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71. Sahr-ang. O 141 AbenS-Ausgabe Donnerstag, 24. März 1927 Gegründet 1«5« Drabtansckrist; Slachricht«« Dr«»d«u Fernlvrechcr - Tammelnummcr: 2S S41 Stur fllr NaLtqespräch«; 20011 BeM»s>S-bühr St»,eln»mmer io «vfenni Die An,eigen werden nach Boldmark berechnet; dt- elnfvaltiae 30 mm breite Anzetgen-Preile: «'-KLÄSsz'lK auberbalb MPsg. Offertengebükr IvPsq. Ausw. Aufträge gegen Borausbezablg. Lchristleitung und Lauplgeschliftsktellej Marienftrab» 3S/42 Druck u. Verlag von Lievsck» ck tkleichardt tn Dreedrn Postscheck-Konto 1OSS Dresden Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe «.Dresdner Nachr.'I »ulässtg. Unverlangte Schriftstücke werden nicht ausbewabr«. Sie Untersuchung des Adria-Konflikts. England wünsch! Teilnahme Deutschlands. — In Berlin noch keine Aufforderung eingegangen. Frankreich und England im Gegensah. l kS» lDurch Funkspruch.) London. 24. März. Zur italienisch-jugoslawischen Span nullst schreibt der diplomatische Korrespondent des „Daily Tele graph": Britische Kreise stimmen dem französischen Argument nicht zu, daß Artikel 179 deS Versailler Vertrages Deutschland an der Ernennung von Ossi zieren zur Teilnahme an der Untersnchunaökommission hindern mürbe. Es scheint, dag die Mitarbeit Deutschlands, das in dieser Angelegenheit als „neutral" betrachtet «vcrde« kann. In London lebhaft gewünscht wird. sW. T. V.) Paris, 24. März. Zur italienisch-südslawischen Spannung berichtet Havas. dass die deutsche, die englische und die sra » zösischc Regierung darüber einig seien, durch eine auf breitester Grundlage gebildete Kommission au der albanisch-serbischen Grenze eine Untersuchung vornehmen zu lassen. Zn regeln sei mit der südslawischen Negierung »och das endgültige Programm der Erhebungen. Italien werde allerdings noch seinen Standpunkt zu diesem Verfahren mit» zuicilen haben. Auch „Echo de Paris" meldet, die englische Re gierung bestehe darauf, das, Deutschland an der an die albanische Grenze zu entsendenden Militär-UntersuchungS- louiiiiissio» teilnehme obwohl der Versailler Vertrag sich gegen die Ernennung deutscher Militärattaches im Auslände ansspreche, Ferner bestätigt der Bericht, daß Rom eine Untersuchung an der albanische» Grenze, »ie dies ans Prestigegründen von der jugoslawischen Regierung verlangt werde, ablehne. Mussolini habe neue Instruktionen an die Pariser und Londoner Botschaft erteilt, die dahin gingen, das« die Unter suchung nur auf jugoslawischem Gebiet geführt werden könne. Gleichzeitig habe Mnssolini ernent darauf verweilen lassen, das; trotz der jugoslawischen Beteuerungen »erdächiige Bewegungen von der albanischen Grenze ge meldet würden. Mnssolini widcrsetze sich auch weiterhin der Absicht, den Konflikt durch das Zustandekommen eines jugo slawisch-albanischen Nebereinkommens zu lösen, da Italien alleiniger Protektor Albaniens bleiben wolle. Pertinax behauptet, das; die gestern erzielte Einigung über die Entsendung einer Nntersuchungskummission eine Niederlage Frankreichs bedeute, vor allem deshalb, weil zum ersten Male seit dem Kriege auch ein deutscher Militärsachverständiger an einer solchen Kommission tcil- uud weil sich die Untersuchung nur auf jugo slawischem Gebiet abspielcn solle. Die Lage in Berlin. Berlin, 24. März. Bei dem hiesigen Auswärtigen Amt ist »och keinerlei Aufforderung oder Anregung cingcgangen, dcutsche Offiziere in die Untersuchung-» kom Mission zu entsenden, die nach Jugoslawien zur Feststellung der von Italien behaupteten Rüstungen Jugo slawiens gehen sollen. Damit entfällt auch die Behauptung des „Daily Telegraph", daß Deutschland durch einen ungenannten Militärjachvcrständigen. wahrscheinlich durch einen der bisher schon in Genf international tätigen deut schen Offiziere, tn der Untersuchnngskomniisfion