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71. Jahrgang. AK 389 Men-'Ausgabe Gegründet 1SS6 Dradlanickrttl: N«ck,r>wt«n Ve««d»« lkernivrecker - Sammelnummer - 2S 241 Nur liir Aachlaeivrdch«, 20011 Pornos-tAolrtikr vom l«. bi,31. Auaukl E bei >ä»li<t> »weimaliaer Zullelluna frei «au» > ^ tlik. ^bgUZ5-Li)tzOUl)l Poftb»ma»vr«t» mr Mona« 4l»„»sl « Mark obue vosUuftellunasaebädr. Etn,»lnu««er 1» (vteanl. Dt« Ameiaen werden nach (Soldmark berechnet: die etnloalttae « mm breite Anzeigen-Preise: aukerbalb 2S0M,. OSertenaebübr lÖPsa. Ausw. AuttrSae aeaen Borausberanla. Frei««,. 1». «ngusk l»27 Schriftleituna und,tzauv>aeschätt«stelle: Marienttrahe 3S,42 Druck u. Berlaa von Ltevtch « SietwarSt in Dresden Pollickeck-Konl» >c>SL Dresden Nachdruck nur mtl deuilicker Qneltenanaabe > Dresdner Nackr'> «ilitlsia. Unverlanai« Sckrtslstücke werden »ul» ausbewadrl Heute Entscheidung der Besatzungsfrage. Verminderung um 3—1ü«ü« Mann vermutet. — Frankreichs Note an England bleibt geheim. Verzögerte Bekanntgabe -es -eutsch-sranzösischen Vertrages. — Keule Urteilssällung über Sacco und Danzelti in Boston. Der heutige Ministerrat in Paris. Sine offiziöse Ankündigung. Paris, 19. Ang. Der heute vormittag unter dem Vorsitz des Staatspräsidenten Dv » incrgue stattsindende Minister, rat wird sich nach den Ausführungen des offiziösen »Petit Parisien" vor allein mit der Tagesordnung der bevorstehen» den Bölkerbundsratstagung beschäftigen. Anher» dem wird die Frage der Verminderung der Bcsatzungs» truppen zweifellos beraten werden, und zwar diesmal in einer entscheidenden Horm. Alle bisher in Deutschland und England veröffentlichten Zahlen würden nach den Aus führungen dcö Blattes weit über jener Bcrmindcrnng stehen, die tatsächlich vorgenommen werden könnte, wenn ihr Mar schall Pätain nnd General Guillaumat endgültig zn- stimmten. lT.-U.s Vermutungen in Londoner Kreisen. London, lü. Ang. Der diplomatische Korrespondent des »Daily Telegraph" sagt in Besprechung des englisch-franzüsi- scheu Notenaustausches über die Weiterhcrabsetzung der Rhetnlandbesatzniig, dasi mau tu London eine Truppenherab- sevuug um 10 OOO bis l 2 000 Mann der Zurückziehung von 5000 französischen Soldaten vorgezogen hätte. Die deutschen Forderungen in der Besatzungsfrage wiederum kämen iast ans eine Räumung hinanö. Wenn auch der Text der französischen A n t w o r t n o t e ans die britischen Be- sahnngsvorschläge geheimgehalten werde, so sei doch damit zu rechnen, dasi die Antwortnote wieder von den französischen S ich e r h c i t S s o r d e r u n g c n, den schleppend erfüllten deutschen Abriistungsverpslichtungen und den beunruhigenden deutschen Kundgebungen spreche. Weiterhin will Reuter wissen, dasi die französische Note ausier der Verringerung der französischen Besatzung um 8000 Mann die Zurückziehung von insgesamt 5000 englischen und belgischen Soldaten vorschlägt. „Ncunork Herold" will mitteilen können, dasi die fran zösische Note an das Foreign Office betone, dasi Frankreich über eine stärkere Trnppcnvcrminderung als 6000 Mann nicht hinauSgehen könne. Bedeutsame Stimmen zum Kanbetsverkrag Heute Unterzeichnung durch v. Hoesch und Briand. Paris, 19. Ang. In einem längere» Aufsatz nimmt heute Seydvnx im »Petit Parisien" zum deutsch-französischen Handelsvertrag Stellung. Nach Seydonx ist der Vertrag gut, obwohl er einen Artikel des Versailler Vertrages beseitigt, nämlich den berühmten Artikel 18, nach dem das deutsche Eigentum für die Reparationszahlungen des Reiches hastet. Das Vertrauen zum Handel mit Frankreich ist damit wtcderhcraestellt. Bei den sehr lehrreichen Pariser Wirt- schaftöverhandlungen hat cs sich gezeigt, dasi Frankreich von Deutschland, das die neuen wirtschaftlichen Bedürfnisse am besten begreist, viel lernen könne. Zu dem Pariser Vertragsabschlnsi bemerkt Pertinax im „Daily Telegraph", dasi die Anfenthaltsfrage in Marokko für die Deutschen noch nicht