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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 27.09.1927
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270927010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927092701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927092701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-09
- Tag 1927-09-27
-
Monat
1927-09
-
Jahr
1927
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 27.09.1927
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Nr. 454 Seite 4 — »vre*dner Nachrichten" — Dienstag. 27. September 1S27 ^e> de» öammelstellen der ..Dresdner Nachrichten' gingen Zeltern für Lie Hin-enburgspen-e folgende Beträge ein: Set?. Basticrat T>r. Weitz IS NI.; V«rm»ssung»rat Sachh« 8 NI., Dr. 2t. V. ' '.'N.: L W.. Kändlerstcahe, I NI.: NI. L.. Kändierstrahe. , NI.: ^ NI. und B. LN. 4 AI.! BUrgerl »er.inig.. Dr.-Gorbitz, :-e» 'NI.; AI. und Niel. Gutömann SK 'AI.: 0. Sch.. K. ,0 AI.: AI. W.. Drerden. z AI.: W. S.. Dresden. I Al.: Mitive Lschdors, Drerden, Kesseirdor'er Ltr. 14, z AI.: Ork. Neumeister, Kesseirdorser Str. 14, 2 .'II.: LN LN.. Drerden. 1 LN.; R. K, Dresden, 10 AI.; Oberiagenieur Karl Neitz Dresden, 50 AI.: A. ch., Dresden. I Al.: Uaaenaant. Dresden. 1 LN.: L. B, Dresden. I AI.; L. Köhler, 'Pf. i. Bü., Al. Weitere Spenden erbeten an die Hauptgeschäftsstelle der ..Dresdner Nachrichten", Nlarienstrahe 5S. Lrdg. oder auf deren Postscheckkonto NX»- Dresden. OerNiches und Sächsisches. Das Unwelrergebie! im Lichtbil- und Film. Der Sitzungssaal des Landtages bot am Montag ein un gewohntes Bild. Hinter den Plätzen des Präsidiums Var eine mächtige, schwarz umrahmte Letnewand ausgestellt. Auf der groste» öffentlichen Tribüne befand sich der Kino- und Lichlbildapparat, nach den neuesten Vorschriften mit einer Schntzkabine umgeben. Regierungsvertreter mit dem Minister präsidenten an der Spitze, viele Landtagsabgeordnete aller Fraktionen, Einwohner aus den geschädigten Ortschaften und sonstige Inleressentc» füllten den Saal einschliestlich der Tribünen. Landtagspräsidenl Schwarz eröffnet«: die Veranstaltung mit einer kurzen Begrüßung und erteilte dann das Wort dein i'.stininerialra! Sorger voni Finanzministerium zu einem Vonrage über daS Thema: ..Die Zuli - Hochwasserkatastrophe im östlichen Erz gebirge und der Wiederaufbau der zerstörten Gebiete." In seiner Schilderung des furchtbaren Unglücks betonte der Redner, jeder Wasserbau-Ingenieur an verantwortlicher Stelle werde die Gründe der Katastrophe zu erforschen suchen, um daraus die Wege sich abzuleitcn zur Verhütung einer Wiederholung. Tie Veranlassung zum Gintritt solcher Hoch fluten liege in meteorologischen Vorgängen be- gründet. Cs sei vielfach die Frage erörtert worden, ob diese Katastrophe mit anderen Vorgängen im Kosmos im Zu- iammenhang stehe, etwa mit der Höchst- oder Tiefsterscheinnng der Tonnenslecke. da ja die Lonne durch ihre Strahlen einen groben Eiuflub aus die meteorologischen Vorgänge auSübt. Diese Betrach tungen lägen deshalb nahe, weil wir Wetterkatastrophen zu gleicher Zeit in vielen Teilen der Welt erleben Eine wissen- schastliche CrkenntniS gebe es nicht, aber immerhin sei die Feststellung nicht uninteressant, dag nach den Beobachtungen der letzten acht Jahrzehnte die grössten Hochfluten und die grössten Trvckenperioden zeitlich mit dem Wechsel der Flecken. Perioden ungefähr zusammensielen. Die Wissenschaft müsse weitersorschen, um einen tieferen Einblick in die Natur- geschehniüe zu erhalten. Der Redner ging auf die verheerenden Folgen des Hoch- wanerS und die ersten Hilfsmaßnahmen ein, um sich dann mit den