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Freitag. «4. Dezember ISA WaffenfchmllMl nach Budapest entdeckt Sefterreichische Zollbeamte beschlaonahmen Maschinengewehre, die als Rohölmotoren deklariert waren Die Herkunft mysteriös Wien, 1t. Dez. Die „Arbeiterzeitung" melde«: „Am Mittwoch,,ach»,ittan wurde bei der Donau-Dampsschissahrts- chesellschafl ei» »ach Budapest bestellter Schlepper verlade». Pein, Verlade» brach ei»c Kiste, so das; der Anstalt sichtbar wurde. Znm größten Erstaunen saiid man in der aus dem Frachtbrief als Rohölmotoren deklarierten Kiste Maschinen- aewebraurte. Die dienstbabcnden Zollbeamten liestcu darausbi» die bereit» verladene» sechs anderen Kisten der selbe» Sendung wieder ansladcn und b c s ch l a a n a h m < e n sie. Bei der Ocssnung ergab sich, das; sämtliche Kisten Maschine na ewchrteilc, Läufe, Verschluß- bcsiandteilc nsw. enthielten. Die Kisten, die das Signum M. W. trugen, sind von der Wiener Speditionsfirma Blum L Popper ausgegebcn worden. Der Auftraggeber, angeblich eine Motorradfabrik, die jedenfalls für die falsche Dcklarie- rung verantwortlich ist, wurde von den Zollbehörden telepho nisch angeruscn. konnte aber keine befriedigende Er klärung gebe». Die Kisten wurden später von der Polizei in Gewahrsam genommen." Wersast auf einen sächsischen Reichstvekrsol-alen Ni» Auge anSgestochen und sonstige schwere Verletzungen Berlin, II. Dez. Als gestern kurz vor Mitternacht der 27 Jahre alte Obergcfreile R o t t s ch a l k von, 12. Sachs. Ac'itcr-Regimenl durch die Schlicmannstrastc in, Borden Berlins ging, wurde er von nichrcrcn Raufbolden angegrisse». Er zog sein Scttcngcwchr, »»> de» Uebcrsall abziiwehren, konnte alwr nicht verhindern, das, er mehrere Messerstiche i», Gesicht davonlrng. Ein Stich hatte da» linke Auge so schwer verlebt, dast e» analies. Der Bedauernswerte wurde in die Eharits gebracht. Drei Personen, die sich verdächtig gemacht batten, wurden sestgcnummcn. Wann wirb Rotsront endlich verboten ? Berlin, 14. Dez. Nach einer Mitteilung der „Noten j>ah»e" soll der Berliner Polizeipräsident den Vertretern de» Noten Frontkäinpserbundes und der Kvininiinislischcn Partei gegenüber, die sich zu ihm begeben hatten, um im Namen der beide» Organisationen gegen das gestern hcransgekommene Verbot von Straf,eiidcmvnstrattoiic» zu protestieren, gcänstcrt habe», dast „der Rote Frvntkämpferbnnd in kürzester Zeit anfslicgc» werde!" Offenbar werde» selbst de», sozialdemo kratischen Polizeipräsidenten der Rcichshauptstadt die Pro vokationen zuviel, die sich die Kommunisten in den letzten Monaten in steigendem Maste geleistet habe». In der bürger lichen Presse wird mit Nachdruck ein Verbot des kom munistischen F r o n t k ä m p f e r b u n d c s gefordert. Die „Note Jahne" übcrschlägt sich heute, offenbar in der Befürch tung, dast eine solche Mastnahmc demnächst bcvorstchc, in Schmähungen gegen die Polizeistellen der Rcichshauptstadt. Verhaftung eines Feldwebels wegen Tpionageverdachts. Die Polizei verhaftete ans Veranlassung der Staatsanwalt schast einen Feldwebel des Designer Reichswchrbataillons unter dem Verdacht der Spionage. Nähere Einzelh.'iten können im Interesse der Untersuchung „ich! belanntgcgcbeu werde». Roch keine Deckung für -as Defizit Die Verabschiedung des Etats aus nächstes Jahr verschoben Berlin. 