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Dresdner Nachrichten : 27.08.1927
- Erscheinungsdatum
- 1927-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192708279
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19270827
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19270827
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-08
- Tag 1927-08-27
-
Monat
1927-08
-
Jahr
1927
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 27.08.1927
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rr. «»g»fti«rr —- Hachrschtsn" —^ Ar. 402 Lelkr 5 Der Kreisausschuh -« Dres-e» hielt am Freitag unter Vorsitz de» SretShauptmannS Buck «tn« ösfeniliche Sitzung ab. E» stand zunächst «tue lange Reitze von Gesuchen um >«s»«tz«e »ou Darletz«« 1« gröberer Hohe durch verschiedene Gemeinden zur ver. Handlung. Bewilligt wurden u. a. der Stadtgemeinde Dre ». den «ine «rstftelltge Hypothek aus ihre HolzhauSsiedlung tn Dresden. Prohlt» im Betrage von rund einer Million, der Stadtgemeinde streiberg zwei Darlehen tn H0H« von soooo und lloooo Mr. »ur Errichtung eines Krematoriums, der Stadtgemeinde strettal zwei Darlehen von l «»2 000 Mk. und 7S 000 Mk. »ur Anlage von Spiel- und Sportplätzen, ErweiterungS- und Neubauten. Straßenpflasterungen. Schleusenanlagen, Ueberlanbkraftverkehr und zu anderen Zwecken: der Stadtgemeinde Königstetn ein Darlehen von lioooo Mk. »ur Abstoßung kleinerer Darlehen von kurz, sristiger Aufnahme» dem ElektrizitätSverband Gröba in Kützschenbrodaü Millionen Mark »u Erweiterung», und Neubauten ihrer Anlagen und Errichtung einer Kohlenver- schwelungSanlage, der Gtadtgemeinbe Radeberg zwei Darlehen von 88 000 Mk. und 10 000 Mk. »N Bauzwecken, der Stadtgemeinde Pirna ein Darlehen von 875 NM Mk. als Nest eines schon früher nachgesuchten und »um Teil bereits bewilligten DarlehnS zwecks Abstoßung kleinerer Darlehen, endlich dem Zmeckverbanb für die Lockwitztalbahn Kreischa «in solches von 300 000 Mk. zu GletSerneuerungen und Ab stoßung früherer Darlehen. Außerdem wurde der Stadt- gemeinde Sayda die Verminderung und veränderte An. lcgung des Stammvermügens zur Erbauung eines neuen Postgebäudes bewilligt. Die Gemeinde Somsdorf tAmtsh. Dresdens will aus dem Giroverbande Sächsischer Gemeinden austreten. Die Ent scheidung über diesen Austritt hat dem Gesetze gemäß die Gcmeindekammer -u fälle», es ist aber zuvor der Bezirks- und der Kreisausschuß zu hören. Erster» hat seine Ge- nehmigung bereits erteilt, der KreiSausschuß schloß sich dem an. Ein Antrag des DarlehnS. und Sparkassen.BeretnS zu Bärenfels ans Aufwertung der dem Bczirksverbande der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde gewährten Darlehns beträge von Insgesamt 80OM Mk. mußte wegen Frtstver- säumniS abgelehnt werden. Berufungen in Sachen der Fenerschutzstener lagen mehrere vor. Zunächst wurde die des Rentmeisters der Technischen Hochschule in Dresden wegen Heran, ziehung dreier Grundstücke der Hochschule zur städtischen Feuerschntzsteucr abgelehnt, da der Stabtrat zu Dresden die Berufung auf Grund der einschlägige» gesetzlichen Bestim mungen schon einmal abgelehnt hat und der Kreisausschnß sich der Rechtsauffassung des Stadtrats anschlteßcn mußte. Grundsätzliche Bedeutung hatte die Ablehnung