Wicderausbauarbeitcn zu befassen. DaS Primäre sei der FlubauSbau, der aus schlaggebend die Straften- und Eiscnbahnbauten beeinflusse. Straften- und Brückenbanten erhielten jetzt gehörige Breite und passten sich den neuzeitlichen VcrkehrSverhältniffcn an. Die .Kreuzungen in Schiencnhöhe der Eisenbahn würden be seitigt. Zur Talspcrrenfrage entwickelte der Redner die bisherigen Grundsätze, nach denen 'ii Sachsen Talsperrenivirtschast getrieben worden ist. Die Sperren seien zunächst so anSgewählt worden, daft sie neben Hochwasserichutz vor allem auch der Trink- und Nntzwasser- Versorgung dienten. Daher seien die Sperren im Gottleuba- nnd Müglitztal erst in einem späteren Ausbauprogramm vor gesehen. Wenn er, der Vortragende, fetzt rein persönlich vorschlage, drei Sperren: bei Gottleuba, Laucnstein und Bärenstein stir den Betrag von rund 29 Millionen Mark zu bauen, und zwar nacheinander in einem Zeitraum von ungefähr zehn Jahren, der finanziellen Leistungsfähigkeit de» Lande» ent sprechend. fo geschehe r» deswegen, weil die Tolstellrn, an denen die Sperren geplant sind, vollkommen verwüstet «eien und infolgedessen durch die spätere Wieberbeseitigung der letzt zu errichtenden Straften, Brücken, Häuser ukw. Gelder gespart werden würden. Unsere Gorge müsse einer ge regelten Wasserwirtschaft gelten. In Anbetracht der Finanzlage de» Lande» würben die Ingenieure nicht da» Wünschenswerte in ihren Plänen bearbeiten, sondern nur da», wa» im Interesse der LandcSknltur und der Wirtschaft unbedingt notwendig sei. Die Lichtbild- und Filmaufnahmen waren eine wertvolle Ergänzung de» Vortrag». Besonder» anschaulich wirkten die Trickfilme, au» denen man einen Ueberbltck über den un» aeheuren Umfang der Flutwelle und die Zerstörung der Ge bäude erhielt. Mit DankeSworten wurde der Abend vom Präsidenten Schwarz geschlossen. Aörüert -1e Hin-enburgspen-e! Q»erbiirger«etster Lehman«. Pinne« t. B . stellt der sächsischen LandeSgeschäftSstcllr der Hindenburgfpende in Dresden folgende» Geleitwort zur Verfügung: «Laßt Dankharkeit «tt volle« Hände» spende«: Ihr ehrt be« Mann, der deutsche Laude schützte, helft Wunde« schließe«, di« der Krieg geschlagen.* « Auch die Hauptgeschäftsstelle der »Dresdner Nachrichten*. DrcSden-A I. Marienstraftc 88/42. nimm« Geldbeträge für die Hindcnburg-Tpcnde gern eutgegea. (Postscheckkonto Dresden 1l>88.s Zum SS. Geburlsiaste von Kofral Professor Dr. Arno Naumann, Pillnitz. wurden dem bekannten Botaniker in seinem Heim in Pillnitz mannigfache Ehrungen zuteil. Die ehemaligen Schüler, ver- einigt im »Ehemaligen Verband der Höheren Staatslehr, anstatt für Gartenbau zu Pillnitz", ernannten »ihre» alten vortrefflichen Lehrer" zum Ehrenmitglied dieses Berbandeü uud „gedachten seiner in Dankbarkeit und Verehrung*. Die Abordnung der Lehrerschaft beglückwünschte den Jubilar unter Ueberrcichung eines Geschenkes. Abordnungen der farben- tragendcn Hörer: Hortanta, deren Ehrenmitglied der Ge feierte schon seit 1007 ist. sowie der Arminia beglückwünsch ten ihn unter Ueberreichung reicher Blumenspenden, ebenso die Vertreter der Gesamthörerschast. Zahlreiche Glückwünsche aus allen Gauen Deutschlands bezeugten die Liebe und Ver ehrung diesem »selten veranlagten, wissenschaftlichen Lehrer*. Sein Heim im herrlichen Pillnitzer Schlosse glich an seinem Ehrentage einem Blumenhain, und für alle, die ihm glückwünschend nahten, war cö eine Freude und ein seltenes Erlebnis, seinen 02jährigen Baker in frischer Gesundheit rüstig beim Geburtstag seines 65jährigen Svhnes zu sehen. Professor Dr. Arno Naumann ist ein bekannter Mitarbeiter des Heimatschutzes, zu -essen führenden Persönlichkeiten er heute