführt hatte. — Aus Leipzig, 19. Dec. wird berichtet: Der König von Sachsen hat sich der Rechtsverwahrung des Herzogs von Mei ningen gegen die von Koburg mit Preußen abgeschlossene Mi- litärconvention angeschlossen. — Der in Leipzig als Bremser bei der Leipzig-Dresdner Eisenbahn angestellte, 24 Jahre alte Franz Eduard Barth aus Kleinbernsdorf wurde am Freitag früh gegen 8 Uhr, als er eben damit beschäftigt war, Eisenbahnwagen an einander zu hängen, durch das Anfahren einer Locomotive an letztere, um- gcworsen, von drei Wagen überfahren und wegen seines da durch zerquetschten rechten Beines in das Jacobshospital gebracht. — In dem Geschäft eines Leipziger Schirmfabrikanten bot dieser Tage Nachmittag ein unbekannter Alaun zwei Stücken schwarzer Seide von zusammen 200 Ellen zum Verkauf an. Der Geschäftsinhaber, dem die Sache verdächtig vorkam, machte der Behörde davon Mittheilung. Dieselbe hat sich der Person des Verkäufers bemächtigt und damit einen guten Fang gemacht. Er heißt Franke, ist ein Kürschnergeselle und beurlaubter Sol dat aus Gera. Vor ungefähr 3 Monaten hat er in Dresden, wo er damals in Arbeit gestanden, seinen Meister bestohlen. Nach seiner Entdeckung ist er nach Gera transportirt worden, dort aber vor Kurzem aus der militärischen Untersuchungshaft entsprungen und nach Chemnitz gegangen, wo er früher einmal gearbeitet hat. Hier hat er seinem ehemaligen Arbeitsherrn außer einem werthvollen Pelze und vielen Fellen auch diejenigen zwei Stücken Seidenwaaren gestohlen, die er in Leipzig zu ver kaufen beabsichtigte. (L. N.) — In der Nähe von Kieritzsch ist am Sonnabend Abend gegen 9 Uhr ein Schlagwärter dadurch verunglückt, daß er, in demselben Augenblicke aus seinem Wärterhäuschen tretend, wo der Zug heranbrauste, wahrscheinlich dadurch erschrocken, grade auf die Maschine losgestürzt ist. Diese hat ihm einen so star ken Stoß gegeben, daß er auf der Stelle den Tod gefunden hat. — Aus Oschatz schreibt man dem „Dr. I.": Am 19. d. M. wurde bei dem hiesigen Bezirksgericht in der Wider den Gärtnergutsbesitzer Hanns aus Hof wegen Mordes anhängigen Untersuchung die Hauptverhandlung abgehalten. Der Verhand lung wohnte der Herr Generalstaatsanwalt 0. Schwarze bei. Hanns war angeklagt, dem bei ihm in Pflege gewesenen ein- äure eingeflößt und ihn hierdurch getödtet zu haben. Der ge dachte Knabe war in der Nacht vom 2. zum 3. Mai d. I. plötzlich verstorben, und hatte ein vom Munde des Kindes über den Backen weg führender dunkler Streifen die Aufmerksamkeit der Leichenwäscherin erregt und in dem von ihr herbeigerufenen Arzte den Verdacht erweckt, daß hener Streifen durch eine ätzende Säure, welche dem Knaben bei Lebzeiten eingeflößt wor den, entstanden sei. Dieser Verdacht fand durch die auf Ver anlassung der k. Staatsanwaltschaft zu Oschatz, der hierüber Anzeige erstattet worden war, vorgenommene gerichtliche Sek tion des Leichnams vollständige Begründung, indem sich durch die Sektion herausstellte, daß dem Knaben eine Quantität Schwefelsäure durch den Mund eingcflößt worden, durch diese Säure aber der Magen des Kindes brandig zerstört und hier durch der Tod unabweislich herbcigeführt worden war. Der Verdacht, dem Knaben die Schwefelsäure beigebracht zu haben, lastete anfänglich