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Dresdner Nachrichten : 09.05.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190505095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19050509
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19050509
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-05
- Tag 1905-05-09
-
Monat
1905-05
-
Jahr
1905
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 09.05.1905
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— Uns«« stch so energisch gegen die Einverleibung sträubende Nachbargemeiude Blastwitz wirb durch die Schillersrier in diesen Tagen recht in die Mitte des allgemeinen Interesses gerückt. Sehr zur Zeit ist im Verlage von Arwed Strauch in Leipzig pBlaiewib. Vergangenheit, Entwicklung und letzt ge Einrichtungen einer Dorfgemeinde" von O Grüner erschienen, ein Werk, das schon durch seine äußere Ausstattung, seinen Druck und seine Illustrationen sich angenehm von ähnlichen Erscheinungen abhebt. Mehr und vor allein aber nach seinem Inhalte, der uns Aufschluß darüber gibt, wie es mög lich war. das; ein vorher säst unbekanntes Dörfchen in kaum 50 Jahren sein« Einwohnerzahl von etwa 200 auf «000 vermehrte, ohne an der Eisenbahn zu liegen, ohne Großindustrie zu treiben Der Verfasser deckt die Vorgänge aus. die i» weniger als -t« Jahren den reinen Landwirtschastsbetrieb bis aus den lebten Bauern durch eine vornehme Villcnkolonic ablösen sieben. Ter geschichtliche Inhalt gibt uns eine kurze Zusammenstellung der prähistorischen Funde. auS deirrn hervorgeht, daß schon mehr ass 1000 Jahre vor Beginn unserer Zeitrechnung die Elbuser bei Blasewid von einer relativ kultivierten Bevölkerung bewohnt waren. Die Verkehrsmittel der frühesten Zeit bis zur heutigen Epoche der Dampfschisse und elektrischen Straßenbahnen finden eingehende Betrachtung; naturgemäß wird dem Schul- und Kirchen wesen ein besonders breiter Raum eingeräumt. Vereine, Stiftun gen. Feuerwehr. Wasserwerk, Belcuchtungswescn nsw., kur,, alle Zweige heutiger Kommnnalverwaltung finden eine detaillierte Schilderung, ohne daß dabei die den Inhalt der Schlußkapitel bildenden hervorragenden Vertreter des künstlerischen und wissen schaftlichen Lebens zy kurz kämen. Das Werk kann allen, die sich Ginn und Verständnis für Lokalgeschichte und lokalgeschichlliche Kulturentwicklung bewahrt haben, aufs angelegentlichste empsohlen werden. 1^.. 1L/e w i tz ist gestern früh nach längerem Leiden der Königliche Bezirksarzt a. D. Herr Geh. Medizinalrat Dr. Mar FI inzer gestorben. Schillerfeiern. Sckillerseier des Vereins „Vvlkswohl". Ein Verein, wie der vorgenannte, der sich wahre Volksbildung und edle Volksunterhaltung zum Ziel gesetzt hat. durste nicht fehlen.in der Reihe derjenigen, welche in diesen Tagen das Ge dächtnis unseres größten Volksdichters ehren. Eine würdige Schillerseier des Vereins „Volkswohl" fand deshalb gestern nach mittag im Naturtheater des Heideparks statt. Zwei bis dreitausend Personen batten sich dort in Gottes freier Natur versammelt, um den. Dichter zu huldigen: sie lauschten andächtig und mit voller Aufmerksamkeit den Darbietungen in Wort und Lied, die das mit vomehmem Geschmack ausgestellte Progran»» umschloß. Eingeleitet wurde die Feier mit Schillers Festgesang an die Künstler, komponiert von F. Mendelssohn, mit