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Ps« »««« vuttraa» -«««, Vo»au»d»,->>> Nachdru«» mir mit d»«lllch«r Vo«U«naiwa>»» .Lr»»dn«r «a»» wl»g>» Unn»rl-n">. S^nlUlUU» «»rd«n »><d « oewakU. Wege und Siele der deutschen Politik. Dismarckre-e Slresemanns in Annaberg. — Deutsche Dorbehalle für -en Völkerbun-seinlrill. o« IS« Freilag, 2. April 192« Gegründet 185« B«»ugs.S-düh- NLSL7S Anzetgen-Prekle: vchnNl-Umn, an» L MPtgischUN»!«»«: M«ri«»>»ra » Dra» n A«rlac> von » «eia»«». m Dr-ad-a. PoMch»»-Uonw IOSK» /^utOmodil-l^spLlnatunwSk'kstLtt unci -Vs^isd V^isnsr ?lstr 8 fvknruf i?is? Vr, -<«!»» Esrkarckt (fMsr INSchllr L Wttei) lag- unci l^aetitgsi'sgski Tschechische Jollkriegsmatznahmen gegen Polen. — Der Krach in -er söchsischen Sozial-emokrakie. Bismarck und wir. >ann kam RetchSaußenmintster Dr. Stresemann noch auf Aimavers, 1. April. Auf Einladung der Deutschen BolkSpartei, Ortsgruppe Obererzgeb tr ge, fprach am Donnerstag abend in einer BiSmarck-Feier Reichs- auße » mtnister Dr. Stresemann über die Persönlich, keit dcS AltretchSkanzler» BtSmarck, wobei er «. a. auS- führt«: ES ist recht, wenn wir sagen, bah BtSmarck un» eine Ein- heit gab. Höfische Art hat davon gesprochen, er sei nur ein Handlanger de- ergebenen Willens eine- Größeren gewesen. Der andere war jedoch so groß, baß er diese Worte niemals ausgesprochen HLtts. Denn wer Kaiser Wilhelm l. einen Großen nennen will, der kan« eS in dem Sinne sagen, daß er groß genug an reiner sittlicher Größe war, um die Kämpfer an feinet Seite zu leiten und ihnen die Möglichkeit zur Ent faltung ihrer Kräfte zu geben. Wenn »ir «nö zu öiestzr Wahr» heit bekenne«, s» mDe» »tr sagen, daß Bismarck das Reich schus und uns de« Weg dazu wieS, der sich a>S ei« richtiger Weg erwies«« hat. Wohl kein Staatsmann hat so einen Kamps für die deutsche Einheit ausgenommen wie er. So stark ist das Leben eines Menschen kaum je ein Kamps gewesen vom ersten bi» zum letzten Augenblick, wie das BiSmarckS. Im weiteren Verlauf seiner Rede wandte sich der Reichs- anßenminister vor allen Dingen an die deutsche« BolkSerzieher, nämlich an die Lehrer. Können wir» so führte er auS, denn das nicht herausbringen aus den Geschichtsbüchern, daß da» Leben der Großen immer so htngestellt wird, als ob alles ganz selbstverständlich herginge? Dadurch wird eine ganz falsche Einstellung erweckt. Die Deutschen würden die Großen viel mehr schätzen lernen, wenn sie wüßten, unter welchen schwierigen Verhältnissen sie zu leiden und zu kämpfen haben. Unsere «entsche LcbenSphilosophie besteht «icht im AnSruhen, sonder« dentsche Lebensphilosophie heißt eS. keine Mühe -n scheuen. Da, di« -eutfche Innen» und AutzenpolMK zu sprechen und betont«, daß die Konstellation, vor der Deutschland heute stände, mit keiner Lage zu vergleichen wäre, die von BtSmarck gemeistert wurde und daß nie- mand mehr als BtSmarck über diejenigen lächeln würbe, die da glaubten, aus seinen Reden und Handlungen Rezeptesürbte heutige Lage formen zu könne». Die Kritik ber heutige« Politik ha« ihre tiefste Ursache in dem große» Gegensatz einer Empstnd««g, mit welcher der Dentsche der gewaltige« geschichtliche« Größe seines Vaterlandes ge denkt und der Unsreiheit nnd politisch geringere« Be» wegnngSmöglichkeit. z« der wir anch hente «och verurteilt sind. Wir müsse« «nS langsam unsere Großmachtftellnng wieder «e» erringe«. DaS Kehlen seglicherMachtmittel bedingt, abgesehen von der friedlichen Einstellung Deutschlands, dessen stolzeste Zelt diejenige ist, in ber BtSmarck Europa den Frieden erhielt. die vnwc«d««g nener diplomatischer Methode« «nd «i«er neue« Einstellung in das BerhLltniS der Möchte. Zwei Gesichtspunkte beherrschen die gegenwärtige politische Lage, der eine ist die