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VI. Jahrgang. ZK 484 Dienstag, 27. Septemder 1927 Gegründet 1856 Sradtantckrit»! «»»etch»«, »»«,»«, Ker»>vr«»«r-Sa«««lnu«»», »»»., «m tür Nack»,»IvrLck»r »0«, Bezugs-Gebichr Dt» Biueiaen »erd«« na» Boldmart d«r»»n«l i dt« »tntvalN« » mm br«tt» Anzeigenpreise: aunrrbaldAivPm. Off»rI«na»bübr»Pto. Au»«. Buttraa» a«,«nD»rausbe,akIa. SckrtMettvn, mid Sam>to»t»Stt»6«ll«-. Martevftraß» 3» .s Druck u. Verlas von Vtevtck ck Retcharvt tn Drerd«» V»Üsck»ck-K»n>o >c>ss Lresde» ssoMorei timbsw pragcks Strollv 10 o«» r»0«»«s»ß» /m nsne/r Oeuiancka/ 7ttvkk4kk k»IM40§ KuNHl»pj«tpI»N0» »alt 1S34 dvstdsv^ätiris» cZualltiitskndrikat k4«ikvn !. ^.77,r Ssutren . "'^ " Ae Hochwafferlatastrophe in den Wen. Verheerungen in -er Schweiz un- Tirol. — Ei enbahnkaiasirophe durch Einsturz einer Drücke. Ankerre-urig Slresemarms mit Brian-, — Die neue Besol-ungsor-nung in Preichen. — Die „Germania" gegen Wkth. Durchbruch -es Rheins. Bregenz 2«. Sept. Bei Gamprin jLiechtensteinj hat »er Rhein tu einer Breite , »« >0 Meierei«« Lücke t« de« Da« m gerissen. Die Bewohner slüchtete» a»f die Dächer. Alpenjäger sind in daS Ueberschwemmungsgebiet «ach Liechtenstein abgegangen. Im Laufe des Tages hat der Dammbruch auf der Liechtensteinischen Seit« eine Breite von 200 Meter erreicht. Tr geht bi» zur Eisenbahn- brlicke. deren Pfeiler unterspült sind, so daß di« Schienen tn da» Wasser hängen. Da- ganz« Gelände Vis gegen den Gchellenderg bildet eine« groben Le«. Am Dorfe Schaan reicht das Wasser bi« -» den Türen der Lrdgeschobwohnungen. El« BahnwärterhLnSche« der iiste*. reichische« Bundesbahnen ist in den Kl«»«» oerschwnnden. Auch die Gleise und der Bahndamm sind aus einer Läng« von 800 Meter vollkommen überschwemmt. Der vahnhosSoorsteher «»» Schaan «nrde hente früh in der Nähe de» «ahnhofeS t,t anfgesnnde«. Sr war von de« Kluien überrasch« »or, de« ««d ertrunken. Leine Kran und adch einige Liechte«, fteivsch« Kenerwehrlente werden vermistt. 'Der Drahtverkehr mit Liechtenstein ist unterbrochen. Die Liechtensteinsche Negierung hat bei der Vorarlberger Landesregierung um Hilfe für die Ortschaft Ruggell ge, beten, die infolge des Durchbruches des Rhein« gefährdet ist. Aschwasser un- Sleinschlag in Graubün-en. Basel, 2«. Gept. I« Sranbünden gostaltete sich die Uiewettcrkatastrophe »« der schlimmsten Heimsuchung seit dem Jahre 1868. In Chur mußte bereits am Vormittag ein Sappeurbataillon aufgeboten werden, um in T r i m m i n. wo eine gewaltige Steinlawine die Kantonstrabe auf einer Breite von 120 Meter völlig zerstört und jeglichen Verkehr im Rhcintale unterbrochen hatte, die Bahnlinie zu schützen. In WaltcnSburg wurde die VcrbindungSbrücke zum Bahnhof zer- stört. Ein Feldaufsehcr ertrank tn den Fluten, während kein Begleiter schwer verletzt gerettet werden konnte. In der Ge« «rinde Ringcnberg mutzte die ganze Bevölkerung vor de« hereinbrechcnden Ltei» schlag fliehen. Alle Tclephon- verbiudnngen sind unterbrochen. In BalS steht de, «ntere Teil des Dorfes vollständig nnter Wasser. In Reichenau wurde ei» grotzcS Hol,, «nd Bretterlager von de« Finte« weg- acschwemmt. I« LarganS verwandelte di« Unwetter, kataftrophe die ganze Gegend in einen Lee. In PrSttIgau »ersetzte ein Dammbruch des SchraubacheS die Einwohner von Schiere in groben Schrecken. Sehr schwer wurde auch Bergell -eimgesucht. Der JllSbach ergoß sich mit großen Geröllmassen tn da» Dorf Casaceia, so daß