vertreten sein soll. Nach dem Londoner Blatt werden England und Frankreich dnrch ihre Belgrader Militärattgchss vertreten sein. Die Angabe des „Daily Telegraph", soweit sie Dentsch- land betrifft, kann nur als ein Versuchsballon an gesehen werden. Auch au den diplomatischen Verhandlungen zur Lösung des italienisch-jugoslawischen Konflikts ist die deutsche Negierung nicht beteiligt. Es ist aber selbstverständ lich. -atz die Lage von «nseren Vertretern im Anslande mit den Regierungen, bei denen sic beglaubigt sind, besprochen worden ist. Beschießung von Ausländern in Nanking. Die Kriegsschiffe der Mächte greifen ei». 24. März. Nach einer Rodiomeldnng ans Nanking wnrde der Hügel, auf den sich die Ausländer aus Nanking geflüchtet hatten, beschossen. Mau glaubt, daß das Feuer von «antontruppen abgegeben «urde. Der britische Konsul wurde verwundet und ein britischer Arzt getötet. Hierauf bombardierten britische und amerikanische Kriegsschiffe das Gelände in der Nähe des Hügels, «m den Ausländern die Räumung des Hügels z« ermöglichen. Es wnrdcn ferner zu diesem Zwecke anch Marine; ctcmcntü gelandet. jW. T. B.j Amerikanische Derslürkung für Schanghai Manila, 24. Mürz. Drei hier vor Anker liegende ameri kanische Zerstörer haben vom Admiral Williams in Schanghai Befehl erhalten, sofort nach Schanghai zu kommen Die Schiffe werden heute nacht oder morgen früh den Hafen verlasse». (W. T. B.) Schanghai, 24. März. (Reuter.) Es ist Weisung zur Ein stellung des Generalstreiks ergangen. (W. T. B.j A-riawolke«. Deutschlands Jukunflsaussichlen. Das Urkell -es früheren amerikanischen Botschafters Gerar-. Tendenziöse Angaben über die Handelsbilanz. Nenyork, 24. März. Der frühere Berliner amerikanische Botschafter Gerard sprach bei einem Frühstück der britischen Handelskammer über Deutschlands politische Zukunft. Deutschland werde sich bemühen, baldigst eine Revision des Daivco-Plancs herbcizusühren. — ES bestehe eine grvsze Wahrscheinlichkeit künftiger europäischer Kriege infolge der ungerechten Landvcrtcilung auf Grnnd deS Versailler Vertrages. Weder der Kaiser noch der Kronprinz würtzcn jemals wieder den deutschen Thron besteigen. Dagegen sei es nicht unmöglich, daß ein Sohn des Kronprinzen an die Spitze einer konslitutionellen Monarchie berufen werden würde. Deutschlands Handel werde ständig grösier, besonders in N us; land und Südamerika. Die Hauptbelaftungsprobc des Dawcs-Plancs werde im nächsten Jahre komme«. Nach dem Geschäftsbericht eines groben deutschen Bankhauses für 1926 lmtte Deutschland eine aktive Handelsbilanz von -M Millionen Goldmark und unter Hinzurechnung der vor jährigen DameS-Zahlungen eine solche von 999 Millionen boldmark. Wir müssen uns auf einen gewaltigen Kon kurrenzkampf seitens Dentschlands gefaßt machen. jDie Handelsbilanz für 1926 mit 399 Millionen aktiv anzugeben, ist eine bewutzte Fälschung. Stach amtlicher Statistik war die Handelsbilanz im vergangene» Jahre mit 711 Millionen passiv! D. Red.) >. Wahrscheinlich werde in der Sitdostecke Europas ein Krieg ansbrechen. Jeden Tag könne die Svwjetarmee in Bess,arabie n ein- marschieren. um dieses Gebiet zurückzuerobern. Ungarn blicke begierig aus das ihm fortgcnommene Land, und es war ein großes Unrecht, daß der Bers-illcr Vertrag Deutschland Schlesien wegnahm und es Polen aus Grnnd einer Volks» abstimmung gab, die zum großen Teile unter dem Drucke der Mehrheit polnischer Arbeiter auf diesem Teile deS deut» scheu Bodens erfvlgte. Die Gefühle Deutschlands hinsichtlich dieses Landestcilcs sind die gleichen, wie es diejenigen Frank reichs hinsichtlich Elsaß-Lvthringens waren. Gerard schloß, er glaube >tichl, oaß die Westvvlker, Europas sich au etnein l Kriege beteiligen würden. Ein Lichtblick in der ^die feste englisch-amerikanische Freundschaft. jW. T. Lage B.j