auf der verheirateten Hanns, lenkte sich aber im Laufe der bei Gelegenheit der Section von der k. Staats anwaltschaft angestellten Erörterungen sehr bald auf den Ange klagten Hanns und erlangte Herr Staatsanwalt Hehler auch im Laufe dieser Erörterungen von Hanns das Geständniß der That. Dieses Geständniß hat Hanns in der Voruntersuchung und in der Hauptverhandlung wiederholt, und hat er demsel ben zufolge dem Knaben, der ihm zur Last gewesen, indem er insbesondere geglaubt, daß er durch den Aufwand, den die Pflege und Erhaltung des Knaben erfordere, beeinträchtigt und in seinen Vermögensverhältnissen zurückgebracht werde, am Abende des 2. Mai d. I. mit einem Löffel eine Quantität Schwefelsäure, welche er sich zu diesem Zwecke allein schon meh rere Wochen zuvor in der Apotheke zu Döbeln erkauft hatte, in den Mund eingeflößt, um hierdurch den Vvn ihm gewünsch ten Tod des Knaben herbeizuführen. Die von dem Herrn Ad- vocat Schelcher geführte Vcrthcidigung zweifelte die vollstän dige Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten an und wollte die Handlung selbst nur als Tvdtschlag beurtheilt wissen. Der Ge richtshof erkannte gegen Hanns wegen Mordes auf Tod. — Aus Zwickau schreibt man uns: Wie tief noch der Aberglaube im Volke Wurzel hat, wird durch folgende That- sache bestätigt. In dem eine Stunde von Zwickau gelegenen Dorfe Lichtentanne hat vor einigen Tagen der Gutsbesitzer N ... ., höchst wahrscheinlich in einem Anfalle von Schwer mut!), durch Erhängen seinem Leben ein Ende gemacht. Er war Wittwer und in seinen wirthschaftlichen Verhältnissen keines wegs derangirt. Der Ortstodtengräber verweigerte nun aber auf das Bestimmteste seine Verpflichtung, ein Grab für den Todten zu machen, und da im ganzen Dorfe Niemand gegen guten Lohn zu dieser Verrichtung zu bewegen war,' so wende ten sich die Hinterlassenen an den Inhaber des Zwickauer Pack- träger-Jnstituts. Der Director desselben sendete hierauf sofort 6 Mann von seinen Leuten dahin ab, die den Unglücklichen nach Christenpflicht und ohne den Ortspfarrer beerdigten und dafür von den Hinterlassenen gut belohnt und außerdem reich lich und anständig bewirthet wurden. — Ueber den anhaltenden hohen Preis der Butter bringt die „Weißeritz-Zeitung" folgende sehr wahre Mittheilung: „Mit unseren Butterpreisen hat es seit etlichen Jahren eine eigene Bewandtniß, sie werden nämlich gar nicht mehr niedrig. Fragt man im Winter nach der Ursache, so ist die Kälte und der Futtermangel, fragt man im Frühjahr, so ist gleichfalls Futter mangel, trockene oder nasse Witterung oder sonst was schuld. Kommt nun endlich der liebe Sommer, wo man dies Alles überstanden glaubt, da geht's Klagen erst recht los. Erst ist es trockene Hitze, die Alles verbrannt hat, oder die nasse Kälte, die Alles faulen läßt; dann müssen die Erntefeste herhalten, und kommt die Krautbutter, so ist das viele Einlegen schuld. Nun geht's zum Winter über, da sind zum Unglück für die Stadt bewohner überall Kirmsen, später werden zu Weihnachten viel Stollen und Kuchen gebacken, wo viel Butter gebraucht wird. So geht's das liebe lange Jahr, das Ende vom Liede: „Die Butter kann nicht billig sein." Die Kanne wird jetzt zu 21 Ngr. verkauft, gewiß ein horribler Preis."