die Bevölkerung nur mit grober Mühe von der aus St. Moritz herbetgeeilten Feuerwehr ge rettet werden konnte. Chur und Umgebung blieben von dem Unwetter mehr ober weniger verschont. » Chur, 26. Dept. Das Linke« der Temperst«, «nd der Schncefall in der Nacht znm Montag haben trotz deS weiter »ndaurrnden erheblichen Regens eine A»Sdeh«««ader Katastrophe verhindert. Der Bahnvcrkehr Lt. Moritz -Bergell konnte wieder ausgenommen «»erden. An der Vrennerstratze bei «Nschmitz stnd sechs Personen von den Flute« eingeschlossen. Zwei Arbeiter stnd tn der Sill ertrunken. Der Verkehr der Zlllertalbahn ist unter» krochen. Die elektrischen Lokalbahnen mußten den Verkehr «Instcllen. , Drei Todesopfer in Tirol festeeNeM. Innsbruck, 26. Sept. Die Hochwafferlatastrophe in Tirol hat nach den bisherigen Feststellungen drei Todesopfer «eiordert. In Innsbruck selbst stnd zwei Arbeiter bet Ein» »ämmungSarbetten tn der hochgehenben Sill ertrunken. In Zell wurde ein Arbeiter von den Finten wcggerissen und konnte nicht mehr geborgen werden. Die Schäden im Ziller tal sind sehr groß. In Zell stand das ganze Dorf unter Wasser, der Bahnkörper der Zillertalbahn ist an zahlreichen Stellen unterwaschen. Kochwasfer auch in Bayern. München. 26. Sept. In ganz Bayer« führe« die Flüsse seit gestern Hochwasser. Die schwäbischen GebirgS. slüsse haben fast durchweg die mittlere Hochwasserltnie über schritte«. An der Paar bei Mehring sSchwabens wnrbe gestern abend ein Hochwasserstand erreicht, wie er seit den achtziger Jahren nicht mehr beobachtet wurde. In Mehring selbst mußten tieserliegende Häuser geräumt werben. Die Ortschaft Kissing steht unter Wasser. Hochwasser führen weiter In« «nb Isar, der Lech, der Obermain, die obere »nd «ntere Altmühl, di« Nab »nd di« Nednltz. (WTB.) Der Ahoi« slelgl welker. Koblenz, 26. Sept. Vom Oberrhcin und seinen Neben flüssen wird weiteres Steigen gemeldet. Der Neckar ist bei Jngstseld innerhalb 24 Stunden um rund 2 Meter und bet Plochingen um 1.82 Meter gestiegen. Auch der Main ist beträchtlich angescl,wollen. an seinem Oberlaus bnrchschnttt lich um einen Meter. Ein Steigen der Mosel ist zu be fürchten, da tn ihrem Ouellgcbtet erhebliche Niederschläge ge fallen stnd. Wie amtlich gemeldet wird, muß tn Koblenz mit einem Steigen des Wassers aus 4,6 Meter gerechnet werden. Eisenbahnkatasirophe im Eisacklal. Trient. 26. Sept. Im Sisacktal bei FranzenSseft« stürzte ein mit einem Ingenieur, einem Eiseukahnfunktionär und els Arbeitern besetzter HilsSzug in den Fluß. Nur zwei Personen konnten gerettet werden, während die übrig«»», dar. unter der Ingenieur, ertranken. Die Zahl der Toten beläuft sich auf etwa 26, andere Meldungen sprechen sogar von 27 Opfern. Der Hilsszug, der kurz hinter Franzensfeste btS neben den Etlackfluß entlang fuhr, mußte eine Brücke überaueren, unter der ein Nebenfluß in die Eisack fließt. Die Fundament« dieser Brücke »varen durch das Hochwasser anscheinend unterwaschen, und als der Hilsszug über sie hinwegfuhr, stürzte die Brücke ein und mit ihr der Zug in den Fluch. Un mittelbar neben der Brücke stand ein WärterhauS, das ebenfalls mit tn die Tiefe gerissen wurde. Während der Bahn- Wärter und seine Frau sich retten konnten, kamen ihre Kinder um. Durch den Absturz deS HilsSzngcS «nrde ein mbglicher. weise weit größeres Unglück verhütet, denn bald «ach de« HilsSzng kam der Münchner V.Zug an die UnglückSftele, der sicherlich in die Tiefe gestürzt