einer gleichen Berufung der Berwaltung der Sächsischen S t a a t s t h e a t e r. Es handelt sich hier um fünf staatliche Grundstücke, für die man Freiheit von der Feuerschutzsteuer erreichen will. Nach dem Gesetze gibt es aber Freiheit von der Steuer nur. wenn es sich um eine ausgesprochene Inter- rssensteuer handelt. Freiheit von der Feuerschutzsteuer gibt es überhaupt nicht für irgendwelche Gebäude. Daher wurde auch diese Berufung verworfen. Desgleichen die Aussichts- beschwcrdc des Ingenieurs Greulich in Dresden wegen Ablehnung des Erlasses derselben Steuer. Im Anschlüsse daran wurden nach eingehender Beratung über die ein. schlägigen gesetzlichen Bestimmungen die Rekurse des Privat manns Rölke, dcS Syndikus Alwin Höffer und der Aktiengesellschaft für Kartonnagen-Jn- dustrte, sämtlich in Dresden, wegen Abforberung von städtischen Schleusengebühren verworfen. Zum Schluffe wurde noch ein richtunggebender Beschluß in einer Nekurssache der Emma Rithmann, Weinrestaurant Neuer Sachsenpalast, gefaßt. Die Nekurs- tlägerin verlangt Rückzahlung der Getränkesteuer, soweit sie nach ihrer Ansicht überzahlt ist. Der Gtadtrat hat seinerzeit die Rückzahlung unter Berufung auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in gleicher Angelegenheit, sowie auch aus BilligkeitSgründen abgelehnt. Die von der Klägerin vor gebrachte Begründung des Rekurses konnte nach den um- sassenben Ausführungen des Regierungsrats Dr v. Haase die ablehnende Rechtsauffassung nicht erschüttern, ivcöhalb sich der Kreisausschnß entschloß, den Rekurs zu verwerfen. Das letzte Wort hat in der Sache bas Obervcrwaltungsgcricht zu sprechen. Wie Kretshauytmann Buck znsammenfassend aus- sührte, wird die Rechtsprechung in Sachen einer Zurück zahlung der Getränkesteuer schwierig sein. Sollte etiva später die Getränkesteuer wieder eingeführt werden, so würde eS die einschneidendste Frage sein, ob die Steuer sür vorhandene Bestände, die ans Grund des früheren Gesetzes schon einmal versteuert sind, dann abermals gezahlt werden muß. Beginn der Europatagung der deutschen Vereine des Auslandes. Interparlamentarischen Konferenz teilgenommen Hab«, In Dresden etngetroffen. Leider habe Am Freitag nachmittag wurde in der Dresdner Kauf. Mannschaft dt« Eurapatagung der deutschen Vereine de» AuS. lande» eröffnet. St« wurde vorbereitet von dem Verein für Deutschtum im AuSlande. Die Sitzung ervffnete Grhetmrat. Große, der Geschäftsführer des Verbandes. ES wurde zu nächst da» Präsidium festgelegt, besten Leitung Gouverneur z. D. Exzrllen» Schnee übernahm. Stellvertretender Bor. sitzender wurde Dr. Heub, der auch der stellvertretende Vor- sitzende des verbände» ist. ES wurden zwei Begrüßung», telegrainme von Reichsaußenminister Dr. Gtresemann und ReichSmintster a. D. Simon» bekanntgegeben. Gtresemann telegraphierte: .Dt« brüte beginnend« Luropatagung de» Bunde» der Au». lanb»deutschen begrüße ich und begleite ich mit meinen wärmsten Wünschen für «Inen erfolgreichen Verlaus mit der Bitte, allen Teilnehmern, insbesondere unseren Landsleuten au» dem Aus land, mein« herzlichsten Grüße zu übermitteln." Minister Simons sandte folgende» Telegramm: „Der Tagung der vereinigte» Verbände wünsche ich dauernde gute Ergebnisse für unser« Ausländsdeutschen." Im