zählt. Möge ihm noch ein reicher Lebensabend als Lehrer und Führer der Jugend zu den Naturschönheiten unseres Heimatlandes beschteden sein! Kurt Arno Naumann entstammt cincr sächsilllicn Lehrcesamstte und wurde 1862 zu Hartmannsdors bei Ldemnitz acboren. Er studierte in Leipzig und an der Technischen Hochschule In Dresden, war lange Jahre Assistent am Botanischen Marten z» Dresden, seit lttn.8 Dozent an der Tierärztlichen Hochschule zu Dresden bis zu deren Verlegung nach Leipzig. Am 16. Mat 1862 erSsfnet« die Bor- läuscrin der Dtaatslcbransialt in Pillnitz, di« Höhere Gartenbau- schule dcS MartenbauverbaiideS für daS Königreich Sachsen, in Dresden iHosscstrahel ihre Pforten. Unter der Direktion von Max Bertram trat Dr. Arno Nanmann tn den Lehrkörper der aul- bliühenden sächsischen Märtnerle/'ranstalt ein und erteilte Unter richt in Botanik, Ehcnste, Phpha, Meteorologie und Bodrntunde. In allen guten und bösen Zeiten hat Di. Naumann der Anstalt die Treue gehalten: er war, wie eS so treffend tn den .Pillnitzer Mitteilungen" stsh«: Der Lehrer für Berus und Leben. — Musikdirektor G. Schönberg D Sonnabend früh ver- schied in Dresden der beliebte Dirigent des weit über Dresden und den Plauenschen Grund hinaus bekannten Burgker BergmusikkorpS. Georg Schönberg, ein Kind der Vorstadt Plauen. Dort wurde er vor 58 Jahren als Sohn eines Bnchbindcrmcisters geboren. Schönberg hat u. a. im Dresdner Gewerbcliaus unter dem Dirigenten Trenkler mit- gespielt. Er war ein ausgezcichncter Geiger. Vor 18 Jahren übernahm er die Leitung des Frhrl. Burgker Bergmusikkorps. Diese» hat etwa 8ü Jahre bestanden und überall bei seinen Konzerten, sogar in Hamburg und Brüssel, hohes künstlert- sches Können gezeigt. Schönberg ist den Dresdnern wohl bekannt. denn jahrelang hat er abwechselnd ln der Groften Wirtschaft und im Zoo in seiner schmucken Gala-Knappentracht konzertiert. Bis etwa Oster» dieses Jahres hat Georg Schön berg da» 24 Mann starke Kvrp» geleitet. Dann kaufte er da» Restaurant Rollschuhbahn, da» Ihm viele Sorgen und Schivterigkettrn bereitete. Diese, tn Bcrbtnduna mit seinem seit Jahren andauernden Herz, und Nlerenletden. fllhrien zu dem frühen Tode de» im besten ManneSalter stehenden Dirigenten. — Um die Versorgung »er Kleinrentner. Dem Land, tagt lst et» Antrag der Deutschen Volkspartet zu- gegangen, die Regierung zu ersuchen, bet der Reichsregierung mit Nachdruck dafür einzutreten, daft eine befriedigende Ver. sorgung der Kleinrentner durch ein NentenversorgungSgcsetz schleunigst geregelt wird. — Sei« Mietabzug für Schönheitsvorrichtungen. Es ist setzt im Publikum viel die Red« davon, daft der Mieter, wenn er ble sogenannten SchünhettSvorrichtungen auSführen laste, statt 120 Prozent der FrledenSmIete nur IIS Prozent ,u zahlen Hab«. Das trifft für Sachsen nicht »«. — A««el»«ng von Schulpflichtige«. Es ist bekannt, daß trotz Ablaufs der bi« 2. September gestellten Frist zur An- Meldung der Oster» 1928 schulpsltchtta werdenden Kinder noch «tu« grobe Anzahl Eltern ihre Kinder nicht angemelde» haben. Das Schulamt macht daraus aufmerksam, daft die An- Meldung unvrrzUgltch nachzuholen ist. und daft Kinder, die zu spät angemeldet werden, mit Umschulung in einen anderen Schulbezirk rechnen müssen. — Für Kraftwagen verboten. Der Verkehr mit Kraft- sahrzeugeu auf den Kommunikativnöwegen Oelsa- Wilmsdorf .und Oe lsa—O be rna u n do rf bis z,,m Auftresfen auf di« Strafte Ra be n a u—WIlm s do rs ist von der Kretsbauptmannschaft Dresden untersagt worden. — Rückkehr Dresdner Kinder. Die zur Erholung in Darkehmen lOstpr.s untergebrachten Kinder treffen Milt- woch 10,04 Uhr vorm. ein. — Die zur