Volltext Seite (XML)
Verugsgebiihn vtertctiädrlick t»r »rc«»«« bet UM» »wrimaltaer 8utra«un« durch untrrk Botin <»««»< und «or,cn«, an Sonn- und Montanen nur einmal» »Mt. »oPl. durch auölvärliaeKoi». miiltonltre S Mt. de». S Ml. so Ps. Bei eininali,« Sultellun, durch die Pali »Ml. lobneBellellaeid». im Aus- land mit entwrcchendem Zulchlanc. N achdruil aller Artikel u. Oriainal- Mitteilungen nur mit deutlicher Quelle »anaabe („Dresd. Nachr") mläilia. Nachlr>1 gliche Lonorar- ani drücke bleiben unberückichtiat: unverlangte Manullrivlc werden nickt aulbewahrl. relearamm-Adrelle: »lachrichten r»re»de«. UoVlas von Kiepsrh S- Reirhardt. I<üknLckepfs8ökne ß^r. plsuenscsiestr. 20 allen ^nt Nr. 2«1. Slik,k>: A»-»-,..«,«-- ! S-mitag, 20. Septemver 1W3. Nenefte Drahtnieldunsien vom 19. September Der Deutsche Kaiser in Wien. Wien. Die Blätter melden, daß bei dem gestrigen Gala diner nach dem Toaste Kaiser Wilhelms die beiden Monarchen sich herzlich umarmt und geküßt und immer wieder die Hände geschüttelt haben. Wien. Die Festvorstelluna im Hofopern-Tbeater nahm einen äußerst glänzenden Verlauf. In der großen Festloae hatten das Gefolge des Deutschen Kaisers und der Ehrendienst, sowie das Gefolge des Kaisers Franz Joseph Platz genommen. Die Mitglieder des kaiserlichen Hauses wohnten in der Hosloge der Vorstellung bei. In verschiedenen Logen bemerkte man die Hof- und Staatswürdenträger, die Mitglieder des diplomatisaM Korps, darunter den deutschen Botschafter Grafen Wedel mit Gemahlin, die Ministerpräsidenten v. Korber und Graf Khuen- Hedervary und den österreichisch-ungarischen Botschafter in Berlin v. Szögyeni-Marich. Kur Ausführung gelangte Äoildieus „Weibe Dame. Die beiden Kaiser wohnten der Vorstellung in der Inkognito-Loge des Kaisers bei und folgten mit lebhaftem Interesse der Aufführung. Gegen 10 Uhr abends war die Vor- stellung zn Ende, worauf die Monarchen in die .Hofburg zurück kehrten. Trotz des regnerischen Wetters erwartete eine große Menschenmenge die Abfahrt der Monarchen, die wiederum Gegen stand lebhafter Ovationen waren. Wien. Gegen 8 Uhr früh holte Erzherzog Franz Ferdinand den Deutschen Kaiser aus der Hofburg av, von wo sic beide zu Wagen sich nach dem Lainzer Tiergarten begaben. Sowohl Kaiser Wilhelm als Erzherzog Franz Ferdinand trugen Wcid- mannstracht und wurden von dem in den Straßen zahlreich ver sammelten Publikum ehrfurchtsvoll begrüßt. Um 9 Uhr begann die Pürfchfahrt durch den Tiergarten An dieselbe schließt sich ein Treiben. Nach diesem wird ein Frühstück eingenommen und so dann die Besichtigung der Strecke erfolgen. Zu diesem Zeitpunkt wird eine Jagdmusik eine musikalische Ueberraschung bereiten. Sie besteht in einem Quartette von Hörnern, von dem jede Stimme mehrfach besetzt ist. Während die Musik Fanfaren erschallen läßt, besichtigen Kaiser Wilhelm und Erzherzog Franz Ferdinand die Strecke. Nach der Besichtigung treten Kaiser Wilhelm und Erzherzog Franz Ferdinand die Rückfahrt in die Stadt an. Wien- Die gesamte Presse beschäftigt sich mit den bei dem gestrigen Galadiner gehaltenen Toasten und hebt den herzlichen und warmen Ton, insbesondere den Hinweis des Deutschen Kaisers ausgeprägten Sätzen den dauernd festgefügten Bestand ihrer alten persönlichen Freundschaft und des Bündnisses ihrer Staaten fest- gestellt, und die gestrigen Trinksprüche werden hier und