ganz geklärt sei. Ein Brief wechsel zwischen Briand »nd dem deutschen Botschafter sei über die Klärung dieser Frage noch notwendig. Pertinax will von mahgcbcndcr Seite crsahrcn haben, dasi sich die fran zösische Regierung Vorbehalten habe, über die einzelnen Fälle des Aufenthaltes Deutscher in Marokko selbst zu entscheiden. Sonst sollen die Deutschen in Marokko keiner wetteren Svndcrbehandlung ausgesetzt sein. Der Präsident -er Pariser französischen -Handels kammer erklärte die Abmachung des deutsch-französischen Handelsvertrages, wonach auch für den Fall, dasi bis zum 15. Dezember 1928 die französische Zvllresorm nicht durch geführt sein sollte, Deutschland die volle Meistbegünstigung eingeräumt wird, als sehr vernünftig. Die Abgeord neten dürsten infolge der bevorstehenden Wahlen vielleicht nicht die Zeit haben, sich mit der Zollrefvrm zu beschäftigen. Die Interessen der beiden Länder erforderten es aber, daß die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland nnd Frankreich erleichtert würde:,. Die Unterzeichnung des deutsch-französischen -Handels vertrages durch den deutschen Botschafter v. H vcsch und den französischen Ausicnminister Briand dürfte nach dem heutigen Ministcrrat stattfinden. Die Veröffentlichung der Tariflisten nnd der Kontingente soll, wie es hcisit, erst einige Tage vor dem Inkrafttreten des Vertrages am 6. September 1927 erfolgen. Noch keine Bekannlgabe -es Verlrags- rexies. Berlin, 19. August. Wie heute von Berliner znstiindiger Stelle mitgeteilt wird, kann die Bcrössentlichung des BcrtragS- textcs des deutsch-französischen Handelsvertrages aus ..schwer wiegenden Gründen" nicht vor dem SS. d. M. erfolgen. Welcher Art die Gründe sind, wird allerdings nicht mitgcteilt. — Die deutsche Handclsvcrtragsdclcgativn trifft morgen wieder in Berlin ein. Das deutsche Burgenland in Oesterreich. Von Fritz Heinz R e i m c s ch. Es gibt im Deulschen Reich nicht allzu viele Menschen, die sich ein unbedingt klares Bild über den politischen und geo graphischen Begriff „B u r g e n l a n d" machen können. Man weih wohl, daß ein Teil des westlichen Ungarn durch die Kriedensverträgc von Ungarn abgetrennt nnd der Republik Deutschösterrcich angegliedert wurde,- wie das Land aber be schaffen ist, wie sich die Ungleichung an Oesterreich vollzogen hat und was für eine Rolle das Land im heutigen Oesterreich spielt, davon hat man im Reich so gut wie keine Ahnung. Das Burgenland hat 286 000 Einwohner, von denen rund 40 000 Kroaten und 15»M Magyaren sind, die beide in ab- gcrniidcten Sprachinseln leben und völlige politische und kulturelle Selbstverwaltung haben. Der Prozentsatz der Deut schen wäre ein »och viel größerer, hätten es die Magyaren nicht verstanden, die Hauptstadt des Landes, O c d c n b n r g, und 37 reindcutsche Gemeinden a», Anschluß an Deutschösterreich zu hindern. Jedenfalls ist das Burgcnland, dieses vor den Toren Wiens liegende fruchtbare Agrarland, überwiegend deutsch besiedelt. Diesen deutschen Charakter besitzt es schon unbedingt seit dem 8. Jahrhundert. Bon Karl dem Großen wurde das seinerzeit von Vandalen. Goten nnd Lango barden bewohnte Land mit Frauken und Bayern besiedelt, mi es bildete lange Jahrhunderte hindurch die erste Mauer gegen den nomadischen Oste». Freilich wechselte es oft den Herrn, denn einmal war der Ungar der Stärkere, einmal wieder der Oesterreichcr. Steirische Adelsgeschlcchter bauten riesige Burgen: die großen Festungsanlagey von Güssing, Schlaining, Lockenhails, Forchtenstein und viele andere mehr gehören zu den mächtigsten deutschen Vurgenanlagen überhaupt. Das Bnrgenlaud war so lange deutsche Grenzmark, solange sich die Habsburger als Vertreter des Deutschtums gegen den Osten fühlten. Als im Jahre 1526 Ferdinands, auch König von Ungarn wurde, hatte er kein Interesse mehr daran, ob das Burgenland staatsrechtlich zu Oesterreich oder zu Ungarn ge höre, und Leopolds, vergab das