Orchesterbegleitnng «Mitglieder der Kapelle des Grenadier-Regiments Nr. 101) vor trefflich vorgetragen vom Sänaerchor des Flctcherschen Seminars unter Leitung des Hern, Oberlehrers Hornig. In rhetorisch vollendeter Form sprach hierauf Herr Kammersänger Glon, m c ein gedankentieses Festgedicht Otto GildcmeisterS, uni anschließend die Büste Schillers mit dem Lorbeer der Unsterblichkeit zu schmücken, der dem Dichter gebühre, der das Wort geprägt habe: „Alle^Menschen werden Bruder". Der Snngerchor brachte sodann das Schillersche ..Reiterbild" in der Bearbeitung von Lafittc zu Gehör wonach Herr Kammersänger Glömme einen Prolog von G. Schürer folgen ließ, der in schlichten, packenden Versen die Grundstimmung in „Willielm Tell" offenbarte. Als Mittelpunkt der Ehrung waren drei Szenen ans „Tell" gewählt, mit verbin dendem Text von Schürer, den wiederum Herr Glömme sprach. Zunächst wurde die erste Szene des ersten Aktes in drei Liedern geboten, komponiert von Herrn Glömme, gesungen und dargestettt von Frt. Helene Dutkiewicz (Jenni, Fischerknabe) und den Herren Fritz Hofsmann und Albert Short (Kuoni, der Hirte bezw. Werner, der Alpenjäger). Dieser ausgezeichneten Wiedergabe schlossen sich die Rütliszene und die Apfelschnßszene nicht minder wirkungsvoll an, gespielt von Mitglieder,, des Eleven-Theaters (Direktor M. Eonnenthnl) unter Mitwirkung von Mitgliedern des Turn vereins für Neu- und Antonsladt, des „Ingendkreises", des „FrauenabendS" u. a. m. Die Darstellung befriedigte allgemein, namentlich befanden sich die hervorragendsten Rollen (es wirkten gegen 40 Personen bei diesen Szenen niit) in geeigneten Hände», waS in erster Linie von dem Tell bez. dem Stauffachcr des Herrn Paulmüller, dein Arnold von Melchthal des Herrn Großinanu und dem Geßler des Herrn Rudolf Sohn gilt. Nicht unwesentlich trug zum Gelingen der dramatisch lebensvollen Ausführung die natürliche Szenerie bei, welche der grüne Wald und der sich darüber wölbende Himmel gewährten. Von de» Seminaristen wurde sodann noch Schillers „Morgcnlicd" in der Komposition von R. Becker vorgetragen, worauf die erhebende Feier mit dem all gemeinen Gesänge von des Dichters „An die Freude" (gesetzt von F. Hummel) ihren Abschluß fand. Allen Mitwirkenden spendete das Publikum den verdienten lebhaften Beifall, dem Verein ..Volkswohl" aber wird es im Inner» gedankt haben dafür, daß er in so eigenartiger und eindrucksvoller Weise das Gedächtnis Schiller- geehrt und damit zugleich zwei Stunden edler Freude bereitet hatte. Erfreulich war es auch, daß die Veranstaltung vom Wetter so begünstigt war, denn, obwohl mitten in der Vor stellung sich die Wolken höchst bedrohlich zusammcngcballt hatten und ein Gewitter unmittelbar bevorzuslchen schien, konnte doch ohne jede Beeinträchtigung die Feier zu Ende geführt werde». Mit markigen Worten leitete der Vorsitzende der Gruppe Alt stadt vom Evangelischen Arbeiterverein. Herr Lehrer Paps dorf, die am Sonnabend im Vereinszimmer abgehaltenc Schiller- Feier der Gruppe ein, in denen er Schiller als den größte» AeblingSdichter prieS, worauf die Herren Fauth und Fichtner „Mendelssohns Festmarsch" und Herr Iahnctz Schillersche Gedichte vortrM. Die Festansprache, gehalten von Herrn Diener, hatte zum Thema: „Schillers Lebensplan", in dem er Schiller als Massenerzieher schilderte