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7s. Aahrgang. ZK 278 Diensrag-15. Juni 182« «eadKmschrMl »achetchl«, Di»»»«». tz»nypr»ch»r- S«m>m»Inumm«rr 2S 2^1. liu» für «achtr,»IprSch,l so 011. l-r....... vom l. di« li. Juni UV» d»t ILaiich «»«tmalt^r Zul»vu», tzg La«, l.bvward ÄkAUgL* GLVUYk Vo»d«»ug«»r»t» ftir ov^ Poi^uN«lUm»»^d»dr. Di» «»««ii,«« nach Doldmard d»r«chn«»: di, «MI»aMa» »0 m» d»»ii» Anz-sgengsn-»-: zL?/K!-NK.DÄL-». LS«K,7 vchriM«Nunq und LaupIgelchSit,stell, M«ri„ste»d» SS 42. Dnick ». v«Na, »an Uiapsch » «»ichardl in Dr»»d»n. Vostsch-D-Lontv 10SS De»»de». «achdru» nur mV »«illicher Vuellinanaad» .Drevdner Nach, " ,u>i>Ma. Uno»riang>» Schrilistüch, w»rd»n «ich« aulbnoadil. /XutOMOdil-I^SpÄr'Ltul'WSi'kslalt ui^cl -Vsi'ti'iSd ^/lSNSk- k^istr 3 sssmfuf 17197 vr. ßßsnr EepKarcEt (fM»'' »«öfditr L IMler) Isg- uncj k^scMgsi-sgsn Auch der Staat darf nicht stehlen! Fortsetzung -er Revolution nach 7 Jahren -urch -as Mittel -es Doiksenlschei-s. Der deutsche Aeichskagspräfi-enl als Dolksverhetzer. - Eröffnung -er spanisch-französischen Marokkokonserenz. Recht un- Volksentscheid. Berlin, 14. Juni. Der bekannte Rechtslehrer an der Berliner Universität und volkSparteiltche Neichstagsabgeord- »et« Proscsior Dr. Kahl besaht sich heute in einem Aussatz mit der Frage: „Recht und Volksentscheid." Im Volksentscheid vom 20. Juni, schreibt Geheimrat Kahl, geht e» umS Recht. ES soll darüber abgestimmt werden, ob da» gesamte Vermögen der ehemals fürstlichen Häuser, ihrer Familien und Familienangehörigen ohne Entschädigung enteignet werden darf. Ob eine Privatsache weggenom- me» werben kann, bestimmt sich ausschließlich nach den im positiven Recht vorgesehenen Voraussetzungen. Fehlen diese Voraussetzungen, so ist die Wegnahme Gewalt. Unrecht. Sie fehle« im vorliegenden Falle vollständig. Daß man die Wegnahme durch das Mittel eines Volks- -rsetzeS bewirken will, ändert daran nichts. Auch ei« Gesetz kan« rechtswidrig sei«. Nicht ans die Form, sonder» auf den Inhalt kommt e» a». Diesen Inhalt sucht man mit dem Schein der Recht mäßig k eit »u umkleiden, indem man der Vermögens- entzichung den verfassungsmäßigen Namen Enteignung M. Diese aufgeklebte Etikette ist jedoch falsch und trügerisch. Zur Zeit der Revolution hätte man ia das machen können, denn Revolution ist ihrem Wesen nach Rechts- tnuch und Gewalt. Hätte man damals die Fürstcnvermögen konfisziert, so würde ich nicht anstchcn. dies heute als voll endete Tatsache so gut wie die Fürstcnabsctzuna selbst glatt »nzuerkennen, denn auch die gelungene Revolution, darüber besieht kein Zweifel, hat die Wirkung rcchtSsrtzender Kraft. In Wahrheit liegt die Sache aber gerade umgekehrt. Die Revolnttvn hat die Konfiskation der Fürstenvermögen aus» dritcklich abgelehnt. Einige vorwitzige Länderregiernngen »ollte« damals revolutionäre cntschädigungslose Enteignung. Ans erhobene Vcschwcrden wurden sie von den Volksbeans- tragtc» in ihre Schranken znrückgewicsrn und angewiesen, Singrisse in das Privateigentum der Fürste« als rechts widrig z« unterlassen. Auch der Name Ebert steht «nter dieser Rnwcisnng. Inzwischen ist aber die Verfassung ergangen, welche Kon fiskation ausschließt. Greift man also wieder auf sie zurück. Io ist das nichts weniger als Rückkehr ,« de« Methode« der Revolution. Vkan will nachholen, was man damals versäumt hat. DaS «erbitte« wir «nS im siebenten Jahre verfassungsmäßiger Zustände. Dah auch die Sozialdemokratie, nachdem sie die ersten Konfiskationsgelüste der Kommunisten mit Hohn zu- rlickgewlesen hatte, dem Volksbegehr, besser der Volks. Begehrlichkeit zujubelt, ist rin vollkommener Bruch und Widerspruch mit