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Dresdner Nachrichten : 11.04.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-04-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192604110
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19260411
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19260411
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-04
- Tag 1926-04-11
-
Monat
1926-04
-
Jahr
1926
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 11.04.1926
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Sonntag Quaslmo-ogenill. Trst bann wurde eS für die beiden Jünger, die nach Emma»- wanderten, wirklich Ostern, al» sie in der Lrtnn«. rung an den Auferstandenen, der ein Stück mit ihnen ge- gangen war, einander verwundert fragten: „Brannte nicht unser Her» in un». da er mit un» redete auf dem Wege, als er un» dt« Schrift öffnete?" sLuca» 24. 32.) Sie waren erfüllt von dem, wa» am Karfreitag geschehen. Sie liehen bas Leben des Gekreuzigten an ihren Augen vorüberziehen biö dorthin, wo sich ereignete, wa» sie nie mals erwartet hatten, um sie hilflos, ratlo», trostlos zu machen, während der unerkannte Wanderer sie in Rede und Gegenrede innerlich berührte und leiS ein heiliges Feuer in ihnen entzündete. Heute bringen es wohl viele fertig, zu Ostern dessen christlichen Mittelpunkt in der hohen und herrlichen Bot schaft vom Auferstandenen vüüig beiseite zu lassen. ES läuft für sic ans ein Märchen hinaus, von geistiger Ueberspannt» heit ersonnen. Genug und wirklich die Gemüter erquickend erscheint eS ihnen, Ostern nur als Frühlingsfest beizu. behalten, wo das junge, frische Leben der Natur sein Er- wachen feiert und dessen Wiederersterben sich im bunten Farbcnspiel verschleiert. Doch selbst Christen genug, die, was sie einst in srommer Vergangenheit gehört, zwar noch nicht zurück veile», ja, die gern wieder einmal in die heiligen Gefilde jenleit der grauen Alltäglichkeit eilen, aber doch nicht weiter kommen als bis zur flüchtige» Erinnerung, ohne daß ihre Seele zu innerem Aufschwünge gelangte. WaS nnS heute jedenfalls fehlt, bitter fehlt, sind brennende Herzen — nicht schwärmerische, die der Sammlung entbehre» und dabei alle Kraft verlieren: nicht überspannte, die im Gegensätze zur Nüchternheit das klare Ziel anster acht lasse»; nicht aufgeregte, die, herüber- und hinübergcworfcn, nie zu sich selber kommen; nein, brennende Herze», in denen alles bewegt und durchglüht ist von jener Hingabe der keuschen Maricnart: „Ihr Herze entbrannte, dies einzig zu hören, was Jesus ihr Heiland sie wollte belehren, ihr alles war gänzlich t» Jcsum versenkt, und wurde ihr alles in Einem geschenkt." Woher cs kommt, dast unsere Zeit so ganz und gar aus den Gleisen und Fugen zu geraten droht? Sicherlich nicht allein durch die Not in üustcren und irdischen Dingen. Der Traum, mit solchen eine goldene Zukunft hcrauszusührcn, ist gründlich zerronnen. Aber dast die grosse», ewigen Dinge, die uns Oster» verkündigt hat, immer mehr verfallen, drückt nnS tiefer Und tiefer hinab. Eine tausendjährige Geschichte müsste ja lügen, wenn das in Christo Jesu, dem Nuferstandc- »cn, erschienene Leben nicht der Ursprung einer neuen Menschheit gewesen sein sollte. Dast sich diese