und seine sehr beifällig aufgeirommenen Ausführungen mrt einem Aussprüche Goethes über Schiller bc schloß. Weitere Deklamationen, u. a : „Des Mädchens Klage" (Herr Fauth). „Die Bürgschaft" (Herr Ministerialsekrctär Richter) »sw. machten den Abend zu einem genußreichen: waren doch die Darbietcnden (außer dem letztgenannten Herrn) sämtlich Lehrer der L. Bezirksschule m Vorstadt Striesen. Die Schiller.Feier d«8 Evangelischen Arbeitervereins in Vorstadt Cotta am Freitag leitete Herr Pfarrer Schmidt mit einer Begrüßungsansprache ein. in der «Schiller als Dichter und als Mensch gleich groß mit markigen Worten gefeiert ward. Fräulein Halm sprach den Prolog, rin gemischter Ehor verschönte den Abend durch Lieder von Schiller. Weiter boten Fräulein Burkhardt, Schau spielerin am Stadttheater zu Leipzig, mehrere Rezitationen aus Schillers Werken in vollendeter meisterhafter Darstellung. Ebenso rezitierte Herr Lehrer Linke Stücke aus Schillers Werken. Mit Dank waren olle die zahlreich Anwesenden er- füllt, denen Schillers Schassen aufs neue erschlossen worden war. In Schillers Leben mit seinen Freunden führte, treff- lich orientierend, ein der Vortrag des Herrn Lehrers Burk- Hardt über „Schiller in seinen Beziehungen zu Dresden", der mit lautem Beifall ausgenommen wurde. Eine Schiller-Gedächtnisfeier veranstaltete am Sonntag auch die Theoterdirektion Ida Sonutag mit einer Aufführung von ..Kabale und Liebe", die rm Eden» Theater auf der Görlitzer Straße stattfand und sich starken Be- suchS erfreute. Voraus ging dem fünfoktigcn Trauerspiel ein Prolog (erster Teil versaßt von Hans Böhm, zweiter Teil von Karl Henckells. den Frl. Sonntag ausdrucksvoll vortrug und vabei nach dem ersten Teile die Büste Schillers mit einem Lorbeer- kranze schmückte. Die Rollenbesetzung in dem Stücke war eine ziemlich glückliche. Am besten spielten neben Frl. Sonntag, die eine sehr überzeugende Lady Milsord bot, Ml. Camilla Römer als Louise und Herr Johannes Buschmann als Ferdinand. Die kostümelle und «Sekvrative Ausstattung waren gut, dagegen konnte man weniger «ufrisden sein mit den langen Pausen zwischen den Akten und Verwandlungen, die allerdings zum größten Teil durch die beschränkten räumlichen Verhältnisse werden ver ursacht worden sein. Die Leipziger S ch iller-Fe i er wurde am Sonn abend abend eingeleitet durch eine Jugend-Feier i» der Aula der höheren Schule für Mädchen, veranstaltet unter Mitwirkung der Opernsängerin und Pianistin Fräulein Jadwiga Lutze und d«S Pianisten Albert Jockisch durch die bekannte Dresdner Bor» rragSkünstlerin Frau Adele Siebert. Die Aula war von einer onvachtigrn Zuhörerschar dicht besetzt, die den einzelnen Dar- h«tiia-ra reichen und verdienten Beifall spendete, besonder- dem Bortrage des „LiedeS von der Glocke" mit Melodrama- tischcr Begleitung für Pianosorte zu vier Händen von Peter v. Lindpaintner durch Frau Siebert, die sich, aus dem Piano- forte durch ihre erwähnten beiden Partner wacker unterstützt, als erprobt« Meisterin des Vortrags erwies. Unter einer erhebenden Feier fand am Sonntag vormittag auf dem Spielplätze nächst dem Kaiser-Park in Leipzig- Gohlis die Pflanzung einer Schiller-Linde statt. Aus dem Jestplatze, der fortan den Namen Schiller-Hain führen wird, ivaren die Schützengesellschast, di« verschiedenen Vereine, die