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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 27.12.1927
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-12-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19271227029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927122702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927122702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-12
- Tag 1927-12-27
-
Monat
1927-12
-
Jahr
1927
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»«macht, bann wäre dem Rheinland und un» selbst besser ne» dient gewesen. So hat sich leider in der Auslegung der Bot. schasternote vom 14. November IN2S sowohl, wle tn der Ge» samtüaltung die französische Politik Deutschland gegenüber ausweichend und unlooal erwiesen, und die englisch« hat au» weltpolitischen Interesse» im großen und ganzen di« deutsch. Iran,»fischen Dinge dabin treiben lassen, wohin Polncars sie haben wollte. Solche Täuschung bars nie mehr miederkehren/ Zur Verweigerung eine- Durchmarschrechtes Frankreichs durch Deutschland sm Falle eine» polnisch, russischen Konflikts sagt Rheinbaben: „Man wird trotz mancher Bedenken sagen können, daß baS deutsche Ziel erreicht worden ist." Wie <ebr wir berechtigt sind, gerade in diesem Punkt« Bedenken zu hegen, zeigte sich vor der letzten Ratssitzung. alS sich die polnisch-litauische Spannung kritisch zuspitzte und plötzlich tn der öffentlichen Erörterung die Möglichkeit eine- französischen Durchmarsches wieder austauchte. Dt« fran zösisch« Politik ist in io vielen Punkten unloyal gewesen, daß die Wahrscheinlichkeit kehr dafür spricht, sie werde sich auch hier im Ernstfälle nicht um die obendrein ziemlich vage For- mulierung von Locarno kümmern. Aus selten Frankreichs Ist ja auch, wie schon erwähnt, trotz der klare» Locarnosvrmel: — Keine Garantie der deutsche» Ostgrcnzen aber auch keine gewaltsame Aendernng — bis aus dielen Tag der Versuch immer wieder uuteruviumen worden, ein Ostlocarno zu er reichen. Hier aber lautet die deutsche Antwort über daS kür Deutschland völlig indiskutable »»d an zahlreichen Stellen nachdrücklich abgelebute Ostlocarno-Problem in den Worten RheinbabenS: „Die deutsche Politik beraht den polnischen Staat. Aber das Gebilde deS Kor» rtdorS und die unsinnige, jedem Recht und iedcr inneren Gerechtigkeit l> o h n s p r e ch c n d c G r e n z z i e b » » g in OberschIe ' icn k a n u nicht bleiben." Und über den Wert der Ostmark Ubcrlraupt kür die Zukunft des Reichs heißt cS an einer anderen Stelle in mahnenden Worten: „Es scheint mir immer eins der be- ichämendstcn Merkmale unserer Zeit zu lein dasi Partei- und Unteres,enkänipse aller Art den hohen Wert der deutschen Ostmark, insbesondere Ostpreußens und Schlesiens, so lehr verdunkelt haben. Alle ZukiinstShosniuugen ans eine für Deutschland günstigere Entwicklung der Ostpolitik sind vcr- geblich. wenn die Voraussetzungen für eine starke und kräftige deutsche Ostmark nicht endlich geschussen werden! ..." Der Eintritt Deutschlands in den Völkerbund war die unmittelbare Folge der Locarno-Verträge: auch im Völker, bunde aber ist „der gute Wille der Gegenseite keineswegs von Schlacken un- Einwendungen frei". (Die