übrigen wurden Fragen der Geschäftsordnung er ledigt und der weitere Ausbau der Zeitschrift „Die Auslands, warte", die von allen Teilnehmern sehr günstig beurteilt wurde, besprochen. Exzellenz Schnee erschien verspätet, da er noch gestern bei den Verhandlungen der Intcrparlamen- torischen Union t» Paris anwesend sein mußte. Er gab einen kurzen Ueberblick über den Gang der Verhandlungen, soweit sich diese auf bas Auslandsdeutschtum beziehen, und machte die Mitteilung, baß eine Resolution gegen den Raub der Kolonien durch die Fremdmächtc eingebracht worden sei. Es bestehe die Hoffnung, daß die Schranken der Mandate auf gehoben werden. Einen festlichen Einleitungsakkord zur Europa-Tagung bildete der Empfang im Rathaus, der abends 8 Uhr gegen dreihundert Festteilnchmer imPrunk- saale des Neuen Rathauses an sechs blumengeschmückten Tafeln vereinigte. Den ersten Trinkspruch widmete Ober, bürgern, et st er Dr. Blüher den aus allen Teilen der Welt herbeigeciltcn Ausländsdeutschen, sowie den Ehrengästen, unter denen sich Reichsminister a. D. Dr. Külz, Exz. Gouverneur z. D. Dr. Schnee, Laudesbischof v. Jhinels, Ministerialdirektoren Dr. Schulze und Dr. Lorey, Geheimrat Dr. Heyn, Präsident der Landespolizeiverwaltung Dr. Guehäry, Polizeipräsident Kühn, Generalkonsul Eiselt, Konsul Dr. Frenkell, Stadträte Dr. Nedder, Heinze und Bommert» Stadtverordnetcuvizevorsteher Holst und Müller, Geh. Kommerzienrat Schleich, Stadtschulrat Dr. Hartnacke und viele andere Vertreter der Behörden, der Konsulate, der Finanz- und Handelswelt befanden. Der Herr Oberbürger meister «verbrachte zugleich Willkommensgrüße vom Präsi denten des Neichswirtschaftsrats und vom Vorsitzenden des Deutschen Stüdtetages. Das Problem der Ausländs deutschen sei heutzutage nicht leicht zu lösen. Wie viele Deut sche seien durch einen diktatorischen Vertrag von der Heimat getrennt worden, wie viele Ausländsdeutsche hätten durch den verhängnisvollen Auögang des Weltkrieges ihre Existenz verloren! Aber gerade die Not habe vielfach die Deutschen draußen zu einem stärkeren Bewußtsein ihrer nationalen Zu gehörigkeit und zu der Erkenntnis von der Notwendigkeit eines Zusammenschlusses aller Ausländsdeutschen geführt. 68 Verbände von Ausländsdeutschen, die 46 Länder umfassen, seien bei der Dresdner Tagung vertreten, und so verschieden auch im einzelnen die Wünsche und Interessen dieser Tagungs teilnehmer sein möchten, — in einem seien sie doch alle einig, nämlich in dein Gefühle der Zusammengehörigkeit und der Verpflichtung, für das Auslaudsdcutschtum zu werben und die deutschen Brüder und Schwestern da draußen nach Kräften zu unterstützen und zu fördern. Mit ihnen singen, mit ihnen fühlen wir: „Deutschland, Deutschland, über alles, und im Unglück nun erst recht!" Hoch das Auslands- deutschtnm! Im Namen der Teilnehmer an der festlichen Tafelrunde dankte der Präsident des Bundes der Ausländsdeutschen. Gouverneur z. D. Dr. Schnee, dem Rate zu Dresden für die liebenswürdige Aufnahme und Bewirtung. Vor wenig Stunden erst sei er im Flugzeug von Paris, wo er an der er feststellen müssen, baß die Grundlagen für eine zwischenvölktfche Verständigung noch nicht vorhanden seien, nämlich die Grundlagen der Freiheit und der Gleichberechtigung