Studentenschaft, tue Schüler der höheren Schulen und Schüler und Schülerinnen der 49 Leipziger Volksschulen er- schienen bezw. stark vertreten. Die Chorgesänge hatten der Leipziger Männcrchor, der Männergesangverein „Merkur" und die Leipziger Singakademie unter Leitung von Gustav Wohl- gemuth, die Instrumentalbegleitung daS 107. Jnfanterie-Äegi- ment unter Leitung des Stabshovoiften Giltzsch übernommen. Die Einteilung der Feier bildete Schillers „Festgesang an die Künstler", komponiert von Mendelssohn^Barthoidy. Daraus folgte die Ansprache des Pfarrers Lic. theol. Dr. phil. Rüling, der lvarmherzig Schillers Bedeutung für unser Volk zu wür- diaen wußte, und die Pflanzung der Linde. An diesen seier- lichen Akt schloß sich Heinrich Zöllners „Zur Schiller-Feier am 9. Mai 1905" (Dichtung von Karl Kuhns. Tonn folgte das ..'Wach' aus!" und der Schlusgzesaiig „Ehret eure deutschen Meister" aus Wagners „Meistersingern". Zuletzt sang noch die durch eine nach Tausenden zählende Volksmenge verstärkte Fcst- verjaittmlung Schillers „Lied an die Freude" nach bekannter Melodie. Die ganze Feier war vom prächtigsten Frühlings- Wetter begünstigt. Tie Schillcrseier in Lauchstädt. Kaum «i» halbes Jahr vor der Zenteuarseier von Schillers Todes- tag lies das kleine Theater in Lauchstädt mit seiner großen Ver gangenheit Gefahr, dem Erdboden gleich gemacht zu werden; d«r preußische Staat war nahe daran, unbekümmert um die Tradition", die Stätte, welche in der Geschichte des deutschen erhob sich ein Schrei der Entrüstung, die deutsche Presse schlug scharfe Töne a», und namentlich die „Grenzbolcn" sN. Kriegs wiesen bei dieser Gelegenheit aus einen Erlaß der preußischen Minister der geistlichen und öffentlichen Arbeiten hin, in dem die Denkmaispslege eindringlich empfohlen wurde. Nach dieser Verordnung gehörten zu den Denkmälern alle Neste vergangener Kunstperioden, wenn sie rein geschichtlich oder zum Verständnis der Kultur und der Kunslaussassung vergangener Zeiten wichtig seien. Das traf vor allem aus das Lauchstädter Theater zu. Abgesehen davon, daß das einfache Gebäude im Gegensatz zu unseren ^modernen Thcaterpalästeii den Beweis erbringt, daß große Stücke auch auf kleinen Bühnen aufgesührt werden können und den Dichter und die Zuschauer befriedigen, war für das Lauchstädter Theater noch zu bedenken, daß Goethe selbst 1802 den Bau geleitet und zu dessen Einweihung das Vorspiel „Was wir bringen" gedichtet hat. In diesem schmucklosen Bau sind «Schiller und Goethe heimisch gewesen, mochten sie vom Balkon aus dein Spiele zusehen oder auf der Bühne selbst in den Proben den ihnen befreundete» Schauspielern aus Weimar Anleitung geben. Von Halle, Leipzig und der ganzen Ilmgegend strömte ntan herbei, den Vorstellungen beizuwohnen. „Die Hallcschen Studenten hätten im Lauchstädter Theater ein ähn liches Recht, wie die Jenaer im Äeimarischen." „Sobald das Theater erössnet worden ist," heißt es in einem Bericht, „scheint die ganze Hallesche Studentenschast und Bürgerschaft von einem elektrischen Schlage getroffen zu sein. Man inbelt und aus den Fenstern rnst man sich zu: „Wissen Sie nicht, loas heute gespielt wird?" Professoren und Studenten und wer sonst irgend Zeit und Geld hatte, seien dann zu Fuß, zu Pferd und zu Wagen hinaus nach dem Landstädtchen Lauchstädt und dessen Musen- tcmpel