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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 17.05.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260517012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926051701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926051701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-05
- Tag 1926-05-17
-
Monat
1926-05
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 17.05.1926
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Nr. 227 Seite 12 — »Dresdner Nachrichten* — Montag. 17. Mai 1S2S Wh l Hi iV ! i U -i Briefkasten. «»rechft»»»«» de« vrtelk«»e»»»k«l»! v»r»tttag« iaußrr au Sou», uud Feiertage«) täglich »on » tt« Xl Uhr: nachmittag« nur Montag» und Mittwoch» von ö bi» d Uhr. Gchrtftllch können Antrag«« nur beantworte« werde» wenn Rückporto betgesügt tlt. *" H. S. «n B. <10 Pf.» .Kann eine Frau Reichspräsident werden?" — Ei, warum denn dieses nichtl Wenn eine Frau, die ja jetzt genau so wählender und wählbarer Reichsangehöriger ist wie jeder richtige Mann, das Pertrauen des Volkes findet und gewählt wird und sich der damit verbundenen Verantwort lichkeit gewachsen siihlt, so kann sie wohl »Reichspräsident oder besser gesagt „Reichspräsidenttn" werden. *** Nichte Uebermut. <50 Pf.) „Lieber Onkel! Ich habe eine Tante, die sich immer für viel jünger auSgibt, als sie in Wirklichkeit ist. Ist das nicht ein schweres Unrecht? Man soll doch immer die Wahrheit sagen!" — Gewiß, man soll immer die Wahrheit sagen. Aber man braucht sie nicht jedem aus die Nase zu binden. Wenn eS Leute gibt, die meine», ein älteres Fräulein habe, nur weil sie ein paar Jahre älter ist, kein Recht mehr darauf, mit jüngeren Leuten in den Grenzen der Ehrbarkeit lustig zu sein . . . nun. so mutz man solche Leute bitzchen an der Nase bernmftthren. Aber trotzdem sollte die Tante eins bedenken: ein kleines Geschtchtchen: Eine eitle Dame hatte bei ihrem Geburtstag jedesmal die bekannten Iahrlichtchen um ihren Geburtstagskuchen stehen. Doch vom Stt. Geburtstag an nahmen die Lichter ihren Gang rückwärts. Am 81. Geburtstag zündete sie nur 20 an und so weiter. Ein be sonders boshafter Vetter sagte mal: Na, da werden wir bald ganz im Finstern sitzen. *** Bismarckverehrer. <1 Mk.» „Mann und in welchem Zusammenhänge hat Bismarck den Ausdruck „Das Gefühl der Wurschtigkeit" gebraucht?" — Bismarck scheint bei allem Temperament und aller leidenschaftlichen Tatkraft, bei all seiner zähen Energie, die ihn zur Erreichung seiner großen Ziele befähigte, doch auch die grohc Eigenschaft wirklich be deutender Männer gehabt zu haben, zur rechten Zeit eine tüchtige Portion Phlegma aufzubringcn. Er hat von dem Begriff der Wurschtigkeit zweimal sehr charakteristischen Ge brauch gemacht. Einmal in einem Briefe an seine Schwester vorn Frankfurter Bundestage im Jahre 1858, wo er schreibt, datz er in sich „die Stimmung gänzlicher Wurschtigkeit" vor herrschend werden lasse, was gewiß aus seinem Sinne das Richtige gegenüber der blutlosen Rederei jenes Bundestages war. Klassisch aber ist eine andere Stelle, wo er es angewendet kurt. Moritz Busch berichtet, daß bei den Verhandlungen im Januar 1871 über die Titulatur des neuen ReichshaupteS große schwere Beratungen entstanden, ob man den Kaiser „Deutscher Kaiser". .»Kaiser von Deutschland" oder „Kaiser der Deutschen" nennen sollte. Bismarck saß schweigend dabet. Plötzlich