Volltext Seite (XML)
k«. Jahrgang. Z8S Donnerstag, 24. Angnst 1922 Gegründet ISS« Lrahlenschrikl i Blachrtchte» Lr«»«». F»rnlPr«ch»r-Samm«lmtmm»r SS 241 Nur für «achlgrlprilch«: SO Oll Bezugs-Gebühr Di« Ispallia« Anzelgen-Preise. SS - . Dorau»d«zal>lun>. Echriftl»itung und 11au»kgelchiiI1»ft»I>e: »«IinNreg« SS/40. Druck» u. D«rl,, oo» VI«psch » Strlcherdt In Dr»ad«N. Polycheckc-Kont» 1OSS Drendrn. «achdru» nur mil deutlicher vurvenangad« (^Dresdner Nachr.'i zuliilsig. — Unverlangte Schriltsttirke werden nicht ausdewahrt. ösivscisl's ökUillSLilS IkkkSSSS 4 ich- 1-ttg»«-»i S iMr eii,«r-0rok«»t«r-N«mr»rt« 6 > 65c >2 4-7 UM uns s-irum, i<or>r«t-ts Wslrirsstsuremt — Ssr IVIsx Slöss dloritriirnüe 18. SelvucklirnKsIcürper, LIelrlrlscke PILtten, Locklvpkv, Lcküttv - I-anL - Xocdplatten. 26 «egante, «eifegepSek Seins,e Leäerwarea 26 Me Zusicherungen an Bayern. Befriedigung -er bayrischen Regierung. tvon unserem Lon derber i ch t e r st a t t e r.) Mitychen, 28. Aug. Die bayrische Staatsregierung hat gegen 6 Uhr abends ein eingehendes Communiauä über die Berliner Verhandlungen hernnSgegeben. Die Abschnitte 1, 2, 8 und 4 befassen sich mit dem bereits Bekannten und im Berliner Protokoll Jcstgelegtcn. Der Abschnitt ö bringt d i e neuen Zusicherungen, die Bayern bei den letzten Verhandlungen erreicht hat. Sie lauten: 1. Beim Staatsgerichtshof ivird ei» süddeutscher Senat gebildet. ' Die Ernennung seiner Mitglieder erfolgt nach Benehmen mit den beteiligten Landesregierungen. Ihm werde« drei bayrische Laienrichter und eine entsprechende Zahl bayrischer RcichsgerichtSräte augehürcn. Als Laienrichter können ausschließlich oder zum Teil Personen vorgcschlagen werden, die die Befähigung zum Richteramt besitzen. Der Senat kann auf Grund eigenen Beschlusses nach Belieben auch in einem süddeutschen Orte tagen. 2. In den Fällen, in denen die Zuständigkeit des süd deutschen Senats gegeben ist, wird dasBcgnadigungs- recht vom Reichspräsidenten im Benehmen mit der Landes regierung oder auf deren Anregung ausgcübt. 3. Nach Fühlungnahme mit der banrischen Negierung wird ein bayrischer Beamter zur Reichsanmaltschaft als Referent des Oberreichsanivalts für bayrische Sachen be stellt. 4. Es wurde neuerdings mit Nachdruck betont, das, die Ncbcrweisung der Strafsachen an die ordentlichen Gerichte die Regel bilden werde. Die bayrischen Staatsanwälte werden angewiesen werden, bei Vorlage der Akten an den Oberreichsanwalt sich darüber zu Lüftern, ob sich eine Sache zur Behandlung durch den Staatsgerichtshof oder durch die ordentlichen Gerichte eignet. Diese Aeufterunge» werden von der Obcrrcichsanwaltschaft sachgcmäft berücksichtigt werden. ö. Weder die Reichsregiernng noch die Landesregierung darf ans die Entscheidung des Ltaatsgerichtshoscs in Ver- waltungösachen irgendwelchen Eins! »ft nehmen. v. Der bundesstaatliche Charakter des Reiches, die Slaatspersönlichkeit und die Hoheit der Länder werde» neuerdings anerkannt. Es wird wiederholt zugesagt, daft das Reich die Hoheitsrechte der Länder nicht unter Ab änderung der verfassungsmäßigen Zuständigkeit des Reiches antasten darf. Darüber hinaus wird zugcsichert, daft die Reichsregiernng nicht willens sei, bisherige Ausgaben der Länder i» die Verwaltung des Reiches durch neue Reichs mittel- oder Neichsuntcrbehörden zu übernehmen. Zum Schluß heißt es in der offizielle« Darlegung, daß mit diesem nenerlichen Ergebnis die bayrische Staatüregiernng be friedigt ist, daß sic aber nach wie vor ausdrücklich in Berlin erklärt habe, daß sie die Schulgesetze verwirft und daß nur volle Befriedigung durch die Aufhebung der Gesetze geschaffen werde» kann. Die „Bayr. Bp.