sei Der unmögliche Dawes-Plan. Die Columbia-Professoren gegen Mellon. Neuyork, 24. März. Im Aufträge der Professoren der Columbia-Universität hat Professor Scligman dem Staats sekretär Mellon in der bekannten S ch u l d e n k o n t r v - verse mit einer schtlftlichc» Erklärung geantwortei. Dari« wird als vcrwirrcudster Irrtum in der Erklärung Mellous die Verbindung des Schulden- und des Ncparationsproblcms fest- gestellt. Wenn Mellon schon früher die Ansicht vertreten hätte, daß beide Fragen in innerem Zusammenhänge miteinander stände», so hätte eS nicht zur Ablehnung der von Frankreich ge forderte» Sicherheitsklausel zu kommen brauchen, und das Schuldenabkommcn wäre dann wahrscheinlich bereits ratifiziert. Mellon setzte voraus, daß Deutschland imstande sein werde, den D a w c ö - V e r p f l i ch t u n g e n 62 Jahre lang nnchznkom men. Demgegenüber sei > i auf die unter den Sachverständigen vielfach vertretene An sicht hinzuweisen, wonach die Erfüllung des Dawes-Planes unmöglich sei. Mellon Hab« ganz übersehen, daß Frankreich mehr für den Wiederaufbau ausgcgeben habe und »och ausgcbe, alS cS wahrscheinlich jemals von Deutschland erhalte» könne. (T. U.) Deutschland 1»28 am Ende seiner finanziellen Kraft. Wieder eine amerikanische Stimme für die Schuldeurevision. Neuyork, 24. März. Professor Gibbons von der Uni versität Princeton hielt in Neuyork eine Rede, in der er darauf hinwies, daß trotz Deutschlands Vülkcrbnndseintriit. trotz «tresemanns und Briaiids FrcniidschasiSvcrsichcrnngen noch immer französische Truppen im Rhcinlande stünden, weil Frankreich au den dcnischcn Zahlungen zweifele. Dies würde anders werden, wenn Amerika eine Schnlden- rcvision vornehme und damit wirklich etwas für die Abrüstung der Welt tue. Mit Bezug auf den DawcS-Plan erklärte Gibbons, daß er nicht de» geringsten Erfolg gebracht habe, da Deutschland den doppelten Betrag der ins Ausland abgeführten Summe im Anölandc zu leihen hatte. Deutschland werde 1228 kein« Barzahlung«» «ehr leisten können, da es am Ende seiner finanziellen «rast sei. lT. UL . «Vo» »nser», römischen Korrespondenten.! Rom, den 21. März 1927. Leit drei Tagen hat die italienische Presse plötzlich eine Kriegsgefahr entdeckt und wettert in allen Tonarten gegen die Serben: diese „Entdeckung" erinnert lebhaft an die Art, wie hier im Januar 1925 über Nacht die „deutsche Ge fahr" da war, von der vorher kein Mensch etwas geahnt hatte. ES ist eben mit solchen Dingen im faschistischen Italien anders als tm übrigen Europa,- hier gibt eS nur eine Presse, die ihre Anweisungen vom Palazzo Chtgi empfängt, und wer da außer der Reihe tanzt — mag er sonst gleich zu den Säulen des Faschismus gehören — bekommt eins ans den Hut und wird verboten. Also man hat „kriegerische Bvr- bercitungcn" Jugoslawiens an der albanischen Grenze ent deckt und erklärt, Italien werde das nicht dulden. Es Hot nicht viel Zweck, Prcssestimmen zu sammeln, den» sie find ja alle mehr vdcr weniger Diktate aus der Pressekanzlet der Negierung, die ja ihrerseits bei den europäischen Kabinetten zwar keinen „Schritt" getan, aber doch ein „Promemoria" überreicht hat, in dem ans die Zuspitzung da unten hin- gewiescn wird. Der General Bodrcro hat in Belgrad eine Note überreicht (was in Rom nur ein einziges Blatt am folgenden Tage wußte!), und sein englischer Kollege Hai dort in aller Form erklärt, England unterstütze de» italienische« Standpunkt! Dies eine Woche, nachdem Italien de» bessarabischen Vertrag ratifizierte, nachdem Italien seine Lira in einer jedem Wirtschaftspolitik«!!