aller Nationen und die Funda mente ber Wahrheit, die an Stelle ber KrtegSpropahanba- lügen nun endlich einmal treten müßte. Er pries Dresden nicht bloß als Kunststadt, sondern auch al» den Sitz einer vtelverzweigten Industrie, die Verbindungen nach allen Teilen der Welt unteihalte, und als den Ausgangspunkt so vieler fruchtbringender Bestrebungen, die das AuslandS- deutschtum schützen und stützen wollen. Darum sei zu hoffen, daß gerade die Dresdner Europa-Tagung zur Kräftigung und Förderung des so nötigen Zusammenhalten» aller Ausländs deutschen bettragen werde. Sein Hoch galt ber Stadt Dresden und ihrem Oberhaupte. Der nächste Trinkspruch wurde von einer Dame, der Gräfin Radoltn, im Namen des Auslandsbundes beut- scher Frauen ausgebracht. Sie sprach als Vertreterin der deutschen Minderheiten im Anslande, insonderheit der schutzbcdllrftigcn auslandsdeutschcn Frauen, und erbat sich für diese die Mithilfe auch der deutschen Männer tn Dresden, in Sachsen und im übrigen Deutschland. Auch ihre Worte klangen in ein Hoch auf die gastliche Stadt Dresden aus. Im Namen der versammelten Ausländsdeutschen dankte des weiteren den Dresdner Gastfreunbcn Kommerzienrat Goldbeck-Löwe (Helsingfors). Keinen besseren Ort hätten die Ausländsdeutschen für ihre Tagung wählen können als gerade Dresden: den» nirgends seien sonst so viel kultur geschichtliche Erinnerungen, so viel Knnstschätze und Natur- schönheilen beieinander anzutreffen, als hier. Nirgends aber auch wehe eine solch dentsch-heimatliche Luft als in Dresden. Er regte unter allgemeinem Beifall an zuin gemeinsamen Gesänge des Deutschlandliedes, das denn auch alsbald im An- schlnß an das ausgebrachte Hoch auf die deutsche Heimat den Saal durchbrauste. Freudigen Widerhall fanden sodann die Worte der bekann ten deutschamerikanischen Wohltäterin Margarete Cro- nau, die im Namen aller Deutschamerikaner ihre unverbrüch liche Liebe und Treue zum deutschen Vaterland bekundete. Mit Versen aus den Werken der üeutschamerikanischen Dichter Henry Urban und Konrad Krez bekräftigte sie die Ausflüsse ihrer eigenen warm empfindenden Seele. Der bekannte Politiker Professor Paul Nohrbach leitete sodann hochwillkommene künstlerische Gaben durch er läuternde Worte ein. Frau Maria Lieschke sang, von der Baltin Frl. Wulffius am Flügel begleitet, eine Reihe auslandsdeutscher Volkslieder, die Professor Rohrbach herausgegeben und die Reichsaußenminister Dr. Strese- mann «nit einem Vorivort in die Welt hinausgeleitct hat. Man hörte in trefflicher, warmbeseelter Ausführung von der Sängerin altflämische, siebenbürgische, altböhmische, Kärntner und Egerländer Lieber, die natürlich herzlichsten Beifall fanden. In vorgerückter Stunde brachte noch ein Sicvcnvürger Sachse aus Hermannstadt, Herr Springer, ein freudig auf. genommenes Hoch auf Alldcutschland ans, worauf — nach einer photographischen Aufnahme der Festversammlung — Oberbürgermeister Dr. Blüher die Tafel aufhob und zu einer Taste Kaffee in den Wanbelgängen der Festräume ein. lud. Noch eine Stunde lang weilten die Auölandsgäste mit den Einheimischen in traute,n Geplauder beieinander: dann schied man, denn der heute Tag stellt neue Aufgaben in Ge stalt ernster Beratungen. Einen Festabend mit Konzert und Tanz