Volltext Seite (XML)
05. Jahrgang. AL LS» Mittwoch, 5. Juli 1524 «radtonichch»! »«chrichw» S»n>I»r»ch«-Sanlm»lnumm»r: S»»-41 «ur lit» «.»„„»»«ich»! SO 011. tSegrünsel iss« !Xakao. LekskolaSe. E^onfltünen. 2uvkes-wa7en. siinma ooop. 1888. * 15 SchrtftI»Nun, UN» Kmq»I,«lchitft»ft»IIe: ««r,»»Nr»i>e 3S/4O. Berta, »an vi«»sch L in Dresden. P»Mch»«k-Ä»nI» 1OSS Dreede», Dezugs-Gebühr I Anzeigen-Preise. Dockdru» n«r «N deutlicher llueUenenoe», i.Dreedner Seche/' „Idllln — Unoerlen«!» SchnNdti», «erden nicht auldewndrt. i-Iolel Veüevue l^sciimittsgtss, IMtgg- u/>6 /^ds/>6- tsksl im Es/ts/i, gut 6s/ Is/zssss tt/>6 !m Is//gSSS/I5S3> sn 6s/ LIbs ösksnnts vo/nslims l'sisl m usik 6scl6/> l^ittwocli /^be/i6 Macdonald in Paris. Ausschluß -er Deulsche« von -er Lon-oner Konferenz bis zur Annahme -er Gutachtengesehe. Urteil un- Begrün-ung im Zeigner-Prozetz. - Abschlutz -es -rutschen Grass-Prozesses. Grober Empfang in Paris. Paris, 8. Juli. Macdouald ist heute nachmittag um 4 Uhr S Minuten in Paris einqetrosscn. Er wurde von Herriot und mehrere« französischen Minister» am Rord- bahnhos erwartet, darunter besandeu sich Ministerialrat Peretti della Nocca und der KabinctiSchef Herriotö, Rergcry. Beim Verlassen des Bahnhofs wurde der Premier minister von einer viclhuudcrtköpsigen Menschenmenge mit dem Rufe „Es lebe der Frieden" empfangen. Diese Kund gebung machte sichtlichen Eindruck. Die beiden Minister präsidenten begaben sich sofort nach dem Quai d'Orsay- Zu Ehren des englischen Premierministers wird Minister präsident Herriot morgen im Quai d'Orsay ein Frühstück geben, an dem auch die Mitglieder des Senats und der Kabinett-Kommission für auswärtige Angelegenheiten tetl- nehmen werden. Bei seiner Anwesenheit in Bvulognc hat der englische Premierminister einem Vertretet des Lokal-Blattes „Telegramme" gegenüber seine freund schaftlichen Empfindungen für Frankreich zum Ausdruck ge bracht und erklärt, er komme als Friedensbote und brlnge de« Oelzweig mit. Er hoffe, dast durch feine Besprechungen mit Ministerpräsident Herriot sehr wichtige Ergebnisse er zielt werden würden. lW. T. B.i Wie-erausnahme -er Besprechungen von Chequers. Paris, 8. Juli. Das Ministerium des Aeusieren teilt mit: Ministerpräsident Macdvnald und Ministerpräsident Herriot haben in Anwesenheit des englischen Botschafters in Paris Lord Crewe, des ständigen Sekretärs im oreign Office Sir Enre Crvwc, des Obersten Water- ouse, des Sekretärs des englischen Premierministers Selby, des Ministerialrats im O.uat d'Orsay Peretti della Nocca, des Ministerialdirektors Sendoux, des ehemaligen französischen Vertreters im Sachverständigcn- komitee Parmentier. und des Kabinettschcfs HerrtotS Bcrgery um 5s- Uhr nachmittags iw Kabinett des Ministerpräsidenten ihre Unterhandlungen über die Be sprechungen von Ehcgucrs wieder ausgenommen und bis 8 Uhr abends fortgesetzt. Die Besprechungen werden heute abend 6,80 Uhr in der englischen Botschaft und morgen vor mittag 6,30 Uhr im Ministerium des Aeusieren fortgesetzt werden. Hierzu schreibt das Journal des Debats": Wenn die neuen Besprechungen aus die Feststellung einer Unstimmigkeit in den Fragen hinauslanse, die in den letzten Tage» um stritten worden seien, so würden die beiden Premierminister in der denkbar ungünstigsten Lage sein. Die gestrigen Er klärungen Macdonalds im Unterhaus erzeugten wieder in Frankreich starke Befürchtungen. Seine Auslegung deS Sachverstündigenbcrichts erscheine den Franzosen nicht an gängig «nd Macdonald habe Frankreich hinsichtlich des Ver sailler Vertrags zu bernhigcn gehasst. Aber die französischen Besorgnisse seien durch die Art, wie er zwisclwn dem Versailler Vertrag «nd dem Svchverständigenbericht einen Trennungs strich gezogen habe, noch vergröbert worden. IW. T. B.) Die von»oner Konferenz soll am 1«. Juli siattfinden Paris. 