wäre, wen« nicht die Brücke schon vorher mit dem HilsSzng eingestltrzt wäre. Im einzelnen wird über die Katastrophe noch berichtet: Infolge der starken Regengüsse der letzten Tage schwoll die Eisack gestern außerordentlich an und überschwemmt« die Etsenbahnstrecke bei Franzensfeste auf der Linie Trient- Brenner. Gegen » Uhr abends wnrde« die telegraphische« und di« telephonischen Verbindungen bnrch das Unwetter unterbrochen. Inzwischen setzte das reitzenbe Waffer sei« Werk fort «nd unterminierte die Etsenbahnstrecke. Sin HilsS- z«g wnrde daher von Trient a«S entsandt. Schon eine Halbe Stunde später traf ln Trient die Nachricht ein. datz Sokomütiv« »nd Beiwagen des HilsszngeS in den Flntz gestürzt seien. Heute wurde bereits ein Leichnam ans Land gezogen. ES stellte sich aber heran», baß «S sich um einen Wachtmann Han- delte, der an den Mehren des Flusses Wache hielt »nd fort, gespült worden war. Auch ein Karabtniere ist umS Leben gekommen. Bon Trient aus stnd neue SilfSzüge ent sandt worben: die Etsenbahnstrecke ist in der Länge eines halben Kilometers gesperrt. Weitere Einzelheiten fehlen noch Könnecke in Dasra überfällig? «Durch Funkspruchj London. 26. Sept. Reuter meldet ans BaSra, datz Kör, necke noch nicht dort eingetroffen sei. und datz keine Kochrtchten über seinen Verbleib vorltegen. <W.T. B.) Die -eallchen Gr«senken ln Snalan-. Kein« Verletzung der englische« Gastfreundschaft. «Durch Kuakipruch.i Hamburg, 26. Sept. Von den heute mit dem Dampser »Weimar" au» Ebinburg -urückgekehrten 15 teutschen Studenten werben -te Gerücht«, wonach sie in England tätlich angegrtffen und mit Steinen de- tzorfen worbe» seien, auf» entschiedenst« dementiert. Der MemettSn-tscheVan-kag z«m6.vkk»der elnberufen. Memel, 25. Gevt. Dte Pressestelle de» Gouvernement» teilt mit, daß der Gouverneur für das Memelgebiet gestern vormittag unterzeichnet hat. nachdem der am 86. August ge- wählte Memclländtsche Landtag zum 8. Oktober d. I. zu seiner ersten Sitzung zusammenberufen wird. Vier r»-e»vrle«e -ege« russische Monarchist««. MoSka«, 26. September. Im Prozeß gegen die fünf Monarchisten Balmasssw, Soliki, Strairwoi. Samotlow und Aderka» wurden dte ersteren vier Angeklagten durch da» Gericht tn Leninggrad zum Tod«, Lderka» ,u 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Englan-s Ueberslügelurrg Vurch Amerika Der Gegensatz zwischen England und Amerika, der auf -er Genfer SeeabrüstungSkonferenz scharf in Erscheinung trat, wird durch die letzten Meldungen über eine englisch-japanisch« Annäherung durch Gewährung englischer Kredit« und Munttionsltefcrungen an Japan aufs neue unterstrichen. Da» Verhältnis zwischen den beiden angelsächsischen Mächten war von jeher ein Gegenstand des größten Interesses der poli tischen Welt. DaS britische Reich ist auch heute noch ein Koloß. ES ist England geklingen, von 186 Millionen Quadratkilometer der festen Erdoberfläche 46 Millionen, also beinahe et« Drittel, unter seine Herrschaft zu bringen. Von der Gelamtbevölke- rung der Erde im Betrage von 1866 Millionen Menschen stnd 170 Millionen <25 Prozents englische Untertanen, obwohl dte Einwohnerzahl beö Mutterlandes nur rund 2 Prozent der Erdbevölkerung auSmacht. Dieser weltpolltische Koloß steht aber auf nicht ganz sicheren Füßen, weil -er äußere und innere Aufbau des RiesenretcheS wesentliche schwache Stellen zeigt, sowohl politischer wie wirtschaftlich-sozialer Natur. Vor allem hat England mit seinem alten