Erholung tn Nieder. Neukirch untergebrachten Kinder kommen Mittwoch nach- mittag 7,07 Uhr zurück. — Die tn Lenggries untergcbrach. ten Kinder kehren Freitag nachmittag 11,50 Uhr heim. Die Angehörigen werden ersucht, dte Kinder zu der genannte» Zeit a»f dem Dresdner Hanptbahnhofe abzuholen. — Der christliche Sckulgcdanke hat in Leipzig einen schönen Sieg erfochten. Eine Statistik der für Oster» 1928 zur Schule angemeldeten Kinder ergibt, daft von insgesamt 8U8ü Kindern 6154 für den Religionsunterricht angemeldet sind. — Htudenbnrg-Fcicr der Löftuitzortschaftcn. Um die Be deutung des Htndenburg-TageS hervorzuhebcn, wird am Bor- abend, Sonnabend den 1. Oktober, 8. Uhr. im Gasthos zur goldenen Weintraube eine BolkSfcter für die gesamte Löbnitz sKStzscheubrvda, Oberlöbnitz und Radebeuli ver- anstaltet, mit Festrede» und musikalischen Vorträgen. Um die Beteiligung allen Kreisen zu ermöglichen, werden nur 2ll Pf. für die Festordnung erhoben werden. Da der Reinertrag der Hindenburgspcnde zuflleften soll, wird indessen erwartet, daft alle, die es können, ein Mehrfaches beisteuern. —* Ein politischer PresicbelcidignngSprozeft. Der Schrift- leitcr der „Dresdner Bolkszeltung" und frühere Landiags- abgeordncte Max Sachs hatte sich vor dem Amtsgericht Dresden im Privatklageverfahren ivegen öffentlicher durch die Prelle begangener Beleidigung zu verantworten. Kläger war der Altsozialist und Hauptschriftleiter der „Sächsischen Siaais- zcitnng". Bclhke. Die Beleidigung wurde erblickt in einem gröfteren, in Nr. 72 der .Dresdner Bolkszettung" vom 26. März erschienenen Aufsatze, betitelt: „Geisteskrankheit oder Erpressertnm?" ES wurde eine schwere formale und fort gesetzte Beleidigung in dem Artikel für vorliegend erachtet und hierfür eine Geldstrafe von 450 Reichsmark, HIlssweise lö Tage Gefängnis als Ersatzstrafe ausgeworfen. Dem Privatklager wurde auch die Publikationsbesugnis zu gesprochen. — Hohes Alter and treue Mieterin. Frau verw. Hcrmiue von Dieskau, Lchäserstrahe 62, vollendet nächsten DvnncrSiog in körperlicher und geistiger Frische ihr 88. LebenSiahr. Gleich- zeitig wohn« die Hvchbctagte dann vierzig Jahre in derselben Wohnung. , ———, Ktn-erlähmung in Shemniy. Seit dem 9. v. M. sind im Chemnitzer Stadt gebiete bisher elf Fälle spinaler Kinderlähmung gemeldet worden. Der jüngste Kranke ist sieben Monate, der älteste vierzehn Jahre alt. Im schulpflichtigen Alter stehen vier Kinder. Ein fünfjähriger Knabe, bei dem zur Kinderlähmung noch eine Gehirnentzündung getreten war, ist gestorben. Sparen Heidt das Gebot de» Etnnd«. Jede» Unter nehmer bedien« sich daher bei Personalbedarf der kostenlose« Vermittln», de» Arbeit»» Nachweise». Anrus r 25881 «. 24831. Oilomar Enkiiw. Zn seinem 8». Geburtstag am 28. September. Nun ist auch Ottomar Enking, der liebenswürdige Dichter, der seit fast einem Vicrtcljahrhundert in Dresden lebt und dichtet, „an der Grenze des Greiscnalters" angelangt. Wie das klingt! An solchem Zahlcnbeispiel sicht man, wie unabhängig seelische Jugendlichkeit von körperlichem Alter ist. Denn dieser Sechzigiährigc ist eigentlich immer noch in der Entwicklung und keineswegs bei seinem letzten künstlerischen Ziele angelangt. Solche Entwicklungen eines Talentes durch Jahrzehnte verfolgen zu können, ist siir den Betrachter genuß- reich. Freilich mnft er Liebe und Verständnis mitbringen und de» Wesenszng eines Dichters richtig erfassen können. Er darf nicht am einzelnen Werke hafte», sondern mutz das Ganze überschauen. Das ist bei Enking nicht ganz leicht. Denn er hat viel geschrieben — und ist doch kein Vielschreiber: er hat Schweres und Tiefes gedichtet und leidet an