veranstaltet die hiesige Ortsgruppe im Rahmen der „Europa- Tagung" der deutschen Vereine des Auslandes am Sonn- abend, dem 27. d. M., abends 8 Uhr, im großen Saale der Städtischen Ausstellung. Gäste sind herzlich willkommen. ES sprechen: Für die sächsische Staatsregierung Wirtschafts, minister Dr. Krug v. Nidda und v. Falkenstein (Dresden): für die Tagung Exz. Gouverneur Dr. H. Schnee, M. d. R. (Berlin): für die Hindenburg-Spende Ministerialdirektor Karstcdt vom Reichsarbeitsministerium (Berlin). Die Saal, dekoration hat der Norddeutsche Lloyd, Generalagentur Dresden, übernommen. — Neues vom Dresdner Sender. Der Dresdner Sender veranstaltet auch in den kommenden Wochen wieder eine An zahl Dresdner Abende, aus denen hcrvorzuheben sind am 4. September ein Abend über bas Schaffen Anton Dvornks mit einleitendem Vortrag von Dr. Schnoor, am lO. September Fortsetzung des Zyklus „Lied der Völker" mit südslawischen Volksliedern. Am 12. September veranstaltet die Kantorei gesellschaft ber Versöhnungskirche unter Leitung von Kantor Stier einen Abend „Gut G'sell und Du mußt wandern". Am 1. und 16. September sind Operettenaufsührungen der „Dollar. Prinzessin" von Leo Fall und dcS ,O>vernball" von Heuberger. — Die Oberrcalschule Dresden-Neustadt gibt soeben ihren Jahresbericht aus 1926/27 heraus, erstattet vom Rektor, Obcrstndiendirektor Prof. Dr. Hahn. Von de« wichtigeren Abschnitten des Heftes seien erwähnt: Schul- Verfassung, Lehrplan und Berechtigungen: Nachklänge zur 26-Iahr-Feicr der Schule: Schulchronik 1926/27 und Pflege der Leibesübungen. ist übrigens höchst fraglich, ob überhaupt außergewöhnliche GeisteSgaben der Eltern sich in den Kindern sortpflanzen, denn es gibt nicht viel bedeutende Männer, deren Söhne oder Töchter gleichfalls aus irgendeinem Gebiete hervorragend ge wesen wären. Bon Goethe wissen wir. daß seine Nachkommen sich nicht schöpferisch besonders auSzeichneten. Sein Sohn Julius August Walter v. Goethe war Kammerherr in Weimar, und besten zwei Söhne beschäftigten sich zwar aus künstlerischen Gebieten, nämlich Walter Wolfgang auf musikalischem Ge biete und Maximilian Wolfgang auf dichterischem. Aber weder die Kompositionen de» ersteren, noch die Dichtung „Erlinde" und die lyrischen Gedichte des letzteren haben große Bedeutung erlangt. Mit diesen beiden starb auch die Nachkommenschaft Goethes aus Auch Schillers Kinder betätigten sich nur in bürgerlichen Berufen. Gleicherweise ist auch die Familie Schillers tn ihren männlichen Nachkommen am 8. Mat 1877 mit Friedrich Ludwig Ernst v. Schiller auSgestorben. Eine Tochter Schillers heiratete bekanntlich einen Freiherrn ».Gleichen Nußwurm. Eine der wenigen Ausnahmen von der Unfrucht barkett ber Familien genialer Männer bildet die Familie de» Tonmeisier» Johann Sebastian Bach. Es war eine wahrhaft musikalische Familie, die an die fünfzig zum Teil sehr hervor ragende Musiker hervvrgcbracht bat Man erkennt au» dieser Zusammenstellung, daß Herkunft und Fortpflanzung de» Genies jedenfalls ebenso rätselvoll ist. wie das Wesen de» Genies selbst. Die Psychologie -es Sochskaplers. Von Walter Anatole Perstch. Für die Einstellung zu diesem unbegreiflichen Phänomen ist von grundlegender Bedeutung eins: die Trennung de» wirklichen