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MM -L TahrgsMI. »1» Dteavkag, 1. November l»r? Gegründet 18« DrabtanschrM: BachrUdte» Vre*»«« S«r»syr»ck»r-S«»n»e>nmmaer - SS 241 Nur für Nacht««svräche: 20 011 Dqugs-S-bühr Di» Sn,tz>arn werdn, na» Wold Anzeigenpreis-: L?K,.7.L"LL.7 auiUrbalb rsoPsa. Offerten,ebai ^au» >.«, ML. ngsaebübr. berechnet: di, «insvaltio« ro nun breite amUtenanzrtgen und Stellengesuche ohne die «o «nm breite Reklamezeile r«x> Psa., roPs,. Auew.Bustraae gegen Vorausbczabl,. Schrtftleitung und Äauvtgeschtiftefteller Martevftrah« SS 42 Druck u. Verlag von Ltepsch » Retchardt in Dreede» Postscheck-Konto 10SS Dreade» Nachdruck nur mit deutltcher Quellenangabe «.Dresdner Nachr.'t zulässig. Unverlangte Schrtststücke werden nicht autbewadr». Die Wahlzersplitterung in Danzig. kinigkeit nur bei den Polen «nd dev Marxisten. — Sechs Listenverbindungeu. .»> Bor den Danziger Dolkskagswahlen. Berlin, 1. Nov. Die Presse beschäftigt sich lebhast mit den am IS. November stattsindende» Wahlen in Danzig und macht daraus ausmerksam, welche unglückselige parteipolitische Zersplitterung in diesem Zwergstaat von etwa 380 000 Die Pole« in ihrer kleiuen .. die Deutlchen im ganze« Bon den Deutschen wiederum ist charakteristisch, bah Sozialdemokraten und Kommunisten in sich geschloffen blieben/ ' daS Bürgertum aber in 19 Parteien, Parteiche« «nd Grüppche» gespalten ist. Die einaereichten Wahlvorschläge sind, nach der ungesähre» zahlenmäßigen Bedeutung geordnet, die sie voraussichtlich bet den kommenden Wahlen erreichen werden, folgende: Sozial demokratische Partei, Deutschnationale VolkSpartei, Zentrum, Kommunisten. Deutschliberale Partei, Deutsche Danziger BolkSpartei, Nationalltberale Bürgerpartei, Bürgerliche Arbeftsgemetnschaft sBeamtenpartrtj, Polen, Danziger Haus- besitzerpartei. Deutsch-soziale Partei, Mieter- und Gläubiger, pgrtet.' Ae einen einzigen Abgeordnete« dürfte» vielleicht noch burchbrtngen die Deutsche Mittelstands- und Arbeiter partei leine der dret antisemitischen Gruppen), die vereinigte Liste der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei und der »AufwertungS- und Bolksrechtpartei- sowie der erste Wahloorschlag der Danziger Fischer. Ausfallen dürft« der «eitere Wahlvorschlag »Fischer und verwandte Berufe-, AN- gemeine Rentnerpartet, Hypothekenschuldnerpartei, Danziger WtrtschaftSblock sWirtschaftSliste) und Bürgerliche Arbeit- uehmcrgruppe. SS versteht sich bei der Danziger parteipolitischen Viel seitigkeit, daß außer den vorgenannten nochverschtedene andere Parteigruppen sich zu bilden geneigt waren, aber bann doch darauf verzichteten. Dazu gehört« auch eine Partei der Ledigen. WohnungSlose» «nd Untermieter. Es fanden sich für diese Junggesellenpartei allerdings nur zwanzig Personen, und man nahm darum von ihrer Begründung Abstand. Die Gruppe der Antisemiten hat sich in drei Parteien gespalten. Die oer Hypothekengläubiger und Sparer zerfiel in zwei Gruppen. Auch die wenigen Danziger Fischer erscheinen mit zwei Listen. Die Allgemeine Rentner partei führt ein früherer Kommunist, dann sozialdemokrati scher Abgeordneter, der wegen des Borwurfs der Mitarbeit an polnischen Blättern aus der Sozialdemokratischen Partei ausgeschloffen wurde. Die Deutsch-Danztger VolkSpartei, welche sich auch WirtschastSpartei nennt, hat durch Begrün- düng der Danziger HauSbesttzetpartei und der Hypotheken schuldpartei zwei Abspaltungen erlitten. Die Zugkraft ihrer Hauptgruppe dürste dadurch, daß ihr Führer Regterungsrat Dr. Vlavier in zwei Instanzen wegen Betrugs zu S Monaten Gefängnis verurteilte wurde, nicht gehoben worden sein. Neu in der Danziger Partetbewegung ist bas Erscheinen der Nattonalliberalen Bürgerparte t. Teilweise handelt eS sich um eine Absplitterung von der Deutschliberalen Partei. Anderseits hofft die Nationalltberale