einem deutschen Grnndzng, der peinlichen Gewillenkiastigkeit, mit der er sich Rechenichast ablegt von icinei» inneren Ringen mit Gott und Welt. Werk und Form. Das verführt ihn zur Breite der Darstellung und zur lleberwucherung der Erzählung mit Ge danken und Betrachtungen. Langsam kommt er tn Schwung, mühsam findet er sich vorwärts, und so sind oft die zweiten Hälften seiner Romane beschwingter, spannungsvoller, fesseln der als die Anfänge. Er bat die große Liebe zum Kleinen, und die verlangt er cnich von seinen Lesern. In ruhigeren Zeiten, wo w>: noch Behagen und Muhe kannten, lasen wir diese deutschen ckleinmaler und Weltbetrachter wie Raabe, Frcnssen, Enking mi! Hingabe: seit der allgemeine Wirbel über uns gekommen ist. sind wir ihnen mehr oder weniger untreu geworden. Enking hat diele Wendung bitter genug spüren müsse». Trotzdem ging.er seinen Weg weiter, und der führte auch ihn aus der Enge inS Weite, vom Kleinen zum Grvsie», von der Kleinstadt in die Welt der Geschichte oder tn die Tiefe der Problematik de« MenschenherzenS. Diese Entwicklung bat er ciwo im letzten Jahrzehnt voll zogen. Man hat ihn immer festgenagelt auf den Begriff des Kleinstadtdichters. Das ist er denn auch tn einem ganz eigenen Sinne. Aber er ist es doch nicht geblieben. Enking hat die Kleinstadt zugleich geliebt und gehabt. So wurde er aus dem Jdnlliker zum Tragiker des Kleinstadtlebens. Diese Der. ttefung war das Neue, daS er brachte. Jdnllen aus der Welt der kleinen Leute habe» wir »tele. Schon die mecklen burgischen Jdnllen des alten I. H. Voß waren solche Lebens- bilder der nordischen Bürgerlichkeit; Reuter. Seidel. Han» Hoffman«, Fritz Ander», um nur ein paar »u nennen, führten diese Dichtung dcS behaglichen Lebens weiter. Sie fühlten sich wohl im engen Kreise, und ihr Humor kam aus der Gemüt lichkeit. Enkings Humor der Kleinstadt hat iedoch einen bitteren Bodensatz und einige ironische Säure. Die Fülle seiner Originale, die tn seinen frühen Büchern herumlausen, ist ergötzlich, sie sind auch mit Gemüt und Mitleid geschaut; aber sie sind unerbittlich scharf angesaftt und dort blohgestellt, wo sich Philistertum als Erbärmlichkeit offenbart. DaS ist meist übersehen worden. So genau Enking bas Innere dieser — vielleicht schon tm AuSsterben begriffenen — Kleinstadt, tnpen kennt, so betrachtet er -och ihr Treiben von auften und von oben. Seine berühmten Schilderungen der geselligen Freuden der Spieher sind von keinem Spießer geschrieben, sondern aus der Herrgottsperspektive gesehen, mit dem Ver gnügen des Schöpfers an der wuselnden Amelsrnwelt, die sich da entwickelt hat. Menschen, „die an und für sich Unwesent liches außerordentlich würdevoll betreiben*, wie er e» sor- mustert, belustigen ihn und un». Aber aus ihrem amüsanten Treiben heben sich die Schicksale einzelner Menschen um so dunkler und tragischer ab, ES ist die Tragik der Enge und Gebundenheit, die in der Kleinstadt mehr noch alS in der Großstadt Ehe und Familie, Eltern und Kinder. Freunde und Nachbarn in schlimmste Verwicklungen bringt. Von solchen bitteren Schicksalen sind Enkings frühere Romane erfüllt, und schon Titel wie „Dämon Mutter* kündigen diese Tragödien an. ES ist also oberflächlich, tn Enking nur den humorvollen Klcinmalcr des Philistertums zu sehen. AuS der Enge hat er ins Wette gestrebt, ohne den Bindungen der eigenen Natur ganz entrinnen zu können. Seine groß« Dichtung »ElauS Jesup* war der Versuch, in einem breiten Geschichtsgemälde die Untergründe der heutigen Stadtkultur tm Norden aufzudccken, an einer erregten Epoche Wismars dte Kämpfe innerhalb der Volksschichten zu zeigen, aus denen da» Bürgertum al» Sieger