Verhandlungen dcS RateS vor wenigen Tage" über die Danzigcr Probleme haben daS ja erneut gczetgt.j Von Rbeinbaben untersucht den Wert der Genfer Institutionen sehr ausführlich und doch vhne den Ballast für den Laien schwer verständlicher Völkerbunds- RechtSaelebrsamkeit. Er kommt zu dem Ergebnis, dasi Gens in wichtigsten fragen, wie z. B. der Abrüstung, völlig versagt habe und daß für uns kein Anlah bestelle, mit dem Erreichten zufrieden zu sein. Nachdrücklich weist der Autor die oft aus gestellte These zurück. Deutschland solle die kleinen Staaten um sich versammeln: „DaS Ziel der deutschen Politik kann un möglich die Bildung einer VölkerbundSopposition gegen Frankreich und England sei», sondern im Gegenteil die lieber- Windung bisheriger Hemmungen für die Zusammenarbeit." Und ganz tn diese« Ltnn« lehnt v. Rhetnbaben ein« einseitige Ostorienteruna ah. England und Frankreich «erden noch auf Jahre hinaus dt« für dt« Entwicklung der europäischen Politik in erster Ltul« maßgebende» Faktoren bleiben: Darum Zu» sammenardeit mit diesen Mächten: zu Rußland ader k«ne Fetndschast. baS wäre »di« größt« Dummheit": »Nicht zwei Lager in Europa muß Deutschland wünschen, sondrrn ein einziges, in de« «S seine besonder«, vermittelnde Rolle zwischen Rußland und de« Westmächten zu spielen vorbeftlmmt und bereit ist." LuS alledem ergeben sich die deutsche« Forderungen für di« Zukunft, die v. Rheinbaben unter der Schlagzeile bringt: vbn« Revanche zur wirklichen vesrieduna Eurovas. — Ohne Revanche: Deutschland verwtrst ausdrücklich jede Ge» waltpollttk. zu der e» obendrein, da e- abgerüstet hat. gar nicht sähtg wäre. Wirklich Befriedung Europa»: sie ist vor her Räumung der noch besetzten beutschen Landstriche ein Nonsens. Außerdem hat un» Locarno mit der deutschen Vertrag», ersülluna rin klare» politisches Recht auf die Räumung ge. geben. Wenn aber von französischer Seite schon heute der Versuch gemacht wird, den Versailler Vertrag umzusälschen und eine deutsche Zustimmung für die Aufrechterhaltung einer Kontrolle in Deutschland über baS Jahr ist»» hinaus zu erlangen, so setzt dem v. Rheinbaben ein ganz energisches Rein' entgegen. Die deutsche Ausienpolitik dürse hier nicht einen I-Punkt ihre» Rechte» ausgcben: »Entweder Rhein- räumung und Fortsetzung der Annäherung oder Vcrwetgc- rung der Räumung und freie neue Entschlusimögltchkcttr» auch für Deutschland!" Weiter musi Deutschland fordern den Au», bau de» Artikel» 10 dcS Versailler Vertrag», der eine Revision varsieht, und die gleichfalls in Versailles vorgesehene all gemeine Abrüstung. — Alle dies« Forderungen müssen zu. e r st erfüllt werden, weil sic die Hauptaufgabe in sich schlichen: die innere Stärkung und Festigung Deutschland»: dann erst — und diele dem Gefühl natürliche widersprechende Ansicht hat die grösite Wahrscheinlichkeit für sich — dann erst wird der Anschluß Oesterreichs kommen, dann erst ein wahrer Friede über Europa walten. ES ist erstaunlich, welche Fülle von Problemen in dem engen Rahmen von knapp 2M Seiten (denen noch einige »ü Letten mit Dokumeuten usio. angcsügt sind! kurz und doch ein dringlich. kritisch gegen Regierung und Parteien und dock, ohne Feindseligkeit, hoch über