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89. Fohrgang. Ais 418 Sonntag, 12. Oktober 1924 Gegründet 18SK Dradlanichrifl: N.chrlcht«, «re,»,». g»rnipr»ch«r-San>m«inumm»r! SV 241 Nur iiir Nachlgelprüche: 2O011. X^XLV. 8c«0X0!.kvk mirxx oueimus ssif'ms gsgn. 1838. . SchiUIUiIun» und Kaup>g«!chä>t»II«II»: «»rtrofir.i,» 3S 40. Verlag oon tj>,P,ch a 2l.Ich.rtI in Dresden. PtMch.ch-iionIo 1OSS Dreitrn. Äö)iUU§'GoI)ÜsU' '-^o.^oldmark. I Klnrairion-Kfiroisa Die Anzeigen werden nach «oidmark derechnel, dl» l lpall.N mm dr.Jeile« !,, ausw.L^. gakniiienanzelaeau.SIellengeluch» ohne Poild.zugspreis «.Mona'Oktoder^».-«!. «I.j.in-mm.r 1, G..P,,. > LiNZeigeN-greife. Rabal, !v^. aub-rk.rv^. di.Wmm breileRekIamezeile ISV^. aud.rd NO^ viserleng.dukr M,. Aurw. AMriige ae° Vomnsbezabl. Aachdrurk nur mn deutlicher Lxelenangad« «„Dresdner Nachr." «uldlsta - Unoerl.n,«« SchrnUNiik» «erden nichl »uidewadrl. 0/k7w//?L> F^/.' c-oZ/Lk«' Mckek. /c>a/W//e ck«> Ton« «ack eLxrr/r/e 5/,/r/arZ r»c/«ae/ ch««' zUa/-^ a«/L /^.ür-/L «rr, /»/.tre Zer Kamps um die Zustimmung des Zentrums. Weitere Verschleppung -er Regierungskrise. — Die Gruppe Wirth will Zeit gewinnen. Die Absahrl -es „Z. R. III" im letzten Augenblick aus morgen verschoben. — Die ersle Phase -er Pariser Derhan-lungen abgeschlossen. Wirlh suckl Zeit zu gewinnen. /Drahtmeldung unsrer Berliner L ch r 1 s t I e 1 t u n g.i Berlin, 11. Oktober. Nachdem es gestern den Quer treibereien der Wirth-(Gruppe in der Zentrums» fraktion gelungen mar, eine Verschleppung der Lösung der Regierungskrise herbcizusiihren, dürf ten sich die Dinge in der kommenden Woche so abspielen, daß anch das Zentrum die Bildung eines Bürgerblocks ohne die Demokraten ablehnen wird, da ein solcher Block dann ein aus gesprochener Rcchtsblock wäre, und daß sich in der nächsten Woche die D c u t s ch e Bolkspartei durch diese Quer treibereien vor die Entscheidung gestellt sieht, ob sie ihre Minister aus dem Kabinett herauszichcn und so die Auflösung «des Reichstages hcrbciiührcn muh. Das Verhalten der Ze n t r u m s sr a k 1 i o n hat in den Berliner politischen Kreisen aufs äukierste befremdet. Denn die fadenscheinigen Gründe, die für eine Hinaus schiebung ihrer endgültigen Stellungnahme gemacht wurden, können keinesfalls als stichhaltig angesehen werden. Es verstärkt sich vielmehr der Eindruck, dass bestimmte Kreise — nnd zwar handelt cs sich hier um die um den Ex- kauzler Wiith gescharten Leute — ein grobes Interesse daran haben. Zeit zu gewinnen, um mit allen Mitteln einen ihnen «»angenehmen Ansgang der Verhandlungen zu verhindern. Daß die demokratische Fraktion dem Vorschub leistet, ist ohne weiteres ersichtlich. Die Tatsache, das, sich gestern auch der Fraktionsvorsitzendc der Sozialdemokraten, der Abg. ermann Müller lFrankenj ständig in der Nähe des entrums aufhielt, spricht dafür, das! die Sozialdemokratie an dem ganzen Manöver lebhaft beteiligt ist. Die nachdrückliche Forderung der Deutschen Volkspartei, die Verhandlungen so bald wie möglich zu beenden, hat bisher nichts gefruchtet. Es wird nun Ausgabe der Deutschen Volkspartei sein, zu verhindern, daß diese Quer treibereien unverantwortlicher Kreise die ganzen Vcrhandlun- gen illusorisch machen. Auch ein kvmmuniNischer Mihlrauensanlrag. Berlin, 11. Oktober. Ans,er den Dcntschvölkischen haben nunmehr gestern auch die Kommunisten beschlossen, im Reichstag einen M i tz t r a u c n ö a n t r a g gegen das Kabinett Marx einznbringcn. Die Dienslagbesprechungen aus -er allen Grun-lage. lEigncr Drahtbericht der „Dresdner