in den deutschen Landen aufrichtig freudigen Wiederhol! finden. Sie werden auch wohl in ganz Europa als ein wichtiges Zeugnis tur und meint, aus dem Umstande, daß Kaiser Wilhelm auf Wunsch Kaiser Franz Josephs nach Wien gekommen ist, gehe hervor, daß Reichskanzler Graf Bülow keine bloße dekorative Rolle im Gefolge Kaiser Wilhelms spielt, sondern, daß die Kaiscrbegegnung aanz positive Zwecke verfolgt. Auch die Bereitwilligkeit, mit der Kaiser Wilhelm dem Wunsche seines Alliierten entsprach, beweise, daß das deutsch-österreichische Bündnis noch immer den Grund pfeiler in der auswärtigen Politik beider Staaten bilde. In der Art, wie diesmal von Seiten Kager Franz Josephs des deutsch- österreichischen Bündnisses gedacht wurde, liege etwas Demon stratives; noch auffälliger, noch demonstrativer aber sei in dem Trinkspruch des Deutschen Kaisers der Hinweis auf die stolzen Regimenter Kaiser Franz Josephs, der eine ganz ungewöhnliche Huldigung für die österreichisch-ungarische Armee bedeute. Daß Kaiser Wilhelm sich zu diesem Hinweise auf die entscheidende - ->>>'»> Wichtigkeit der beiderseitigen Heere für das Bestehen des Bünd- nisses gerade einen Tag nach der Veröffentlichung des denk würdigen Armeebefehls von Chlozy veranlaßt sah, könne kein Zu fall sein. Wien. Kaiser Franz Joseph hat heute vormittag den deut schen Reichskanzler Grasen Bülow in Audienz empfangen. Hierauf wurde Graf Bülow von der Königin-Mutter Maria Christine von Spanien empfangen. — Der Mnister des Aeußeren Gras Goluchowski gab heute mittag ein Frühstück zu Ehren des Reichskanzlers Grafen Bülow, an dem der deutsche Botschafter Graf Wedel, die Herren der deutschen Botschaft, sowie die Herren des Gefolges des Deutschen Kaisers teilnahmen. Zv dem' heute abend zu Ehren des Deutschen Kaisers in der deutschen Bot schaft slattfindendcn Diner hat Kaiser Franz Joseph sein Erscheinen zugesagt. Wien. In der Spanischen Reitschule fand um 9 Uhr vor- mittags ein Reiten statt, welchem die Gefolge und der dem Deutschen Kaiser zugcteilte Ehrendienst beiwohnten. Die Herren wurden vom ersten Stallmeister Grasen Ferdinand Kinsky empfangen Celle. Gestern erschoß sich ein Soldat der 4. Kam- vagnie des hiesigen Infanterie-Regiments, als er auf dem Hofe des Zuchthauses Posten zu stehen hatte. Das Motiv zur Tat ist unbekannt. Frankfurt a. M. Die „Franks .Ztg." meldet aus Sofia: Der Ministerrot bewilligte für die im Burgaser Kreise befind- lichen Flüchtlinge des Sandschaks Kirkkilissc 20000 Frcs., die Gesellschaft vom Roten Kreuze für die Unterstützung der Make donier 100 000 Frcs. , Wien. Kaiser Franz Joseph empfing heute vor mittag den Grafen Khuen in einstündiger Audienz und ließ sich von ihm eingehenden Bericht über die Lage erstatten. Graf Khuen dürste morgen abermals vom Kaiser empfangen werden. - Kaiser Franz Joseph hat für die von der letzten Hoch- wasscrkatastrophe in Kärnten. Salzburg, Tirol und Steiermark Betroffenen 55 OM Kronen aus seinen Privatmitteln gespendet. Wien. Der Kaiser geht in der nächsten Woche nach Buda pest, um die Verhandlungen über die Lösung der Krisis fortzusetzcn. Wien. Die Nieldung eines auswärtigen Blattes von der Massakricrun g der gesamten Bevölkerung von Kastoria ist bisher amtlich nicht beglaubigt. Paris. Ter heute unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten stattfindende Ministerrat