Hochstapler» vom dilettterenden Hochstapler, den eine günstige Gelegenheit auf ber einen, die scheinbar zwingende Notwendigkeit auf der anderen Seite alle her« gebrachten Hemmungen für ein ober einige Male überwinden lasten, «ber schon, daß sie erst „überwunden" werden müssen, zeugt gegen ihn nimmt seinem Tun den genialen Zug, gibt einem an sich vielleicht fein konstruierten Betrugvfalle das Odium mühsam verhaltener Spießigkeit, kurz, läßt bi« prickelnde Verve des Meisterlichen vermissen. Nur dem Hochstapler von Geblüt und Temperament ge. bahrt der ihm eigene Titel. Immer wieder kann man be- obachten, wie e» ihn schmerzt, baß dieser Titel auch ber Talent- losigkett und Mittelmäßigkeit tn seinem Stande verliehen wirb, und von seinem Standpunkte au» ist dieser Schmerz durch«»» gerechtfertigt. Der wahre Hochstapler ist stolz wie ein Prinz auf sein Hochstaplertum, treibt eine« nie er- müdenüen Kult mit sich selbst und kennt kein Gesetz, als das seiner Wünsche und Launen. Jede Hemmung im Sinne der Moral ist ihm fremd, eö gibt nur zwei Momente, die er immer erwägt und in Rechnung stellt: könnte er tn eine Mordaffärc verwickelt werden oder ist die Situation von vornherein nicht als haltbar anzusehen? Nichts sonst, was ihn an der Aus führung seines Vorhabens hindern könnte. Er wartet nicht auf eine beliebige Gelegenheit, die sich gerade einmal bieten mag, seine Genialität beruht vielmehr darin, baß er die Ge legenheiten schafft, kleine Schicksale dirigiert, die Tatsachen mit klarem Blick erfaßt, sie einkalkuliert und alles tut, um sie tn seinem Sinne zu wandeln. Seine Arbeit ist eine durchaus ernsthafte, besitzt viel psychologische Einfühlung, ungeheure Kombinationsfähtgkeit spricht ans ihr — und trotz allem mangelt ihr das Wesen deS Berufsmäßigen. Der Hochstapler besitzt keinen Berus, nicht einmal den seinen, denn jeder Beruf bedeutet Fesselung. Wenn er trotzdem seinem Metier treu bleibt, so nur darum, weil er in dessen Rahmen täglich ein anderer fein kann, täg lich eben den Beruf zu wechseln vermag. Heiligen Ernst ver wendet er auf die Kapriolen des Daseins, und den Ernst des Daseins verwandelt er souverän tn eine Harlektnade. Aber tn eine Harlektnade, die man im Frack spielen kann. Am „Tatort" htnterläßt er ein paar höfliche Zeilen, worin er für den angenehm ungestörten Aufenthalt dankt und ber diskreten Rücksichtnahme deö Hausherrn wahre Ttraden widmet, ober er macht tn einem Briefe auf einen kleinen scherzhaften „Tausch" aufmerksam, den er so frei war. auö- zuführen. Für die echten Perser hat er billige Imitationen hinterlaffen, um dem Hausherrn so jede Arbeit zu ersparen. Noch niedlicher wirkt cS. wenn die Daine des Hauses zwar nicht mehr ihren Familienschmuck, aber dafür ein ungeheures herrliches Bukett Orchideen im Boudoir vorftndet. Da» ist es, wa» den Hochstapler von Rang von den all gemeinen „Verbrechern", zu denen er kriminalistisch auch zählt, immer unterscheiden wird und von seinen Imitatoren nie wesenhaft erfaßt werden kann: die Geste, die Liebenswürdig, keit einer geistreichen Gebärde, die Originalität seiner iinmer neuen und nie geschmacklosen Bluffs. In keiner, selbst nicht der verlorensten Situation, verleugnet er den Weltmann. WaS ihm fast immer gelingt. Folglich muß er