-Korr." erklärt heute zur Beendigung des Streites zwischen München und Berlin: Bayern hat vorerst einen Erfolg im Borfelde errungen. Die Haupt einstellung des Unitarismus, ans der er seine Kraft schöpft, die Weimarer Reichsverfassung, liegt noch unversehrt da. Solange sic nicht in föderalistischem Sinuc revidiert ist, haben alle Vereinbarungen mit der Reichsregiernng, auch wenn sic noch weiter gingen als die bisherigen, nur einen a u ft c r o r d c n t l i ch beschränkten Wert. Es . ist fraglich, ob sich bei einem nochmaligen Anlaft die Dinge in Bayern zu einem friedlichen Ende führen lassen können. Die Mitglieder -es Slaalsgerichlshofs. Berlin, 23. August. Der Neichsjustizminister hat den auf Grund des Gesetzes vom 21. Juli d. I. zu bildenden Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik mit Wirkung vom 1. September d. I. ab errichtet. Es sind ernannt zu Mitgliedern des Staatsgerichtshofs: Senatspräsidcnt Dr. Hägers als Vorsitzender, die Reichsgerichtsrätc Dr. Baum garten und Dvehm, der Universitätsprosessor Tr. van balker, Reichskanzler a. D. Fehrenbach, Landtagsabgeordnetcr Hart mann, der wnrttcmbcrgische Gesandte H i l d c n b r a n d t, der Verbandsvvrsitzende Jäckel und Herm. Müller, Potsdam. Zu stellvertreten den Mitgliedern wurden ernannt: Senatsprüsident Dr. Schmidt und Rcichsgerichtsrat Nied ner, als stell vertretende Vorsitzende Reichsgcrichtsräte Adolf Müller, Dr. Niel and und Zeiler, der Abgeordnete Auf- Häuser. der Vcrbandsvorsitzende Brandts, der Redakteur Joos, der Krcishauptmann Lange, der Staatsministcr a. D. Reincke - Block, der Staatsminister a. D. Tr. N e i n h v l d und Neichswirtschaftsministcr a. D. Wisse ll. Zum Untersuchungsrichter und zugleich zum Ermittlungsrichter beim Staatsgerichtshof sind der säch sische Landgcrichtsrat Dr. Richter und der preußische Kammergerichtsrat Wolf bestellt. Sie Verhandlungen mit der Reparationskommission. Die Lartnöckigkeil -er Aeparalions- Anterhän-ler. Die „Pfänder" sind Minimalforderungem Berlin, 28. August. Wie die Dena berichtet, sieht man in den der Reparationskommission nahestehende» Kreisen die Lage als wenig aussichtsreich an. Eine positive Aussicht auf Verständigung habe sich bisher noch nicht ergeben, da ein Moratorium ohne ausreichende Pfänder nicht in Frage kommen dürste. Uebcr die Form dieser Pfänder mit der deutschen Negierung eine Verständi gung zu erzielen, sei die Aufgabe der beiden Delegierten Vradbury und Mauclcre. Die Pfänder selbst seien nach An sicht der Reparationskommission das geringste, was überhaupt gefordert werden könnte. Ein Ver zicht darauf komme nicht in Frage. Man sei sich, berichtet die Dena weiter, in diesen Kreisen auch darüber klar, daß Deutschland mit einem kurzfristigen Moratorium wenig ge dient wäre, wenn nicht dnrch eine internationale Anleihe schnell die nötigen Zahlungsmittel herbeigeschasst werde,, würden. Ein langfristiges Moratorium könne aber schon deshalb nicht in Frage kommen, weil weder Frankreich, Italien, noch Belgien Ordnung i» ihre Finanzen bringen könnte» ohne die dentschen Reparationszahlungen. Noch immer Vorverhandlungen. Berlin, 23. August. Nach der „Voss. Ztg." haben die Dele gierten der Reparationskommission bisher scharf Um riss e n c Vorschläge noch n icht gemach,, lieber die sogenannten produktiven Pfänder, die nach den Londoner Forderungen des französischen Ministerpräsidenten die Vor aussetzung für die Gewährung eines kurzen Moratoriums sein sollen, sei zwischen den beiderseitigen Unterhändlern eine Vereinbarung noch nicht getroffen worden. Die bisherige« Berhandlnngen zwischen der deutsche» Regierung und der Reparationskommission seien anscheinend über eine all ge meine Erörterung des Reparation S Pro blems, der deutschen Finanzlage, der Kohlen- und Holz- lleserunge» und des Clearingverfahrens noch nicht hinaus gelangt. Es liegt daher vorläufig kein Grund vor, den wetteren Verhandlungen eine