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Tökln erst gemüthkich auszuschlafen; denn wenn auch dl« dort aufgestellten sächsischen PontonnierS in bereitwilligster Weise und man kann wohl sagen, höchst gefällig und eifrig dem Publikum den Verkehr erleichtern und ihr Amt mit Lust und Liebe be- ^ treiben, so ist es doch nicht möglich, die offene Brücke so schnell kW wieder zu stopfen; denn langsam und schwerfällig, wie die chinesi- ?' schen SiamSschiffe des himmlischen Reiches, rutschen schnecken artig die schwer beladenen Willen auf dem gelben El brücken ein- - her und wenn das Herz sich erleichtert hat durch die Gewißheit, ^ daß eben ein solcher Schleicher die Brücke passirt, da taucht am Elbhorizont schon wieder ein Schiff auf, dessen sechs Ellen lange !) Flagge selbst mit dem besten Fernrohr nickt zu erkennen ist. Und nun heißt's: „Abwarten und später erst in Meißen — Thee t'! trinken!" Auch dieser Segler hat seinen Horizont verlassen — er naht dem Loch an der Schiffbrücke, da krächzt hinter den L Brückenruinen stromaufwärts ein Dampfschlepper heran, der aus fl dem nassen Raturpfade drei bis vier Willen schaumumwälzt am Z hänfenen Gängelbande hinter sich herziebt. So wächst der Men schenknäuel hüben und drüben an den Slrickbarrieren der Schiff brücke immer mehr und mehr, die Absätze der Mar lenden geben auf den nassen Brokern ein dumpfes Trommeleoneert, — s» - monoton, daß gewiß alle Elbhechle arisreißen rnrd ein Angler dort hundert Jahre auf die nächste Lachsforelle warten müßte. Zwar ist eine flüchtige Berbindung an dem momentanen Schiff i brückenloch angebracht, eine Schluppe mit PontonnierS rudert, ) wenn'S gerade geht, einige Glückliche, welche die Schranken durch brochen, herüber und hinüber, aber: „Was ist das unter so / Viele?" Endlich ist die .Klappe zu und die angewachsenen Stie felabsätze rücken über die Brücke in Meißen ein. ,.b>il .".ämiiari" -agt Horaz! An der He,stell,mg der gesprengten Brücke wird wieder emsig gearbeitet, selbst am Sonntag ertönte der Hammer schlag der Steinmetzen. Sachverständige behaupten allerdings, daß die Brücke dem öffentlichen Berkehr noch sehr lange ent zogen sein wird, um so mehr, als, wie wir hören, dieselbe eine neue, elegantere Form erhalten soll. Um den noch unterm Elb- fpiegcl sitzenden Pfeiler erhebt sich ein »tüchtiges Gerüst, auf dem Sperlinge und Krähen ihre lustige SonntagSpolka tanzen In Meißen selbst fielst^ noch ganz preußisch aus, eS garnüonirt dort noch ein Bataillon des 48. Regiments. Der regnerische Sonn tag verleidete den Besuchern die Ausflüge in die reizende Um gebung, man gab sich mehr den Freuden GambrinuS und Bachus hin, daher machten die sladtiichen Restaurateure, namentlich die Geißlersche Weinstube beim Theater und der altehrwürdige ! NathSkeller die besten Geschäfte. Gegen Abend heiterte sich der Himmel etwas aus, gleichsam die Insassen des „grauen Zuges" uuslachend, die so wie alle andern Dresdner, denen der Himmel feinen Schabernack gespielt, in der Residenz endlich sich beim frischen Glase die Erinnerung an einen verunglückten Sonntag wohlschmecken ließen. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 29. April. Zwischen dem Kaufmann Heinrich Wilhelm Woldemar Nauck und dessen Ehefrau Agnes Elara, ged. Riepl, bestanden im Jahre 186,'> Differenzen, welche dahin führten, daß die Frau ihren Mann verließ, aber auf Zureden ihrer Eltern, des Brau- meifterä Riepl in Wölfnitz, später wieder zu ihm zurückkehrte. erkannte Trennung factisch ins Leben treten zu lassen, ihre Sachen mitzunehmen und zu ihren Eltern nach Wölfnitz zu , ziehen. Am 26. November, eines Sonntags, als ihr Mann nach Struppen reiste, setzte sie ihr Vorhaben ins Werk. Sie ließ Schloßchaisenträger und einen Möbelwagen