wird sich dem Vernehmen nach mit der Loge in Südoran beschäftigen. Der Ministerpräsident dürfte insbesondere über die Maßnahmen berichten, durch welche die Wiederkehr von Ueberfällen, wie der von EI Mnugar, verhütet werden sollen. Ferner wird im Mmistcrrat daä Programm des Aufenthalts des italienischen KönigspaareS in allen Einzel heiten besprochen werden. Der Ministerpräsident beauftragte den Direktor der Pariser staatlichen Blindenanstalt, die dort an- gestellten Klostcrschwcstern durch weltliche Pflegerinnen zn er setzen. Toulo n. In der Wohnung der Russin dAbahsa, die jüngst unter dem Verdacht der Spionage verhaftet worden war, wurde ein Telegramm mit folgenden Worten gesunden: „Schicket Schrift stücke, erhaltet Geld." Die Verhaftete soll auf Rechnung Eng lands Spionage getrieben haben. Als Mitschuldiger wurde ein Artilleric-Feuerwerker verhaltet: auch ein Polizcikommissar soll in die Angelegenheit verwickelt sein. Im übrigen soll die Russin zahlreiche Schwindeleien verübt habe», indem sic sich als die Erbin ihres in Odessa verstorbenen reichen Bruders ausgab. Petersburg. Tie auswärts verbreitete Meldung von einem großen Brande in Tanroggen, wodurch die Bahn- gebäude und die Gelrcidedcpots zerstört worden feie», ist nach dec „Russischen Telegraphen-Agentnr" als erfunden zu bezeichnen. Sofia. Der „Aaencc Tel. Bulgare" zufolge ist die Blätter- Meldung, daß bulgarische Truppen einen Einfall auf türkisches Gebiet gemacht hätten, vollständig aus der Luft gegriffen. Aberdeen. Ter Philosoph Alexander Bai er, Professor der Logik an der hiesigen Universität, ist gestern gestorben. OertlicheS und Sächsisches. Dresden. 19. September. —* Se. Majestät der König ließ heute dem Linienschiss „Wettin", welches im Oftober dieses Jahres in Kiel in Dienst gestellt werden wird, durch den Militärbevollmächtigten in Berlin, Flügeladjutant Oberstleutnant Krug v. Nidda, in Wilhelmshaven sein B'.ld überreichen. —* Ter Privatdozent der Anatomie an der Universität in Breslau, Dr. H. Stahr, hat einen Ruf an das Zoologische und Anthropologisch-Ethnographische Museum in Dresden erhalten und angenommen. —* Parteitag der sozialdemokratischen Partei Deutschlands. (Schluß der gestrigen Nachmittags-Sitzung.I Abg. Meist iKöln): Ich muß Vollmar bemerken, daß Bebel der großen Masse der Gcnosscnaus dcrSeclc gesprochen hat. lLebhasicr Beifall. Ruse: Sehr richtig!! Wir müssen die Zumutung weit von uns weisen, zu Hofe zu gehen. Wir kämen alsdann in Gefahr „Seiner Majestät allergetrcueste Opposition" zu sein. Wir sind selbstver ständlich für volle, aber nicht für ungebundene Meinungsfreiheit. Wenn sich jemand einer politischen Partei anschließt, dann muß er sich zu ihren Grundsätzen bekennen. In dem Rahmen dieser Grundsätze steht dem Genossen das Recht der freien Meinungs äußerung zu, nicht aber darüber hinaus., Wir haben am 25. Juli auf dem historischen Boden zu Nonsdorf unser Wahlfest gefeiert. Wir erinnern uns an die Aeußerung Lasallcs zu Ronsdorf: „Ich höre schon im Geiste den dumpfen Massentritt der Arbeiter- Bataillone." Es sind jetzt nicht mehr Bataillone oder Regimenter, sondern große Arbciterarmeen, deren dumpfer Massentritt am 16. und 25. Juni laut und deutlich gehört worden ist. Daß uns die Massen in so großer Zahl folgen, verdanken wir dem Umstande, daß wir unsere Grundsätze mit allem Nachdruck verfechten