ihrer Haltung in der Vergangenheit. Es ist ihr angst vor -er Konkurrenz Ser Genossen von links. vollends bst dag Doppelspiel der demokratische« Parteileit««g ein Vorgang, dcu ich im Interesse der ethischen Einschätzung dieser Partei selbst anss ticsste beklage. Für einen ossenen Nechtsbruch gibt man die Entscheidung nicht srei. ES gibt nur einen Weg, ans dem in Gerechtigkeit und Ehren das Problem gelöst werden kann, das ist der Rechtsweg, der Weg des Kompromißvcrsuches, der auch in dem neue« Rcgierungs- entwurf vom 21. Mai 1V2S wieder ausgenommen ist. Auch der Staat darf nicht stehlen! Ein unabhängiges Gericht muß feststellen, was Staats, und was Privateigentum ist. DaS deutsche Volk wird und muß Gewißheit haben, daß, sobald der unerhörte Angriff aus die Grundlagen des Rechtsstaates abgeschlagen sein wird, der Reichstag die Pflicht und die Möglichkeit hat, eine gerechte und billige Auseinandersetzung aus dem Wege der ordent lichen Gesetzgebung hcrbcizusühren. Es kommt also alles darauf an, für diese Lösung die Bahn sreizumachen. DaS kann nur geschehen durch Abwehr der im Volksentscheid ge» forderte« rechts- und verfassungswidrigen BermögenSkon- ftskation. Die Erschütterungen, die in nufere« Vaterland« eintrcten müßten, falls der VolkScutscheld l» bejahendem Sinne sich durchzusctzen vermöchte, sind in ihrer Dragweite kaum anszudenkcn. Keines unserer BerfassungSorgane bliebe davon unberührt. Aber Höheres steht auf dem Spiel: Recht und Ehre. Wer diese Güter dem dentsche« Volke erhalte« will, bleibe dem Volksentscheid fern. Recht muß Recht bleibe«! Kommunistische Bauernfüugerei. Liebknecht, der Schutzheilige der Kommunisten, schreibt in einem seiner Aufsätze: „Ein Enteignungsdekret würde «nzweifclhast die Mehrzahl der Bauern zum heftigsten Widerstand, viel leicht zur offenen Rebellion reizen. Es gilt also, hier mit aller Behutsamkeit und mit möglichster Rücksichtnahme auf die Vorurteile und vermeintlichen Interessen z« Werke z« gehen. Der Staat muß mit peinlichster Sorgfalt alles vermeiden, was ihn den Kleinbauern als Feind könnte er» scheinen lasten. Die französische Fcbrnar-Nepublik bst a« der Nichtachtung dieser Regel zngrnndc gegangen. Diese Lehre wollen w»r «ns merken." Diese Lehre werden sich vor allem die deutschen Bauer» merken, die der Kommunismus gar zu gern als Vorspann beim Fürstcnrailb benutzen möchte. Erst sollen die großen Besitzer drankommen, und der Kleinbcsitz soll die Schlacht schlagen helfen und sich dadurch selbst dem Bolschewismus ausliefern. Bauer» sei ans der Hut! Deine beste Waffe ist Richt beteiligung am Volksentscheid! Die Bilanz von Gens. NeVer der 40. Tagung des VölkerbundSrateS, die mkt de« abgelausenen Woche zu Ende ging, hat wieder ein Unstern ge- waltet. Es ist so viel wie nichts geschaffen worden von bleiben« dem Wert und waS zurückgeblieben ist, besonders von Ser dramatischen letzten Sitzung, die mit einer Ohrfeige begann und mit zwei Absagen endete, bedeutet einen so schrillen Miß- klang, daß ein guter Teil des Ansehens verlorengegangen ist, das der Völkerbund aus der großen Märzkatastrophe noch herübergerettet hatte. Dian hatte sich sehr viel vorgenommer« aber das einzige, was wirklich erledigt wurde, war die Ans« Hebung der Finanzkontrolle Uber Oesterreich. Zimmermann, der Völkerbundskommisiar in Wien, ist mit die sem Spruch seines AustrageS ledig: dem österreichischen Staat ist aber damit an der entscheidenden Stelle, nämlich an seiner Lebensfähigkeit, nicht im geringsten geholfen worden. Die sich aofdrängende Konsequenz aus -er in Wirklichkeit gerade setzt wieder trostlosen wirtschaftlichen Lage dieses Landes zn ziehe« und damit zuzugeben, daß