bestellen, die ihrem Ehemann zugebrachten Möbeln und Sachen aufladen und nahm ferner die Hochzeitsgeschenke, sowie die für ihr Kind be stimmten Jahrgeschenke mit sich. Ihr Ehemann, zurückgekehrt, klagte nun bei Gericht seine Frau an, auch Sachen mitgenom men zu haben, welche ihm gehörten, und beantragte Bestrafung wegen Entfremdung, d. h. Diebstahls unter Verwandten und unerlaubter Selbsthilfe. Es wurde nun genau ermittelt, welche Gegenstände allein dem Manne gehörten, sie wurden geschätzt und hatten einen Werth von 19 Ngr. 5 Pf. Außerdem be zeichnte der Ehemann noch die Hochzeitsgcschenke zur Hülste als die seinigen. Die verehelichte Nauck gab an, die ihrem Ehe mann zugehörigen Sachen aus Versehen mitgenommen zu haben und sie sei bereit, sie ihm zurückzugeben, was auch später ge schehen ist. Hinsichtlich der Hochzeitsgeschenke sei zwischen ihnen ausgemacht worden, daß diejenigen Geschenke, welche sie von ihren Verwandten habe, ihr gehören sollten. Der Ehemann bestritt dies. Auch gegen die Eltern der Nauck wurde emge- schritten, weil sie bei der Verladung geholfen und die Weg schaffung beaufsichtigt hätten. Beide verneinen dies; sie seien zufällig, wie jeden Sonntag, zu ihrer Tochter gekommen, ge rufen hätte sie diese nicht. Von einem Chaisenträger wird jedoch bestätigt, daß sie ein Mann zur Arbeit bestellt hätte, der auch bei der Ausräumung zugegen gewesen wäre. Das Gericht erster Instanz nahm Entfremdung und unerlaubte Selbsthilfe seiten der verehel. Nauck an und erkannte auf 4 Wochen Gcfängniß, verurtheilte auch die Eltern wegen entfernter Beihilfe zu einer Woche Gesängniß. Alle Drei erhoben Einspruch. Adv. Schanz sprach mit Wärme für seine Clientin, bestritt auf das Entschie denste das Verbrechen der Entfremdung, denn die Nauck habe nicht die Absicht gehabt, sich widerrechtlich zu bereichern; eine Frau, die 2000 Thlr. ihrem Ehemann baar und eine schöne Aussteuer zugebracht habe, vergreife sich nicht an Lappalien, wie eine Küchenlampe, Decke re., die einen Gesammtwerth von 19 Ngr. 5 Pf. hätten; aber auch die begangene Selbsthilfe müsse durch den Zustand, in dem sich die Nauck befunden, entschuldigt werden. Gegen die Eltern fehle es an Beweisen. Schließlich beantragt er Freisprechung. Der Gerichtshof ließ es bei dem gerichtsamtlichen Bescheide nicht, sondern änderte denselben da hin, daß die verehel. Nauck wegen unerlaubter Selbsthilfe zu 20 Thlr. und die Eltern wegen Beihilfe zu je 5 Thlr. Geld buße verurtheilt wurden. — Beim Gerichtsamte Moritzburg war der Hausbesitzer Johann Carl August Haase in Lindenau wegen Beleidigung zu I Thlr. Geldbuße verurtheiltt Ende October v. I. gab es einen kleinen Streit zwischen Haase und einer Verwandten seines Nachbars Petzold; als nun diese fort ging, rief ihr Haase nach: „Nun, gehst Du 'nüber zu Deiner Lumpengesekkschast". Petzold demmekte und e»o Bestrafung. Der eingewendete Einspruch fruchtete insofern, als Haase heure klagfrei gesprochen wurde. — Auch der dritten Einspruchsverhandlung lagen eheliche Differenzen zu Grunde, welche sogar bis zu Tätlichkeiten sich erstreckten. Die Frau rief deshalb den Schutz de« Gerichts an und dieses leitete gegen den Weißgerbermeister Otto die Untersuchung wegen Mißhand lung seiner Frau ein. Das Ergebnis, der Untersuchung war eine zwölftägige Gesängnißstrafe, die er auch trotz Einspruchs verbüßen muß. — Dem Cigarrenarbeiter Friedrich Eduard Weiße, aus Dresden gebürtig, schien die nach Artikel 300 des Strafgesetzbuchs ihm zuerkannte ArbeitShausßrafe in der Dauer eines Jahres zu hoch, zumal da daS Diebstahlsobjeet nur zehn Stück Cigarren betragen habe. Da nun aber Weiße wegen EigenthumSverbrechcn bereits Gefängnis;-, Arbeits- und Zucht hausstrafe verbüßt hat, so blieb eS trotz deü Einspruchs beim erstinstanzlichen Bescheid. An gekündigte Gerichtsverhandlungen. Heute Vormittag 9 Uhr wider Christiane Emilie Friese aus Zschieren wegen Diebstahls. Vorsitzender GerichtSrath Einert. — Den l Mai Vormittags 9 Uhr wider Maximilian Oswald Päckert von hier wegen Brandstiftung. Vorsitz. Ger.