Land, um für sein Haus die erbliche Königswürde von Ungarn zu erhalte». Die großen Neichslchen wurden an magyarische Adelige verschenkt, und im 17. Jahrhundert ist das Bnrgonland zur Borburg des M a g y a r c n t u in s gegen Wien geworden. Lange hielt sich das Deutschtum standhaft: zu Beginn unseres Jahrhunderts begann aber -och überall -as Ma- gyarentum vorziidringen. Dasi Papa Haydn in Eiscnstabt schönste deutsche Musik gemacht hatte, daß F r a » z L i s z t und Hans Richter, dasi Josef K ainz, der berühmte Medi ziner Hyrtl, dasi die Fanny Elßler, die Herzen- brcchcrin des Wiener Bormärz, Kinder des deutschen Burgen- landeS sind, weiß man noch heute nicht im Mutlerland. Man hatte vergessen, im Bnrgenlaud ein deutsches Land zu sehen — bloß der deutsche Bauer konnte dies nicht ver gesse». Die Intelligenz war fast in ihrer Gesamtheit döm Ungartum verfallen. Als 1918 alles in Trümmer ging, da zeigte cs sich aber, dasi wieder einmal dcrBa verderbe st e Erhalter des Bolkstnms ist. Am 17. August 1919 beschlossen die Vertreter von 251 deutschen Dörfer» den An schluß an Deutschösterrcich. Es gelang den ungarischen Quer treibereien nicht, die Friedenskonferenz von dem Geaentcil zu überzeugen, was versucht wurde, nnd sic beschlossen, das Burgenland an Oesterreich znrückzugebcn. Kampflos aber wollten die Ungarn das Land nicht räumen. Ein Baiidciikrteg brach aus. ähnlich dem in Obcrschlesien. Er endete in einer sogenannten Volksabstimmung, durch Sie Ocdenburg verloren ging. Seit 1921 ist das Land unter öster reichischer Berwaltuna. und obwohl Oesterreich in diesen süns Jahren nngehener Schweres hat durchwachen müsse», so merkt man doch schon den Fortschritt. Die ungarische Verwaltung hatte das Burgenland absichtlich vernachlässigt. Nun werden Straßen gebaut, und erstklassige Fachlehrer durchziehen das Land, um den Bauer weiterzubilden — denn das Burgenland ist dazu anScrschen, der Gemüse- nnd Obstgarten, aber auch d i e K v r » k a m m e r s ü r W i c n zu werden. Noch krankt die österreichische Wirtschaft hauptsächlich daran, daß sic gezwungen ist, sehr viel Brotgetreide einzuführen, um Wien ernähren zu können. Das Burgenland — erst richtig kultiviert — ist im stande, daß BrotgetrcibcminnS zu decken. Aber auch als Wctnland ist diese ncnc Provinz für Grosideutschland vv» Bedeutung. Rust, die Stadt des besten »Ungarweincs", deren AnSbruchwcin in der ganzen Welt be- rühmt ist »nd der in keiner Weise -ein Tokayer nachsteht, liegt im Burgcnland. Rust ist eine uralte deutsche Stadt, ähnlich Etsenstadt, -er fetzigen Hauptstadt. Meilenweit ziehen sich an den nach dem Ncnsieblersee sich kauft neigenden Hügeln der Leithaberge die Kirschen-, Aprikosen- und Kastanicnhaine hin, und uncdlich sind die Weinberge nnd Gärten, die überall zu finden sind. Das Burgenland ist ein kleines Paradies. Der opalene Ncusicblcrsec führt zur ungarischen Tiefebene über, während die Berge in sanften Stufen HInaufsteincn bis zu den ftrnetS« gekrönten Häuptern der Rax und des SchneebergcS. Der Nelchspräflden» auf der Gemfenfagd München, 19. August. Reichspräsident von Hindert- bürg begab sich gestern von Dietramszell a»S zur Gemsenjagd tus bayrische Hochgebirge. Er nahm beim Forst- metster Spengler Im ForstamtSgebüude in Fall Wob. nung, von wo aus er die JagdauSslüge unternehmen wird. bin trauriger Erfolg Polens in Sberschlesien. Fernhalien -er Kin-er vom Schulunlerrichl. Rückwirkung aus den Bruch des Genfer Schnlabkommens. Kattowitz. 