Bürgerpartei, eine Brücke von rechts nach links zu schlagen, und wahlmüde Wähler für bas Bürgertum zu retten. Bet der .'origen Wahl trat die Deutschbanziger VolkSpartei als Gruppe der Reichsdeutschen VolkSpartei auf Diese hat sich aber dann wegen des Herrn Blavier von ihr zurückgezogen und or- gantflert nun in der Hauptsache die Wahlprvpaganda der Nattonalliberalen Bürgerpartei. — Inzwischen sind auch Ltstenverbinbnnge» für die Danziger BolkStagSwahlen, im ganzen sechs an der Zahl, bekannt geworben. Di« von der Rationalliberalen Partei angestrebte Listenverbtndnng aller bürgerlichen Parteien ist nicht ,«stand« gekommen, »eil einzelne Parteien, be sonder« da» Zentrnm, nicht die Splitterparteien unterstützen »ollte». ES verlautet, daß von rechtsstehender Sette für eine LtstenverbtndMg dieser Art di« Forderung aufgestellt worden ist, daß sich die Parteien vorher verpflichten, später keine StegierungSkoalttion mit den Sozialisten etnzugehen. Der polnische Ekak veröffentlicht. Warschau. 1. Non. Heute wird der BerteilungSplan des polnischen Staatsbudgets für daS Jahr 1928/29 veröffentlicht. In dem Plan sind die Einnahmen mit 2S50 Millionen, die Ausgaben mit 2228 Millionen Zloty beziffert, so daß ein Ueberschuß von 123 Millionen herauskommen soll. In dem Einnahmebudget entfallen auf das Finanzministerium allein 1288 Millionen Zloty, auf die Monopoleinnahmen 781 Millionen Zloty, auf die staatlichen Unternehmungen 152 Millionen Zloty, während auf die übrigen Ministerien nur kleinere Summen entfallen. Allslandssttmmen zur Rede Marx' in Men. ?> Aus Paris. Parts, 1. Nov. Sauerwein behandelt im „Matin- die Tragweite der Erklärungen des Reichskanzlers Marx in Essen über die Kriegsschuld und kommt zu dem Ergebnis, daß die Erklärungen Dr. Marx' z« einer Beruhigung führe«. Die Verfasser des Versailler Vertrages hätten nicht daran ge dacht, den Versailler Vertrag in seinen vollen Konsequenzen burchzuführen. Kaiser Wilhelm wurde nicht aufgehängt, wie eS Lloyd George zu sagen liebte, ein Beweis dafür, baß die Alliierte» sehr bald nach dem Kriege der Politik zunetgten, Deutschland nicht als den Schuldigen zu behandeln, sondern als eine Nation, die ihr« Verpflichtungen zu erfüllen habe, aus dem einfachen Grunde, weil sie sie unterzeichnet hat. Was die Alliierten bisher beunruhigte, war, daß die deutsche Re iterung, indem sie die Kontroverse über die KriegSschuldfrage ortsetzte, die Zerstörung der Grundlage des Versailler Ver trages verfolgte. Die Situation werde nm vieles klarer und logischer, so» bald die dentsche Regierung — ebenso auch die Alliierte« — die Grundlage des Versailler Vertrages außerhalb der Dis kussion laste «nd Deutschland seicrlich erklärt, daß eS mit der Rehabilitierung des Deutschlands von 1911 keine neue Taktik verfolge, «m sich seinen Verpflichtungen z« entziehen. DaS sei die Bedeutung der Worte Dr. Marx' und man müsse hoffen, daß sie den Beginn einer neuen Periode bedeuten, in der man aus beiden Seiten aufhört, die Fehler der Ver gangenheit anfzufrischen nnd sich über die Durchführung der Verträge loyal zu einigen versuchen werbe. Die Historiker, die Redner mögen sich mit der KriegSschuldfrage weiter be schäftigen. Das werde Frankreich nicht beunruhigen, sobald der Reichskanzler dieser Propaganda, die die Politik be unruhigende Tendenz genommen habe. Der „TempS" schreibt, die Rede von Dr. Marx sei vor allem eine Propagandarede für die kommenden Wahlen gewesen. Folgende drei Gesichtspunkte seien hervorzuheben: 1. Die feierliche Erklärung, daß die Kriegsschuld- frage nur eine Ehrenfrage für das Deutsche Reich sei und das Deutsche Reich seine Verpflichtungen unter allen Um- ständen auch weiter loyal erfüllen werde. 