Menschheit nur immer wieder daraus besinnen wollte. Und jeder ein zelne in ihr! Dann wäre der Mensch ohne die Bürgschaft, einst nicht dem Staube verfallen zu sollen, um seine höchste Würde gebracht, so liegt im Osterlichte das zeitliche Leben unter dem Schutze Gottes vor ihm. und darüber hinaus dehnt sich im Frieden das ewige Leben. Dazu taugen aber, und zumal in unserer kalten und imntlen Zeit, nur brennende Herzen. ck. Aprilwelker in Sirhl. Die Hoffnung auf schönes Ostcrwcttcr hat sich diesmal vollauf erfüllt. Die FrühlingSsonnc. die fast sommerlich strahlte, lockte Unzählige in die freie Natur hinaus. Während in Nord- und Mitteldeutschland die Tcmpcrabnren am Oster sonntag durch einen Temperatursturz vielfach fast auf den Nullpunkt hcrnntergingen. blieb eS im übrigen Deutschland ziemlich warm. Der Dienstag brachte jedoch einen Umschwung in der Gcsamlgcstaltnng. Am Mittwoch schien es zunächst, als ob der Wittcriingsnmschlag noch einmal ausgchaltcn werden sollte, doch war cs nur eine kurze Verzögerung. Ein starker Temperatursturz, der schon an den Tagen vorher in Skandinavien cingetrctcn war, hatte sich bis nach Ostprcusten und Polen fortgepflanzt. In Mitteldeutschland wurde jedoch schon am Abend bei zunehmender Bewölkung stellenweise leichter Sprühregen gemeldet. Auffrischende westliche Winde brachten uns im Laufe des Donnerstags weiter in den Be reich der westlichen Tiefdruckwirbel. In Mittel- und Nord- dciuichland wurden wieder etwas stärkere Ncgenfälle gemeldet, die zwar nur von kurzer Dauer waren, aber von der Land wirtschaft doch mit Freude bcgrüstt wurden. Bis auf den Osten, wo es verschiedentlich zu Nachtfrösten kam, war die Quecksilbersäule noch höher geklettert; allgemein stand sie schon morgens über 1» Grad. In der Nacht zum Freitag machte die Verschlechterung der allgemeinen Wetterlage weitere Fortschritte. Das Wetter wurde immer veränder licher. Kräftige Siidwcst- bis Westwinde zeigten, dass mir immer stärker in den Bereich der Ticsdruckwirbcl kamen. Die Schönwetterperiode dürste damit ihren vorläufigen Abschluss gesunden haben. Für die nächsten Tage ist mit überwiegend wolkigem Wetter und verbreiteten Niederschlägen zu rechnen. o Schlechte Saison in Italien. Wo bleiben die Deutschen? — Die Amerikaner rücken ab. — Unterhaltungen mit Gepäckträgern, Kutschern und Hoteliers. Taormina, April 1026. Im Parke der Villa Vorghesc wiegen sich die duftigen, zarten Wipfel der Pinien, traumhast und sehnsüchtig, wie in jedem Jahre. In Neapel gualntt der Vesuv seine allerbeste Reklame für seine Püchtcrin. die Firma Eovk, über den satt blauen Golf. Palermos Türme und Kuppeln strahlen blendend durch die hcisscsic Sonne, die jemals den prächtigen Hof des grossen deutschen Staufen Friedrich II. in ewigen Sommer tauchte, und in Taormina wedeln rcichbeblätterte, snmtgrünc Palme» leise summend über die opalisierende Bucht des Jonischen Meeres. In de» Hotcleiiigängcn wird aber ein weniger frohes Lied gesungen, das mit dem reiche» Orchester des römischen und erst recht des sizilianischcn Frühlings seltsam dis harmoniert. Leitmotiv: Wo bleiben die Dciiischcn? Allegrctto: Nur keine Angst; sie sind doch so geduldig. Adagio Soste» nto: Zu Oster» werden sie in Hellen Scharen