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Dresdner Nachrichten : 13.10.1874
- Erscheinungsdatum
- 1874-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187410130
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18741013
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18741013
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1874
-
Monat
1874-10
- Tag 1874-10-13
-
Monat
1874-10
-
Jahr
1874
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 13.10.1874
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nicht »erdludlich. r?usekat,n-«ti»ml,me au» wa>t«^ Huüüvll-u-ia ,,»ck V«»I«- tu Hamburg. Orr Ii„, VItrn, Lripjig. ivalrl, vrr»lau. tzkautfuri a. M. — kuä. tlva« tu Bcrll», Lribjia. Wteu. Ha>ub»>a, ltrautsuri a. M , Mllu- chc». — Vaud« tb (io. tu kttaulfull a. M. — Ir. Voigt iu LI,e>n»If. — Ik»- rao, L»»bttv, kuvior a (o. >u Part«. Tageblatt für Politik, Unterhaltung u. Geschäftsverkehr nia,» grgrorn. Lulmärttge Aunonlen- Austräge von UN» u»be» kannten Jtrmen u. Per sonen tnleriren «tr mir gegen PrLnumeraicho» Zablung durch vrtelc morsen »der Poftetneah. »ung. I> Sitdca losten >>/, «gr. Inierale,ür »t« Montag».Nummer »der noch einem yesttag« dt« Zeile 2 Ngr. Dn>ck)und (Ligenthlim der Herausgeber: Kiepsch L Neichardt in Dresden. Verantwortl. Redacteur: Julius Neichardt in Dresden. mejF^MLMLLL.7" Dresden, Dienstag, IS. Vetter ML Nr. 386. Ncauzehiitcr Jahrgang. NW» PolitiftlieS. Die Rede des wecken seiner polilischcn Thiitigkcit aus dem preußischen StaatSvicnst entlassenen Llsscssor Engen Richter erscheint uns als das wichtigste politische Ereigniß der letzten Tage. Cie enthält des Zutreffenden so viel, daß wir nur wünschen können, ihre Ermahmungen mochten recht beherzigt werden. Wir fahren daher, zumal da in der Affaire hie Bismarck, hie Arnim! heute nichts wesentlich Neues vorliegt, in der auszugsweise» Widergabe der Nichter'schcn Rede fort. Gestern hatten wir den Theil reproducirt, der die Frage der deutschen Einheit, ob Bundes-, ob Einheitsstaat? behandelt. Der Redner kam nunmehr aus die Freibclto'rage zu sprccl>c». Früher hieß die Parole: Durch Einheit zur Freiheit! Ictzt sagt mau: Werthcidigt vor Allem die Einheit vor den Rcichsfelnde». die Freiheit kommt später daran. Die sicherste Stütze der deutschen Einheit aber Ist das Bewußtsein dco Volkes von dcr Nothwcndig- kcit der Einheit. Mache man die Einheit aller Weit durch die Freiheit werth - das ist die beste Berthcidignng der Einheir! Vortrefflich bat Ihr Minister v. Gerber in seiner Rede beim Scdanfeste, die wir Auswärtigen n obl beachtete», alS die Haupt aufgabe des einigen deutsche» Volkes bezeichnet, „den sittlichen Schatz der Menschheit zum Segen der künitige» Mcnschvcit um viele und kostbare Stücke zu bereichern." Auch ich meine: Zur Einheit gehört notbwendig die Freiheit! Ich nenne den, der immer von Reick,ofcindc» spricht und nur nack, Einheit, nie nach Freiheit fragt, geradezu rcichö schcidli ch. fBravo!) Es ziehen Gefahren für die Freiheit heran, selbst die Frcii'rlt auf wirth- schaitlicheni Gebiete. Wohl sind schwere Schaden auf demselben hcrvorgctretc». die jedoch nicht auö der Gew er befrei heit und Freizügigkeit, sonder» auS der Verschiebung aller Ver hältnisse durch den Krieg, anS der Milliardenzahlung hcrrührcn. Ohne Freizügigkeit wäre die Auswanderung nach Amerika noch stärker, ohne Gcwcrbcsrciheit wäre der Arbcitsmangcl z. B. beim Bauhandwerk noch empfindlicher geworden, ohne Eoaiittonö- sreIheit würben die Bestrebungen der Socialdemokra- t e n noch formloser und gewaltthätiger auögebrochen sein. Wir lverden bald zu gesunderen Verhältnisse» kommen. Die Arbei