2. Die scharfe Zurückweisung der Angriffe gegen Parker Gilbert. S. Die formelle Feststellung, baß Deutschland ein re publikanisches GtaatSgeSIlbe bleiben müsse. Dt« „Ltbertä- bezeichnet ev als besonders beunruhi gend, daß die führenden deutschen Staatsmänner ale der gleiche« «nssastnn, seien, ob es nun der greis« monarchistische Soldat Hin den bürg, der Freidenker Gtresemann oder der klerikale Marx sei, die vorzeitige Räumung detz Rheinlandes bleibe das gemeinsame Ziel der deutschen Par teien. Dabei sei jedoch nicht sicher, ob nach Räumung -eS Rheinlandes nicht auch die Rückgabe der verlorenen Pro. vtnzen gefordert werden würde. Am »Journal des DöbatS- wirst man dem Kanzler vor, den Artikel 2S1 des FriebenSvertrageS falsch ausgelegt zu haben, indem er nur von der Schuld der deutschen Re. gierung und nicht von einer Schuld des deutschen Volkes ge. sprochen habe. Das Arkell -es „Daily Telegraph". London, 1. Nov. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph- vertritt heute die Auffassung, daß die Warnung -eS ReparattonSagenten an die Neichsregterung bemerkenswerte Erfolge gezeitigt habe. Dies zeige die Schaffung eines besonderen Reparationöbüros in Berlin mit einer besonderen parlamentarischen Kommission, die beide in ständiger Fühlung mit dem Gcncral.igenten durch dret Kabinettsmitglieder ergänzt werben würden. Dr. Strese- mann habe bereits mit Nachdruck versichert, daß die Reichs- regierung an der ErfüllungSpolittk festhalten werde. Zur RetchSkanzlerrebein Esten bemerkt der btplo- malische Korrespondent, baß dies ein neuer Versuch sei, die völlige Rheinlanbräumnng zu erzwingen. In oer Kriegs- schulbfrage habe der Reichskanzler offenbar die Notwendigkeit gefühlt, sich mit der Tannenberg-Rebe des Reichspräsidenten öffentlich zn identifizieren. Die ReichSkanzlcrredc müsse auch als eine Beschwichtigung der Rechten aufgefaßt werd:n. Ein Stiefsohn -es Kaisers lö-lich verunglück!. Prinz Georg Wilhelm »»» SchSnaich-Sarv» latH. der zweit« Sohn der Gemahlin deS Kaisers, fnhr in der Näh« »vn Laadar mit feine« Motorrad ans den Wage« eines Gutsbesitzers anf »nd erlitt bei de« Gtnr zeinen Schädclbrnch. Prinz Georg Wilhelm ,,« SchSnaich-Earolath ist am Dienstag früh i« Grünherger KrankenhanS de« Verletzungen erlegen, hi« er am Sonntag Bei eine« schwere« Motorrad» «afall erlitte« hatte. Di« «ntter de» «ernnglückten, Kaiserin Hermine, hat »i« Nachricht in Berit« erhalten, al» sie sich ans de, «eise zu ihrem «ernnglückten Sohne hefand. Der Parteitag der österreichische» Sozialdemokratie. Die Auseinandersetzung zwischen Nenner «nd Bauer. «Bon unterem Wiener Mitarbeiter.) Aus Wien schreibt man uns: Der Parteitag der sozial demokratischen Partei Oesterreichs, der am Sonnabend tm Ottakringer Arbeiterhcim eröffnet worden ist. steht ganz tm Zeichen der schweren Niederlage, welche der Austro - Marxismus in de» Wiener Bluttagen vom 15. und 16. Juli erlitten hat. Die Frage nach Len Verantwortlichen und nach den begangenen Fehlern scheint wette Kretse der sozialdemokratischen Anhängerschaft zu erfüllen. Kehler der Parteileitung, Fehler der Organisation und Fehler der Diszi- plin werden in gleicher Weise für die Niederlage verant wortlich gemacht. Schon die beiden Hauptreferate Dr. Otto Bauers und Dr. Karl Renners spiegeln diesen Seelen- zustanb der Partei deutlich wider. Es ist aber auch zugleich eine Auseinandersetzung der Richtungen innerhalb des Austro marxismus. Seine einst für so geschloffen gehaltene Phalanx, die keine Brüche zeigte, als die deutsche Arbeiterbewegung sich in Mehrheitssvzialisten, Unabhängige und Kommunisten spaltete, weist plötzlich deutliche Riffe aus, nnd wenn auch eine offene Spaltung sicher auch diesmal noch wird ver hindert werden können, so wird doch der Eindruck nachwirken, daß wir an einem Wendepunkt der sozialistischen Bewegnng Oesterreichs angelangt sind. Die Gegensätze, die sich hier tm Innern des Austromarxismus aufgetan haben, sind zu tiefgehend, als baß sie durch ein taktisches Kom promiß auf die Dauer überbrückt werden könnten. Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Flügeln der Partei, den Gemäßigten, deren Kern die Gew:rkschaften bilden, und den Radikalen ist unaufhaltsam geworden, und wenn jede dieser Richtungen auf dem Parteitage durch ein Hauptreferat vertreten war — der radikale Standpunkt durch Dr. Otto Bauer, der gemäßigte durch Dr. Karl Renner —, und wenn dann in dem Parteitagsbericht zu lesen ist, daß jeder der beiden Referenten, der doch nur mit dem anderen Ab rechnung gehalten hat, mit stürmischem, anhaltendem Bei fall angehört worden ist, so kann man nur annehm:», daß die beiden gegensätzliche« Richtungen innerhalb der Partei «ngefähr gleich stark sind. Die Auseinandersetzung zwischen Bauer nnd Renner de- traf zuerst die Schnldfrage an der Niederlage vom IS. Juli. Auch Bauer muß zugeben, daß nach dem 18. Juls in den Parteiorganisationen »sehr viel darüber diskutiert worden sei, ob nicht auch Fehler, die die Partei, vor allem der Partei- Vorstand, begangen hat, mitverantwortlich für die blutige Juli-Katastrophen- seien. Er findet aber nur de« einen Fehler, daß die Parteileitung nach dem Schattend^rfer Ur- teil nicht selbst eine organisierte Protestkundgebung ver anstaltet habe. Anders Renner. Er erklärt, baß die Ursache der »zer schmetternden Niederlage- war, baß »etne einzeln« Gruppe gehandelt und dte Partei und die Gewerk schaften gezwungen hat, den befristeten Massenstreik und daS außerordentlich verantwortungsvolle Mittel des Verkehrs streiks einzusetzen-. Diese »einzelne Gruppe-, die, Renner sagt eS an einer anderen Stelle ausdrücklich, durch ihre »Disziplinlosigkeit- der ganzen Partei die sichere Niederlage bereitet hat, sind dte Radikalen gewesen. Und Renner kommt nun zur Feststellung der Fehler der Partei. Als solche bezeichnet er die Art der Heldenverehrnng für Straßen« kämpfer. Ironisch meinte er, man könnte sogar eine Art Maria-Theresten-Kreuz für Disziplinlosigkeiten in der Partei etnführen. Als zweiten Fehler die Eigenmacht von Gruppe«. Dte ganze Partei sei auf einen falschen Weg gedrängt. Man solle nicht in erster Linie die Leiden schaften der Massen zum Ausdruck bringen, gleichsam dem flammenden Herzen der Massen die Stimme verleihen, son dern müsse auch die kalt erwägende Vernunft zu Worte kommen lasten. Die Partei habe daraufhin ihr ganzes Organisationswerk nachzuprüfen. ES sei höchste Vorsicht ln der Propaganda geboten. Es dürfe nicht ein falscher Begriff der Revolution in der Masse genährt werben. Dort sei noch immer die Vorstellung der »Revolution im Henaadelsi««- mächtig. Wohl betrachte der Marxismus die Revolution als das hervorragendste Mittel der Entwicklung der Gesellschaft, als »ble Lokomotive der Geschichte-, aber zugleich müsse man in Oesterreich sagen: Hier in diesem Lande ist eine Revolntiv« ans absehbare Zeit eine Unmöglichkeit. «erantwortlich sür die falsche RevolntionSidee der Maste« macht Renner daS lärmende Getne der intellektnelle« Klassen« kämpfer. Den wirklichen Klaffenkampf führen die Arbeiter tn ihren Betrieben, aber diejenigen, die nicht als Lohn arbeiter oder Angestellte direkt im Betriebe stehen «nd den Klaffenkampf nicht in dieser Unmittelbarkett zu führen haben» sie, die den Kampf nur mit dem Worte und der Feber führen, sie seien versucht. Klaffenkampf nur das zu nennen, was auf der Straße als Demonstration, als Straßenkampf erscheint, mit einem Worte: da» grobe lärmende Getue der äußeren Bewegung, nicht aber da» stetige innere Wachstum der Be wegung. Die Propagandawetse der Partei in de« letzten Jahren und Monaten habe an ber Einseitigkeit der Hervor kehrung deS Ostentativen, Demonstrativen, deS Schreienden, der großen Worte, die die ganze Arbeiterschaft tn «inen falsche» Rausch versetze», und so der välligen Verkennung »er