- zunächst unerklärlichen Weise ge festigt hat, was an Churchills Besuch in Rom und geheime Kredite in London denken läßt» mährend Italien als einzige europäische Macht in Schanghai „des weiße» Mannes (sprich: John BnllS) Bürde" tragen hist! Dafür hat es von seinem edlen Gönner freie Hand auf dem Balkan bekommen. Hören wir, wie nnverhlümt das „Foglio d'ordine", das Verordnungsblatt der faschistischen Partei, vom 29. Mär-, lvszicht (und denken wir daran, daß dieses Blättchen heute von Amts wegen bis in die letzten Gebirgsdörsen dcr Abbruzzen und Sardiniens verbreitet und dort von dem des Lesens kundigen Teil der Bevölkerung den andern als das Wort des Duce mitgcteilt wird): „Das faschistische Italien, daß Italien der schwarzen Hemde», blickt mit absoluter Ruhe aus die wütende Heye der Belgrader Clique; „Clique" heißt die serbische MllitdrkamartNa unter der Führung von einigen unverantwortlichen Größenwahnsinnigen, die zu jedem Verbrechen fähig sind. Italien l>at nicht sein kaltes Blnt verloren und wird cs nicht verlieren; denn cs fühlt seine Stärle unb sein Recht; darauf gestützt, sicht cs auch, iver mit den Serbe» gcmetnsamc Sache macht, und wol»er ihnen Hilfe und Rat komme». »Jeder italienische Leser weiß natürlich, daß hier nur Frank reich gemeint ist!) Das faschistische Italien denkt nur an seine Aufgabe des Wiederaufbaues der Wirtschaft und an die gewaltige Leistung, die mit der Schaffung einer neue» Staatsform vor ihm liegt; es hat also gewiß nicht im Sinne, den Frieden Europa» zu störe». DaS weiß auch die ganze Welt (?i, ungeachtet des lächerlichen Geschreies der Antifaschisten aller Länder; die Welt soll aber auch wissen, daß das Italien des Faschismus keine Drohungen, Erpressungen oder Attentate duldet. — Das sagen wir ein für alle Mal; unsere Parole ist: Handeln ohne Worte zu machen!" Wer die hiesigen Verhältnisse genau kennt, sieht sofort den Unterschied zwischen dieser Fanfare und den nachemp fundenen Balladen der Tagcspresse; es ist wohl kein anderer als Mussolini selbst, der zu de» Seinen spricht, so spricht, wie er sie kennt. Das Ausland kann das schwer ver stehen; ihm will scheinen, das; hier der von Ruhe und kaltem Blut spricht, der sie als Erster verliert, und der vom Schwei gen, der das Reden nicht lassen kann. Was soll daraus werden? Krieg? , Es märe nicht der erste, der in Belgrad seinen Anfang nimmt; aber hüten wir uns vor allzn billigen, allzu gefühlsmäßigen Erinnerungen; wir sind diesmal, so dürfen wir sagen, und so haben sich unsere amtlichen Stellen auch ausgedrttckt, nicht un mittelbar beteiligt und werden guttun, so lange wie möglich keine Partei zu ergreifen. Was immer uns an Italien ärgern mag, was immer uns an seinem jetzigen Vorgehen nicht ge- fällt, vergessen wir nicht: England «nd Italien find Treu händer des RhcinpaktS. «nd das Problem der Räumung, das «ns so am Herzen liegt, wird sicherlich in Rom «nd in London mitcntschiedcn werden. Ebensvwentg Interesse haben wir daran, diese beiden grvßcn Militärmächte in das Lager Polens zu treiben, das in beiden Ländern seine eifrige Propaganda treibt; wir sehen in diesem Zusammenhänge nicht ungern Rumänien daran gehen, seine letzten ans dem Kriege ver bliebenen Wirtschastödifferenzcn mit uns beiznlegen, feine russische Politik (unter anglv-italicnischem Druck) von der- enigcn Polens zu lösen. Es ist sicher falsch, wenn deutsche Knköpolitikcr in ihrem blinden Faschistenhab auf einmal tm Königreich S. H. S. alles schön und gut finden; die Sübslawen haben sicherlich eine große Znknnft, die kann; Reibungsflächen mit uns hat, aber mir haben keine Veranlassung, jetzt für sie Partei zu nehmen und damit Noms Rache hcranfzubeschwören. Will Mussolini wirklich in diesem Frühjahr das Ventil öffnen, aus dem ängstliche Gemüter schon voriges Jahr den Dampf liw Richtung Mossul) entweichen sahen, will Frank reich den Beweis führen, daß es gegen die „Makkaroni" mit einen balkanischen Silfövülkern auskommt: was geht'» nnS an? Bleiben wir einmal draußen, wenn die anderen das veHürsnis haben, aufeinander loSzngeheA«