sagte er: ,Löeiß einer der Herren, was ans Lateinisch Wurscht heißt?" „ftaraimentum", sagte Abekcn. „ftarcimcn," meinte Busch. Worauf Bismarck lächelnd erklärte: „ftsrcimen- ftnn oder lareimen, einerlei: I^esoci quick miki maefts ksrcimcn- lum cssei". <Jch weiß nicht, was mir wurschter wäre.» Ein Witzbold hat dann auch noch das „Gefühl der Wurschtigkeit" in ein feines Töpperlatein übersetzt und vom »sensu; lsrci- m»n»i«i'>s" gesprochen. *** Neffe Weichensteller. <80 Pfg.» »Du kennst doch den alten Witz von Friedrich dem Großen und dem Weichensteller? So „huppen" lassen will ich Dich nun allerdings nicht. Aber ich mußte daran denken, als neulich in einer Unterhaltung die Frage aufgeworfen wurde: seit mann gibt es denn eigentlich Briefkästen?" — Briefkästen, d. h. öffent lich«, zum Einlegen von Briesen zur Bestellung durch die Post, hatten erst Sinn, als die Möglichkeit bestand, Briefe durch daS Auskleben von Briefmarken freizumachen, während man bis dahin die Postgebühr auf dem Postamt selbst bezahlte. Nach dem am 1. Juni 1850 die ersten Briefmarken verwendet wur den. wurden am 15. August 1851 aus Straßen der Stadt Dres den die ersten 82 Briefkästen angebracht. *** N a ch t i g a l l e n f r e u n d. Zu Deiner Anfrage teilt ein eifriger Leser des Briefkastens mit, daß er in einer der letzten Nächte auS einem Gartengrundstück an der Radeberger Straße zwischen Nvrdstraße und Jägcrstraße gegen 162 Uhr einen Vogel besonders schön singen hörte. Nach der gegebenen Beschreibung kann es sich um eine Nachtigall handeln. *** Nichte W a l d t r a u t. „Neulich hatte ich daS Ver gnügen, Pate zu stehen, und, denke Dir, unter den fünf Tauf- -eugen war einer dabei, der aus der Kirche ausgetreten ist. Mich hat dieses ganz eigenartig berührt und ich möchte gern Onkels Ansicht hören, wie so etwas überhaupt möglich ist." — Wenn die Kirchgemeinde, in der sich der Fall ereignet hat, gewußt hätte, daß der ihr als Taufzeuge Benannte aus der Kirche ausgetreten ist, so würde sie ihn als solchen zurück gewiesen haben. Denn das Recht, als Taufzeuge zu wirken, ist ein kirchliches Ehrenrecht, dessen sich derjenige natürlich be gibt, der aus der Kirche austritt. *** Bücherwurm. „Kannst Du mir vielleicht Mitteilen, woher daS italienische Sprichwort »5i non e vero, e den trvvaio" stammt und ob es richtig geschrieben ist. Ich möchte gern eine Wette gewinnen!" — Was es alles sür Wetten gibt! Ge schrieben hast Du es beinahe richtig: nur hast Du das latei nische „si" twenns sür das italienische „sc" gesetzt. Genau genommen heißt das Work „sc non ö vcco, e molto Ken ftovato", »Wenn es nicht wahr ist, ist's sehr gut erfunden", und kommt bei Giordano Bruno, einem der ersten neuzeitlichen phantheistischcn Philosophen, vor, der von 1518 bis 1600 lebte. *** N c f s e C. G. „Mein Großvater sagte manchmal ein Gedicht. Er war aus Berlin. Ihm machte cs offenbar riesige» Spaß. Wir Enkelkinder wußten eigentlich nichts Rechtes damit anzusangen. Wenigstens kam's uns gar nicht komisch vor. Es fing an: „Ich ick det Morgens aus bet Haus, Bejeinet mir'» Konstabler". Taö waren wohl so eine Art Schutzleute? Und wie war denn das Gedicht?" — Das letzte kann ick Dir nich jenau sagen. Siehste, Du hast doch von Jroßvatan wat jeerbt: Die kurzen Sätze. Ick komm davon schonst janz ins Baltnan rin. Also: Konstabla? Richtig, det wa'n Schutz leute. Nu in det Jcdicht kam' noch ville mehr Konstabla