-Rath Bvost. — Tagesordnung für die 30. öffentliche Sitzung der Ersten Kammer, Dienstag den 30. April 1867, Mittags zwölf Uhr: I. Negislrandenvortrag; 2. UrlaubSertheilungen und Ent schuldigungen. — Tagesordnung der 42. öffentlichen Sitzung der Zweiten Kammer, Dienstag, 30. April, Vormittags 11 Uhr. 1) Registrande. M Beschlußfassung darüber, ob die Verfassung des norddeutschen Bundes der ersten oder einer außerordentlichen Deputation überwiesen werden soll. 3) Eventuell Wahl dieser Deputation 7 Mitglieder". TagcSgcfchichte. Berlin, Montag, 29. April, Mittags I Uhr. Soeben hat die Eröffnung deü Landtags durch Se. Maj. den König stattgefunden. Die Thronrede lautet: „Erlauchte, edle und ge ehrte Herren von beiden Häusern des Landtags. Aus den Be rathungen des Reichstags, zu welchen das preußische Volk auf Eirund des von Ihnen genehmigten Gesetzes seine Vertreter ent'andt hat, ist eine Verfassungsurkunde des norddeutschen Bundes hervorgegangen, durch welche die einheitliche und lebens kräftige Entwickelung der Nation gesichert erscheint. Ich habe Sie um Meinen Thron versammelt, um diese Verfassung Ihrer finden. Auf dieser Grundlage wird der Schutz des Bundes gebietes, die Pflege des gemeinsamen Rechtes und der Wohl fahrt des Volkes fortan von der gesammten Bevölkerung Nord deutschlands und von deren Regierungen in fester Gemeinschaft wahrgenommen werden. Durch die Einführung der Bundes verfassung werden die Befugnisse der Vertretungen der Einzel staaten auf allen denjenigen Gebieten, welche hinfort der ge meinsamen Entwickelung unterliegen sollen, eine unvermeidliche Volk selbst aber wird auf keines Wahrnehmung derselben nur seinen Vertretern in dem erwei terten Gemeinwesen. Die Zustimmung der frei gewählten Ver treter des gesammten Volkes wird auch im norddeutschen Bunde zu jedem Gesetze erforderlich sein. Durch die Bundesverfassung ist rn allen Beziehungen dafür gesorgt, daß diejenigen Rechte, auf deren Ausübung die einzelnen Landcsvertretungen zu Gun sten der neuen Staatsgcmeinschaft zu verzichten haben, in dem selben Umfange der Reichsvertretung übertragen werden. Die sichere Begründung nationaler Selbstständigkeit, Macht und Wohlfahrt soll mit der Entwickelung des deutschen Rechts und verfassungsmäßiger Institutionen Hand in Hand gchm. Meine Regierung giebt sich der Zuversicht hin, daß die beiden Häuser des Landtags, in richtiger Würdigung des dringenden nationalen Bedürfnisses, zur schleunigen Erledigung der vorliegenden Auf gabe bereitwillig die Hand bieten werden. Meine Herren! Der neu errichtete Bund umfaßt zunächst nur die Staaten Nord deutschlands; aber eine innige nationale Gemeinschaft wird die selben stets mit den süddeutschen Staaten vereinigen. Die festen Beziehungen, welche Nieine Regierung bereits im Herbst vorigen Jahres zu Schutz und Trutz mit diesen Staaten geschlossen hat, werden durch besondere Verträge auf die e.weiterte norddeutsche Gemeinschaft zu übertragen sein. Das lebendige Bewußtsein der süddeutschen Regierungen und Bevölkerungen von den Gefahren deutscher Zerrissenheit, das Bcdürfniß einer festen, nationalen Vereinigung, welches in ganz Deutschland immer entschiedener Ausdruck findet, wird die Lösung jener bedeutsamen Aufgabe beschleunigen helfen. Die geeinte Kraft der Nation wird berufen und befähigt sein, Deutschland die Segnungen des Friedens und einen wirksamen Schutz seiner Rechte und seiner Interessen zu verbürgen. In diesem Vertrauen