8. Juli. Havas zufolge wird angenommen, dasi Macdvnald morgen nachmittag 4 Uhr Paris verläsit. ES scheine, so fügt die Agentur hinzu, dasi die Londoner Kon ferenz, wie vereinbart wnrde, am 16. Juli stattfindcn werde. Die Durchführung -es SachverslSndigen- berichles im Urteile -es „Temps". Paris, 8. Juli. Der „Temps" schreibt: Die alliierten Ne gierungen müßten, nachdem sie sich untereinander verständigt hätten, entweder eine direkte Regelung mit der deutschen Re gierung anregcn und mit ihr ein Protokoll gemäß dem Ver sailler Friedensvcrtrag zur Durchführung des Sachver- ständigenberichts unterzeichnen oder aber die Repko aus fordern, mit Deutschland zu verhandeln. Sic würden dann der Repko die Maßnahmen bezeichnen, die sie zur Wiederher stellung der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands durchführen wollten. Für den Fall einer etwaigen deutschen Verfehlung könne mau beispielsweise zustimmcn, dasi die Repko dnrch Hinzuziehung eines amerikanischen Mitgliedes als Vertreter der amerikanischen Besitzer deutscher Obligationen vervoll kommnet werde. Man könne aber auch ins Auge fassen, das, die alliiertegh Regierungen sich untereinander verständigten, «m den Charakter einer dentschcn Siersehlung, die die lliepko ankündigcu werde, zn bestimmen. Falls die alliierten Regie rungen sich nicht verständigen könnten, könnte man ein Aus gleichsverfahren vorsehen. Das wesentlichste aber sei, dasi man dies bei de« Verhandlungen festlege, denn ohne diese erziele man keine« dauerhasten Friede«. <W. T. BI Frankreichs Min-estprogramm. Serriol HSU am VersMer Diklal fest. Parts, 8. Juli. Bekanntlich ist die Abfassung des Miudest- »rogramms der französischen Negierung für die Londoner Sonsereuz am Montag im O«ai d'Orsay zu Ende geführt worden. Ueber seinen Inhalt will die „Chicago Tribüne" folgendes erfahren: Die französische Note hält an de» im Verkailler Diktat festgelegtcn Siechten Frankreichs fest. Herriot zeigt aber in einer Reihe von Punkten seinen BerftändignngS» willen, ohne indessen von der Form des Versailler Diktats abzngehen. Ein hervorstechender Zug der französischen Rote ist die bekannte Weigerung Herriots. die Deutschen zur Londoner Konferenz znznlasse«, solange sie nicht die znr Ausführnng des Sachverftän- digenbcrichts erforderlichen (besetze angenommen haben. Dieses Ultimatum sei in der entschiedensten Tonart gehalten. Die Franzosen würden die Londoner Konferenz verlassen, falls England den Versuch machen sollte, die Deutschen vor der Annahme der dnrch den Dawesbericht be dingte« Gesetze einznladen. Der kehle Würfel Serriols. Die fortgesetzte Hetze der französischen Opposition. Paris, 8. Juli. „Echo de Paris" schreibt: Ministerpräsident Herriot, von der Kritik gedrängt, unfähig, «och länger die Kapitulation vo« Chequers zu verbergen, hat z« einem verzweifelten Schritt seine Zuflucht ge nommen: Er hat Macdonald gebeten, sich nach Paris zu be- geben. Für die Reife war zuerst der Freitag vorgesehen. Aber da