ohne den Anschluß an Deutschland daS österreichische Problem überhaupt nicht zu lösen ist, dies« einzige wirkliche Lösung hat der Rat auch jetzt wieder gescheut und sich wie ein Schwindler aus der Affäre gezogen mit ber unwahren Behauptung, daß die Sanierung Oesterreichs nun» mehr erreicht sei. Nicht so glatt konnte die gleiche Angelegen heit dem wesentlich selbständiger austretenden und politisch reg sameren Ungarn gegenüber geregelt werben. Der Haß gege« dieses Land und besonders gegen seinen Ministerpräsidenten Bethlen kam in besonders augenfälliger Weise zum Ausdruck durch den Vorstoß BriandS, der eine internationale Liga gegen Gcldfälschungen zu wünschen vorgab. in Wirklichkeit aber de» Ungarn einen gewaltigen moralischen Schlag zn versetzen be absichtigte. Das änderte aber nichts an dem Endergebnis, daß auch in Ungarn die unmittelbare Finanzkontrolle beS Völker bundes In Zukunft wcgfällt. Aber gerade die während der ganzen Ratssitzung offen zum Ausdruck gekommene Feindschaft Frankreichs und der ungarischen Grenznachbarn wird e» z» verhindern misten, daß der Fortfall der Kontrolle gleichzeitig das Anheben einer Periode der Erholung und Wiederherstellung sür Ungarn bedeutet. Abgesehen von diesen beiden zur Erledigung gebrachte« Punkten ist die übrige Bilanz von Genf recht kläglich. Welches Problem auch immer angegriffen wurde, keines wurde einer Lösung auch nur näher gebracht. Die Mandatsfrage« wurden wieder vertagt, und das gleiche Schicksal widerfuhr de« Vorschlägen nnd Anregungen, die aus der vorbereitenden Kon ferenz für die Abrüstung dem Rate vorgelegt worbe« waren. DaS französisch-englische Duell um diese Frage ist noch nicht soweit auSgrkämpft, daß der Rat den immer deutlicher werdenden Steg der französischen Auffassung in fast allen daS Thema „Abrüstung" betreffenden Dingen schon hätte sanktio nieren können. Auch Sie saarländische Delegation, die zum so undsovielten Male gekommen war. nm den Spruch des Rate- zu holen, ber endlich die noch immer im Saargebtet stationierten französischen Truppen des Landes verweist, mußt« unverrichteter Dinge wieder abziehen. Obwohl die Gutachten der unparteiischen Mitglieder der Saarrcgierung klar zum Ausdruck brachten, daß die Anwesenheit französischen Militär» nach Lage der Dinge zum mindesten überflüssig ist, wußte Paul Voncour einen entsprechenden Beschluß noch ein mal zu hintcrtreiben. Also auch hier ein restloser Sieg deS französischen Willens. ES ist bei diesem die Verhandlungen be herrschenden Geiste auch nicht weiter verwunderlich, daß sich der Rat mit keinem Wort »m die BlnlShcrrschast Frankreichs im Mandatsgebiet Syrien bekümmerte und daß er feige allen son stigen aktuellen Fragen a»S dem Wege ging, die über die augenblickliche Tagesordnung hinaus Europa beunruhigen und den Völkerbund in erster Linie angehen müßten. Lediglich non -cm Ergebnis der Arbeit in der Studie«« kommisston über die künftig« Verteilung -er Rats« sitze hat man Kenntnis genommen, eine Kenntnisnahme, dl« die Lag« allerdings nicht klärte, sondern aufs allcrschlinnnste verwirrte. Schon vom ersten Tage an zeigte das Fehlen beS brasilianischen Vertreters Mcllo Franco nnd die Beschickung -er Konferenz von Spanien -urch einen untergeordnete» Berner Vertreter, -aß von dieser Seite der Ratsfrage wieder Unheil drohe. Die sofort einsetzenden Versuche, die beide« Staaten ans ihrer im Hinblick auf die notwendig« Ausnahme Deutschlands unmöglichen OpposittonSstcllung hcrauSzu- inanövrieren, sind vollkommen fchlgeschlagcn, sic haben durch ihren Mißerfolg schließlich sogar zu einer Vergrößerung beS RtstrS tm Rote geführt. Beide Mächte hatten sich mit ihren