gezogen . . ." Der Appell an die gebildete Welt hatte einen glänzenden Erfolg und ein Verehrer Goethes stiftete 40 000 Mk. zur Erhaltung dieses Denkmals einer klassischen Periode; der Goethe-Bund sorgt für sein Fortbestehen. Diesem dankenswerten Vorgehen ist nun auch das Verdienst beizumcssen, daß heute Schillers Todestag an dieser geweihten Stätte be gangen werden kann Schon einmal, vor 100 Jahren, gedachte man des Hinscheidens Schillers in dem kleinen Hause: am 10. August 1805. «Sämtliche Weimarische Hofschauspieler wirkten mit und gaben die drei letzten Akte der „Maria Stuart", woraus das „Lied von der Glocke" dramatisiert folgte. Zum Schluß sprach „Madame" Becker den von Goethe verfaßten Epilog in Stanzen. Wenn vor hundert Jahren, kaum drei Mo nate nach Schillers Heimgang, der Eindruck der Gedächtnisfeier auch ein ursprünglicher und unmittelbarer war, so ist doch immer hin der zwischen heute und einst liegende Zeitraum geeignet, eine Gcdächtnis'eier in demselben Haute und in der Weise, wie sie vor sich ging, als eine hochanerkennenswcrte erscheinen zu lassen, Ganz Lauchstädt war diesmal vom Festsieber — es war mehr Fest wie Feier, soweit das Aeußeriiche eineRolle spielt—ergriffen. Vom kleinen Bahnhofsgebäude zum Städtli und dieses nneder bis in seine „fernsten" Winkel und Gäßchen beflaggt, bekränzt, nabez» jedes Häuschen (Häuser gtbt's nickst) frisch getünckst oder aestrich-m und Schiller in Rüste und Bild, ähnlich und unähnlich, jedenfalls aber überall herzlich gut gemeint. Die Züge brachten bereits vormittags zahlreick»« Gäste, bis in die ersten Stunden des Nach mittags «der „Kurgarten bis aus den letzten Platz gefüllt war. Natürlich hatte das Theater, das in letzter Zeit durch Abbildungen wohl jedem Leser bekannt geworden lein dürste, ebenfalls einen neuen Anstrich erhalten. Um 4 Uhr begann vor vollständig aus- verkauftem Hause die Vorstellung von Schillers „Kabale und Liebe", von den Mitgliedern «des Hall eschen StadttheoterS ganz vortrefflich gegeben. Vordem sprach Herr Heinrich Goetz den stimmungsvollen v. Wildenbruchschen Prolog mit großer Wärme und guter Deklamation; besonders anzuerkenncn ist. daß er seine äußere Erscheinung in die Mode der Schillerschen Zeit hüllte. Die Vorstellung dürfen wir ohne jede Phrase und wenn wir von dem Gewohnheitsrecht, bei der artigen Gelegenheiten die Sach- und Fachkritik zu unterlassen, Gebrauch machen, als eine durchaus würdige bezeichnen. Herr Direktor Nickmrds und seine wackeren Künstler haben sich um dieses immerhin eigenartige Unternehmen — eigenartig in räum licher und szenischer Hinsicht — hochverdient gemacht. Leider wurde der Genuß an dem Gebotenen durch die nahezu unerträg liche Hitze sehr beeinträchtigt. Das Festmahl — denn ohne ein solches acht es einmal nicht — in dem renovierten Kursaale fand sehr zahlreiche Teilnehmer. Das „Bad" wie das Städtchen waren bei Eintritt der Dunkelheit durch Lampions sehr hübsch „er leuchtet". auch auf diese Weise einen freundlichen Eindruck bei seinen Gästen von der Zentenarfeier zurücklassend. II. L. In Marbach, dem Geburtsorte Schillers, vollzog sich am Sonnabend der Huldig» ngsa kt vor dem Denkmale des Dichters. König und Volk vereinte sich auf der Schillcr-Löhe, von der ein herrlicher Ausblick in die Lande geht. Verschämt winkte der Hobcuaiperg