Partetetnscittgkett erhoben, be- handelt werden. Wir haben tn dem Buche o. RhctnbabcnS eine Geschichte der Ausienpolitik deS neuen Deutschland und tm beste» Sinne dcS Wortes ein Buch, daS, wie v. Rhetnbaben einleitend sagt, weder für »Fachmänner", noch sür irgend einen anderem besonderen KrciS geschrieben ist, sondern sich „an alle wendet, die an -er Wiedererlangung deutscher Frei- heit Mitarbeiten wollen". Von Rhetnbaben schreibt an einer Stelle: „DaS lebendige Erfaßen des Augenblicks, politischer Instinkt, Gefühl für Erreichbare», praktische Beschränkung auf da» Nächstliegende, ohne dabet da» vorläufig unaus gesprochene Zukunstsztel auszugcben, scheint eine Gabe zu sein, die nur wenigen unseres Volkes verliehen ist." Mag auch in manchen Punkten der wohlbegründete Skeptizismus gegen- über unseren ausicupvlitischen Gegenspielern nur schwach in Erscheinungen treten (vielleicht, dasi er vvr der Oesscntlichkcit verboraen bleiben solltes — im ganzen gesehen können wir dem Werke Werner v. Rhcinbabenö die angeführten tn Deutschland leider sv seltenen politischen Tugenden voll nnd ganz zusprechen. Sertliches uud Sächsisches. Der Eisenbahnverkehr während der Feiertage. Die Retchgbahn-Pressestelle teilt folgendes mit: »An beiden WrthnachtSsetertagen hat sich der Personen, zugverkehr tm Bezirk« der Reick,sbahndtrektton Dresden im allgemeinen günstig abgewickelt. Die durch Schneeverwehungen unterbrochenen Strecken konnten sämtlich am Nachmittag de« 24. Dezember wieder sretarlegt werden. In der Zeit vom Ri. bi» 26. Dezember wurden auf Hauptbahnhos Dresden 71 und aus Bahnhof DreSdrn-Neustadt »8 EntlastungSzüge sür den Personenzugverkchr abgcsertlgt. DaS in Dresden äuge kommen« Erprrsiont ist. soweit e» sich um Prtvatgut bandelte, den Empsängern tm wesentlichen spätestens am 1. Fcierwg zugestcllt worden. Die sür die geschlossenen Geschäfte be stimmte» Güterwcrte werde», soweit dies nicht bereits ge schehen, heute noch zugcsührt/ Ein Zinsen-iens! -es Reichs an -ie Länder? Berlin, 27. Dez. Der ReichSsinanzmintster wird wahr scheinlich Anfang kommenden MonalS die Finanz, minister der Länder zu einer Konferenz zusammen- berufen, auf der die Forderungen geregelt werden sollen, die die Länder an daS Reich stellen. Tie vom Reichöfinanz- ministcrium durchgesührlc BesoldungSrcform ha! den Län dern so erhebliche Mehrausgaben gebracht, dasi diese jetzt »om Reiche dafür einen Ausgleich fordern. DaS Reich hat es abgelehnt, den Ländern kaufend Sonüerzuschüst'e zu ge währen. Bon den Ländern wird vorgcschlagcn. dasi die cnt- ftaudcneu Sscrmögcnsschäden dadurch ausgeglichen werden sollen, dasi das Reich sür die Vermögenswerte der über nommenen Betriebe, namentlich der Eisenbahn, einen Zinscn- dicust zu etwa 4 Prozent leisten. Der Deutsche Beamteubund zur Denoal- tungsresorrn. Der Deutsche Beamteubund hat zur Versassuugs- und Verwaltungsresorm eine Kundgebung beschlossen, in der es beißt: Eine mechanische Verwaltungsresorm würde überhaupt ein Schlag ins Wasser sein: eine organische aber wird sich in fühlbarer Weise finanziell erst im Laufe von Jahren auS- wirken können. Eine Verwaltungsresorm. die lediglich eine Neuauslage des Beamteuabbaues und als solche finanziell unwirksam