Nachrichle >«.") Berlin, 11. Okt. Zu der inncrpolitischcn Krise ist heute «zu melden, das, die neuerlichen Besprechungen zwischen dem Kanzler und den Parteiführern, die am Dienstag fortgesetzt werden sollen sich auf keinen Fall auf anderer Grundlage be wegen als bisher. Neue Momente sind auch durch die Fraktivnsbcschlüssc am Freitag nicht in die Aussprache ge bracht worden, da noch immer Sozialdemokraten und Demo kraten darauf beharren, keine Regicrungskoalition mit den Deutschnationalcn zu bilden. Infolgedessen versprechen anch die neuerlichen Verhandlungen des Kanzlers, die immer zu erst mit den Sozialdemokraten und dann erst mit der parla mentarisch stärksten Partei, den Dcutschnationalen. geführt werderr, keinen anderen Ausgang als alle bisherigen Besprechungen. Tie Gesamtlage bleibt vollkommen ungeklärt. v. Siemens' legt sein Reichskagsman-ak nie-er. Berlin. 10. Okt. Wie die „Vossische Zeitung" meldet, gab in der demokratischen Reichstagsfraktion der stellvertretende Vorsitzende von einem Schreiben des bisherigen Abgeordneten v. Siemens Kenntnis, in dem dieser von seiner Man dat sniedcrlegu. na Mitteilung macht nuä darauf hin weist. das, er glaube, in seiner Stellung als Vorsitzender des Verwaltungsratcs der Neichsbahngcscllschast dem Vaterlande gröbere Dienste leisten zu können denn als Ncichstagsabge- ordneter. Herrn v. Siemens wird in einem Schreiben der Dank der Fraktion für seine parlamentarische Tätigkeit aus gesprochen werden. Sein Nachfolger ist Malermeister K önke. Die ».Germania" zur »ertagung der Kabinelis- erweilerung. Berlin, 11. Okt. Zur Vertagung der Verhandlungen über die Rcgierungscrwcitcrung schreibt die „Germania": Fn der Regier ungsfragc stand man gestern abend wieder da, wo man am 20. August begonnen hatte. Klar geworden ist nur, daß der Gedanke der großen Volksgemeinschaft von den Sozialdemokraten bis zu den Dcntschnationaleü ge scheitert ist. Die Zwangsvorstellung von -er „deutschen Gesahr". Zwangsvorstellungen unterliegen nicht nur Einzelindivi- bucn, sondern anch ganze Nationen. Dadurch können unter Umständen weltgeschichtliche Katastrophen von größter Trag weite verursacht werden. Sv wurde das Mittelalter zur Zeit der Krcuzzüge von der Zwangsvorstellung beherrscht, daß das christliche Abendland das Grab des Erlösers in Jerusalem ans der Gewalt der Ungläubigen befreien müsse. Auch der Weltkrieg ist letzten Endes die Folge einer Zwangsvorstellung. Während aber die mittelalterliche Welt beim Beginn der Krcuzzüge unter dem unentrinnbaren Banne eines hoch- sliegeirden religiösen Idealismus stand, wurde der Weltkrieg geboren aus einer Zwangsvorstellung grob materieller Art. nämlich aus der Furcht, daß Deutschland durch seine wirtschaft liche Entwicklung die ganze übrige Welt gewissermaßen an den Bettelstab zu bringen drohe. Wäre diese fixe Idee nach dem Abschluß des Weltkrieges ein für allemal abgetan, so könnte es ja dabei sein Bewenden haben, und man vermöchte sich darauf zu beschränken, die Erinnerung daran gelegentlich als abschreckendes Beispiel dafür aufzufrischcn, wie im 20. Jahrhundert die Menschheit allem kulturellen Fortschritt zum Trotz sich zum allgemeinen Unheil in eine materielle Wahnidee verstrickt hatte. Leider hat aber das Wcltkriegs- gewittcr in dieser Hinsicht die Lust nicht gründlich gereinigt, sondern cs mehren sich in bedenklichem Maße die Anzeichen, daß die frühere fixe Idee sich in den Köpfen unserer ehe maligen Kriegsgegner neu zu beleben beginnt und abermals eine unheilvolle Verwirrung in der Welt anzurichtcn