ter fangen infolge des Rückganges der Löhne an zu erkennen, daß man durch Eoaiitione» und Aufreizungen nicht auf die Dauer die wirthschaktlichkn Verhältnisse ordnen kann, daß die Lehren der Volkswirthschait mächtiger dastehen und Jeden, der sich ihnen wltersetzt, zu Bode» schlagen. Bedauerlich ist es, daß letzt, wo die Verhältnisse einen solchen VekebrungSprozetz an den Arbeitern vollziehen, sich die Polizei einmischt durch uuterdrückungömaßregcl» gegen die Socialtcnw- kraten. Früher coguettirte Bismarck in Preußen mit den Social demokraten , damit das Vürgcrthum Feuer bekäme von der an deren Seite und in Sachsen waren die Socialdemokratcn einigen Geheimräthen weniger antlpathisch alS die Liberale». Was er reicht man nun letzt durch die Verfolgungen lener Partei? Ge rade letzt, da aus den socialbemokratischen Vereinen keine Agita tion mehr in die Volksmassen getragen werden kan», würden diese Vereine vertrocknen an ihrer Langweiligkeit, da »Niemand Ihre Phrasen ewig anhöre» kan»; da kommt die Polizei und sorgt da für, daß die Vereine wieder Inte,esse. Spannung und Märthrer- thum aufwcisen! (Sehr richtig!) So meinen nun die verführten Arbeiter, nicht aus de» wirtbschastlichen Gesetzen, sondern aus der Störung ihrer Vereine rühre der Rückgang in ihren Einnahmen her. Freilich, wenn Irgend eine Partei die Vergewaltigung ver dient hat, so ist cs die Socialdemokratie. Sie hat sich als eine Partei der Vergewaltigung hingcsicllt, die freies Versammlungs recht für sich beanspruchte und es anderen Parteien nicht gönnte. (Sehr wahr!) Warum müssen wir heute »och vor den Thürcn Eintrittsbilletö ablortern, statt eine allgemeine Volksversammlung auszuschreiben ? Weil die Socialdcmokralen sich ein nichtsnutziges Svstcm daraus machte», die Versammlungen anderer Parteien zu störe». Wen» wir uns jetzt gegen die Vergewaltigung des Vereins- und Versammlunasrechtes durch diePolizei aussprechen, so thuen wir cs nicht aus Liebe lür die Socialdemokratic, sondern wegen unserer Achtung vor der Freiheit, auch vor der Freiheit solcher Bursche! «Bravo! Sehr gut!) Wir verlangen für alle politische» Parteien das gleiche Maß von Freiheit; in der Eon- currenz der Freiheit schlagen wir sie am beste». Der nächste Reichstag bringt wichtige Inltizgcsctze. -Hierbei werden wir unser politisches Programm zu verwirklichen suchen, die persönliche Freiheit mit Garantien, gegen willkürliche Ver haftungen, Haussuchungen u. dgl. schützen «Ruf: Arnim!), die Schwurgerichte aufrecht halte», die Schöffengerichte, die Sie in Sachsen bereits haben, für die mittlere Instanz in ganz Deutsch land cim'ührcn, den Einzclrichter gegen Willkür von oben schützen, das Anklagemonopol deö Staatsanwalts beseitigen, das Recht der Privatklage allgemein durchführen, die Ocffcutlichkcit der Voruntersuchung Herstellen. Leicht wirb das freilich nicht sein, denn schon wieder ertönt der Ruf: ES muß unter allen Umstän den E t w a s zu Stande gebracht werden. Damit verliert man alle Positionen. Bor Allem muß doch das einheitliche Rechts- bewußtsein des Volkes Im einheitlichen Rechte zum Ausdruck kommen. Aber wir haben leider keinen obersten StaatgcrichtS- hof im Reiche, der über das öffentliche Recht entschiede. Wir haben da nur den Reichstag, dessen allgemeines Wahlrecht man verkümmern will, weil zu viel Ultra montane darin sitzen. Ich beklage Elfteres auch, meine aber: wenn im deutschen Volke nun einmal ultramontane Strömungen da sind, ist cs am besten, sie kommen im Reichstage zum Ausdruck, weil dort die Ultramontancn gezwungen sind, nicht bloö mit der äußeren Macht der Gesetze, sondern einen geistigen Kampf zu kämpfen. So beklagt