wäre, lehnt der Deutsche Beamteubund ab. Eben so wäre es nach seiner Meinung nicht zu verantworten, dem Reichssparkommissar diktatorische Befugnisse zu geben. Der Deutsche Beamtenbund erwartet, dasi er bei Schaf fung der organischen Maßnahmen als g l e i ch b c r e ch t i g t c r Faktor »eben den anderen Sachverständigengrcmien zur Mitarbeit herangezogcn wird. Tschangkaischek marschiert gegen Kanton Peking, 27. Dezember. Tschangkaischek hat ein Expeditionskorps nach Kanton in Marsch gesetzt, da ihm auch der jetzige Machthaber in Kanton, General Tschang-Tak- Wei, verdächtig erscheint, mit den Kommunisten z„ snmpathisiercn. In Kanton soll die kommunistische Agitation durch wieder zurückgekchrtc Rußen neu aufgclebt sein. Da» japanische Pressebüro gibt eine Erklärung des deutsche« weneralkonsuls in Schanghai wieder, nach der er in den vier südchinesischc« Süstenprovinzen di« russischen Inter essen wahrnchmen werde, ohne aber für irgendwelche russische politische Aktivität die Verantwortung übernehmen zu wollen. * DaS Ricseuseucr in Tientsin ist »ack Mstündigem Wüten noch nicht gelöscht. Der amerika» ntsche General Butler hat daS gesamte amerikanische Militär in Ttcnsin zu den Löscharbeiten, die er persönlich befehligt, hcrangezogen. Noch 66 000 Fässer Benzin sind in Gefahr, von den Flammen auf dem Trümmerhaufen deS explodierten Naplitha-Dcpots erfaßt zu werden. DaS tn den Hasen von Tientsin auSlauscnde Parafsin gefährdet die im Hasen liegenden Schisse. Auch ein Dresdner kommnntslischer Sladlral verbietet -ie Weihnachtsfeier! AuS unserem Leserkreise wird uns geschrieben: „Wie jedes Jahr üblich, sollte auch tn diesem Jahre am l8. Dezember im S t ä d t i s ch c n R e n t » e r h e i m N i e d e r> lötznitz eine Weihliachtsseter abgchalten werden. Unter brennenden Lichtcrbäumcn fröhliches Beisammensein der alte» Leutchen, gehoben durch Gesang und freiwillige Vorträge. Gegen 4 Uhr nachmittags erscheint unangemeldet der koiniii,,- nistische Stadtrat F. Lewinsvh», im bürgerlichen Veras Schriftleiter, geht von Tür s» Tür der Rentner und prä sentiert eine Liste, auf welcher in Maschinenschrift stet»-. „Wünschen Die eine religiöse Weihnachtsfeier oder nichts Auf üte von den alten Leuten öfters gestellte Krage, was unter „religiöser" Feier zu versiehe» sei. verwies er wiederum auf die Liste, cS stünde fa da. In der Meinung, dasi darunter die Anwesenheit eine» Geistlichen und eine Predigt zu er stellen sei, schrieben die meisten „nein". Auf der Liste standen nun 26 „nein" und >4 „fa". Der Herr Stadtrat ging nun mehr mit dieser Liste zur Heimleiterin und verbot kurzer hand nicht die „religiöse" Weihnachtsfeier, sondern die Weihnachtsfeier überhaupt. Mit berechtigter Empörung lehnte die christlich gesinnte Schwester dies ab und sagte ihm, daß die Feier trotzdem stattftiiden werde, und so ist es auch geschehen! Mit der Erklärung, daß die meisten u, völliger Unkenntnis das „Nein" gegeben hatten und nur suns aus „nein" beharrtcn, richteten am andern Tag die Rentner eine Schrift an den Oberbürgermeister. Wir brauchen also unsere Blicke nicht nach dem kommunistischen Neukölln mi! Herrn Schmincke zu richten, wir haben es auch hier." —* Moritz Eanzler 's-. Am