mit sehr großen Fähigkeiten und, ja, wirklich, Vorzügen ausgestattet sein. Alle Augenzeugen be. tonen immer wieder, baß ihnen dieser Mensch im persönlichen Verkehr den denkbar angenehmsten Eindruck hinierltetz, tausend Beweise seiner Wcltgewandtheit und Kenntnisse gab. Er ist sich seiner Gaben voll bewußt — daher seine Sicherheit. Er fühlt sich seinen Opfern überlege», daher ist er über- legen. Und darin liegt der Beweis, daß seine Fähigkeiten auf manchem anderen Gebiete nutzbringend für die All gemeinheit verivanbt werden könnten — wenn er es wollte. Er will eS aber nicht. Der Gegensatz gegen die Gesellschaft ist ein ganz bewußter, gewollter, er will ihr seine Macht zeigen, ihr immer wieder ein Schnippchen schlagen, mit ihr Katze und Maus spielen, auch wenn er die Maus verkörpern muß. Er will leben tn erster Linie, sich voll ausleben, mit allen Fiberu den Sinn des Daseins, den Kampf, spüren. Nur dann ist er er selbst. Und wirklich erlebt er dann seine Höhepunkte, steigert sich zuweilen über sich selbst hinaus. Jeder Zwang besteht für ihn nur, um sich darüber mit einem Saltomortale hinwegzusetzen. Sein ganzes Augenmerk richtet sich darauf, daß der Salto ein Meisterwerk ist. Scheinbar flaniert er durchs Leben. Oberflächlich betrachtet, ist er der vollendete Lcbenskünstler. E» gibt freilich keine vollendeten Lebenskünstler. Die eS scheinen, müssen sehr viel arbeiten, und sei eS auch nur schaa- fptelern. Wirkliche Lebenskünstler existieren nur verborgen in einer vergessenen Provinzecke. Er aber steht immer auf ber Bühne, der Hochstapler, vor sich ein gespanntes Publikum. Gleich einem Artisten, der scheinhar mühelos Zcntnergewichte in der Luft kreisen läßt, spielt er seine Rolle. Jeder falsche Griff, jedes Zittern der Muskeln, jeder unsichere Blick und jedes Durchgehen der Nerven ist Vernichtung: die Eisen- gewichte würben ihn erschlagen. Nach Beendigung seines Kunststücks verbeugt er sich lächelnd. „ES ist alles ganz leicht!" und die Zuschauer sagen: „Der verdient sein Geld innerhalb zehn Minuten!" Allerdings applaudieren sie begeistert, und erst nach dem Applau» tritt der Artist befriedigt zurück hinter den fallenden Vorhang. So auch der Hochstapler. Immer wieder sind e» zehn Minuten, während welcher die Ocffentlichkeit sich mit ihm be- schäftigt. Vorher, nachher kommen lange, düstere Zwischen- akte. Und tn diesen zehn Minuten heißt e» Nerven besitzen. Er jongliert mit den Umständen. Scheinbar ist alle» ganz einfach, da» Entrinnen von einem poltzeibesetzten Ozean dampfer mitten auf ber See, das Fliehen aus einem ad» gesperrten Luxushotel, eine Befreiung aus hartem Kerker — zehn Minuten hält dt« Welt den Atem an — ein einziger falscher Schritt würbe alles vernichten. Noch einmal und noch einmal gelingt die zierliche Ver beugung. «brr schließlich mutz auch er da» Ende de» Artisten au«, kosten, steht mit Schrecken vor dem Versagen einer Gest«, bricht machtlos unter der Gewalt de» herabfausenden Objekte» seiner Kunst zusammen. Einmal ist e« da» Alter, ein andere» Mal Krankheit oder eine verfehlte Kalkulation, wa» ihn in» Dunkel einer Zelle oder die Düsternis entsagend-kindischer Greisenhaftigkeit stößt. — Auch er »erbricht. — '' KE
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