man eS auch als störend, daß Sozialdemokra ten Im Reichstage sitzen. Ich sage: iemehr man diele Partcl an'S hellste Tageslicht stellt, dcstomchr kommt die Nichtigkeit ihrer Bestrebungen zu Tage. Ist sic übrigens stark verbreitet, so gebührt ihr auch eine entsprechende Vertretung. Bet den letz ten Rcichötagswahlcn sind o<>» sozialdemokratische Stimmen abgegeben worden. Warum haben diese Stimmen'aber nicht 20, sondern bloS '.) «ibgeorencte durchgcbracht? Weil diese Partei ein Sonder-, ein Classeuintcresse. niemals ein allgemeines Interesse vertritt und einer solchen einseitigen Partei alle übrigen, sonst feindseligen Parteien znsainmenstehe», uni lene Im allgemeinen Interesse niedcrzuhalten. Die Sozialdemokraten wären auch gar nicht in den Reichstag gekommen, wenn sich die anderen Parteien gehörig an den Walßen betheiligt hätten. In Sachsen gicbt cö v20,00» Wahlberechtigte, es hat aber bloS die Hälfte davon ge. wählt, ln den 0 Kreisen, wo in Sachsen Sozialdemokraten durch kamen, haben von lä«»,«>««> Wahlberechtigte» nur iß»,«)««) ge wählt, davon 50,«>00 sozialdemokratisch. In keinem sächsischen Wahlkreise haben die Sozialdemokraten die absolute Mehrheit der Wahlberechtigten, sondern nur der Wähler erlangt. Die Bildung von bloßen Reich öve reinen hilft nicht gegen di« Sozialdemokraten; denn Iemehr sich die Parteien ver- flache». was durch lene Vereine geschieht, desto weniger wider« stankösähig sind sie den Wahle» haben sich vor Allem die durch Bildung und soziale Stellung Ausgezeichneten zu bcthciligen und schon frühzeitig sich zu vrganisire». Doch solchen Amwanb an Kraft und Intelligenz macl't inan nur, wenn die Wahl eine entsprechende Bedeutung hat, diese hat sie aber nur, wenn der Rcichsta g selbst solche Bedcntimg hat. Leiter ist rer Reichstag nicht maßgebend. Er bat die Gcsengebuiig nur soweit bceliifluffc» könne», als die Re gierungen zuliebe» und diese ließen nur soviel zu, alö für ihre Biacht gut war. Das Volk sagt sich: Es nutzt Alles Nichts, Bismarck macht doch, was er will — deshalb kehre» viele Ab geordnete enttäuscht auS dem Reichstag zurück — die Diäten- losigkclt erklärt diese Erscheinung nicht allein. Leider droht die Machtstellung des Reichstags eher noch schwächer alS stärker zu werden. Im Sinne des BuntcSratbö macht sich ja der Reichstag iinmermedr überflüssig. »Rur, weil die Regierungen Geld brauchen, bedürfen sie noch des Reichstags. Im Blidgetrecht liegt also der »Angelpunkt der konstitutionellen Entwicklung und wer daöBndgetrcchl schmälert, der steuert dem Adsol»Minus zu. (Sehr wahr!) Darin liegt die Bedeutung des M I l ita i rgese yeö. Hat der Reichstag Mannschaften und Gelder bewilligt, so bebiiricn ihn die Regierungen nicht mehr. Das Mllitalrgesetz mit seinen 400,000 Mann Friedens, präsenzsiärke ist nicht gemacht gegen Frankreich, sondern gegen daö deutsche Volk, de» deutschen Reichstag. <Ee»r richtig.) Wir ' verdanken die im Militairgesctze bemerkte Aufhebung tcs Budgct- reck'tö auf 7 Jahre re» National liberalen. Dieselbe» zerfalle.» in 3 Richtungen. Der eine, der Laökersche Flügel, steht der Fortschrittspartei sehr nahe, ist aber Immer geneigt, Beriassungörcchte. die daö Volk schon besaß, zei.^cilig zu suspcnblren, ohne zu bedenken, wie sehr man damit das Reck't selbst schwächt. Wir lassen uns aber, wo Grundsätze In Frage rö.-.'"nen. nicht durch die Per sonBis - marckö leite». Wenn w.'