der Senat drohte, wurde vom Quai d'Orsay ein näher legendes Datum gewählt. Trotz der von Herriot ausgcgange- nen Einladung wird das Zusammentreffen delikat sein. Der britische Premierminister ist bei uns immer willkommen. Je doch ist das Schauspiel, das sich vorbereitet, zu mindest störend. Das Parlament war im Begriff, die Bilanz der neuen französischen Politik zu prüfen, von der man ihm Wunder erzählte. Rasche Entscheidungen sollten getroffen werden. Da läßt man sich nun aus eine neue Operation ein. Die Konten werden erst nachher aufgestellt und geregelt werden. Der Spieler beeilt sich, «och einen Würfel zn riskiere«. Der Artikel stellt weiter fest, daß die gestrigen Erklärungen Mac donalds im Unterhaus« bestätigen, daß das an die Mächte gerichtete Memorandum die Verhandlungen von Cheguers getreulich wtedergegeben habe, und das, dieser Bericht von beiden Kabinetten bestätigt wurde. iW. T. B.) Die Anstrengungen der sranzvsischen Opposition. Paris, 8. Juli. In Paris zeigt man sich hinsichtlich deS Zustandekommens der Londoner Konferenz noch immer skeptisch. Die Opposition hofft, dasi die Londoner Konferenz vertagt werben wird. Die Anhänger Poincares lassen alle Minen springen, um sie zum Schei tern zu bringen. Es wollen Poincare und seine Freunde die Vollmachten der Reparationskommission auch auf die Verpflichtungen des Dawes-Plancs ausgedehnt sehen, weil die Repko unter vorwiegend französischem Einfluß steht und sich als willfähriges Werkzeug am Quai d'Orsay gezeigt hat. Ein Kompromitzvorschlag, der dahin geht, daß die Mit glieder der Repko auch die neue Kommission für die Ver pflichtungen aus dem Dawcs-Plane bilden sollen, hat seine schweren Schattenseiten. Es wird sofort klar, daß cS sich hier «m de» Versuch einer Verschleierung handelt, der, abgesehen von allen anderen, an dem wichtigsten Punkt vorbeigeht, näm lich dem, dasi in der Repko Frankreich zwei «nd die Bereinig ten Staaten überhaupt keine Stimme haben. Matzregelung Peretti -ekka Aoceas? Berlin, 8. Juli. Der Pariser Korrespondent der „Boss, tg." berichtet, dasi der politische Direktor des Quai d'Orsay eretti della Nocca abgesetzt und disziplinarisch elangt werde, da die Negierung Beweise dafür habe, das, er die Kampagne der nationalistischen Presse gegen die Person Herrlots inspiriert habe. Die inkeressankesle Phase -er Durchführung -es Gutachtens. Die internationalen Auseinandersetzungen für und gegen das Gutachten des DaweSkomitees trugen von Anfang an einen außerordentlich dramatischen Charakter. Dem Bühnen werl eines ganz großen Tragöden vergleichbar, so rollten die einleitenden Phasen des Kampfes um die Arbeit der Sach verständigen mit zwingender Kvnseaucnz vor den Angen der Welt ab und steigerten Schritt für Schritt die Spannung aller, die mit Ungeduld die Regelung der verworrenen europäischen Verhältnisse erwarten. Der erste Akt war ge kennzeichnet durch die Ausarbeitung des Planes selbst, das bestimmende Moment des nächsten bildete die Annahme erklärung -er deutschen Negierung, die von schweren Meinungskämpfen in Deutschland selbst begleitet war. Den dritten Abschnitt, der bereits unaushaltsam dem Höhepunkte der Handlung zustrebt, erfüllen die scharfen Gegensätzlichkeiten innerhalb der Entente, die für die Zukunft des ganzen Pro blems von entscheidender Ssedcntung sind. Dieser dritte Ab schnitt, in dem wir mittendrin stehen, ist im Vergleich zu den vorangcgangenen