vor. ES stammt aus der Revolution von 1818. Bloß jenau sag'n kann' ick Dir's nich. Aber wen» Dir vielleicht mit 'ne moderne Balina Volkspoesie jcdient ist? Paß ma uff! Ick sitze hier un esse Klopps — Üss eemal klovvs! Ick kieke, staune, wundrc mir, Uss eema jeht'se us. de Tür. Nanu denk ick, ick denk nanu! Jetz iß'e uff. erst warse zu . . . Und ick jeh raus un kieke . . . Un wer steht draußen? — Icke! Ob det in achtzig Jahren ooch wieder so versessen is, wie heute det scheene Lied von die Konstabla? *** Ein Naturfreund. „Als Familienvater möchte ich mir mit den Meinen gern eine kleine Pfingstrcise leisten. Ich hatte an folgende Tour gedacht: Dresden, AugustuSburg, Annaberg, Pöhlberg, Oberwicsenthal, Fichtel- und Keilbcrg, über Tellerhäuser nach Nittersgrun, Johanngeorgenstadt und Dreckschänke nach dem Auersberg und von dort zurück. Zeit: Pfingstsonnabcnd mittag bis mit zweiten, vielleicht auch dritten Feiertag. Sage mir bitte, wie ich diese Reise am vorteil hafteste« mit GonntagSfahrkarte« ausführen kann." — Du nimmst am besten GonntagSfahrkartr bi» Sbemnitz. denn wenn Du vom AuerSberg wieder zurttckwillst, mutzt Du doch über Chemnitz. Hinzu fährst Du nur bi» Flöha und gehst von da nach AugustuSburg. Die SvnntagSfahrkarten gelten von Sonnabend mittag 12 Uhr an, aber auf der Strecke nach Chemnitz darf auch der 11,52 Uhr fahrend« Zug schon benutzt werden. Die Rückfahrt mutz am dritten Feiertag bis 0 Uhr morgens augetreten sein. *** F. St. i n L. „In sämtlichen für et» HauSgrundstück abgeschlossenen Mietverträgen ist de» Mietern Untermiete verboten. Einem Mieter wird trotz dieser Vertrags- bestimmung Untcrvermietung gestattet. Haben die übrigen Mieter, denen gegenüber das Vertragsverbot der Untermiete weiter besteht, einen Anspruch darauf, datz die Genehmigung zur Untermiete, die ausnahmsweise dem einen der Mieter er teilt worden ist, zurttckgenommen wird?" — Einen Anspruch darauf, -aß der eine Mieter, dem die Unter vermietung gestattet worden ist, von dieser Erlaubnis keinen Gebrauch machen darf, haben die übrigen Mieter im Hause nicht. Es müßte sich denn um einen Untermieter handeln, der den übrigen MictSparteicn im Hause durch sein Vcr- halten lästig fällt, etwa, weil er öfter betrunken nach Hause kommt und im Hause lärmt, unerlaubte Damenbesuche empfängt oder dergleichen Dinge treibt, die in einem anstän digen Hause nicht üblich sind. In einem solchen Falle könnten die übrigen MietSpartcien von dem Hauseigentümer ver langen, daß er den Mieter veranlaßt, das Mietsverhältnis mit dem Untermieter durch Klage beim Mietsgcricht <Amtsgerichl> aufhcbcn zu lassen, wenn sich der Untermieter einer Kündi gung nicht fügt. Der Mieter müßte gegen seinen Unter- Mieter klagen, nicht der Hauswirt. *** E. L. vlv. »Ich möchte gern mit einigen Stellen im Auslande in Briefwechsel treten. Können Sie mir nicht einen Partner zuweiseu? Oder gibt es eine Stelle, die so etwas ver mittelt?" — Wende» Sie sich an die Deutsche Kvlonialgcsell- schast, Berlin, AfrikahauS, Am Karlsbad 10. *** R. W. <50 Psg.» »1. Wie kann ich auf einfachstem und billigstem Wege mein Testament machen, ohne befürchten zu müssen, daß es angefvchten oder sür ungültig erklärt wird? 2. 