und darauf halte», daß diese Grundsätze nicht verwässert wer den. Wenn sich Leute in unsere Reihen cindrängen, die uns von unserem Wege abbringen wollen, dann werden wir diesen Elemen- len den Stuhl vor die Türe setzen. (Stürmischer Beifall.) — Arbeitersekretär Katzen st ein Mannheims: Er stehe auf dem Mittelpunkte zwischen Revisionisten und Radikalen. Unsere Pflicht ist es, daß wir einig sind, damit wir in die Lage kommen, die heutige Gesellschaft in Trümmer zn schlagen. (Leb hafter Bestall. — Timm (München): Ich habe früher zu den Radikalen gehört, ich gehöre, seitdem ich rn München wohne, zu den sogenannten Revisionisten. Wenn aber Bebel von den Münchenern sagt: das sind Leute, die vielleicht durch die Bier verhältnisse an Geist und Seele Schaden gelitten haben, so muß ich dem sehr entschieden entgcacntretcii. (Abg. Heine ruft: Lächerliches Geschwätz!! Ich bin mit einer gewitzen Vorein- gciioiiliiiciihcit nach München gekommen, ich habe aber sehr bald die Erfahrung gemacht, daß die Behauptung von der „Königlich Bayrischen Sozialdemokratie" eine bloße Einbildung ist. Genosse Bebel hat gestern geradezu in demagogischer Weise geredet. Er hat an die niedersten Instinkte appelliert. (Lärm.! Das eine steht fest: für die Partei wäre es besser gewesen, wenn dies kleinliche Parteigezänk vollständig unterblieben wäre. (Beifall und Widerspruch.! —Abg. Auer (Berlin!: Es ist mir auch der Vorwurf gemacht worden, daß ich das mir von der bürgerlichen Preise gespendete Lob nicht zurückgewiescn habe. Nun, man wird im Leben so viel getadelt, daß man nicht gleich aus dem Häiischcn geht, wenn man einmal ein Lob erhält. Herr Pfarrer Naumann hat mich in seiner „Hilfe" den „Weichensteller der Partei" genannt. Sind Sie wirklich der Meinung,, daß mir diese Lobhudelei in den Kopf gestiegen ist? Ich habe Herrn Pfarrer Naumann nicht den Gefallen erwiesen, mich aus meiner Höhle hcrauslocken zu lassen. Ick kann aber mittcilen, das; in früheren Jahren die gegnerischen Blätter oftmals schrieben: Neben dem internationalen revolutionären Liebknecht verdient der klcinbürgcr- liche Drechsler Bebel doch mehr Sympathie: Es ist mir nicht bc- könnt, daß Bebel jemals erklärt hätte: ich bin nicht ein Joia weniger revolutionär als Liebknecht. Ich will über Mehring nicht Kunst und Wissenschaft. -f* Woche n-Spielplan der König l. Hofthcater. Opernhaus. Sonntag: „Martha". Montag: „Der Freischütz". Dienstag: „Götterdämmerung". Mittwoch: „Fra Diavolo". Donnerstag: „Undine". Freitag: „Earmcn". Sonnabend: Fidelio". Sonntag: „Der Postillon von Lonjumeau". — Schan- spieflhaus. Sonntag: „Die Jungfrau von Orleans". Mon tag: „Das große Geheimnis". Dienstag: „Ein Volksfeind". Mittwoch: Zur Feier von Theodor Korners Geburtstag: „Zrintz". Donnerstag: Zum ersten Male: „Hcrodcs und Marlamne". Frei tag: „Der Widerspenstigen Zähmung". Son»abc»d: „HerodeS uiiv Mariamne". Sonntag: Nachmittags Vr2 Uhr: I. VolkSvor- stellung: „Iphigenie auf Tauris". Abends >/-8 Uhr: „Dns große Geheimnis". Montag: „Die Journalisten". s* Mitteilung aus dem Bureau der Königl. Hof> theater. Im Overnhaus e wird Montag den 2i. Septeiw der die dreiaktige Over „Der Freischütz" in folgender Besetzung gegeben: Ottokar: Herr Kieß, Kuno: Herr Nevnschka, Agathe: Frl. Knill, Aennchen: Frl. Rast. Kaspar: Herr Greder. Max: Herr Otto (zum ersten Male), Eremit: Herr