der weit interessantere, ja vielleicht der interessanteste des dramatischen Prozesses überhaupt. Ist doch in seinem Verlaufe zum ersten Male nach der Fülle von Un klarheiten und Versteckungsmanövcrn. hinter denen sich die Hauptbcteiligten an der Materie deS Gutachtens, insbeson dere Frankreich, verbargen, über die wahren Absichten der Spieler und Gegenspieler Gewißheit geschaffen worden. Am eindeutigsten haben vom ersten Tage an, an dem es sich um eine internationale Nachprüfung der deutschen Wirt schaftslage handelte, die Dinge in Deutschland gelegen. Deutsch land brauchte den Beweis für den katastrophalen Charakter seiner Wirtschaftsvcrhältniffe und für die Unmöglichkeit, Re parationen in dem vom Londoner Protokoll vom Juni 1921 vorgesehenen Ausmaße zn leisten, nicht zu scheuen. Es hat sich auch in keinem Punkte den außerordentlich weitgehenden Ein blicken der internationale» Beauftragten widcrsetzt- Schwierig keiten entstanden erst dann, als das Ergebnis der Nach forschungen bekannt wurde und als cs sich zeigte, das, die deutsche Loyalität wieder einmal zu überspannten Forde rungen oder wenigstens zu einer vollkommen abwegigen Ein schätzung der deutschen Leistungsfähigkeit mißbraucht worden war. Ter Sturm der Entrüstung, den diese Tatsache mit vollem Rechte entfesselte, richtete sich ebenso scharf gegen diesen Mißbrauch wie gegen die Berliner Regierung, die sich in auf fallender Weise und mit ausgesprochenem Optimismus für die sofortige Durchführung des Gutachtens anssprach. Nur dem Umstand, daß Marx-Strescmann mit fortschreitender Zeit unter dem Truck der öffentlichen Meinung und der parlamen tarischen Gefahren, die ihre ursprüngliche -Haltung für sic hcraufzubeichwören drohte, mehr Gewicht auf die Verwirk lichung jener für Deutschland relativ günstigen Vorbedingun gen legten, ist cs znznschrcibcn, das, die Erregung des rechten Flügels der bürgerlichen Parteien vorerst einige Besänftigung erfahren hat. Selbstredend kann dieser Zustand der Beruht gung nur dann andaucrn, wenn von der ReichSrcgicrnng auch weiterhin die nationalen Interessen zum mindeste» in dem Grade betont werden, der aus mehrfachen Aeußcrungen Stresemanns und aus verschiedenen offiziösen Stellung nahmen, beispielsweise aus dem halbamtlichen Kommentar zn dem angeblichen Washingtoner Schritt im Sinne des Gut achtens spricht. Im allgemeinen aber kann fcstgcstcllt werden, daß im Augenblick keinerlei Anzeichen für eine beabsichtigte Unterbrechung der normalen Weiterentwicklung des mit dem Gutachten verknüpften Fragenkomplexes auf deutscher Seite vorlicgen. Anders in Frankreich! Dort waltet eine wesentlich kompliziertere Situation als bei uns vor und dort wird in Wahrheit der Knoten geschürzt, der für die Durchführung des DawcS-PlancS verhängnisvollste Bedeutung gewinnen kann. Die treibenden Kräfte stellt die von Tag zu Tag mächtiger werbende Opposition gegen Herrioi, deren Führung im Hinter grund Raymond Poincare in den Händen hält. Er und seine Kreise haben von Anfang an ihre eigene Auffassung von der „Durchführung des unveränderten Gutachtens" an den Tag ge legt und mit aller Entschiedenheit vertreten. Sie wünschen die Realisierung des Gutachtens, dessen Unteilbarkeit sic an geblich anerkennen, sic wollen aber nichts von der Verwirk- lichung icner für Deutschland relativ günstigen Vorbedingun gen wissen, die in dem Worte „Wiederherstellung der deutsche»