Todfeinde Rußland zu rechnen, der es tn Assen und auf dem Wege nach Japan bedroht. Des halb ist England daraus angewiesen, alle anderen ernsten Kon- fliktSmögltchketten. die außerhalb der großen russischen Ret- bungSfläche liegen, auSzuschalten. Aus dieser Rücksicht ent springt die andauernde Unterwerfung Londons unter den französischen Machtwtllen in der Kontinentalpolittk, wofür als Preis die französische Htlssstellung tn der britischen Welt- polttik gezahlt wird. Noch mehr aber ist England genötigt, sich mit dem zweiten Machtfaktor, der die angelsächsische Welt beherrscht, der großen transatlantischen Republik der Ver einigten Staaten, auf guten Fuß zu stellen. Im Anfänge der Entwicklung der amerikanischen Union war diese Erkenntnis in London noch nicht durchgedrungen, so daß die englische« Staatsmänner nach dem Unabhängigkeitskriege am Ende des 18. Jahrhunderts, der zu der Gründung der Washington- Republik führte, noch einen zweiten Krieg von 1812 bis 1815 riskieren zu können glaubten, um bas englische Ucbergewicht zu erhalten. Der AuSgang des Kampfes belehrte dann die Engländer endgültig darüber. Laß sich die britische Politik mit der Tatsache deS Vorhandenseins einer zweiten angelsächsischen Großmacht abftndcn und sich um deren Wohlwollen und Freundschaft bemühen mußte. Dabei blieb aber den Englän- -ern die Erfahrung nicht erspart, daß das stark entwickelt« amerikanische Selbstgefühl bei auftauchenden Streitigkeiten in brüsker Form gegen Großbritannien auftrat und fortgesetztes Gichbeschetden des Londoner Gegners verlangte. Dte Stim mung tn Arnertka war derartig, daß England noch lange Zeit nach dem Kriege von 1812 tn den amerikanischen Schulbüchern als der Erbfeind bezeichnet wurde. In London aber arbeitete man zielbewußt an einer bauernden Zusammenführung beider Mächte und wich zum Zwecke der Erreichung dieses Ziele» Schritt für Schritt vor den amerikanischen Forderungen zurück. Venezuela, Kuba, Panama. China sind alles Stationen, dte den Weg des ständigen englischen Rückzuges markieren. Schließlich suchte man von englischer Sette die fortgesetzten Reibereien dadurch zu beseitigen, daß man den Grundsatz der unbedingten angelsächsischen Jnteressensoltdarttät aufstellte, der als Richtschnur für die beiderseitigen Beziehungen gelten müsse. Der Einfluß der angelsächsischen Hochfinanz brachte «S denn auch durch «ine umfassende Beeinflussung der Presse zuwege, datz die amerikanische Volksstimmung iiy england- freundlichen Sinne umgestellt wurde und baß Amerika im Weltkriege »zum Schutze der Interessen der gesamten englisch redenden Welt" auf dte Seite der Alliierten trat. Nach dem Kriege mußte England aber sehr bald merken, daß e« sich durch dte Inanspruchnahme der amerikanischen Hilfe einen Konkurrenten auf den HalS geladen hatte, der für die Behauptung der britischen Weltherrschaft viel gefährlicher werben sollt«, als eS Deutschland je hätte werden können. Der Kampf um da» Erdbl, -te Differenzen wegen der Be- Handlung der chtneslschen Frag« spiegelten deutlich dag zu nehmende Machtbewutztsetn Amerika« wieder. Den Gipfel punkt englischen Entgegenkommens gegenüber der Union ve- deutete die von Amerika erzwungene Preisgabe de» englisch- japanischen Bündnisses. Die Bereinigten Staaten waren durch den Krieg tn ihrer politischen und wirtschaftlichen Stellung derart gestärkt worden, baß sie nunmehr die Zeit gekonfmen glaubten, um ber »iS-ertge« ersten Seemacht Groß.