hinüber. DerganzeHofwar er schienen: der König und die Königin, die Herzöge Mbrecht, Robert und Ulrich mit ihren Gemahlinnen, die Herzogin Wera. sämtliche Staatsniinistcr. die Präsidenten der Heiden Landtags- kammerii, die Mitglieder des Schiller-Vereins, die Elite der geistigen und politischen Kreise im Schwabenland, zahlreiche Biirgervcrcinc, die Schuljugend — alles umstand in feierlicher FestcKstimiming «das im Sonnenglanze strahlende Denkmal. Frei, hcrr Alexander v. Glcichen-Rußwlrrm. der Urenkel Schillers, hielt «ine in ihrer Schlichtheit höchst wirksame Ansprache. Das Königspaar dankte dem Redner und legte zwei Lorbeerkränze zu den Füßen des Dichters nieder. Vorher wurde die interessante Ausstellung durch einen Ruildgana eröffnet, den der Hof unter der Führung der Vorstandsmitglieder des Schwäbischen Schiller-Vereins unternahm. Die Ausstellung gewahrt unter Ergänzung des Vereinscigentums aus Privatbesitz einen voll ständigen Ueberblick über den Lebensgang des Dichters in Bildern, Handschriften und Reliquien. Die ösfentlicbc Schiller-Feier Wiens begann am Sonntag vormittag mit einem festlichen Auszug von Schülern und Schülerinnen der oberen Klassen von 460 Volks- und Bürger schulen Wiens, der sich vom Rgthausplatz über den Ring z»m Schiller-Denkmal vor der Kunstakademie auf dem Schillerplatz bewegte, wo. die von der Kommune, mit dem Bürgermeister Lueger an der Spitze, veranstaltete Hnldigungsfcier der Stadt Wien stattfand. Die ganze Veranstaltung hatte nicht de» Charakter einer ernsten Gedächtnisfeier, sondern sie gestaltete sich durch den Auszug der zum Tell loltümtcrtrn und durchweg mit Blumen ge» schmückten Kinder, durch daS rauschende Spiel zahlreicher Musik kapelle» und die Ausschmückung des Festplatzes mit Flaggen und Feslons zu einem lästeren Freudenfeste, wobei der Bürgermeister Lueger die Hauptrolle spielte. Die Kinder sammelten sich, etwa 50000 an der Zahl, mit den Lehrern und Lehrerinnen schon vor 8 Ubr morgens aus allen Bezirken am Rathause, mutzten aber in der Sonnenhitze stundenlang stehe», da die letzten Abteilungen erst gegen 12 Uhr zmn Dcnkmal zogen. Etwa »Oo Schüler und Schülerinnen der Bürgerschulen bildeten einen Festchor, der vor dem Denkmal das „Lied an die Freude" und zum Schluß die Bolkshymnc sang. Tiefe Kinder waren teilwesie in Altwiencr Tracht auS dem Anfang des vorigen Jahrhunderts, teilweise i» alpiner Tracht kostümiert Auf dein Fesiplatz waren Tribunen e> richtet, die zumeist von Mitgliedern der Gemeindevcrtreinng und der christlich-sozialen Partei, darunter viele Geistliche, veictzr waren. Vor Schillers Standbild stand die Rednertribüne, wo zuerst der Stadtrat Schuldircltvr Tvniola. das Oberhaupt der christlich-sozialen Lehrerschaft Wiens, die Feier mit einer Ansprache erössnetc und wo dann Bürgermeister Lueger die Festrede zum Andenken Schillers hielt, in der er die Jugend erniahntc, des großen Dichters stets eingedenk z» bleiben. Ter Lehrergcsang verein „Schubert-Bund" sang eine Hymne zu Ehren Schillers, in deren Text jeder Hinweis aus Schillers nationale Bedeutung ver mieden war: dann erfolgte der Auszug des Schülerzuges vor dem Denkmal, der länger als cine^Ttnnve dauerte. Ter Bürgermeister Lueger stand dabei aus den Stuten des Denkmals und »ahm die Knnogebnnge» der Wiener Jugend für den Dichter entgegen. Eine