kommen! A l l c g r o F u r i o s o: Ostern ist da, Frühling ist da, Lonne ist da, und wir Hoteliers, Facchinos, Chauffeure und Droschkenkutscher sind auch da! Aber die Deutschen sind nicht da! Mussolini! Mussolini! So singe» und sagen die Hoteliers zu den Oberkellnern und Geschäftsführer». So sagen und fluchen die Facchinos, die Kutscher und die Stiefelputzer. Die Hallen der grossen Hotels sind so leer, dass die paar Lcnie, die darin nmherkrcbsen wie eine Art Fliegen an muten, die man verscheuchen müsste, nm den ungestörten Mnscnmscindlnck herziistcllen. Die Fahrstühle verrosten und das „warme Messende Wasser" k nute vvn der Firma Fritjof Naiisc» bezogen sein; auch die Heizung spielt nur eine fühl bare Rolle aus den Hotelr chvungen. Wie war es doch io ', » im Januar und im Februar! ..Wir brauchen die Tco ,on nicht! hiess es damals allgemein," sagte mir der Geschä': ihrer eines der aliergrössten -Hotels der ganzen Apennin;» Halbinsel. „Die Amerikaner Machen das grosse Geschoss! Wir sind grosse Mode für Amerika ge worden! Das iagie jeder" Mein Gewährsmann erklärte mit gerunzelter Stirn weiter dazu ohne Aufforderung, ohne Reizung, ganz aus freien Stücken, nm sich scincin Herzen Lust zu machen: „Ach ja. damals haben sic mich auSgelacht, als ich sagte: Die Deutschen waren doch Immer unsere tr-niestcn Kunden! Sind sic nicht dreiviertel aller Fremden, Dresden im Luftverkehr. Der neue Flughasen auf dem Keller «rvUaung am 12. «prll. Der Dresdner BerkehrSveretn hatte aus Ein- ladung seines BorstandSmltgltedc» Direktor Weidner am Freitag nachmittag den Gesamtvorstanb zu einer Besicht», gung de» neuen Flughafens auf dem Heller gebeten. Direktor Weidner hielt zunächst einen Vvrtrag über die Notwendigkeit der Verlegung des Flugplatzes von Kaditz nach dem alten KavallerieüvungSgelände an der KönigSbrüaer Strasse und gab an der Hand von Bauplänen einen Uebcrbltck über die Gesamtanlage. Wir haben in der Sonntagnummer 147 vom 2». März in dem illustrierten Artikel „Der Adlerhorst aus dem Heller" ausführlich den neuen Flughafen, seine Aussichten und die Baulichkeiten geschildert. Besonders schwierig waren die Arbeiten zur Befesti gung der Sandoberfläche. Drei Jahre hat man dazu gebraucht, um dauerhafte Start- und Landebahnen zu schaffen. Einen Begriff von den umfänglichen Erdbewegungen erhält man, wenn man hört, dass im Winter täglich über 100 Fuhrwerke mit Schutt und Asche ihren Wageninhalt von je 2 Kubikmeter auf den losen Sand entleerten. Die Aschcn- dccke ist 40 Zentimeter hoch aufgebracht und festgewalzt wor den, so dass sich eine glatte Bahn ergibt, die sich in westöstlicher Richtung erstreckt. Ein anderes Verfahren wurde bei der nach Norbsüd verlaufenden Bahn etngeschlagen. Hier hat man Strassenkehrtcht 10 Zentimeter in den Sand etngepflügt und die Fläche mit harten GraSsorten bepflanzt, die bereits recht gut angegangen sind. Das Verwaltungsgebäude ist recht praktisch an gelegt. Sein Grundriss wurde organisch entwickelt in An lehnung an den Verkehr auf Grenzbahnhöfcn. Jeder Flug gast muss in der Mittelhalle dcS Gebäudes zwanaslänsig die Abteilungen für Pass- und Zollrevision, Gepäckabfertigung und Fliigschcinkvntrnile passieren. Das Flugzeug steht un mittelbar an dem „Bahnsteig" westlich