wird Meine Regierung sich angelegen sein lassen, jeder Störung des europäischen Friedens durch alle Mittel vorzubeugen, welche mit der Ehre und den Interessen des Vaterlandes verträglich sind. Das deutsche Volk aber, stark durch seine Einigkeit, wird getrost den Wechselfällen der Zukunft entgegensetzen können, wenn Sie, Meine Herren, mit dem Patriotismus, der sich in Preußen in ernsten Stunden stets bewährt hat, das große Werk der nationalen Einigung vollenden helfen." — Die Eröffnungs- Feierlichkeit selbst fand im weißen Saale des königl. Schlosses statt. Es waren ca. 250 Mitglieder beider Häuser anwesend, und in der Diplomatcnloge befanden sich die Vertreter Eng lands, Rußlands, Sachsens, Hollands, Hessen-Darmstadts und der Hansestädte. Bei der Verlesung der Thronrede gab sich an mehreren Stellen Beifall kund. Nach Beendigung derselben er klärte Graf v. Bismarck den Landtag für eröffnet. (Dr. I.) Wien, Montag, 29. April. Die „Debatte" versichert, das Berliner Cabinet habe in seinen Antworten an die drei Vermittelungsmächte dem Principe der Neutralisirung Luxem burgs zugestimmt. Dr. I.) Paris, 26. April. Daß man den gestrigen Constitutionnel- Artikel hier als Ultimatum auslegt, zeigt, wie die Spannung au« jenem Artikel deutlich hervor, und daß der ÄuSbruch fall» vor der Thür« steht, beweisen die fortwährend zunehmen den Rüstungen. Weil die zusammenberufenen Armeelieferanten nicht Alles so schnell liefern zu können erklärten, wurden einige Bestellungen in Belgien gemacht. Auch geht Frankreich die Mächte wegen neuer Allianzen an. Dasselbe sprechen nun die hiesigen Officiosen auch von Preußen, ja es wird sogar behaup tet, Gras Bismarck habe mit dem Fürsten Gortschakoff eine ge heime Unterredung an der Grenze gehabt. — „Patrie" und „France" rücken jetzt noch deutlicher mit der Sprache heraus; sie sagen geradezu, eS handle sich jetzt nur noch um die Frage, ob Frieden oder Krieg. Darnach will Frankreich also auf kei nen Vermittlungsvorschlag der neutralen Großmächte eingehend Es soll einmal ein Krieg »nt Deutschland sein, und der würde auch nicht auobleiben, selbst wenn Preußen Luxen,bürg räumte. Vielleicht war das der ursprüngliche Plan, erst Luxemburg zu haben, u,n dann die alte Rheinpolitil desto besser verfolgen zu können. — Man erzählt sich hier, daß die amerikanische Negie rung Preußen Kriegsschiffe angeboten habe. Der französischen Flotte ist in der That eine große Aufgabe in de», bevorstehen den Kriege z.lgedacht, woraus man bei Zeiten Bedacht nehmen muß. Paris, 28. April. Der Zusammentritt einer Eonferenz in London wird allgemein als gesichert betrachtet. — Der „Patrie" zu Folge ist die Londoner Conferenz sicher. Die Ver- handlungsbasis Neutralisirung Luxemburgs) sei von Preußen und Frankreich bereits angenommen worden. Das „Avenir nationale", „ach welchem der Zusammentritt der Conferenz am 15. Mai erfolgt, bezeichnet als Verhandlungsbasis Schleifung der Festung und Neutralisirung Luxemburgs. Der „Etendard" schreibt: Preußen habe gestern das Princip der Räumung Luxem burgs und die Conferenz angenommen. Es bleibe festzustellen, ob die Verpflichtung zur Räumung vor den, Zusammentritt der Conferenz statthaben oder eine Folge derselben sein soll. Die Discussion darüber werde unmittelbar beginnen. Der Zusam mentritt der Conferenz in London könne aber jetzt schon als gesichert angesehen werden. Dr. I ) * Aus Freien walde, 12. April, schreibt mqn; Die Freienwalder Bürger hatten für ihre große Kirche eine Glocke gießen lassen, und dieselbe sollte gestern unter den entsprechenden Feierlichkeiten hinaufgewunden werden in ihre luftige Wohnung. Schon früh an, Tage war der Magistrat nebst Stadtmusikanten und Allein, was dazu gehört, auf den Beinen, die Pius,kanten