FriedenSsehnsucht ber Völker, die erkannt haben, daß der Weltkrieg selbst für die Siegerstaaten kein dauernde» Glück schus, die Weltwirtschaft aber auS ihren festen Regeln beinahe in daS Chaos gewvrfen hat. Daraus ergibt sich die zweite Aufgabe der Gegenwart, die auSbenKugenaerateneWeltwirtschastwieder einzurenken, eine Aufgabe, die ohne Deutschlands Mit wirkung nicht zu löse« ist. Ans diese« Boden ergibt sich die Rotwendigkeit kür Deutschland zu iuteruationaler Zusammenarbeit aus »er Grnndlage gleichberechtigter Berstänoiguug unter de« Völker«. Dies« Politik führt« n«S von London über Locar «» «ach Geus. Die Vertrauenskrise der letzte« BölkerbnndStagnng ist noch nicht Überwunden «nd zittert «och «ach. Ob wir n«S nach Gens znrücksinde« könne«, bängt davon ab, ob diejenige«, die das KriedenSwerk von Locarno mit de« Gedanke« deö Völkerbundes verbanden, de« Weg sür eine« Eintritt Deutschlands frei z« mache« »erstehe«, de« Deutschland gehe« kau«. » Die Ausführungen, die der ReichSaußenmtnister ge- kegentlich der BiSmarck-Feier tn seinem Wahlkreis gemacht bat, bieten nicht» Neues, insoweit Dr. Gtresemann darin die Konturen der weltpolitischen Lag« und die besondere Gtek- jung Deutschlands zeichnet und die Notwendigkeit einer. Übrigen» auch von ber deutschnationalen Opposition grund sätzlich anerkannten Verständigungspolitik zur Wieder- erlangung der deutschen Weltgeltung betont. Sine ge wisse Schwenkung StresemannS tn seiner Aus- lasiuna über den zunächst von Deutschland tn seiner Genfer Politik etnzuschlagenden Weg kann man aber — mit einigem Optimismus — aus dem Schlußsatz seiner Rede herauSlesen. An seiner ReichStagSred« und tn den verschiedenen Emp- sänge« der Presse batte sich ber Minister säst ausschließlich mit einer starren Verteidigung seiner Genser Taktik begnügt und seine Absichten sür dt« wetteren Verhandlungen über den deutschen Eintritt nur tn allgemeinen Wendungen angedeutet, die nicht anders verstanden werden konnten, als daß die bis» herige BölkerbundSpolitik wciterverfolgt und eine Ausnahme Deutschland» im Sinne de» letzten Genfer Kompromisses er strebt werden sollte, DaS heißt, daß wir unS auch weiterhin bereiterklären wollten, die teuerste Eintrittskarte sür da» Genfer PalaiS zu zahlen, um uns dann mit einem schlechten Galerteplatz abfinde» zu lassen. Gerade gegen diese Art des SichgebenlassenS tn der wichtigsten Frage ber nächsten Zu- kmift hatte sich ja die Kritik der Opposition mit aller Schärfe gewandt. Wenn nun heute Stresemann die Frage, ob wir uu» überhaupt nach Genf zurücksinden können, von qualifizierten Bedingungen abhängig macht, die, ganz deutlich gekennzeichnet, Briand und Eham.berlain. die überführten Falschspieler von Genf, erfüllen müssen, so liegt darin ein neuer und wichtiger Vorbehalt unserseits, der vom nationalen Standpunkt auS sreubig zu begrüßen ist. Insbesondere scheint Stresemann seine Auffassung, daß unS die Rücksicht aus daS Werk von Locarno auf den Weg nach Genf zwinge, einigermaßen rückwärts revidiert zu haben. Ander» wäre es nicht zu verstehen, daß er, indirekt wenigstens Briand, der ja bekanntlich Locarno mit dem Völkerbund ver- band, verantwortlich macht für die Intrigen, die die Genfer Tagung zum Scheitern brachten, nnd ihn ausfordcrt, die unS angetane Unbill wieder gutzumachcn, damit Deutschland den von ihm gewünschten Weg zurücksinden kann. In der Nich. tung dieser Gedankcngänge läge cs, daß als der Weg, „den Deutschland gehen kann", die Zurückweisung aller neuen Ratsansprüche — vor allem des polnischen — und die alleinige Aufnahme Deutschlands zu verstehen ist. Hier aller dings wird Stresemann» Orakel delphisch,- denn als einen gangbaren Weg kann man hinterher alle» Erreichte oder auch nicht Erreichte