ersten Weihnachtsseiertag vcr. starb hier im 68. Lebensjahre der Kausn v" und frühere Fremdenhvfbesitzer Moritz Eanzler. Der Heimgegangene war eine tn weiten Kreisen bekannte Persönlichkeit. Er war von Haus aus Bankbeamter, hatte aber bereits im Alter von 2l Jahren infolge des plötzlichen Todes seines Vaters dessen Geschäft, die Bewirtschaftung des Hotels „Kaiserhvs" und „Stadt Wien" übernehmen müssen. Vis zum Jahre IWl hat er das väterliche Geschäft sortgesührt. Ein Jahr vorher war das Grundstück mit dem davor stehenden NarrcnhäuSchen vom Rate der Stadt Dresden zum Umbau der AugustuS- brücke angekaust worden. Der Abbruch dieser Grundstücke unterblieb aber wegen veränderter Brückenbauvläne. Moritz Kanzler betätigte sich dann als kaufmännischer Vertreter. In früheren Jahren hat er sehr oft bei großen Wohltätigkeits- sesten mitgemirkt und sich auch sonst auf gemeinnützigem Ge biete eifrig betätigt. Moritz Eanzler besaß ei» bemerustrS- wertes historisches Interesse und war der sorgliche Pfleger und Hüter von vielen Erinnerungen aus der Geschichte der Stabt und seines eigenen Lebens. — Ehe«. Kameraden der 12 L-J-N. 161 — Thomas» Vereinigung — hielten in Schilds Hotel ihre achte G r ü n d u n g Sck e i e r. Der Vorsitzende Thomaö hob nach der Begrüßung der mit ihren Damen zahlreich er- schtcnciicn Kameraden den guten Geist und die treue Kamerad schaft hervor. Besonders geehrt fühlte sich die Vereinigung durch die Anwesenheit ihres, verehrten Regimentskomman deurs Oberst Sch urig, der mit seiner Gattin einige Stunde» unter seinen alten Feldkameraden verbrachte. Der Vor. sitzende und Vorstandsmitglieder der Freien Vereinigung der 46. Landwehrbrigade „Gras Pfeil" waren ebenfalls unter den Ehrengästen. Die musikalische Leitung der VortragSfolgs batte der ehem. Ncgiinentömusikmeister Kamerad Ul blickt übernommen, der auch am Flug«! Hervorragendes bot. Tic Herren Schräder iViolincj und Obk (Cellos standen ihm nichts nach. Tie Sängerin Frl. Otto eroberte sich durch ihre reizende Vortragsweise und glockenreine Stimme die Snmpgthic und den Beifall aller Zuhörer im Sturme. Der Vergnügung«, auöschusi hatte vollen Erfolg für seine Mühewaltung. Berliner Weihnachlspremieren. Heute. Kinder, wird's was geben: zwei, eigentlich drei Uraufführungen als schöne Bescherung Da hatten Papa Arnold und Papa Bach ihren lieben Kindern im L u st - spielhause den Sckuvank: „Unter Geschäftsaus, sicht" ausgebaut, und sic freuten sich alle sehr. Freilich glich das Genschenk manchem anderen Spielzeug heutzutage, das in Häusern, wo man sich nicht in große Unkosten stürze» will oder kann, tn den Ltchterglanz gelegt wird —: eS schien äußerlich neu, zumal sür Kinderangen. sieht man aber näher zu, so ist es ganz dasselbe Spielzeug aus früheren Jahren, aus den gleichen Bestandteilen, mit demselben Mechanismus, nur ein bißchen ausgcpuyt mit neuen Bändern, Flicken und Troddeln. Aber dieser alte Mechanismus ist gut geölt. Wenn die Berliner Firma Schilling Nachf. durch den Leichtsinn des jungen Inhabers tn Zahlungsschwierigkeiten und unter GcschaftSaussicht gerät, so ist die Rolle dieses Auf passers und Sparkommißarö, der als tumber Spießer aus Merseburg tn den Berliner Trubel gerät