1821 machte ich einer Schreibmaschinenfabrik in Form einer gebrauchten Schreibmaschine tz Konto-Zahlung i» Höhe von 100 Mk. sür eine noch zu liefernde Schreibmaschine im Werte von 120 Mk. Die Quittung der Schreibmaschinenfabrik lautet wörtlich: „Eine gebrauchte Schreibmaschine im Werte von 100 Reichsmark ü Konto sür eine zu liefernde neue Schreib Maschine richtig erhalten zu haben, wird hiermit bestätigt." Die neue Schreibmaschine konnte bislang nicht in Auftrag gegeben werden. Ich möchte nun gern wissen, ob und wann eine Ver jährung eintritt, oder wann gegebenenfalls spätestens Auf tragserteilung aus eine neue Schreibmaschine erfolgen muß, um der angezahlten 100 Reichsmark nicht verlustig zu gehen. Kann die Schreibmaschiuensabrik schließlich ohne meine Ein willigung die neue Schreibmaschine liefern und Zahlung ver langen?" — 1. Dein eigenhändig geschriebenes, mit Ort und Tag versehenes und von Dir unterschriebenes Testament kann niemand ansechten oder sür ungültig erklären, wenn nicht durch seinen Inhalt Erbansprüche verletzt werden, die durch die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches gewährleistet sind, z. B. Pflichtteilsansprüche. 2. Nach dem Wortlaut der Quittung kann die Schreibmaschinensirma nicht zu irgend einem von ihr gewählten Termin die Abnahme der neuen Schreibmaschine von Dir fordern. Der Begriff der Ver jährung kommt hier gar nicht in Frage. *** Holzwurm. <1 Mk.» „Ich bitte um Mitteilung, mit welchen Mitteln man den Holzwurm in älteren Möbel stücken bekämpfen kann?" — Auch der Kamps gegen den Holz wurm ist hier schon so oft geschildert worden. Also ließ den Briefkasten aufmerksamer und merk Dir ein bißchen, was drin steht. Aber eö soll Dir und denen, die nach Dir dieselbe Frage zu tun beabsichtigen, noch einmal geholfen werden. Entleere die Möbel vollständig, kehre sie gut aus, klopfe sie nach allen Seiten gut ab. indem Du sie. bald aus die Seite und bald aus den glücken oder das Gesicht legst und auch mal auf den Kopf stellst. Dadurch entfernst Du möglichst viel von dem in den Löchern ruhenden „Wurmmchl". Dann wird das ganze Möbel stück mit einem weiche» Pinsel tüchtig mit Petroleum ein- gcpinselt, das möglichst tief in die Wurmlöcher eindringe» muß. Auch dazu ist es gut, das Möbel nach allen Seiten hin zu stürzen. Diese Petroleumkur kann man am anderen Tage wiederholen. Nachdem man ordentlich hat trocknen und ans lüften lassen, werden die Wurmlöcher gründlich mit Wachs ver klebt und zum Schluß das Möbel neu lackiert oder mit Möbel politur aufpoliert. *** Neffe V a r u S. (30 Pf.» „Früher war cs ein großes Vergnügen, durch die Prager-, Sccstraße, Altmarkt zu gehen. Heute ist das eine große Strafe. Eine solche nutzlose Hupcrei (die Autos hupen 2 bis 8mal» ist in keiner anderen Großstadt zu finden, und es wäre sehr nett, wenn der verantwortliche Beamte sich einmal den Verkehr in London, Paris, Ncuyork, Buenos Aires ansähe. Dort könnte er lernen, wie der Wagen verkehr in einer Stadt zu handhaben ist, die sich Großstadt nennt. Was soll nur ein Fremder denken, wenn er diesen Mordslärm bei diesem verhältnismäßig kleinen Autoverkehr hört? Zunächst sollte doch bei dieser schmalen Straße der Ver kehr für Radler und Motorräder in die seitlichen Parallel- straßcn abgelcnkt werden. Welche Stelle ist dafür verantwort lich?" — Verantwortlich sind dafür selbstverständlich der Rat der Stadt und die Polizei. Die zuständigen Beamten kennen den Verkehr der von Dir genannten Städte. Recht hast Du insofern, daß sich Dresden durch ganz besonderen Straßenlärm auszeichnet. Daran sind aber weniger die Autos schuld, als die Nachlässigkeit eines ansehnliche» Teiles des Dresdner Fuß- gängcrpublikums: wie oft sieht man Leute mit einer Gemäch lichkeit über die Straße schlendern, die man sich vor fünfzig Jahren mitten ans dem Altmarkt leisten konnte. Aber Deine Anregung, den Nahverkehr aus diesem Straßcntrakt zu ver weisen, wird sicher einmal Gestalt gewinnen, wie cs ja auch schon verboten ist, ihn aus dem Rade zu übergucrcn. *** Wieheißtes?