droht. Gerade im jetzigen Augenblick, wo beide Erdhälsten durch den Ozeanslug des neuen Zeppelin-Schiffes, des Meister- und Wunderwerkes deutscher Technik nnd Jngcnienrkiinst, in Atem gehalten werden, ist es für uns besonders angebracht, des Wicdererwachcns der Zwangsvorstellung von der „deutschen Gefahr" zu gedenken. Bei allen technischen, wirtschaftlichen und handelspolitischen Fortschritten, die wir machen, müssen mir mit dem neidischen Mißtrauen des Auslandes rechnen, das unser Emporkommen fürchtet nnd es deshalb Nieder halten mochte. An sich ist ja diese Furcht vor der deutschen Entwicklungsfähigkeit für uns schmeichelhaft und kann unser Vertrauen auf die Zukunft nur stärken: denn wenn schon ein besiegtes und von den Fesseln des Versailler Gewaltdiktates behindertes Deutschland imstande ist, den fremden Nationen solches Alpdrücken zu verursachen, dann muß doch wohl eine Lebenskraft in uns stecken, die unüberwindlich ist. Zugleich aber bildet die ausländische Zwangsvorstellung von der „deutschen Gesahr" für uns eine ernste Mahnung in dem Sinne, daß der Weg unseres Wiederaufstieges mit schiveren Hemmnissen auf Schritt und Tritt besät ist, und daß wir nur durch zielbewußtcn Kampf, durch harte Arbeit und lang- dauernde, opfervolle Entsagung an das Ziel der ebenbürtigen Wiedereinrcihung in die Zahl der führenden Wirtschafts mächte gelangen können. Es ist lehrreich, sich in diesem Zusammenhänge zum Ver gleich mit der Gegenwart ins Gedächtnis znrückzurnfen, wie der Geisteszustand unserer Gegner kurz vor Ausbruch des Krieges unter dem Einfluß der fixen Idee von der über wältigenden und vernichtenden deutschen Konknrrenzgcfahr beschaffen war. Der französische HandclSminister äußerte da mals: „Wir müssen morgen losschlagen, sonst müssen wir über morgen vor der deutschen wirtschaftlichen Ncbcrmacht de» Bankrott erklären": also ein sehr zu Unrecht fast ganz in Ver gessenheit geratener Beweis, wie sehr anch für Frankreich die Zwangsvorstellung des deutschen Wirtschaftspopanzes für den Eintritt in den Krieg mitbcstimmciid war. In England aber wurde ganz allgemein die Lehre gepredigt, das, der deutsche Konkurrent mit Gewalt niedergeschlagen werden müsse, und daß jeder einzelne Engländer reicher würde, wenn man Deutschland arm mache. Welche Gewalt diese fixe Idee über all in der Welt damals ansübtc, zeigt insbesondere auch die Tatsache, daß sogar die mittel- »nd südaincrikantschen Länder, die wir durch die ausgiebige Abnahme ihrer Rohprodukte be reichert hatten, sich am Kriege gegen uns beteiligten, weil sic ebenfalls im Banne der von England und Frankreich aus ge nährten Zwangsvorstellung standen, daß Deutschland der all gemeine wirtschaftliche Störenfried sei. der um der Ruhe der übrigen Völker nnd Staaten willen zerschmettert werde« müsse. Zur Begründung dieser falschen Auffassung redete die dortige Presse ihren Lesern ein, daß Deutschland mit den Fabrikaten, die es aus den von dort bezogenen Rohstoffen her«, Warum „Z. R. III" nicht ausstieg. Der Zeppelin fährt noch nicht. lD u r ch F u n k s p r u ch.i Friedrichshofen. II. Okt. Wie die Lnstschisswcrst mitteilt, wird »Z. R. III" seine Amerikasalirt heute nicht antreten. lieber du Gründe verlautet nichts Näheres. Heute abend k Uhr soll die Eutscheid»na darüber fallen, ob die Fahrt morgen stattsindet. lW. T. N.s Das Luftschiff um zwei Tonnen überlastet. Friedrichshofen, 11. Oktober. Die Luftschiffleitung hatte am Freilag abend trotz ungünstiger Wettermeldungen die Fahrt endgültig für Sonnabend vormittag angcsetzt. Die Nachricht hatte