.'' die Preßverhaltnisse Preußens, wie sie sich unter Bismarcks Lcikü.W entwickelten, ttir entsittlichend, corrumpircnd halte», so greifen sie an, wahrend die National- liberaien Im besicn Falle dazu sch.r.'vie». Wir verkennen nicht die Bedeutung Bismarcks, des ersten Ü'H mächtigsten Baumei sters an der deutschen Verfassung^ der ein'" Einfluß bat, wie ihn kein Nachfolger haben wird. Wir nehmen t?uch viel Rücksicht auf Ihn. Könnten wir cö sonst verantworten, riu/W anzuiche», daß der einzige uns verantwortliche Minister den gr^sttc» 2heil des Jahres außerhalb des politischen EentrumS, in Varz>>7, ver weilt? DaS würde inan selbst bei deutschen Souveränen n.ckt statthait hatten. »Aber soweit gehen wir nicht, ihm unsere Grund sätze zum Opfer zu bringen. Die zweite Richtung der Nationalliberalen glebt immer nach, wenn ausgeiprengt wird: BiSmarck geht ab. Ihr steht BiSmarck höher, alS die Zukunst der dentichcn Entwickelung, sie ist soweit liberal, alS cS Ihr Bismarck gestattet «Sehr gut!), cö Ist die Partei tcS „Zwar — dennoch". Die dritte Richtung schneidet ihr Programm ganz nach den persönlichen Bedürfnissen Bismarcks zu, sic stimmt mit freudigem Herzen für die Beschnei- düng der Volksrcchte. Die sächsischen National- liberalen stelle ich auf die Lutte zwischen der 2. und 8. Rich tung: «Große Heiterkeit.) Bel dcr Miiitärfrage kippten sie sofort um, alö sie Blömarckö Meinung erfuhren und stimmten nicht einmal mit schwerem Herzen für daS Geietz. Nun suche» sie daö, was sie in Berlin an Freihcitörcchten ausgeben, im engeren Va terland«: durch Tapferkeit gegen die Regierung zu ersetzen. «Hei terkeit.» Die conservative Richtung der einzelnen Regierungen hängt wesentlich von Berlin ab. Hätten wir in Berlin eine wahrhast liberale Regierung, so würde von einer konservativen Richtung anderer Regierungen wenig zu merken sei. Wer also, wie die sächsischen Nalionalliberale», in Berlin die conservative Richtung Blömarckö stärkt und sich daheim durch Opposition gegen scine Regierung entschädigt, der kommt mir vor. alS wer oben am Bache die Schleußt zieht und glaubt unten am Bache das strömende Wasser zurückhalteu zu können. «Große zustimmendc Heiterkeit.) Die nationailibcrale Presse Sachsens ist ganz offiziös durchschossen. Die Herren wollen Im Reichstag Beschwerde INHrcn über die sächsische Negierung in der Amtsblattsrage. Ach fordere sie öffentlich am, ihr Wort zu halte» und die Klage a» den Reichstag zu bringen; sie werten In mir die kräftigste Unterstützung gegen die sächsische Regierung finden; auch ich werde die Herren scstbalteu und ihre Unterstützung verlange» gegen BiSmarck und das von ihm protcglrte Institut der offiziösen Presse. «Sehr gut!) Ich hoffe, daß sie dann nicht Nachlasse», in dem Tone sittlicher Entrüstung «Langer Beifall), mit dein sie Europa unterhalte» haben und nicht müde werden, mir den Ab grund der preußischen Preßcorruption aufzudccken. «Sehr gut!) Wir sind das in Preußen so gewöhnt, daß wir deshalb nicht gleich Europa zu Hille rufen. «Heiterkeit.) In Magdeburg und Trier wurden die amtlichen Anzeigen den weitverbreiteten liberalen und nttramontanen Zeitungen entzogen, um sie un gelesene» Winkelblätter» zuzuwenten. Die sächsischen Nationalliberalen erproben ihre Krast in kleinen Nörgeleien. Gerade in Dresden muß eS ausgesprochen werten: eö «st in Sachsen ein vollständiges Schnüffel-, Spivnlr- und Tenunzlatlondshstcm organtslrt. «Sehr wahr!) Bald mel det man Europa, daß nicht die entsprechende Zahl von schwarz- ivcisi-rothe» Fahnen auSgehängt waren oder daß, wenn ei» „Relcbötreuer" stirbt, keine Hofeguipage mitiuhr oder daß ein „relchötrcuer" Beamter nicht avancirte oder daß eine Wahl ein Paar Tage hinanögescheben wurde. Ja, wenn man wirklich gar keinen Anlaß hat, die sächsische Regierung deS PartlkulariömuS z» beschuldigen, so erzählen lene Herren: darin ebenzeige sich die ganz besondereBoöhcltdeS