14. Dez. Das Ncichakabinctt hat sich entschlossen, die Verabschiedung de» Etat» für 1929 bis nach Weihnachten, also bi» Anfang de» nächsten Jahres zurückziistellen. Ungeklärt ist noch immer die Deckungsfragc. Die Versuche des Kanzler», im Zusammenhang mit den Koalitionsbesprcchungeu dieses entscheidende Problem gemeinsam mit den in der Regierung vertretenen Parteien zu lösen, »«»stten ebenfalls bis zum Wiedcrznsammentritt de» Reichstag» Milte Januar vertagt werden. Die Rcichsrcgicrung will die Verhandlungen mit den Parteien so führen, dast der Etat wenigstens bis zum 21. Januar dem Ncichsrat zugehe» kann. Der Reichstag hat dann allerdings nur zwei Monate für die Etatberatungen zur Verfügung. Ae neuen Mitglieder de« RelSsbalm- BeMallutigSmleS Berlin, 14. Dez. Die Reichorcgiernng hat durch Beschluß vom 14. Dezember 1928 die Herren Dr. Hermann Schmitz. Geh. Kommerzienrat und Vorstandsmitglied der I. G Farbcii-Industrie in Berlin, Dr. h. c. Welcher, General- dircklor der Firma Hansel Eo. in Duisburg, Lokomotiv führer Matthäus Hermann in Nürnberg und aus Be nennung der preustischen Ltaatsregierung Dr. Otto Icj- del», Geschäftsinhaber der Berliner Handelsgesellschaft in Berlin, vom 1. Januar 1929 zu Mitgliedern de» Vcr - waltungorats der Deutschen Reichsbahn-Ge sellschaft ernannt. Mit der Ernennung des Lokomotiv- sührers Hermann ist ein alter Wunsch des Personals, eine« List im Verwaltnngsrat zn lmben. in Erfüllung gegangen. Es ist zu begrüsten, das, Beamte und Betriebsrat dem An erbieten des Reichsverkchrsministers v. Gnörard. ihnen ge meinschaftlich einen Sitz im Vrrwaltungsrat zu gewähren, durch Einigung nachgekommcn sind »nd einen Vertreter der Gcsamiiniercsfcn in Vorschlag gebracht haben. Briand will ewige Kmttckle dmMW Linersüllbare Bedingungen für unseren Rechtsanspruch aus Räumung London, 14. Dez. lieber den Verlaus der Luganoer Ver handlungen der Aiistciiministcr berichtet Pcrtinax im „Dativ Telegraph", dast es zum Verständnis der weitere» Entwick I»»g der Dinge notwendig sei, sich die beiden Punkte zn ver gegenwärtigen, denen Briand bereits zugcstimmt habe. > Das, die Finidierung der deutschen Schulden nicht die Voraussetzung sür die Räumung des Rheinlandes bilde» sollte. 2 Dast die Vorbesprechungen für die Ein- setznng der F e st st c l l n n g s k o m m i s s i o n im Rheinland beginnen sollten, bevor die Rcparationssachvcrständigcn ihre Ans gaben beendet hätten, damit diese FcststcUungü- kommissio» eingesetzt «nd die Räumung durchgesührt wer den könnte. Dieses in grasten Zügen überreichte Ucbcreinkommcn hätte, so meint Pcrtinax, gestern endgültige Formen erhalten kininen, wenn Dr. Strcsemann es als möglich augeschcn hätte, zuzustimmen, dast die R h e i n l a n d k o m m i s s i o n die selbe Lebensdauer haben sollte, wie der Vcr- tragvonLocarnoond»ichtimIahrc199i»cndcn sollte. Diese Konzession, die Briand als unbedingt not wendig angesehen habe, sei aber von dem deutschen Austen- minister nicht gegeben morden. Zn der Unterhaltung zn drei in Lnganv berichtet der „Pcltt Parisicn", die Rede des Reichskanzlers Müller habe den Ministern eine leichte Einsiihrung in den Verhandluiigs- iloii gegeben. Es sei natürlich gewesen, dast Slreiemann um Erklärungen ersucht