und hilflos darin herumzappelt, natürlich wie geschaffen sür Guido Thic Ischer. Die kleine quecksilberne Kugel mit dem Doppelkinn und Nackenwulst trägt unter dem Lodenmantel einen offenbar in Merseburg gearbeiteten Cut mit wcisi- gestreister Weste, dazu Spitzbärtchcn. Hornbrille, dürftige Haarlitze aus dem Glatzkopf. Thtclscher nnd der Witz des Abends — sofern das nicht Tautologie ist, — erreichen am Schluß de» zweiten Aktes ihren Höhepunkt, wo der rund liche Provinzler, in der Wohnung der Rcvucdiva wegen eines Nervenschocks geduscht, ans deren Schlafzimmer, nur mit Hemd und Unterhose angetan, in die verdutzte Gesellschaft tritt. Damit ist der Erfolg noch ebenso sicher, wie wenn Direktor Strtese Im „Raub der Sabtnerinnen" seinen Have- lock von der Römertoga zieht. Dieser zweite Auszug, ctn virtuos zulammengewtrbelter Schwankichsaaer. entschied das Schicksal dcS Abends. Daß der dritte Akt bedenklich er- mattet, tut nichts zur Sache, solange Thielscher nicht er. maltet, und der scheint trotz seiner bald siebenZia Jahre noch so sprinalkbendlg wie nur sc Er zappelt, rutscht, dreht und kugelt sich er zwinkert mit den seltverbramten Aenglcln. er wirst die kurzen Besuchen durcheinander, er keucht, lchnuv- vert und zieht die Augenbrauen hoch — kurzum, er stellt seine ganze drollige Figur mit scdcm Nerv in de» Dienst einer echten und ungewöhnlichen Komik... Für einige Monate braucht da» Lustspielhaus nicht unter Geschäftsaus- sicht gestellt zu werden. Auch die zweite Neuheit mar durch einen beliebten Komiker gesichert. Sie heißt: „Der Herr von..." und stammt von Fritz Fried mann-Fredertch. Tie Direktion des Berliner Theaters nannte die Auf führung ausdrücklich eine Wcihnachtspremiere. Nun ist ja Frtedinann-Frederich einem WeihnachtSengel nicht gerade tauschend ähnlich, auch hat er wohl nicht das rechte, fromme Kindergemiii, wenn er meint: sinnvoller nnd schöner könne das Fest unter dem Ltchterbaum gar nicht gefeiert werden, als mit der beißenden Verhöhnung eines anderen Standes. Freilich kann er als Entschuldigung den Mangel eines Ein falls ausühren. Dagegen läßt sich nichts sagen. Denn daß man mit einem vornehmen Namen weitcrkommt, als mit „Emil Krause", ist schließlich kein Einfall: für einen Autor schon eher ein Unfall, sofern er ein ganzes Lustspiel darauf aufbaucn will. So sah man denn über der Tatsache, daß besagter Krause unter Annahme eines adligen Namens ein Bombengeschäft in Schmieröl macht, milde hinweg und hielt sich an Max Adalbert, der cs fertig bekam, aus dieser Schwauksigur einen Menschen zu machen. Das nämlich war die eigentliche Leistung des Abends. Adalbert trug das ganze Stück. Er spielte alles, was dem Verfasser nicht eingefallen war. Die eisgekühlte Trockenheit und Schnoddrigkeit. mit denen Adal bert unbewegten Gesichts seine Pointen auch dann blitzblank bringt, wenn er sie scheinbar fallen läßt, waren cs nicht allein, die das Haus vom Anfang bis zum Schluß in warmer Sitmmung hielten —. es war vor allem die unverbrauchte Liebenswürdigkeit eines im Grunde guten und ieclenver. gnügteo Menschen, die sich in dem Lächeln dieses seinen Mundes, in dem schalkhaften Blick und dem verhaltenen Spie! zarter Hände offenbarte: Eigenschaften, die