bezeichnen. Immerhin scheint der Reichsaußen- minister nach seinen Annaberger Ausführungen daS Tempo deS Eilmarsches nach Genf etwas mäßigen zu wollen. Die von ihm angebeuteten Reserven, soweit als notig kommentiert durch die Hamburger Kauzlerrede, wären die besten Richtlinien, die er dem deutschen Vertreter für den Genfer RatsauSschuß mitgeben könnte. A« -er Dr«fr -es Altreichskanzler» in yr e-rich?ruh. Hamburg, 1. April. Wie alljährlich zu BiSmarckS Ge burtstag, wurden auch heute an der Gruft de» Altreichskanz lers von zahlreichen Verbänden Kränze niedergclcgt, so u a. vom Landesverband Hamburg der Deutschnationalen Volkö- partet, von Vertretern des GaneS Norbmark des Deutschen HandlungSgehilfen-BcrbandeS, dem Hamburger LandeSvcr- band der Deutschen Bolkspartei und der Jugend der Deut schen BolkSpartei. Die Unklarheiten über -ie Aalskommission. Berlin, 1. April. Nach Ostern wird, wie die ,.B. Z." be rschtet. eine diplomatische Fühlungnahme stattsinden, um festzustellen, auf welcher Basis di« Verhandlungen der Sttzdicnkommission des Völkerbundes stattsinden soll. Es wird abaewartet werben, welche Vertreter die anderen Mächte in die Kommission entsenden wollen. Erst bann wird sich Deutschland entschließen, wer mit der deutschen Vertretung beauftragt wird. Die Reichsregierung will vor allem darüber Klarheit ge winnen. wie sich maßgebende Kreise, also die Außen minister brrRatSmächt« selbst, zu ber Frage der lttnstigrn Gestaltung des Rate» stellen. Nach dem AuSgang der letzten Tagung tn Genf, der gezeigt hat. daß unmöglich ein« Einkguug zu erzielen ist, wenn jede Macht aus ihren Sonderwünschen beharrt, und aus dem Wunsch der Locarno- Mächte heraus, zum Herbst zu einer befriedigenden Lösung «i kommen, die zu der Bildung der Stndtcnkommission führte, nimmt man in Berlin (im Gegensatz ,» den Ausführungen des „Daily Telegraph^ an, daß auch auf der Gegenseite nicht mehr dieselben Forderungen bezüglich der Natssihe erhoben werden können wie Un März. Darüber sollen nun die NatS- mächte sich aussprechen. Hierher gehört auch die Frage, ob Schweben seinen Verzicht ausrrchierhält. Bevor diese polltischt Seite de» Pro- grammS nicht gelöst ist. kann die Kommission de» Böller- bundeS zn keinem praktischen Ergebnis kommen, denn sie Hai sich schließlich sa nur mit der Frage zn befassen, ob die polt- iischen Losungen, wie sie von den Interessierten Mächten am gestrebt werben, im Nahmen de» Völkerbünde» möglich sind. Daß ber deutsche Schritt zu einer Ministerkonseren» führen 'önnte, wird nicht angenommen. Skruna -e» -enNchen vesandlen ln Wie». Wie», 1. April. BundeSpräsident Hain! sch hat dem deutschen Gesandten in Wien, Pfeifser. da» Großkreuz de» österreichischen Ehrenzeichen» verliehe«. lW. T. B.j Irrendes Dolksgerichi. Der Berliner Domprebiger Doehring hat in einer Predigt auf die seltsame Fügung verwiesen, daß, während jedermann im deutschen Baterlande vom Volksentscheid spricht, daS Evangelium des Kreuzestodes Christi und seiner Verurteilung unS zu Zeugen eines solchen Volksentscheides mache. Er tut dies, wie es sein Amt gebietet, frei von aller Leidenschaft, frei von aller Politik in Worten, die unmittelbar an die Seele des Volkes rühren, die zum Nachdenken zwingen und die geeignet sind, die unveräußerlichen sittlichen Kräfte des Volkes in ber Gegenwart von all den Schlacken zu befreien, die ihr Feuer zu ersticken drohen. Gerade daS deutsche Volk liebt eS. die hohen, tief im Volksempsinden wurzelnden Festtage der Kirche mit dem un» umgebenden wirklichen Leben in Beziehung zu setzen. Darin drückt sich sogar ein Zug seines WesenS a«S. Gerade daS christliche deutsche Volk kann darum nicht achtlos an der Tatsache vorübcrgehcn, daß der Tod von Golgatha, in dem