(10 Pf.» „Unsere Kinder behaupten stets, wenn ein Kranz oder eine Girlande hergestellt wird, der Ausdruck sei richtig: es wird gewunden. Nach meiner Mei nung heißt eS: es wird gebunden. Ost steht doch über Blumen geschäften angeschricbcn: Kranzbinderei. Bitte, gib darüber das rechte Wort!" — Nun sag mal: Kennst Du wirklich nicht den „Freischütz"? . . . „Wir winden Dir den Jungsernkranz." Also, der Jungsernkranz wird gewunden,' warum nicht auch ein anderer? „Die Blume windet sich zum Kranz . . ." dichtet Schiller. Wenn man von Blumen spricht, sagt man nie „ein Gebind Blumen" (das wären höchstens „Bierblumen"», son dern „ein Gewinde Blumen". Es ist beides richtig. Aber wir wollen froh sein, daß wir das seltener gewordene „winden" noch verstehen,' es stellt einen Reichtum der deutschen Sprache dar. *** N i ch t e M a r i a. (1 Mk.» „Warum ist wohl jedes Märchen traurig? Als meine beiden Kinder »och klein waren, da habe ich ihnen die Märchen erzählt, nur ließ ich das Ende stets im Guten ausgehen. Ich wollte ihnen die Stiefmutter im guten Licht zeigen, »nd ihnen die Not des Kindes im Träucnkrüglein nicht so schwer darstellcn. Jetzt sind sie elf und neun Jahre alt. Der Junge, den wir schluchzend über seinen Robinson fanden, hat sich seitdem nie wiedergchcn lassen, aber da» Mädchen. Vte «eint über jedem Vvch so furchtbar und ergeht sich über die Personen in ZorneSauSbrüchen, datz sie so schlecht sind. Mir wurde einmal von einer Lehrerin gesagi, daß die Kinder den Unterschied »wischen Böse und Gut sehen sollten. Ich kann die» nicht begreifen. Könnte man den kleinen Kinderseelen denn nicht einige» Freudiges schreiben, «» brauch, doch nicht lauter dumme» Zeug zu sein." — Natstrlich gibt e» eine Menge solcher Bücher. Darüber berät Dich jeder Buch. Händler. Aber Du brauchst wirklich nicht lange zu suchen Nimm Dir Grimm» Märchcnsammlung her. Da ist eine ganze Menge ganz lustiger Märchen darin, in denen gar »ichis Trauriges verkommt. Aber bedenke auch: solltest Du nicht an der übergroßen Empfindsamkeit Deiner Kinder selbst ein biß. chen mit schuld sein? Wenn Du die alten, guten Märchen um. gedichtet hast, wußtest Du denn, ob Du'S damit richtiger ae- troffen hast, als die Jahrhunderte alte Ueberlieferung. Ist eS nicht doch vielleicht besser, den Kindern in der frühen Jugend die Kenntnis von dem Ernst und den Grausamkeiten dcS Lebens nicht ganz vorzuenthalten? Werden durch allzu vorsichtige Ausschaltung alles Peinlichen nicht unsere Kinder allzu sehr verweichlicht. *** H. V. A. <1 M.» „Von meinem Hypothekengläubiger erhielt ich folgende Zuschrift: „Für Ihre ausgewertete Hnpo- thekenschuld im Betrage von GM. ... sind nach 8 28 des Ans. wertungSgcsetzeS an gesetzliche» Zinsen sür 1026 und 1027 jähr- lieh 8 Prozent zu entrichte». Demgemäß sind von Ihnen sowohl im Jahre 1026 als auch 1027 je GM. ... bis spätestens zum 1. Juli jedeSmal in einer Summe pünktlich an u»S zu zahlen. (Gemäß Artikel 75 der Durchführungs-Verordnung vom 20. November 