worden sei. Ans diesen Erklärungen scheine hervvrzugehen, dast in der Anschlustsrage jeder daS Recht zu denken und z» verlangen habe, was er wolle. Die drei Anstcnininister hätten darin überein- gestimmt. dast die Frage nicht aktuell sei und nur i»> Rahme» des Versailler Vertrages gelöst werden könne. Nach dem man setzt über den S a ch v c r st ä n d i g e » a » S s ch u st einig sei, hätte» alle drei Minister de» Wunsch, zu wissen, dast der AnSschnst i>» kvinweiidc» Januar seine Arbeit ansnehme. Ter Erfolg seiner Arbeit werde, ob »ran wolle oder nicht, die Vorbedingung sür eine vorzeitige Räumung sei». In der A b r ü st » n g S s r a g c scheine man sich geeinigt zu haben, die Einberufung der vorbereitenden Konferenz aus Anfang März icstzulegen. Es sei heute aber schon anster Zweifel, bafi die »rage der Sccabriistnng und der Reserven bei diesen Ber- Handlungen vorläufig nicht berühr« werde. Das „Petit Journal" führt aus, die Rede des Reichs-^ ianzlers, deren Ton übrigens viel gemäßigter gewesen sei, als gewisse Leute Glauben machen wollten, habe den deutschen Anstenministcr in keiner Weise behindern könne». Die drei Minister seien sich darüber einig, dast die Sachverständigen sobald wie möglich a»s Werk gingen. Das „Echo de Paris" erklärt, es wäre sehr interessant ge wesen, wenn Briand die Gelegenheit benutzt hätte, nm von Strescmann in dem gefährlichen Kapitel des Anschlusses Garantien zn verlangen, nichts spreche dafür, daß er das ge wagt habe. MkerbimMpvell an Litauen und Polen Die Verkehrshindernisse sollen beseitigt werden Lugano, 14. Dez. Der Völlerbnndsrat hat heule vor mittag unter Zustimmung des litauischen Ministerpräsidenten WoldemaraS und des polnischen Aiisicninlnistcrs Zales kt beschlossen, den beratende» technischen Ansjchnst sür Verkehr- und Transitsragen mit der Vorlage eines Berichtes über die Maßnahmen zu bcaustragc», die zur Be hebung der zwischen Polen und Litauen bestehenden Ver kchrohindcrnissc und zur Abschwächung ihrer internationalen Rückwirkungen getrosse» werde» können. Begründet wird dieser Beschluß mit dem Art. 29« des Vöikcrbnnüspaktcs, in dem sich die Völkcrbnndsstaalen verpflichten, die sür die Gewährleistung der Freiheit des Verkehrs und für eine gleich berechtigte Behandlung des Handels aller Völkerbundssl.ratcn nötigen Mastnahnren zu treffe». Außerdem wird in dem Beschluß daraus hingewiesen, dast bereits die erste Völker- bnndsvcrsamnililng den beratenden Verkehr- und Transit- auSschust beauftragt hat, geeignete Maßnahmen zu prüfen und vorznschlagen, die zn jeder Zeit die Freiheit des Verkehrs sicherstelten. Zur politischen Seite des polnisch-litauischen Problems wird in dem heutige» Beschluß des Rates an die feierliche Erklärung Litauens vom l». lZ. v. I. erinnert, wo nach cs sich nicht mehr als im Kriegsznstandc mit Polen be trachtet, und zwischen beiden Ländern also Friede herrscht, andererseits werden die feierlichen Erklärungen des polnischen Vertreters wiederholt, wonach Pole» die politische Unab hängigkeit und Unversehrtheit des Gebietes der litauischen Republik anerkennt und respektiert. In Kreisen der litauischen Delegation ist man der An sicht, dast der heutige Beschluß des Rates nur den inter nationalen Eisenbahn- und Flustverlehr betrifft. Die Vor schläge der Traiisitkommission können nach Anssassiing der litauischen Regierung nur den Flustvcrkchr an' dem Ns einen und den internationalen Transitverkehr am den Eisenbahnen, die von Polen oder Rußland über Litanc» nach einem anderen Staate führen berühren. Doch wird die Wiederaufnahme des direkten Verkehrs zwischen Polen und Litancn durch die Entschlickung des Rate« nicht berührt. Hieran ändert auch der Hinweis ans den Artikel -9 des BSlkerbnndspkktcs nichts. 