besondere Schiller-Ehrung fand gestern im Fcstinalc deS Rathauses statt, wobei der Baron Berger die Festrede hielt. Bei einer Festatädcniie am Abend im Musikvercinsiaa! sprach Unter lichtsminister Härtel. Ter Schiller-Zyklus im Burgtheatcr begann bereits Tonnerstag und »nn'aßl zcbn neu cinslndierlc. neu belebte und neu ausgestattete Schiller-Stücke, deren Aufführung eine Sehenswürdigkeit bildet. Kai»; wirkt in diesem Zyklus in hervor ragender Weise mit. Schillers 100. Todestag wird in allen größeren Städten der Vereinigten Staaten durch Feiern der Universitäten und durch volkstümliche Festlichkeiten, sowie zahlreiche Veranstaltungen der deutschen Vereine aus das würdigste begangen. In Rewnorl wie in Chicago und Cincinnati verteilen sich die Feierlichkeiten aus drei Tage, In Rewyork machte sich der Beginn der Schiller seier bereits am Sonntag vielfach bemcrkvar. In den Kirche» wurde von der Kanzel herab des großen Dichters gedacht. Der Abend vereinigte eine überaus große Festveriammlung in der Ear- negic-Hall, Ivo eine Anzahl hervorragender Persänlichteitcn. darunter der Bürgermeister, Ansprachen zum Preise Schillers hielten, woraus ein Chor von 800 Sängern das Oratorium „Das Lied von der Glocke" vortrug. Der russisch-japanische Krieg. Die Londoner „Daily Mail" meldet aus Tokio, daß die französische Regierung in ihrer Antwort aus den zweiten Protest Japans mitgeteilt habe, daß die russische Flotte ersucht worden jei, die Honcohe - Bucht zu verlassen. Man glaubt, daß R v s h e st w e ii s k i die Leongloi-Bucht an der süd östlichen Küste Hainaus als neue Basis benutzen werde. Reuters Bureau meldet: Der Dampfer „Chi^niengmoi" hat in der Nacht vom 5. d. Mts. 7 0 Meilen nordöstlich von Labuan eine große, aus zwei Divisionen bestehende stilliegen de Flotte, deren Nationalität nicht zu er kennen war, die aber Lichter zeigte und anscheinend Kohlen übernahm, passiert. Aus Tokio kommt folgende Nachricht: lieber die aus Wladiwostok ausgelaufenen russischen Torpedo boote sind keine weiteren Nachrichten hier emgegangen. Plan nimmt an, daß sie in den Hafen zurückgekehrl sind. „Wcckly Dispatch" meldet aus Tientsin, den 6. ds.: Wie aus guter Quelle verlautet, planen die Japaner für Mitte Mai eine Invasion der Insel Sachalin unter Führung der Divisionskommandeure Genera! Haraguchi und General Takanouchi mit Oberst Kvrzumi als Stabschef; die Jnvasionslruppen befinden sich, wie es weiter heißt, gegen wärtig in Hirosaki. Ter japanische Gesandte in Paris. Motoua, hatte eine lauge Unterredung mit Minister Delcasiö im Ministerium des Aeuycrcn. Das russische Ambulanz sch iss „Kostroma" ist in Saigon ciugetroffcu, woraus man schließt, daß das Geschwader Ktcbogatows nahe sei. 16 Transportschiffe befinden sich auf der Höhe des Kap St, Jacques. Das G e s ch wadcr R o i b c sl - wcnstis soll sich auf der Höhe der Küste von Anuani befinden. § L« Tllgesgeschichte. Deutfch-Siidweftafrika. Eine amtliche Meldung besagt: Zur Erkundung des Kaukan- Veldts brach Oberleutnant Gräsf von der 5. Kompagnie mit 30 Mann und 6 Kamelen am 16. März von Otjituo in der Richtung nach Neman aus. Wassermangel und dichter Busch zwangen ihn, nicht längs des Mato, sondern über Karakue- bisa oni Omnramba und Amatako zu marschieren. Am 13. April traf er bei Kaurama aus eine Hererowcrst und stürmte