gerade z» den meist derben und groben Worten in nicht nur ver- söhnenden, sondern vornehmlich tn komisch kontrastierendem Sinne wirkten. Ein Herr von Humor beherrschte das Stück. Friedmann-Frederich hatte üaö Spiel «ingeübt: eS muß anerkannt werdeii daß er sich von billiger Karlkierung fern- hielt und leinen Figuren guten Umriß gab. Hübsch war im ersten Akt ein Stammtisch bet Lutter und Wegener. wenn eS an ihm auch mehr grob alS lustig zuging. Jedenfalls hatten beide Neuheiten gewohnten Erfolg: waren beide Weihnacht», vubdtnge von den bekannten Garköchen auch nach altem Rezept »ud mit den alten Zutaten etwas kUmmersich zu< bereitet so gaben ihnen doch die beide» großen Rosinen Tbtelscher und Adalbert Würze und Geschmack, so daß schließ, lich der Weihnachtsmann an beiden Theatern seine Schusdig. keit getan hat. * Endlich wäre noch von einer dritten Uraufführung zu berichten: wenigstens für Deutschland ist „E o c u r - B u b c" von Jacgueö Natanson eine Neuheit, die im Re- naisfance-Thcatcr mit gutem Erfolg in Szene ging. Natanson, daS jüngste Talent unter den Boulevard. Kvmödienschreibcrn, behandelt mit graziöser Unbeschwertheit das heikle, aber schon lange bllhnensähigc Thema von der berufsmäßigen Liebhaberin. Drei Männlein kreisen um die Schöne, ein Angejahrter resigniert zugunsten eines jüngeren Anwärters, den er sogar mit der Angebeteten aus die Reise schickt, um sich nachher mit den Liebcsrcsten zu begnügen. MU sehr leichter Hand ist das alles hingcsetzt und wurde auch so gespielt, namentlich von Earola Neher in der Haupt rolle mit liebenswürdiger Beschwingtheit und reizvoller Trolcrie. Karl Strecker. Kunst und Wissenschaft. Mitteilungen der Sächsischen StaatStbeater. Opern haus: Donnerstag, am 20. Dezember, Anrechtsrcihe ll, „Die Meistersinger von Nürnberg" mit Leo Blech als Gastdirigent. Besetzung: Friedrich Plasckke, Meta Seinemeyer, Curt Taucher, Helene Jung, Heinrich Tcßmcr, Willy Bader, Ludwig Eybisch, Ludwig Ermold, Rudolf Schinalnancr. Spielleitung: Otto Erhardl. Aiisaug 6 Ubr. Am Mittwoch in „Butterfly" singt Schöfslcr die Rolle de» Konsuls. Schauspielhaus: Mittwoch, den 28. Dezember, An rechtsreihe ki, „Vvnapart c" non Fritz v. U u r u h. Spiel leitung: Georg Kiesa». Anfang !-8 Uhr. Donnerstag, den 29. Dezember. sür die Montag-Anrechts- inhaber der Reihe v vom 26. Dezember „Ein idealer Gatte" von Wilde. Spielleitung: Josef Gielen. Anfang ^8 Ubr. j-* Frohsinn". Eine förmliche Völkerwanderung Nutete am zweiten WcthnachtStag nach dem LogenhauSsaal, wo Alice Verden und Alfred Meyer vom „Frohsinn" eine Vorlesung hielte». Wahrhaftig, der alte, seine Hölty, mit dessen »Aiilmunterung zur Freude" Alfred Meyer seine Vor- IragSrclhe eröffnet« hat anck heute noch recht. Noch immer haben wir allen Grund, uns „der schönen Erde" z„ freuen »nd der drolligen Käuze, die daraus hcrumlanscn. Noch immer hat daS Geschlecht dcS Ha»S Sack», der Brüder Grimm, der Götter, Holtet und Ltieler Nachkommen gezeugt wie Bier baum. Auerbach,r. Ringelnatz. Morgenstern. Frttz Müllcr- Partenktrchen und Zetterstrvm. Sie alle und noch manche mehr kamen durch die fraulich leise oder derbe Art von Alice
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