19. August. Triumphierend teilt die »Polska Zachodnia", das Blatt des Woiwoden Grazinski, mit, daß 7000 von den im Herbst vorigen Jahres für das neue Schul jahr in Ostvbcrschlcsien angcmelbctcn 10 000 Kindern für die polnische Schule »gerettet" worden seien. Daraus geht her vor, dasi man aus polnischer Seite die durch das bekannte Genfer Schulkoinprvinisi angevrdneten Svrachvrüfungcn alS beendet ansieht, obwohl vv» den rund 7000 Kindern, deren Schulanträge die polnischen Behörden beanstandet hatten, bis her nur die „Streikenden", und von diesen auch nur knapp ein Drittel, nämlich nur 400 von 1300 Kindern, geprüft worden sind. Nach de» Genfer Abmachungen müssen aber sämtliche 7000 Kinder geprüft werden. Die Schnlabteilung der Woi wodschaft, die die Kinder zur Prüfung anmcldcn mußte, hat sticht die Absicht, diese Bestimmung zu erfüllen. Der Deutsche VolkSbnnd wird eine neue Be- chwerde an den Nölkerbnnd richten müssen, die allerdings erst m Dezember in Gens verhandelt werden könnte, da erst mit Beginn des neuen Schuljahres sl. Septembers sich craeben wird, welchen Standpunkt die polnischen Behörde« offiziell einnchmen. lieber die für das neue Schuljahr cingelanfencn Anmeldungen z» den deutschen Schulen ist eine genaue Zahl noch nicht zu beschaffen. Es dürfte aber ünaesähr zntreksrn. wenn die »Polska Zachodnia" diese Zahl mit 8000 angibt. Das wären über 7000 Anmeldungen weniger als im vorigen Jahre, »ein Erfolg", den die Polen hauptsächlich durch die Einschüch terung der Elter», durch die Gewaltmasinghmen der Ansstän- dischen und durch die Entlassung der Väter ans Ihren Arbeits- stellen erzielt haben. lT.U.s Ein -rutsch-französischer Krieg gegen Polen. Alpdrücken polnischer Sozialisten. Warschau, 19. August. Unter dem Eindruck des fran zösischen Handelsvertrages siebt der sozialistische .Llobotnik" in her deutsch-französische» Politik wiederum neue Gefahren für Polen. Der Handelsvertrag, so schreibt das Blatt, solle einen ersten Schritt »n einer dentsch-sranzvsischen Verstän- dtgung darstellen, der die Grundlage zu einem stemeinsame« Krieg Deutschlands «nd Frankreichs gegen Pole« bilden solle. IN Die an dem deutsch-franzöfifchen Handelsabkommen interessierten deutschen Wirtschaftskrcise hätten an Frankreich bereits die Aufforderung gerichtet, einen gemeinsamen Krcuz- zug gegen Polen <!> zu unternehmen. Durch den Abschluß des Handelsvertrages wolle man in Deutschland die Aufmerksam keit der Oefsentlichkeit von den Strömungen ablenken. die einen Krieg mit Polen verlangten und sich darauf vorbereiteten. General Iagorkki unauffindbar. Warschau, 19. Aug. Wie Oberst Piatkowskt, der mit der Untersuchung des Falles Zagorski betraut ist. einem Warschauer Morgenblatt mittcilt, sind die Nachforschungen der Fcldgendarmcrie nach dem verschwundenen General bisher vergeblich gewesen. Alle Angaben der Presse nnd einzelner Personen über angebliche Spuren des Verschwundenen habe» sich als nnzntrcsfcnd oder wertlos erwiesen. Auch die ver schärfte Grenzkontrolle lieferte keinerlei Resultate. Die Untersuchung ist somit auf dem toten Punkt an gelangt. Die Beantwortung der Frage, ob Polen sich wegen der Verfolgung Zngorskts auch ans Ausland gewandt hätte, lehnt Piatkowskt im dienstlichen Interesse ab. Bor einem -eulfch-serbischen Kan-elsverirag. Belgrad, 19. Ang. Der südslawische Außenminister M a r i n k o w t t s ch, der sich beim König in Bled befindet, äußerte sich bahtn, daß Südslawien bereit sei, alle Beziehun gen mit Deutschland aufzunehmen, die seinerzeit abgebrochen wurden. Der Handelsvertrag sei fertiggestellt. Es sei nur noch die Zustimmung des Mintsterratcs erforderlich. Die Hauptsache sei, dasi die südslawische und die deutsche Dele gation in allen Punkten ein Einvernehmen erzielten. Marinkowitsch besprach sich in Bled auch mit dem italteni - schen Gesandten. Direkte Verhandlungen über alle noch strittigen Punkte würden nach den Neuwahlen beginnen. — Die Rothermere-Aktion hält Marinkowitsch nicht für ernst, da Rothcrmero in England keinen Einfluß besitze. sT.-U.) «i» griechisch.Nlrkischer Zwischenfall. Parts, 19. August. Bon der griechisch-türkischen Grenze wirb ein Zwischenfäll gemeldet: Zwei griechische Fischer wurden von türkischen Grenzsoldaten angefchofsen »nd schließ- lich auf türkischem Boden abgeführt. Der griechische Grenz. Posten ist für ihre Freilassung eingetreten.