auf den, T Hunne, um den feierlichen Aet zu vollziehen. Allein Stunde aus Stunde verrann u-nd die sehnlichst erwartete Glocke wollte nicht ankommen. Schließlich, gegen Mittag, wurde es den auf dem Thurme befindlichen Mannschaften doch da oben zu langweilig, zumal es tüchtig zu regnen begann und ein Ge witter im Anzüge schien; man beschloß also, herunter zu steigen, um gcmüthlich bei», Glase Bier der weitern Dinge zu harren. Auch die angesammclte Menge flüchtete vor dem stärker werdenden Regen. Kaum hatte der letzte Mann den Thurm verlassen, als mit lautem, heftigen Schlage ein Blitzstrahl in denselben fuhr und ihn in Helle Flammen setzte, ein wcrthin leuchtendes Feuer zeichen. Die noch oben befindliche alte Glocke stürzte auf den / c. II "^"nV,^^cken ^ ilirfin Sturze ver breitend. Man hatte alle Muhe, das Feuer auf den Thurm zu beschränken und die Kirche vor dem gänzlichen Einäschern zu bewahren. Nur dem Zufall, daß die neue Glocke zu spät an langte, ist die Verhütung von unsäglichem Unglück zu verdanken. * Vor Kurzem, meldet die „Preßb. Ztg.", wollten zu Feherto die Eltern eines l 4 jährigen Mädchens dieses von einer Krankheit curiren und steckten dasselbe in den noch ziemlich heißen Backofen. Da das arme Kind die Hitze jedoch unerträg lich fand und herauszukommen trachtete, zwangen sie es durch Kopfschlägc, im Ofen zu bleiben, bis es vollkommen gebraten war und den Geist aufgab. Die behördliche Untersuchung gegen die unwissenden hartherzigen Eltern ist bereits im Zuge. * Köln. Am 16. April Abends passirte die große, für die Pariser Ausstellung bestimmte Kruppsche Gußstahl-Kanone unsre feste Nhcinbrücke und fuhr auf den hiesigen Güterbahnhof ein, von wo sie gestern Morgens 10 Uhr weiter befördert wurde. Die Kanone ruht auf eine», mit 12 Rädern versehenen und eigens zun, Zwecke des Transports in den. Krupp schen Etabkis- sement construirten Wagen von 1000 Centnern Tragfähigkeit. Das Gewicht der Kanone beträgt 94,908 Pfd., der Waggon selbst wiegt 46,154 Pfd., also das Gesammtgewicht des Waggons mit der Kanone 141,062 Pfd. Der Durchmesser des Rohrs an der dicksten Stelle beträgt 5 Fuß 7^ Zoll und der innere Durchmesser desselben, die Seele genannt, 17 Zoll. Die Länge ist 16 Fuß. Die Lafette, welche auf einem ebenfalls besonders construirten Wagen von 600 Ctnr. Tragfähigkeit auf 8 Rädern ruhte, wurde schon früher weiter befördert, indem die Kanone als Extrazug nur mit einem einzigen begleitenden Packwagen transportirt werden sollte. * Petersburg. Es grassirt hier augenblicklich eine Art Selbstmord-Epidemie. Fast gleichzeitig erhängten sich sechs Bauern, meist höhern Alters, ein verabschiedeter Oberst und zwei Frauen; bald darauf schnitten sich zwei den Hals ab. * Branntweintrinken in Rußland. Amtliche Berichte weisen verschiedene Ausfälle in den verschiedenen Einnahmequellen des russischen Staates nach. Am auffallendsten tritt die Differenz, in den Branntwein-Tabellen hervor. Die jetzige Einnahme be trägt über die Hälfte weniger, als zur Zeit des Monopols, wo die Pächter 100 Millionen Rubel zahlten und noch 12 Millio nen mehr zahlen und 1000 Werst Eisenbahnen an jeder dem Staate beliebigen Stelle bauen und der Negierung überlassen, wollten, wenn man ihnen die Pacht noch hätte 20 Jahre be lassen wollen. Nach den amtlichen Berichten haben die Brannt- wemschenken im ganzen Reiche seit der Aufhebung des Mono pols sich un, 850,000 Kabachen vermehrt. Es sind jährlich im Durchschnitt 8 Millionen Wedro zu 13 Quart mehr Brannt wein consumirt worden, als früher, und wie sehr die Trunksucht zugenommen — besonders in den Städten — erhellt wohl am besten daraus, daß von 1862 bis 1867, also in kaum 5 Jah ren, über 35,000 Menschen erwiesenermaßen am Branntweingift gestorben sind.