des „Bahnhofs", so dass der Passagier direkt ans dem Gebäude cinsteigen kann. Ein Warte- und Erfrischungsranm bieten de» nötigen Kom fort. I» dem Verwaltungsgebäude ist neben der Funkpost, der Wetterbeobachtung und einer Kvmmandostcllc auch eine 21 Mann starke Abteilung der Lustpolizei untergcbracht. Dieses Kommando ist deshalb so stark, weil infolge der Eigen art des Luftverkehrs, der ja keine territorialen Grenzen kennt,, sich eine scharfe Ucbcrwachung erforderlich macht. Auch für die künftige Entwicklung des Luft verkehrs hat man schon weitschauend Vorsorge getroffen. DaS Verwaltungsgebäude soll bei Bedarf durch einen gleich- gcstaltcten Bau erweitert und als Zwischenstück eine Gastwirt schaft mit Glasveranda eingcsügt werden. Die Verbindung nach unserem neuen Flughafen ist gegenüber anderen Grossstädten denkbar günstig. Die Strassen- bahnlinie 7 fährt in unmittelbarer Nähe vorbei. Von, der Haltestelle „Flugplatz" ans der Eiienbal,»Überführung hat man biö zum Eingang zum Hafen 300 Meter znrückzulegcn. Ein anderer Zugang führt von der Provianthofstrasse her. Mit der Nutvbuöverbindung der Flughafengescllschaft wird man den Hanptbahnhof in 12 Minuten erreichen können. Die Eröffnung der Flugsaison 1S2K erfolgt in Drcöden am morgige» Montag, den 12. April, und zwar mit der Inbetriebnahme der beiden Linien Dres- d e n—Leipzig—Halle—Magdcb»rg—H a m b u r g und Dres den— Chemnitz — Plauen — Nürnberg - Fürth — München — Zürich. Eine Woche später, am 10. April, sollen seiner die Linien Malm ü—Kopenhagen—Lübeck—Berlin—D reöden , Fle » Sbur g—Kiel — Hamburg — Berlin — Dresden und Bresla u—Görlitz—Dresden—L eipz > g dem Betrieb über gebe» werden. Die Betriebserössnnng der im LustverkehrS- netz der Deutschen Lufthansa vorgesehenen Lnktstrccke Dres- d e n—Prag—-WI e n steht noch nicht endgültig fest; sie wird zur gegebenen Zeit bclanntgcqeben werden; Nach der Wiedereröffnung des gesamten bcntschen Luft verkehrs, die sich für die Hauptstrecken hintereinander inner halb der 14 auf den 8. April folgenden Tage vollziehen soll, wird Dresden in folgende 15 LuftoerkchrSlinlcn mittelbar ober unmittelbar cinbezogcn sein: 1. Malmö—Kopenhagen—Lübeck—Berlin—Dresden—Prag —Wien. 2. FlenSburg—Kiel—Hamburg—Berlin—Dresden—Prag- Wien. 8. Stettin-Berlin—Dresden—Prag—Wien. 4. Breslau—Görlitz—Dresden—Leipzig — Braunschwcig — Hannover—Bremen. 6. Breslau—Görlitz—Dresden—Leipzig — Braunschwcig — Dortmund—Essen. 6. Dresden—Leipzig—Halle—Magdeburg—Hamburg. 7. Brcölau—Görlih—DreSdcn—Leipzig — -Halle — Köln — Düsseldorf- Amsterdam. 8. BrcSlan—Görlitz—Dresden—Leipzig—Halle — Erfurt — Franksiirt—Mannheim—Karlsruhe—Baden-Baden —Villingen —Konstanz. 0. BreSlau-Görlitz—Dresden—Leipzig — Halle — Köln — Brüssel—London. 10. Moskau—Smolensk—Kowno — Königsberg—Danzig — Berlin. 11. Dresden—Chemnitz—Plauen—Nürnberg-Fürth—Mün chen—Zürich. 12. Dresden—Chemnitz—Planen—Nürnberg-Fürth—Mün chen—Wien—Budapest. 18. Dresden—Chemnitz—Plauen—Nürnberg-Fürth—Mün» chen—Innsbruck. 14. Dresden—Chemnitz—Plauen—Nürnberg-Fürth—Stutt, gart—Basel. 