Partie ula- riSmuö der sächsischen Regierung, daß er sich so zu verstecken wisse. (Langanhaltendcö Gelächter.) Dieses Sststem wird von der nationalliberalen Presse Sachsens getragen. Ich fühle mich gerade alS Preuße gedrungen, auszusprechcn «mit erhöhtem Tone): Ich würde m i ch alS Preuße schämen, ein Preuße zu sein, wenn ein solchcSVersahren irgend etwas mit dem inneren Wesest meines preußische» Volks gemein hätte. «Donnernver Zu ruf!) Diese Herren treiben iedcn Mann, der eine» sittlichen Ekel an Ihrem Treiben empfindet, gewaltsam in die Reihen des sächsischen Particularlsinus. Einige Worte noch über die sächsischen Conlerva- tiven im Reichstage. Bel neuen Gesetzen fragen sic nicht: Nutzt dies der Allgemeinheit, der Freiheit? sondern: wie verhält sich das Gesetz zu der königl. sächst Gesetzessammlung? Ienach- bcm nehmen sie Stellung dazu. Mitunter stimmen sie freiheit lich, z. B. beim MIlitärbauschgnantum. aber weit über die Neu tralität zu Gunsten der Freiheit bringen sic cö nicht. Sie fürch ten, daß. wenn sie dem BiSmarck zu liberal wären, BiSmarck cS der sächsischen Regierung entgelten ließe und diese Furcht scheint mir auch einigermaßen berechtigt. So erscheinen sic mir oft als eine zweite Garnitur sächsischer Regierungkcmnmissare.«Hei terkeit.) Zum Schluß mahnt« der Redner zum Eintritt in die Fort« Sozialdemokraten gegenüber. An den! schrittSpartei und schloß mit dem Rufe: Es gilt für die deutsche und Freiheit -G kämpfen! Minutenlangen Beifall lohnte ihm und der Eindruck ivar so bewältigend, daß Abg. Schreck aus Pirna darauf verzichtete, seinen Vortrag zu halten. Locales uud Sächsisches. — S. H. der Erbprinz von Sachsen-Meiningen ist von Berlin hier (ingetroffen und in» Victoria-Hotel abgetreten. — Wegen erfolgten Ablebens I. K. H. der Gräfin Maria Immaculata Louise von Bardi, Prinzessin beider Sicilien wird am Königlichen Hofe eine Trauer auf eine Woche, vom 12. bis mit 18. d. M., angelegt. — Der erste Rath bei der KreiSdirection zu Dresden, «Zehei mer Regierungsrath von Weber, ist aus Gesundheitsrücksichten in den Ruhestand versetzt und ihm in Anerkennung seiner langjährigen verdienstlichen Berufsthätigkeit das Eomthurkreuz 2. Klasse voin Verdienstorden verliehen worden. — Oberstallmeister Senfft von Pilsach hat vom Könige von Italien das Großkrcuz des Italienischen Kronenordens, der Pfarrer Gottlob Heinrich Schnabel zu Tettau das Ritterkreuz des Albrechts- ordens, der Vicerichter Johann Heinrich Christian Deppe zu Ein siedel und der Ortsrichter Johann Kunath in Ncdewitz die zum Ver dienstorden gehörigen Medaillen in Silber, der Direktor der Landes anstalt zu Zwickau, RegierungSrath d'Alingc das Ritterkreuz 1. El. des Herzoglich Anhaltischen Hausordcns Albrecht's des Bären, der Inhaber einer italienischen Waarenhandlung Hierselbst, Kaufmann Alfred Flade und die Kaufleute Theodor Weis und Carl Gustav Henke, als Inhaber der hiesigen Eolonialwaarenhandlung Weis und Henke, die Prädicate„KöniglicheHoslieferanten", sowie der Chaussee- Wärter Johann Gottlieb König in Leppersdorf die zum AlbrechtS- orden gehörige silberne Medaille erhalten. — Nachdem sich bereits vorgestem die sämmtlichen Bezirks- schnlinspectoren des Landes hier eingesundcn und unter Vorsitz des Herrn 1»-. Hahn aus Burgstädt eine Besprechung abgehalten, wur den dieselben gcstem Vormittag 11 Uhr im Cultusministerium durch Se. Exc. den Herrn Cultusminister von Gerber verpflichtet und hinauf im königliche« Schlöffe Sr. Majestät dem Könige von dem Herrn Minister vorgestellt. — Äscher die Neuuniformirung einzelner sächsischer Reiter- Regimenter hd»-.t man so viel Widersprechendes, daß Alles