sie nach heftigem Widerstande. Er erbeutete 90 'Stück Kleinvieh. Vom Gegner sind 7 Monn gefallen, diesseits siel ein Reiter. Hier auf wurde eine ^große Werst bei Gautscha festgcstellt, zu deren Fortnahme die stärke der Patrouille nicht ausreichte. Ober leutnant Grass wartet bei Ukeidis eine Verstärkung von 40 Mann mit zwei Malchinengewehren ab, die zu ihm abgeschickt wurde. In den Karasbergen erreichte am 26. April Leutnant v. Detten mit einem Zuge bei Gauams (20 Kilometer östlich Nurudas) den nach Osten abziehenden Morengo, den er angriff. Nach dem am 27. April Hauvtniann v. Winterseldt mit Verstärkungen eingetrossen war, wurde der Gegner mit einem Verluste von mindestens 15 Toten in die Berge östlich Gauams geworfen, wo seine Spuren auseinanderlaufen. Diesseits sind 6 Monn ge fallen, 10 wurden verwundet. Die Abteilung Zwehl traf am 1. Mai drei Werften am Kutip (etwa 75 Kilometer südwestlich von Gideons und warf den Gegner, von dem 24 Mann fielen, in südöstlicher Richtung. 500 stück Großvieh und 2000 Stück Kleinvieh wurden erbeutet. Diesseits sind keine Verluste zu verzeichnen. Deutsches Reich. Der Ka is cr u n d dic K a i scrin. so wie der Großhcrzog, die Großhcrzogin. der Erbgroßhcrzog und die Erbgroßherzogin und Prinz Mar von Baden mit Gemahlin wohnten Sonntag abend der Aufführuiia der Oper „Wasserträger" von Cherubim u» Hostheater bei. Der Kaiser besuchte nach mittags die Grabkapelle des Prinzen Ludwig von Baden im Fasaueugartcu. Die Kaiserin reiste abends 10 Uhr 20 Minuten nach Gera ab. Am Bahichos waren der Kaiser, die Großberzogin. der Erbgroßhcrzog und die Erbgroßherzogin, Prinz und Prinzeisin Max von Baden, sowie der preußische Gesandte v. Eiseudecher niit Gemahlin erschienen. Der Kaiser wurde gestern in Karlsruhe von der gesamte» groß- herzoglichen Familie zum Bahnhof geleitet und reiste vormittags 10>/r Uhr nach der Hohkönigsburg bezw. Straßburg ab. In Straßburg traf der Kaiser mittelst Sonderzuges mittags 11,55 Uhr ein und fuhr um 12,5 Uhr nach St. Pill weiter, von wo dre Aahrt nach der Hohköiiigsburq mittelst Automobils erfolgte. Der Statthalter erwartete den Käiier aus dem Bayuhosc und bestieg den Zug, ui» mit dem Kaiser nach der Hohkönigsburg weiterznfahrcn. Ter Kaiser verließ den Sonderzug nickt. Die Kaiserin tras gestern vormittag 9 Ubr 40 Minuten in Gera ein uiid wurde am Bahnbosc von dem Erbprinzen und Ver tretern der Staats- und städtischen Behörden empfangen. Unter anhaltenden Hurrarufen wurde die Fahrt nach dem festlich ge schmückten Schloß Ostcrstein fortgesetzt, wo alsbald die Konfirma tion der Prinzessin Theodora Victoria, des Pntenkindes der Kaiserin, stattsand. Der offiziösen „Siidd. Reichskorr." wird aus Berlin ge- schrieben: „Mit ungetrübter Befriedigung kann bei der Rück kehr nach Deutschland Kaiser WrlheIm aus den Verlaus seiner Mitlclmeerscchrt zurückblicken. Die Ausnahme, die ihm und seiner Gemahlin auf italienischem Bode.» überall bereitet worden ist, übertraf an Wärme jede Erwartung. Die königliche Familie, die Vertreter der Regierung, die Ortsbehörden und nicht zuletzt die Bevölkerung begegneten dem Kaiserpoor« mit rückhaltloser Herzlichkeit. Dieses spontane Entgegenkommen unserer ztaUrnzschen tzreund, kann um s» höher KL«rt«t uich Dres-nev Nachrichten
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