optimistische oder pessi mistische Prognose zu stellen. In einer Chefbesprechung, die heute unter dem Vorsitz des Reichskanzlers stattfand, sind die bisherigen Ergebnisse der Konferenz mit de» Beauftragten der Reparationskom misston erörtert worden. Um 5 Uhr nachmittags fanden sich Bradbury und Mauclerc wieder beim Reichskanzler ein, um die gestern unterbrochene Diskussion fortziisetzen. Ungünstige Aussichten. London» 2g. August. In hiesigen politischen Kreisen ivcrden die Aussichten einer Verständigung in der Mora toriumsfrage heute wieder ungünstig beurteilt. Dies ist weniger auf die Rede Poincarös in Bar-le-Duc zurückzu führen. als aus die Berichte, die aus Berlin eingegangen sind. Positive Nachrichten über den Entwicklungsgang der Besprechungen des englischen Vertreters der Reparations kommission mit dem deutschen Kabinett liegen zwar noch nicht vor, doch wird angenommen, daß die Schwierigkeiten, die »och zn überwinden sind, größer sind, als man ursprüng lich glaubte. Teilnahme Frankreichs an der Kali-Industrie als Pfänderersah. «kigner Lrahtvericht der „Drcsdn. Nachrichten"., Paris, 23. August. Die Nachrichten, die über die Ver handlungen der Reparationskommission in Berlin hier einlaufcn, sind sehr spärlich. Jmmcrhin will man an offi ziöser Stelle wissen, daß der deutsche Nntcrstaatssekretär Hirsch im Verlaufe der Verhandlungen einen bereits früher einmal behandelten dentschen Plan vorgclcgt habe. Man denke augenblicklich daran, ob es nicht möglich sei, die im Rnhrgcbiet geforderten Pfänder durch eine Teilnahme Frankreichs an der dentschen Kali-Jndnstric und an einzelnen Erzvorkommen zn ersetzen. Einstellung -es -eulsch-hollän-ischen postalischen Gel-verkehrs. anrr Drahtbericht der „D r , » d ». Na«riLtea*.1 Haag. 23. Aug. Laut amtlicher Mitteilung der holländi schen Pvstvcrwaltung ist der postalische Geldver kehr zwischen Holland und Deutschland und u m g c k e h , t e i » g c st c l l t. ES können von setzt ab keine Postanweisungen, Nachnahmen, Tratten oder Quittungen, auch keine Pakete mit Nachnahme mehr versandt werden. Uebcr die Ursache der Einstellung ist nichts bekannt. Aufhebung -er «elorftvnen? London, 28. Aug. Der Pariser Berichterstatter der „TimrS" meldet: Es ist wahrscheinlich, daß die kürzlich gegen Deutschland in Elsaß-Lothringen beschlossenen Maß nahmen demnächst ansgehoben werden. sWTB.s I Dollar (fffslvvfkslif): 1460 I Die Sozialdemokratie und -er Kamps gegen Versailles. Tic von Tag zn Tag sich verschlechternden Wirtschasls- verhältnisse bringen es mit sich, daft das Interesse des Vvlkes an den politischen Gründen seiner Not immer größer wird. Im ersten und auch noch i»> zweiten Jahre nach dem Kriege konnte es einer verlogenen Agitation ge lingen, für die Ansicht Anhang zu werben, wachsende Tene- rnng, zunehmende Verelendung der Massen leiteten sich vom kapitalistischen System her, das es mit allen Kräften zn bekämpfen gelle. Nachdem aber allerlei Lozialisicrniigs- versuchc bei uns und im benachbarten Oesterreich die Un produktivität der sozialistischen Theorien klar erwiesen hatten, nachdem vor allem jene Niesenvlcite im Mustcr'taate der TozialisicrungS- und Kvmmunisicrnngsexperimentc, in Rußland, erfolgt mar. bahnte sich bei uns auch in den hand- arbeitenden Schichten des Volkes so etwas wie eine Ein- odcr Umkehr, der Versuch eines tieferen Eindringens in die Zusammenhänge zwischen Politik und Wirtschaft an, die schließlich zu der Erkenntnis führten, daft nicht das kapitali stische Wirtschaft,;- und Gesellschaftssystem cs waren und sind, die uns nicht wieder cmporkommcn lassen, sondern der uns aufgezivungene Versailler Vertrag. Es war entschieden erfreulich, zu beobachten, wie einzelne ganz einfache Leute, die von ihren Parteien lebenslang zum Glauben an. die Heilkraft der