15. Dresden—Chemnitz—Plauen—Nürnberg-Fürth—Stutt gart—Zürich. Für die Kurse 1 bis 3 ergeben sich sür Dresden folgende Start- und Landungszeilen in miltelcuropäischer Zeit: an von Berlin 14,30, ab nach Prag—Wien 11,50: an von Prag—Wien 12,10, ab nach Berlin »sw. >2.35. Für die Kurse 4 und 5 und 7 b!S 0: an von BreSlau—Görlitz 0,10, ab nach Leipzig usw. 8,25: an vvn Leipzig 11,85, ab nach Görlitz—Breslau 15,00. Für Kurs 0: ab »ach Leipzig »sw 8,30, a» von Hamburg über Leip zig 10,46. Für die Kurse 11 biS 15: ab nach Chemnitz ukw. 8,25, an von München nsw. über Chemnitz 18,20. Der Fing- plan bezieht sich auf alle Wochentage; Sonntags ruht der Luftverkehr. Luftpoftverkehr. Das Flugzeug der Linie Dresden-Basel verlässt Dresden um 8,25 vorm., während der Flug Dresden-Hamburg um 8,30 vorm, beginnt: in der Gegenrichtung treffen die Flüge »m 6,20 und 1,45 nachm, aus dem »c»cn Flugplätze ans dem Heller ein. Sämtliche Verbindungen werden zur Postsachcn- bcfördcrung mitbenutzt. Zur Beförderung sind zngelassen: im Oebrauck ;oigt sich die (Dualität und Ver arbeitung eines Kleidungsstückes. Die in unserer unter fachmännischer Leitung stehende Abteilung für ^ak-^niei'll'AunZ hergestolllen Kleidungsstücke behalten durch ihre erstklassige und sorgfältige Znnenverarbeitung bis ;um letzten Augenblick des Tragens ihren tadel losen Sitz und ihr 'elegantes Aus sehen. Der elegante Herr sollte diesen Vorzug nicht unterschätzen Unsere Preislagen: 8akko-knrüge: 220 - 200- 180 - 160 - Ul5ter und kalelotv: 200- 185- 165- 125- nur loksnnstr.» Lckkaus U/eiüe Ossse die gerade die grössten und besten Hotels aufzusuchen pflegen? Aber alles schwor ans Amerika!" Nun, die Amerikaner reisen ab. In ganzen Nudeln lasten sie sich nach Neapel und Genua rollen und klettern mit den vergnügtesten Gesichtern von der Welt an Bord der grossen Ucbcrlcedampfcr. Einem amerikanischen Ehepaar wurde ich an den Tisch des Speisewagens von Rom nach Neapel gesetzt. Hörte, wie es von der ewigen Schönheit des Landes sprach! Ich spitzte meine Ohren! Die meinten damit ja gar nicht Italien. Die sprachen von Kalifornien und verwünschten den Einsall, der sie im Winter nach Europa getrieben hat. „Nngcnchm war'ö doch überhaupt nur in Berlin!" hörte ich. „Da war's doch wenigstens sauber, iverrn eS auch kalt war. Und wie schön müssen die deutschen Berge im Sommer sein! Da gtbt's doch Bäume! Ste ivarcn kahl. Aber hier sind die ganzen Berge kahl!" — DaS waren die Ansichten des amerikanischen Ehepaares. Nicht meine! Ich berichte und mache keine Stimmung! Das war aber auch die Ansicht anderer Ameri kaner, die ich sah und hörte. Sic waren meist in Parts, Berlin und Wien gewesen, wollten »un ausser Italien das Stück Afrika sehen, das die Reisegesellschaften in der Gegend vvn Tripolis zu zeigen pflegen, und nahmen diesen Teil ihrer Reise nur noch recht widerwillig mit. weil sic ihren Platz auf dem Heimdampfcr festgebucht hatten. Sonst wäre die schlechte Saison in Italien noch früher etngetreten. „Gewiss gibt cs Amerikaner, die in jedem Jahre kommen." hörte ich dann in Palermo und selbst ln Taormino, „aber das reicht nicht a»S! Wir brauchen Masten! Und die kamen immer nur aus Dcntschland. Gerade auch nach dem Kriege." In Palermo zeigte man mir in einem sehr grossen Hotel einen Brief. Anonym. Der Stempel auf der Briefmarke verriet nur. dass er aus Hamburg stammte. Er bestand auS einem sauberen Blatt Papier, auf das ebenso