1025.» Bin ich verpflichtet, die Zinsen in einer Summe auf einmal z» entrichten? Bisher bestand die Vcr. pflichtung, in vierteljährlichen Raten z» zahlen, wie eS bei Hypothekenschulden doch üblich ist. Wie lautet Artikel 75?" - Art. 75 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen lautet: „Ans Verlangen der Hypothekenbank sind die gemäß 8 28 dcS Gesetzes geschuldeten Zii-en, solange der Zinssatz weniger als 1 v. H. beträgt, jährlich, und -mar am 1. Juli eines jeden Jahres snr daS laufende Kalenderjahr, zu entrichten." . . . Stach 8 28 des AufwertungSg»setzeS sind im laufenden und im nächsten Jahre 3 Prozent Zinsen, vom 1. Januar 1028 ab 5 Prozent Zinsen zu zahle». *** Alter Abonnent. <50 Pf.» „1. Wie ist die Be- Handlung des sogenannten Rumkompotts? 2. Was ist aus einer Wohnungseinrichtung pfändbar? 8. Kann eine Küchencinrich. tung gepfändet werden?" — 1. Zum „Rumtopf", der auch »Tniti frutti" oder »Götterspeise" genannt wird, verwendet man aus ein halbes Kilo Frucht ein halbes Kilo feinsten Zucker und ei» achtel Liter Rum. Wer den starken Rumgeschmack nicht liebt, nehme zu gleichen Teilen reinen Oüprvzentigen Spiritus und Rum. Erdbeeren und Himbeeren werden frisch eingelegt, vor- her natürlich sauber ausgelesen und in einem Sieb mit kaltem Wasser abgespült,' Steinobst (Kirschen, Aprikosen, Pfirsiche, Pflaumen» wird entkernt und ebenfalls frisch eingelegt, ebenso AnanaS. Kernobst (Aepfel, Birnen, Quitten» wird geschält, vom Kernhaus befreit und wetchgedünstet. Gut abtropfen, Säst nicht mit eingießcn. Walnüsse, jung, aber mit ausgebildetcm Kern, werden angestochen, zehn Tage in kaltes Wasser gelegt (täglich erneuern» dann in Wasser weichgekocht. Alles kommt schichtenweise übereinander, so wie es zuwächst. Das Ganze muß man zeitweilig mit einem silbernen Löffel vorsichtig aus- rühren, da sich der Zucker sonst zu Boden setzt. 2. Was von einer Wohnungseinrichtung gepfändet werden kann, läßt sich nicht allgemein sagen. Dem Gepfändeten muß daS verbleiben, was zur standesgemäßen Lebensführung in der Wohnung nötig ist. Ist nach der Meinung des Gepfändeten etwas dem Ge pfändeten unentbehrlich, so kann er eS bei der Vollstreckungs- stelle reklamieren. 3. Nach dem Gesagten dürfte eine Küchen- cinrichtung nur in seltenen Fällen pfändbar sein. HeiratSsehnsuchtSecke. In dieser HeiratSsehnsuchtSecke will Onkel Dchnörke nur die Wünsche seiner Nichten und Nessen zum Ausdruck bringen. Dagegen kann er eS nicht übernehmen, die hieraus eingehenden Briese an diese weiterzulciten. Wer mit den Heiratslustigen in Brtefverkchr zu treten wünscht, wird gebeten, sich -eS Anzeigenteiles unseres Blattes zu bedienen. Nichte Lebensfroh (1 Mk.) reimt recht wohlgemeint: „Bin 81 Jahre, ein schwarzbrauneS Mägdelein, habe eine Aussteuer so nett und so fein. Kann führen einen Haushalt, wie er auch sei, koche patent, spiele Klavier und versteh' äuch die Schneiderei. Liebe die Natur, Theater »nd Konzert, und alles, was uns den Alltag macht wert. Einen Nessen, den wünsch' ich mir so: Klug, energisch und lebensfroh, von gutem Charakter «nd in sicherem Beruf. Naturfreund möchte er sein »nd lieben wa» schön »nd die Welt mit Hellen Augen, so wie sie ist, ansebn. Und gäb' eS einen Neffen, dem dies gefiele so, der schreibe der Nichte Lebens froh". (Ein» bitt' ich. Nichte, dich: Dichte nicht!) — Nesse Herzenswunsch (1 Mk.s, 28, Pächter einer größeren