Draval, Kilian: Herr Erl. Köniyl. Hosoper. „Der Postillon von Lonjumeau". Die vor kurzem in Lonjumeau abgehaltcne Gedenkfeier des 100. Ge burtstages Adolphe Adams erinnert daran, daß auch sein „Postillon" kein ganz junger mehr ist, daß er, 67 Jahre alt, seit feiner ersten Aufführung m Paris, eigentlich auch zn den alten Herren zu zählen Hot. Indes darf er den seltenen Vorzug für sich in Anspruch nehmen, in einer Zeit geboren zu sein, wo ein Boieldie», Hsrold und Halcvy, ein Cherubim und Spontini die französisch« Oper beherrschten, und einen Komponisten Vater zu nennen, der das Zeug in sich hatte, sich selbst zu einem der ersten Repräsentanten der französischen Komischen Oper zu erheben. Diese großen und glücklichen Umstände seiner Geburt und das Genie eines Schöpfers haben dem wackeren Chapelou, trotz des sehr anfechtbaren Geschicks, in das er durch seine Librettisten ge stürzt i t, denn auch eine seltene Irische und Spannkraft erhalten, ein unverwüstliches Etwas, das ihn auch uns noch ziemlich jugend- sich, liebenswürdig und elegant erscheinen läßt im Schwünge und der Lebhaftigkeit seiner Tempi, in seinem reizvollen melodischen Reichtum und seiner rhythmischen Grazie. So brillant ous- gestattet, spricht er auch heute immer noch lebhaft genug an und - - Freunden lind wie gestern zwar keine be sonderen Höhepunkte auf. nichts, was tiefer berühren könnte, dafür gepalter, fpricyt er auch heute immer nocy tevyafl ge> wird sonderlich gut gefallen, wenn er seinen Fr« Gönnern in so sorgfältiger Darstellung entgcgentritt, im Königl. Hofopernhausc. Die Aufführung wies zw« war sie im ganzen um so solider und fleißiger, eine gute Vor stellung, aus der man befriedigt hcrausgehen konnte Da»; es nicht mehr wurde, ist nicht zuletzt in der Veränderung des Geschmacks zn suchen. Tie Zeiten des seligen Wachtel, wo Chapelou mit dein Jonglieren aus dem hohen 0, mit Peitschenknallen und Ventilhorn blasen, oder, wie es in Wien vorgckommen, mit dem virtuosen Wirbel auf der Keinen Trommel die Hörer verblüffen konnte — „wie schön war so, der Postillon von Lonjumeau" — diese schönen Zeiten sind vorüber! Dennoch bleiben der Künste und Kunststücke genug, mit denen der lebensfrohe alte Herr uns Freude und Vergnügen bereiten kann. Diese bestehen vor allem in der Noblesse des Vortrags und der Eleganz der Darstellung, wie sie vornehmlich aus dem Wesen, aus der Anmut und Grazie der französischen Spieloper heroorzugehen haben. Es kommt hier, wie vieljach auch anderswo, nicht darauf an, was gesungen wird, sondern wie gelungen wird. Und darauf ist in dem ge- gegebenen Lalle, um so mehr zu achten, als Adam uns in seinem ompadour und Dubarry. Formen und Öolrars, Vortrag und Darstellung, spielen hier eine Hauptrolle — das Rohmaterial wird total zur Nebensache. Damit kommen wir zunächst aus Herrn Würthele. der sich den Chapelou als zweite Antrittsrolle gewählt hatte. Er bewegte sich in dieser ungleich freier, heimischer im Ensemble, wie als Almaviva, und ließ sich diesmal auch präziser beurteilen. Das Material zu einem Chapelou hätte er; der Helle Tenor spannt ziemlich zwei Oktaven und erreicht, wie cs hier zur sogenannten Ehrensache wird, auch das unvermeidliche hohe 0. Leider aber ist die Stimme in der Klangfarbe nicht ganz rein, von gaumigem Beiklang etwas beeinflußt und vorläufig noch wenig reizvoll. Noch mehr fällt