wir stets mU Recht tn erster Linie das Aufbauende ber bereits zwei Jahrtausende bewegenden christlichen ErlösungS- idee erblicken, der erschütternde Ausdruck des FchlsprucheS einer verhetzten und irregeleiteten Dolksmasse ist. «^Ergreifend schildert das Evangelium die schwankende Haltung des römischen Landpflcgers Pilatus, der, von der Unschuld dieses ihm „vön den Hohenpriestern und Aeltcsten des Volkes auS Neid Uebcrantworteten" überzeugt, die übliche Passah amnestie für den Unschuldigen wirksam machen will, und der es schließlich in seiner Hilflosigkeit der Masse überläßt, ob sie den Aufrührer und Mörder Narrabas ober den Makellosen amnestiert haben will. Bildhaft sieht man es vor sich, wie die HelfershelferderWahrheitsfcinde, dtedcnwcgen seiner rücksichts losen Wahrhaftigkeit und inneren Größe verhaßten Nazarener um jeden Preis zum Tode bringen wollen, den Namen de» Mörders rufen, wie der Name Barrabas dann in ber Menge widerhallt und zum Todesurteil wird. Und als der land fremde Römer sich, um den Rest von Ehre un- Charakter zu wahren, vor allem Volke die Hände wäscht und seine Unschuld an dem Blute dieses Gerechten beteuert, da steigert sich die Wut der überhitzten Gehirne zu dem furchtbaren Fluch: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder!" Der folgen schwerste Volksentscheid der Geschichte war gesprochen, ge sprochen- durch dieselbe Masse, die noch fünf Tage vorher Hosianna gerufen hatte. Und nichts vermag die Folgerung zu erschüttern, die I). Doehring aus diesem Volksspruch zieht: „Treiber in der Angelegenheit war nicht im geringste« ber VolkSmillc. Und noch weniger wurde die Richtung von ihm bestimmt, in die daS ganze Verfahren auslaufen sollte. Das Volk war nur die Kulisse, die von den Regisseuren geschoben wurde, wohin man sic haben wollte. Der bewegende Will« war eine Partei, die hohcpriesterliche." Das war der Volksentscheid vor 2U00 Jahren. Und beute? Niemand wird gewissenlos genug sein, da» Ovicr dieses irren den Volksgerichts, das zur bewegenden Idee der MenschhcitS- entwickelung wurde, anch nur irgendwie tn eine Parallele zu setzen mit dem. rvaS beute zur Entscheidung steht. Niemand kann auch vermessen genug sein, die Heiligkeit des Karfreitag» durch irgendeine Polemik zu entweihen, die daS selbstver ständliche Gebot des höchsten christlichen Feiertags außer acht ließe. Wohl aber kann und darf ein stiller, ernster Be trachtung geweihter Feiertag Anlaß sein, sich in innerer Läuterung über den sittlichen Wcrtgchalt der Entscheidung klar zu werben, die der einzelne in der Fraae dcS Volks entscheids zu treffen hat. un- die in ihrer Zusammenfassung der Einzelentscheidungcn ein wahres Urteil über die dem Volke in seiner Gesamtheit innewohnenden sittlichen Kräfte werden muß. Die Triebkräfte sind eS. dle zum Vergleich stehen, die Triebkräfte, die damals durch eine unverständliche Massensuggestion zur Selbstverurtetlung dcS Volkes von Jerusalem und die heute zu einer bedauernswerten Auf stachelung der VolkSlcibenschasten geführt haben. DaS treibende Moment war damals nicht ber Volkswtlle. Er ist eS auch beute nicht trotz dcS hochtönenden Namens Volks begehren. Damals zog die hohcpricstcrlichc Partei in blinder Parteiletdenschaft die Fäden, und hente Nnd es die Kom munisten. die zur Vorbereitung ihrer revolutionären Ziele den Funken tn da» Pulverfaß der Malseninstlnktc geworfen, die ihre marxistische Bruderpartet mit sich gerissen und durch eine gewissenlose Hetze auch andere VolkSkreise in den Bann ihrer das Rechtsempfinden tödlich treffenden Pläne gezogen haben. Wo war die Erregung, der Massen, die jetzt angeblich so elementar zum Durchbruch kommt, in den siebe» lange« Jahre« allmählicher Abkehr von dem zerstörenden Revolu«