Internationale und an die abgesagte Bosheit des Kcipitglismus ungehalten morden waren, ins Gespräch gezogen, ganz offen bekannten, daft ihrer Aussassung nach alles Nebel, alle Not im deutschen Volle gegenwärtig auf den Vertrag von Versailles und ans die halsstarrige Hal tung der Franzosen zurückzusührcn seien. Je mehr diese einzig richtige Auffassung an Boden gewann, desto günstiger wurden die Voraussetzungen für den unbedingt notwendi gen moralischen Kampf der Allgemeinheit gegen jenes ruch lose Diktat, dessen wirtschaftliche Ansmirtnngen uns bis in die kleinsten Alltäglichkeiten hinein verfolgen. Gleichzeitig öffnete sich endlich eine Aussicht, das in Parteilämpsen zer fallende Volk unter dem Banner einer machtvollen gemein samen Idee sich innerlich zn einer geschlossenen Volksfront einige» zn sehen, die den Kamps gegen Versailles vielleicht einmal überdauern und der späteren Entwicklung der "Nation förderlich werden würde. Und wenn der Weg bis zur Ver wirklichung dieses Zieles auch noch so weit und so dorneu- voll wäre, so müßte doch alles getan werden, eS zn er reichen. Das ist die Auffassung aller derer, denen daS Vaterland über alles geht. Sic wissen, daft lein persön liches Opfer zu schwer, kein parteipolitisches Hindernis un umgänglich sein darf, wenn eine feste, dauerhafte nationale Volksgemeinschaft ins Leben treten soll. Freilich ist die Zahl dieser tiefinncrlich überzeugten Anhänger des deut schen Gedankens noch eine geringe. Der einzelne Mann aus dem Volke mag die Schädlichkeit des Versailler Vertrags einsehcn gelernt haben, mag wissen uns spüren, daß jeder von uns unter den Vertragsbestimmungen schwer leidet, und der Ucberzeugung sein, daft dieses Diktat beseitigt werden muß. Das hindert ihn aber nicht, in der Masse gegebenen falls dem offenen Bekenntnis dieser tteberzcugiing den Ge sang der Internationale folge» zn lassen. „Deutschland, Deutschland über alles!" — und einen Augenblick später: „Die Internationale", so wie cs am Vcrfassiiiigstagc nach der Rede dcö Reichspräsidenten vor dem Reichstagsgebände geschah. So recht ein Spiegelbild der Seele des deutschen Arbeiters sozialistischer Parteizugehörigkeit, auf der einen Seite deutsch, in den Zusammenhängen seiner deutsche» Stammeszugehörigkeit lebend, fühlend, wollend, ans der anderen dem bleierne» Zwang einer jahrzehntcalteii Tradi tion seiner Berufs- und Gesellschaftskreise folgend inter national: aus der einen Leite als Glied des vom Versailler Vertrag unterdrückten deutschen Volkes Feind dieses Ver trags, ans der andere» als Internationalist mit Millionen der Untcrdrückcrvölkcr verbrüdert und sympathisierend. Es ist klar, daß bei einer solchen verworrenen geistigen Ein stellung eines großen Volksteils der Weg bis zur „Ein hcitsfront gegen Versailles", die eine Anzahl nationaler Verbände sich unlängst dnrch einen Aufruf zu fördern be mühten, noch weit ist. Ebenso klar aber ist cs, daft wir diese» Weg als den einzige», der uns helfen kann, be- schreiten und daß wir die Halbheit zerstören müssen, die in dem Verhältnis der deutschen Sezialdemvkratie zum Ver sailler Vertrag zum Ausdruck kommt. Die Sozialdemokratie Hütte rS an sich leicht, »ach all de» Wandlungen, die ihre Stellung zum Versailler Vertrag dnrchgemacht hat, nun auch noch die letzte Konsegnenz zn ziehen mit der Erklärung, daft sie sich von Anfang an ans Grnnd falscher Voraussetzinigen zu einem vollkommen ver fehlten Verhalten diesem Vertrag gegenüber hat verleiten lassen. Sic batte gemeint, die iiiternativ- nale Arbeiterschaft aller Länder würde »ach dem Zu sammenbruch des Krieges ihren Eiiiflnft mit Erfolg dahin geltend machen, daft ein für alle Teile gerechter und erträglicher Friede zustande käme Zu Tode erschrocken, mußten ihre Vertreter in Ministerämtern im Mai Ivltz