hervorgtng. Mit der Bewältigung der großen Gtofsmasse hat er schwer gerungen, ohne daß sie ihm völlig glückt«. Besser gelang «S ihm tn dem »WassermeblcuS von Schaddeby*. worin er den Kampf eines Arztes und Menschenfreunde» gegen mittelalterliche Der- bvhrtheit z»m Stege führt. Dieser Jakob Tvndcrsen ist eine der wtllensstärksten und gesinnungsreinsten Gestalten, dte Enking geschaffen hat. Wie geschichtliche Bedingungen das Menschenleben bestimmen, schildert auch der Roman „Wagnesrott* der auf dem deutsch-dänischen Gegensatz in Schleswig.Holstein beruht und die starken Kräfte des Bauern tums mit eigenartig verfeinerten, fast t»S Okkulte reichen- den Seelenzuständen verbunden zeigt. Den unüberwindbaren Widerspruch zwischen dem LebenSgefühl des Landadel» und der bürgerlichen Humanität»!«-« stellte er tn »Monegund* dar, und eine seiner opferfähigsten und seelenreinsten Mutter- gestalten schuf er in dieser Monegund. Dann bohrte er sich tief in das Problem der Ehe, der Doppcllicbe des Monnes, des MutterbedürfntsseS der Frau ein und die psychologischen Romane »Der Tor am Tore*. »DaS PNnktlctn ans der Welle*, „Röne und Syrithe*, zwar noch auf dem Hinter- gründe der kleinen Stadt, sind spürsinntgc, verwickelte, durch- leuchtende Seelenstudien geworden. Dabei ist eine deutliche Bemühung um größere Verdichtung und straffere Kom- Position der Erzählung wahrzunehmen. Enking hat sich mit diesen und anderen Werken seiner „zweiten Periode* auS dem Banne der Kleinstadt als Stätte des Philistertums zu freierer Menschlichkeit und weiterem Horizont lierausgelöst. Er ist sich gleichgeblteben tn dem heiligen Ernst der Arbeit, in der Gewissenhaftigkeit der Problembehandlung, in -er tragischen Grundauffassung deS Lebens. Noch immer schreibt er für besinnliche Leute, aber noch immer hat er auch die Frische der Anschauung und dte lebendige Gestaltcnsiille niederdeutschen Gepräges. Und dieser innerlich so reiche Dichter, der uns dte Familie Behm und den Patriarch Mahnke, den suchenden Truges und TedebuS den Wandersmann, Momm Lebensknecht und Peter Luth von Altenhagcn, be» Kantor Liebe und Monegund. dazu zahllose seltsame und spaßhafte »Leute von Koggenstedt" ge schenkt hat. steht heute an einer Wendung seines äußeren un wohl auch seines inneren Leben». Den Kampf mit den Ge stalten seiner Phantasie hat er ebenso schwer dnrchgcsochten wie den Kampf mit dem Dasein. Ihm ist noch nicht der Lohn geworden, der ihm gebührt. Es müssen sich alle deutschen Leser »in ihn sammeln, die einen Dichter von einem Roman- schrtststeller zu unterscheiden wissen. ES muß ihm möglich werden, das nächste Vebensjahrzehnt mit größerer innerer und äußerer Freiheit zu durchleben, um sein Bestes und Größtes noch zu schaffen. Wenn Enkings LcbenShnmor sich überlegen und ungefesselt entfalten könnte, vermöchte er »n» vielleicht ein Metstergemälde deS niederdeutschen Menschen »nd seiner ungebrochenen BolkSkraft zu geben. Scho» heute ist der kulturhistorische und volkskundliche Wert seiner Klctn- stabtmalerei bedeutend und se schneller alle Eigenheiten nnd Werte des BokkeS außerhalb der großen Städte zerssört werben, nm so wichtiger wird ihre Erhaltung tu der Dich tung. Enking ist Heimatdichter nicht im Sinne einer literari schen Bewegung, sondern im Sinne der Blutsgemeinschaft mit den Menschen seiner Herkunft. DaS wird sein innerster WelenSzug bleiben, daraus wird er neue schöpferische Kraft gewinnen. Und wenn wir uns zu seinem 76. Geburtstage wieder sprechen — wenn! —, dann werden er und wir um deutschen Kultnrbesitz echter Art reicher sein. Dr. Felix Ztmmermann.
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