Schloß, gärtnere! Sachsens mit schönem Wohnhaus, dunkelblond, sucht ein patentes wirtschaftliches Frauchen, das den Haushalt aus dem Essess zu führen versteht, um ihm bei seinem BorwärtSstreben im Geschäft eine treue Stütze zu sein. Nichte mit Ausstattung und etwas Bcr- mögen wäre ihm nicht gerade unangenehm. — Nichte Gisela iS Mk.s, 80, schlanke Figur, sehr wirtschaftlich und mit viel künstleri schem Interesse, sucht Mediziner, nicht »»»er SS, der ebenfalls für alle» Schöne interessiert ist, als Lebensgefährten und würde ihm sogar Einheirat in gut gehende Landprari» bieten. — Nichte Elle (dg Ps.i, Mitte SO, dunkelblond, gesund, aus bürgerlicher Familie, einfach »nd wirtschaftlich erzogen, von gutem Charakter, sucht als LcbcnSkamerabcn christlich gesinnten, treuen Mann In sicherer Lebensstellung. Gute vollständige AuSüoltung ist vorhanden. — Nichte Olga i1,20 Mk.s, Witwe in den INern, ohne Anhang, mit schöner Aussteuer und 1000 Mk., bescheiden und wirtschaftlich ver anlagt, wünscht gebildeten Beamten. — Neffe Kamerad ll Mk.), 29, dunkel, sucht hübsche, lebensfrohe Nichte mit offenem, ehr lichem Charakter, nationaler Gesinnung und den Anlagen zu cincr tüchtige» Hausfrau. Er selbst hat mehr Interesse für Wandern in Wald und Gebirge als sür Tanz. — Nichte Landkind Eli!a< beth (l Mk.s, S9, dunkel, groß, schlank, tüchtig im Haushalt, fertigt sämtliche Garderobe selbst und möchte einen trcudcutschen Mann mit aufrichtigem Charakter, de« außer seinem Berufe auch Interesse für schönes Grundstück mit großem Garten aus dem Lande hätte. — Nichte treuer Kamerad lk0 Pf.) schreibt: „Bor 12 Jahren, als ich noch tung und schön war, holte ich mir einen lieben braven Mann aus deiner HetratScckc. Leider verließ er mich für immer vor 0 Jahren: er starb ganz plötzlich »nd überließ mir die Sorgen sür meinen jetzt 10jährigen Jungen. Der Wunsch nach trautem Familienleben nimmt bet mir und meinem Kinde immer mehr über- band und nun bin ich da, mir wieder einen lieben braven Man» aus deiner Ccke zu holen. Meine schön eingerichtete Dreizimmer wohnung erscheint als Grundlage sür ein glückliches Familienleben. Cs möchte allerdings ein Mann in durchaus gesicherter Stellung sein, Beamter, Kaufmann ober selbständiger Proscssionist. Ich selbst bin 87, stattliche Figur, gesund, verträglich »nd kein oberflächlicher Charakter. Einem Manne, der es gut mit mir und meinem Kinde meint, möchte ich den Himmel aus Erden bereiten." — Nichte Eva iso Pf.), 25, groß, schlank, von angenehmem Neußcren, aus ge bildeter Familie, musikalisch, mit sehr schöner Ausstattung und auch sonst In ganz guten BermögenSveihältnisscn, fragt an, ob sich nicht für sie ein Neffe mit vornehmem Charakter sinket, und lieb und gut muß er sein. — Zwei junge Neffen <2 Mk.), 21 und 22, suchen scsche Frauen mit etwas Bcrmögcn. — Nichte Hanncrl Schwarz köpf <50 Pf.) macht komische Verse: „In unserer lieben HeiratSsehnsuchtSecke eS oftmals hübsche Männer gibt, doch schwer ist das zu finden, was man im Herzen liebt. Drum will ich heute versuchen, was mir bisher vom Glücke war verwehrt. Ich wünsch' wir einen Mann, der zu mir passen kann. Nicht häßlich, klein »nd dick, sondern schlank und bissel schick. Mit frohem, heiterem Sinn, genau so, wie ich bin. Ob blond, ob arm, ob reich, das ist mir alle» gleich, nicht dumm, nicht zu gescheit, daß man hat seine Freud'/ Meiml: -
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