sauber grüne und rote Zettclchcn geklebt ivarcn mit Sätzen wie: „Eicht nicht nach ItalienI Denkt an Versailles!" und „Kauft keine italienischen Blumen!" Der eine der Hoteldirektorcn hatte dafür daS Wort: „DaS ist doch traurig," der andere erklärte wild: „Das ist doch ein Skandal! Was haben die Italiener denn den Deutsche» getan? Wer kümmert sich denn von uns nm daS. was Mussolini sagt! Kaviar für die Italiener! Nichts fürs AuS- land! Und die Geschichte mit den Tannenbänmcn »nd dem Denkinal Walthers von der Bogclweibe ist doch wieder ein- gerenkt." „Richtig," war meine Antwort. „Aber da ist noch ein anderes Wort von den schlecht angezogenen Deutschen, die das herrliche Parkett der italienischen Paläste betreten." Die beiden Herren sahen mich an, sahen sich an und senkten die Kopfe. Man spricht ungern über und noch viel weniger gern gegen Mussolini. Man muss schliesslich auch als Ausländer anerkennen, und wird das sogar mit Vergnügen tun. dass Mussolinis Regiment gerade auch für den Fremden unschätz bare Annehmlichkeiten mitgcbracht hat. In Rom und selbst in dem urwilden Neapel wickelt sich der Betrieb mit den Facchinos. die früher wie ein Wespenschwarm über den ein- zelnen Fremden und sein Gepäck hcrstelcn, schlechthin muster gültig. ohne die geringste Reibung, ohne den geringsten Ver- such der Prellerei, flink und sicher ab. nnd die Züge treffen ebenso pünktlich ein. wie sic alnahren. In diesem Lande ist cs unbedingt ein Fortschritt, dass bet dem Ausladen der Post in den Holen und auf den Bahnhöfen ein Unbeteiligter den Beamten aus die Finger sicht, einer, der unbestechlich ist und auf seinem Posten ans Ucbcrzciignng auch unter schwierigen Umständen nushält. Aber die Kleidung der Deutschen? Ich drängte mein« Hoteldirektorcn um ihre Ansicht auch darüber. Einer räusperte sich und sprudelte schliesslich heraus: „Na ja. die Geschichte mit den Lodcnanzügen nmr ja furchtbar übertrieben. Die gtbt'S ia gar nicht mehr. Die Deutschen tragen ja ihre kurz- hostgen Relscanzügc a»S anderen Stoffen." Ich antwortete gar nicht, zeigte vielmehr auf einen Herrn in sehr derbem Rctseanzug und sehr derben Stieseln, so wie sie schon unbedingt nötig sind, wenn jemand in der Kultur- wüste — Wüste durch die Herren Italiener selbst — des Forum Romannm hcrumklcttcrn will, oder in den Terncn dcS Diokletian oder in den Katakomben umhcrkriecht. .Ha. der. das ist ein Ocstcrrcichcr!" — „Jawohl, es ist Graf Ehotek der Bruder der ermordeten Erzherzogin! Und dort der lange, schlanke Herr mit der inngen Dame ist ein georgi scher Fürst auf der Hochzeitsreise! Und der. und der, und der?" Ein kleiner italienischer Listbon bekam Tränen in die Singen, als ich ihn fragte: „Habt Ihr viel Engländer im Hanse?" „Viel zu viel. Herr!" schrie er aus „Für unß sind nur die Amerikaner und die Deutschen gut" erläuterte er, als er mein verwundertes Gesicht wegen keiner Aufwallung sah. Dabei schaute er nach meiner Hosentasche, als ob ich nicht eine entwertete Lira, sondern hunderttausend Deutsch« hcrauszichcn würde. Die habe ich nicht in der Tasche, mein Junge! Da muht du schon bei Mussolini »m den Mut anklopscn. seine Takt losigkeit wieder gntznmachcn. Franz Lchnhoff.
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