zu glauben, man sich vor der HANd wohl hüten wird. Das Einzige was hierauf Bezug hat, ist dies, dH bei den großen Cavalerie-Manävern bei Großenhain, welchen dev König Albert und Prinz Friedrich Carl von Preußen beiwohnte, Se. Majestät über die im Gefolge des preußischen Prinzen befindlichen braunen Husaren mit gelben Schnüren über das Kleidsame und in den Farben Harmonirendc sich günstig ausgesprochen hat. — Ein bei den Militär-Neubauten in der Neustadt beschäf tigter Polier, Italiener, ist mit einer Summe von ungefähr 200 Thlr., welche er am letzten Sonnabend zum Zwecke der Aus zahlung an die ihm untergebenen Arbeiter erhalten hatte, flüchtig geworden. Es ist dies innerhalb kurzer Zeit bereits der zweite Fall, der Unterschlagung von Arbeiterlöhnen eines italienischen Poliers. — In der hiesigen öffentliche« Speiseanstalt erscheint in letzter Zeit öfters ein älterer Mann, begleitet von einem Mädchen, welcher unter die dort Speisenden „zum Nachtisch", wie er sich ausdrückt, frömmelnde Traktätchen vertheilt. Es sind uns wiederum einige der naiven Schriften zu Gesicht gekommen und wir haben das kon fuse Zeug gelesen. Andächtig kann man dabei nicht werden, aber traurig muß es stimmen, daß in unserm Jahrhundert und noch dazu in großen Städten sich jene Muckersecten von solchem Un sinn eine Wirkung auf die Gemüther versprechen und wohl auch, hoffentlich aber sehr vereinzelt, erzielen. Zum Glück darf man zu der hiesigen Bevölkerung das Zutrauen haben, daß sie Religion von Blödsinn und alten Weiber-Prcdigtcn unterscheiden kann. — Sonnabend Abend in der 0. Stunde tobten und lärmten mehrere junge Burschen, von Friedrichstadt kommend, in der Stifts straße herum und insultirten die ruhig daher kommenden Leute. Schließlich gericthcn sie aber an einen Herrn, der keinen Spaß ver stand, sondern einen der Burschen beim Kragen faßte und ihm ver mittelst seines Stockes mit baarer Münze auszahlte. Mehrere Leute, welche zu den Fenstern heraussahen, riefen dem Herrn zu, nur tüchtig loszuschlagen. Obschon nun der Mann bei dem einen Bur schen sein Möglichstes gethan hatte sammelten sich die anderen doch nach seinein Weggänge wieder und tobten und lärmten fort. — In der Nacht vom Sonnabmd zum Sonntag wurde in den Zwingeranlagen eine Frauensperson anscheinend in den letzten Zügen ausgefundm und nach dem Krankenhause geschafft, woselbst sie sich jedoch als total betrunken entpuppte. — In der Schmelzmühle, kleine Packhofstraße 6a, ist seit ge stern vom Besitzer, Hrn. Carl Schöne, eine Feuermcldcstelle «wie wir hören auf eigene Kosten) telegraphisch mit der städtischen Haupt feuerwache am See verbunden. In Betracht der Feucrgefährlich- keit speciell in diesem Viertel, der Rühe des Jnterimsthcaters, des k. Packhofcs, der Lagerhäuser verschiedener Spediteure ist diese vor sichtige Sorgsamkeit dankend anzuerkennen. — In der Sonntagsnacht insultirte ein wegen der Vorbereit ung zum Offizicrstande sich hier aufhaltendcr junger Graf aus Preußen in der Altstadt eine Militärpatrouille und sollte deshalb von derselben arretirt werden. Der junge Herr gab aber Fersengeld und retirirte sich in eine Restauration der großen Brüdergasse, aus welcher er jedoch herausgeholt und nach der Hauptivachc trnsportirt wurde, von wo ihn sich di« Polizei nach empfangener Meldung zur Vornahme des Weiteren abholte. — In einer Restauration der CircuSstraße machte sich vor gestern Abend ein junger Mer»ch den anwesenden Gästen dadurch auffällig, daß er in dem stark besuchten Locale sich an verschieden« Personen herandränate und an ihren Kleidungsstücken heruinfiihtte.
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