24 Milliarden Reparation?-, Steuer- «nd Sv-iallaslen Gehcimrat v Borsig ans der Tagung der deutschen Arbeitgeberverbände Berlin, 14. Dezember Auf der öffentlichen Mitgliederver sammlung der Vereinigung der deutschen Arbeitgeberver bände am 14. 'Dezember in Berlin sprach Geheimrat E. v. Borsig über „Grundsätzliche Fragen der deutschen Sozial politik" und behandelte zunächst die wirtschaftlichen Gescheh nisse der seit Kriegsende verflossenen zehn Jahre. Er hob hierbei die durch Krieg und Inflation erfolgte Abtrennung und Zerstörung unseres V v l k s v c r m ö g c n s um über ei» Drittel nnscrcs Prvdnktivnsapparatcs und des Kapitalmarktes besonders scharf hervor. Der Redner ging sodann daraus ein, welchen Anteil die Arbeitnehmerschaft auf fvzialenr Gebiet an der Wirtschaftscntivicklnng hatte, und wies darauf bin, dast die Steigerung der Löhne, die Ver kürzung der Arbeitszeit, die Ansdchnnng der Sozialversiche rung sowie die Erreichung des Vorki icgslcb. nsstandards Be weis dafür seien, dast die dcntschc Arbeitnehmerschaft einen anstcrordentlich hohen Anteil an dieser Wirtschajtsentwicklung gehabt habe. Eine kurze Betrachtung der ans der gesamten Wirtschaft ruhende» Reparations-, Steuer- und Loztallasten. die im laufenden Jahre einen Gesamtbetrag von säst 21 Milliarden Mark ansmachen werden, leitete über zu der Prüfung, ob der jetzige Zustand der Wirtschaft eine weitere Tragfähigkeit foschcr Lasten und eine weitere Entwicklung im Tempo der letzten fünf Jahre erwarten lasse. Unter Einrcchnnng eines jährlichen diirchschnittltchcn Zustroms von zivci Milliarden A n s s a n d s k r e d i t c n ergebe sich, dast nicht einmal die Hälfte des notwendigen Kapitals heute der deutschen Wirtschaft znr Verfügung tche. Tie Folge hiervon seien Ztnslastc», die mehr als dop pelt so hoch seien, als die der grvstindnstriellen Kvnkurrenz- länder. Demgegenüber sei die Rentabilität der deutschen In dustrie völlig ungenügend. Ei» fast »och nngüiistigercs Bild böte die mittlere »nd kleinere, überwiegend nicht in Gcscll- chastssorm hetricbcnc Industrie, in der etwa zwei Drittel der Arbeiterschaft in Industrie »nd Handwerk ihren Lebens unterhalt fänden. Diese wirtschaftliche Lage müsse auch die deutsche Sozialpolitik berücksichtige«, da Sozial- und Wirt schaftspolitik in engster Wechselwirkung zueinander stünden Im Anschluß Hiera» ging Herr n. Borsig ans wichtige mit der grnirdsätzlichc» Einstellung der deutschen Arbcitgcbcrschast zu Wirtschaftssystem. Sozialpolitik und Gewerkschaftsbewe gung zufammenhängenüc Fragen ein. Er hob hierbei die Notwendigkeit hervor. Bcrantwortlichkeitsgesühl sowohl anf Arbeitgeber» wie Arbcitnrhmerseite zn wecken, nm ani beid n Seiten die Fiihrcrpcrsönllchkcitcn hcranznbilden, die sür wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufstieg «nenlbchrlich sind.