die breite, naturalistische Tongebung ans, die, meist auf einen Ton gestimmt, eintönig wirkt. Vor allem aber wird Herr Würthele, wenn er nicht gar zu auffällig gegen seine Umgebung obstechen will, sich im Vorträge vervollkommnen müssen. Seine Phrasierung ist meist noch sehr anfechtbar und beeinträchtigt von Provinzialismen, die öfter so offen und breit sich bemerkbar machen, daß es, trotz aller stimmlichen Begabung, zn einer ungetrübten Wirkung nicht kommen kann. Wie mächtig aber die Kunst des Vortrags veredeln und selbst die baurrx rvstss eines im Dienste der Kunst abgeblühten Organs noch reizvoll genug gestalten kann, bewies Herr Erl-Corcy, indem er dem berühmten Meister St. Phar einige Proben echter, vornehmer Vortraaskunst zum besten gab. Aehnlichcs zu erreichen, wird Herr Würthele zunächst anstreben müssen, um die Stellung zu behaupten, die er hier einnimmt, und wenn er sich dazu auch im Spiel noch einigermaßen noblissicrt, kann er »ns mit der Zeit das werden, was er uns heute eigentlich schon sein müßte. Zwei Vorzüge hat er vor manchem anderen voraus: Jugend und be merkenswerte Mittel: cs wird in der Hauptsache demnach an ihm liegen, sich mit diesem Pfunde zn einem der Dresdner Hosoper vollgültigen Künstler heran zu wuchern. — Mit der Besetzung der Magdalcne mit Frau Abendroth konnte man, soweit sic in der Metamorphose als Frau von Latour in Fraae kommi, zu frieden sein, während Zeit und Verhältnisse, wie sic den ersten Akt beherrschen, der trefflichen Künstlerin doch wohl nicht mehr ganz günstig zn Gesicht stehen. Dafür hat Frau Abendroth die Rolle sehr geschmackvoll und künstlerisch feinsinnig gesungen und in der Darstellung der Frau von Latour e>ne Gewandtheit und Geschicklichkeit des Spiels bewiese», die volle Anerkennung occ- dient. Aus diese darf auch Herr Greder in der Rolle des Bijou Anspruch erheben. Er hat die drastisch-komisch gezeichnete Figur sehr intelligent aufgefaßt und zeichnet, wie cs hier nicht anders sein kann, al kresc-o, ohne zu stark in das Burleske und Groteske zu verfallen, zu dem das grobe Gewerbe des Schmieds von Lonjumeau leicht verführt. Tic gut besuchte,,mit lebhaftem Bei fall aufgenommene Vorstellung leitete Herr Kaocllmcislcr Kutzschbach lehr sicher und geschickt, allerdings mehr rühmen? wert >n Einzelheiten, als in der schwungvollen Beherrschung des Ganzen. II. Ki. Mein Gegenüber. Novellctic von M. o. Eschen (Mathilde o. Eschflr»tli>. In dem Hotel m>r gegenüber wohnen zwei alle Leute. Es .chcint, sie bedürfen niemand, aber sie können auch nicht eins oyne das andere sein. — Wenn sich der hochgcwachscne Mann zu seiner kleinen Frau hinuiiterbcngt, meint man unwillkürlich, leinen Arm sich heben zn sehen über ihr als Schutz und Schirm für sein köstlichstes Gut. Wenn sic zu ihm ausichaut, liegt in ihrem Auge auch etwas, das an den Blick der Madonna erinnert, selige, zärtliche Bewunderung, unermüdlich glückliche Sorge, wie sie eine Mutter heg, für ihr Kind. „Müssen die glücklich gewesen sein, da sie noch jung waren!" erklärte ich eines Tages dem Grafen Lchrbach, der die Leutchen kannte. Der lächelte. „Was würden Sie sagen, wenn Sie das Gegen- teil hörten? — Nun, da Sie sich aus ganz anderem Grunde, als die Mcnac, für die Schicksale der Menschen interessieren, — so wird cs keine Indiskretion sein, wenn ich Ihnen etwas von meinen Freunden erzähle."