Reichstagspräsident gegen Reichspräsident. Eine Herausforderung Löbes. Reuqork, 14. Juni. Der ReichStagSprLsident stöbe hat dem Korrespondenten der„Nen>Nork TimeS" ein Interview gegeben, in dem er den Brief Hinden- öurgs an den Staatsminister von Loebell als einen „über legten und vorbedachten Versuch" bezeichnet, seine Stellung nahme bckanntznmachen. Hindenburg überschreite d«mit seine Vollmachten. Daher könne der Brics als VersassnngSbruch ausgelegt werden. Die deutsche Ber- sassnng erlaube die Fürstcncnteignnng durch den Reichstag »der den Volksentscheid, wenn dadurch nicht die Festigkeit der Währung oder daS Geldsqstem gefährdet ober Handel nnd Industrie stark beeinträchtigt würden. DaS geschehe aber nicht, stöbe spricht in dem Interview noch die Ansicht aus, daß wirk lich ernste Anzeichen nicht vorhanden seien, die so auogelcgt «erden könnten, als ob die Nationalen die Monarchie errichte« könnten. Eine solche Beschuldigung beS Reichspräsidenten von solcher Stellt aus gegenüber einem fremden Journalisten, «er die Aeußerung sofort aller Welt übermittelt, ist ein mahr- tzast unerhörtes Verfahren, das wieder einmal mit nieder» schmetternder Deutlichkeit zeigt, was bet uns in Deutschland alles möglich ist. Der Präsident deS Deutschen Reichstages bekleidet ein sehr hohes Amt, das seinen Inhaber zu be louderer Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit in seinem ganzen Auftreten und zu peinlichster Zurückhaltung gegenüber ber Oessentltchkett verpflichtet, namentlich wenn cs sich um die Wahrung der deutschen Würde gegenüber dem AuSlande handelt. Herr Löbe durfte daher unter keinen Umständen dem Reichspräsidenten vor einem ausländischen Pressever treter einen derartigen Borwurf machen, selbst dann nicht, iven« er eine« Sehein deS Rechte» dafür hätte geltend machen können. In diesem Falle aber ist an dem Vorgehen Hinden- burgs auch nicht das Geringste auszusctzen, sondern eine solche persönliche Aeußerung des Staatsoberhauptes war dringend nötig, um die Lüge der Gegner zu zerstören, baß Hindenburg das Enteignungsgesctz unterzeichnen werbe. Die pflichtgemäße Auslassung des ReichSoberhanptes beanstandet Herr Löbe, sich selbst aber nimmt er die Freiheit heraus, etwas durchaus Ungehöriges und schwer Verwerfliches gegen, über einem fremden Journalisten zu sagen. DaS muß aus das schärfste verurteilt werden. So zeigt sich auch hier wieder die Erscheinung, daß kein noch so hoch im öffentlichen Leben stehender Sozialist in Deutschland imstande ist, im ent scheidenden Augenblick die Partei hinter die höhere» Rück sichten aus das StaatSwohl zurttckzustcllen. ES bleibt immer noch die Hoffnung übrig, daß daS Inter« vtew von dem Amerikaner falsch übermittelt worden ist. ES ist aber selbstverständlich, daß, wenn ein NeichstagSpräsident solche Dinge fertig brachte, daß er den Reichspräsidenten deS Verfassungsbruchö beschuldigt, die bürgerlichen Parteien die» znm Anlaß nehmen müßten, nm sich mit Herr« Löbe aanz grttndlich anselnandcrzusctzcn nnd daraus die «otmendlge« Folgerungen z« ziehe«. Wie sie lüge«! Berlin, 14. Juni. Ein Berliner MittagSblatt meldete heute, baß Justiz rat Elaß. der Vorsitzende des Alldeutschen Verbandes, am Sonnabendabend als Gast des Kaiser» tn Doorn eingctrosscn sei. Von dem Justizrat Claß nahe, stehender Seite wird nunmehr festgcstellt, daß diese Meldung falsch ist. Justizrat Claß befinde sich in Berlin und habe Berlin seit seiner Rückkehr aus Kissingen noch nicht verlaßen. ES handelt sich bei ber Meldung -cS Berliner MittagSdlatteS «« nichts anderes, als den ossensichtliche« Bersuch. die Berliner Bevölkerung angesichts deS BolkSentschetdS »« verhetze».