heute in den frühen Morgenstunden viele Tausende aus die Beine gebracht, die zum Teil noch heute früh mit Sonderzüge» und Autos hcrbeigeeilt waren, um dem letzten Aufstieg des „Z. R. I»" bcizuwvhnen. Um 7 »ihr früh war der Landungsplatz vor der Zeppelinhalle von einer ungeheuren Menschenmenge umsänmt. Ein großes Kommando der Landespolizci hatte die notwen digen Absperrungen vorgcnomincn. In der großen Halle wur de» schon kurz nach l! Uhr die letzten Vorbereitungen zur Abfahrt getroffen. Die Motoren wurden angcwvrfen, um die Maschine» warm zu halten. Nach und nach erschienen die Mitglieder der Besatz» n g, begleitet von ihren Angehörigen, Frauen. Kindern und Eltern, von denen viele noch im letzten Augenblick eine weite Reise nicht gescheut hatten, um ihre An gehörigen vor der Amerikasahrl nochmals zu sehen. An der Passagtrrkabine «ab man neben zahlreichen Vertretern der in- und ausländischen Presse sowie F i l m p h v t o g r a p h e n, die Verirrter der Lustschiffwerft, sowie die Tochter des Grafen Zeppelin, die Gräfin Brande »stein mit ihren Löhnen, und die Angehörigen des Luftschifführers Dr. Eck euer usw. Kurz nach 7 Uhr erschienen die vier Mitglieder der amerika nischen Kommission, Kapitän Steel, die Herren Krauß, K l c t n, T c n n e d n. Dann bestieg die Lustschifslcttung die mit Blumen ge schmückte Führergondel und «m 7^ö Uhr wurde -er Befehl zum AuSwiegen des Schiffes gegeben. An der Spitze und am Heck wurden große Ströme W a s s e r b a l a st abgelasscn. Das Heck hob sich sofort von seinen Stützen. Dagegen wollte sich die vordere Gondel von dem mächtigen Ralkcngcriist, ans dem der „Z. R. lll" in der Halle liegt, nicht rühren. Abermals zog man die Balastventilc. Doch half anch das nichts. Darauf hin gab die Luftschiffleitung Anordnung, ein Benz in faß von.100 Litern Inhalts auszubauen. In aller Eile wurde die Hülle an der betreffenden Stelle ausgerissen und ein Bcnzinfaß abmontiert: während gleichzeitig aus einigen anderen Bcnzinsässern Betriebsstoff abgczapft wurde. Aber auch diese Erleichterung wollte nichts helfen. Die Führergondel rückte und rührte sich nicht. Daraufhin ließ man die letzte Probe mache». Mann für Mann der Besatzung der großen Gondel mußte aussteigen und als der neunte die Kabine verlassen hatte, konnte fest- gestellt werden, daß sich auch der vordere Teil des Schiffes langsam von seinen Stützen hob. Nach dieser Feststellung trat die Luftschisfleitung zu einer kurzen Beratung zu sammen, nm zu entscheide», wie die zu schwere Belastung aus geglichen werden könnte. Gegen 8 Uhr beugte sich dann der Kommandant Dr. Eckencr plötzlich aus der Führergondel und verkündete zur ilcbcrraschung aller Anwesenden, das, sich die Lustschlsslcitung leider genötigt sehe, die Fahrt sür heute ab- znsagcn, da das Schiss um zwei Tonnen zu schwer sei. Dr. Eckcner fügte hinzu, daß hieran die Tempera tur v c r h ä l t n i s s e die Schuld trügen, das, cs sich hier also um höhere Gewalt handele. Die Luftschiffleitung könne ein weiteres Abgebcn von Betriebsstoff nicht verantworten, da von Minute zu Minute die Temperatur steige »nd infolge dessen auch immer weiter Benzin abgegeben werde» müßte. Unter diesen Umständen wurde die Fahrt zunächst sür den morgigen Sonntag früh angcsetzt. Nachdem diese Mitteilung der zahlreichen Menschenmenge, die sich vor der Halle an- gesammelt hatte, bekanntgcwvrdc» ivar, löste sich diese lang, sam aus, während das Schiff in der Halle auf die Stützen wieder aufgesetzt wurde und die Besatzung ihre bereits ein genommenen Posten wur-er verließ.