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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 15.10.1926
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-10-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19261015024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926101502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926101502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-10
- Tag 1926-10-15
-
Monat
1926-10
-
Jahr
1926
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^ 1k. «6 Seit« r »VTOhSKs Ikchrichko" «« Maße bedeuffaan ist e». Lab diese deutsch«» Parteien nunmehr hi« Mitverantwortung für all« Handlungen der Regierung Sdernehinen. auch für diejenigen, die sich mit dem Nationalt. tätenproblem beschäftigen. Und hier erhebt sich die wichtige Frage: Haben die beiden deutschen Parteien die tSemthhett, -ah ihr Einfluß ausreichen wird, eine völlige und Dauer ver» sprechende Neuorientierung -er tschechische» Nationalitäten- Politik zu gewährleisten- Svebla sagte: ..Dieser Handel lohnt sich nur, wenn Ihr billig seid!" Was tst der Preis dafür. dab verfolgte Sudetendcutsche bereit sind, den tschechischen Staat aus einer Krise zu retten, Uder die er allein nur sehr schwer -inwegkäme? Zu ivelcher Gegenleistung verpflichtete sich dt« Regierung? Svehla vesemied schriftliche Bindungen. Er schätzt nicht bte vergeblichen Punktattonen vergangener österreichischer Zeit. „Versuchen wir es einmal ohne Papier!" Aber bet einem Handel, selbst bet einem Kuhhandel, pflegt man sich über den Preis zu verständigen. Abgesehen von einer An» deutung eines Abgeordneten des Bundes der deutschen Land- närte, wonach die Deutsche» auf ein Entgegenkommen 'eiten» der Tschechen rechnen dürste», worüber er aber nichts Näheres sagen dürfte, herrschte Uber den Inhalt dieser Ab machungen tiefes Schweigen. Die gestern abgegebene Regte- rumrSerklärung spricht nun davon, dab eS gelingen müsse, die aus den verschiedensten Volkskulturen entspringenden Diffe renzen zu milder», ohne sich der Hoffnung hinzugeben, sie verschwinden zu lassen. „In dieser Richtung werde die Regie- rung neue Wege einschlagen, und sie glaube, dab die Demo kratie. die die Lösung des sozialen und kulturellen Kampfes erzielt«, auch die Lösung des nationalen ZusammenlebenS und die nationale Zusammenarbeit ermöglichen werde." Gewiß an sich für die Tudetendeutschen erfreuliche Worte, die aber nichts darüber besagen, wie diese neuen Wege auS- sehe-n werden. inmten»eit die Tschechv-Slowakei gewillt ist. den berechtigten Minderheitensvrdcrungen nachzukomnven. Aber selbst wenn die Regierungserklärung als die Bereitschaft zu wirklich rvcitgehender Neuorientierung anzusehen untre, wer bürgt dafür, das, die Tscheche!, nachdem sie mit deutscher Hilfe gebracht hat. W> ohr hat sein« Gchuldlgkett getan. Der Mohr tnn^ geben? Wer steht dafilr st« nicht bann. innervoBtksch gefestigt, zu erneuter, verstärkter Mtn-«rb«tdenunterdlückung sich anschickt? :n Monate, währeni derer dt« Regierung die Unter- das soziale Problem zu etner gewtffen nicht den Deutschen den vauspah gM: Der Gchuldlgkett getan. De, Mohr kt ein. Last st« nicht bann, inn vielleicht v Dl« letzten stützung der beiden deutschen Parteien genoß. hat nicht ein- mal ein Nachlassen der deutschfein-ltchen Tendenzen er kennen lasse«. Der schlecht verschleiert« Raub deutschen Grund und Siodens ging wettrr. Und mag auch der tschechische Fa- schiLmul zunächst von seiner antideutsche« Einstellung ab gelenkt werben durch soziale Kämpf«, ivaS aber dann, wenn er. ln diesem Kampfe erstarkt, nach FrtedenSschlutz zu antt- deutscher Front etnschwenkt? Denn der Faschismus gehbrt zum Stamm« jener ASra. welch« sterben, wenn sie lieber». Er braucht, um zu leben, einen Gegner, den e» bekämpfen kann. KampfeSnotwendigkett ist seine vebensberrchtigung. Go weckt die neue Regierunggerklärung zwar gewisse Hoffnungen sie bringt aber noch keine hinreichende Klärung, um ein tlrtetl darüber zu ermöglichen, ob dteser Schritt der beiden Parteien al» staatSmänntsch kluge Tat zu werten ist, oder ob bet diesem .Geschäfte" um eines TageSvorteilS willen höhere Werte für einen ZtnSgroschen verhandelt wurden. Erst die Zukunft wird Antwort auf diese Frage geben: erst sie wirb »eigen, ob bte einsetzende neue Entwicklung den Sudeten deutschen jenes Matz kultureller Freiheit und politischer Gleichberechtigung zu geben vermag, für das sich etnznsetzen Pflicht des deutschen Mutterlandes ist. StnS aber wird man schon letzt mit Bestimmtheit sagen können: Scheitert dieses Experiment der Zusammenarbeit, stellen sich die tschechischen Parteien in Fragen des NattonalttätenproblemS in gemein same Front gegen die Deutschen — wie sie es selbst im Stadium fortgeschrittenster Krise bet dem im März dieses Jabrrv er folgten Sturze des letzten Kabinetts Svebla getan haben, ge- ltngt die Lösung des Problem» de» nationalen Zusammen lebens nicht, so würde daS den Bankerott de» fudetendcutschrn „AkttvismnS" und eine weitere Verschärfung der nationalen Gegensätze bedeuten. Französische Propaganöa gegen Thoiry. Ratifizierung des Schuldenabkommens vor dem 1. Januar? Berlin. 15. Oktober. In der Haltung der französischen Regierung in der Schn Iden frage besteht nach wie vor Unklarheit. Neuerdings wird jedoch behauptet, das, Poin- carö fest entschlossen sei. die RatisizicrnngSdebatte vor dem 1. Januar statisinden zn lassen. Briand, Painlev- nnd Boka- nowlki, ja selbst Marin, wären der gleickjen Ansscht. Die Festigung der amerikanischen Haltung in der Schnldenfrage wir» daher offenbar als offiziöse Auslassung dazu benutzt nun erneur den Werl der deutschen EisettbahnobUgattonen zu diskreditieren. Der rechtsstehende ..GanloiS" betont, dass Frankreich auS dem Frieden niemals eine Geldfrage macken werde und aus die Garantie der Rheinlandbrsetznng nickt verffckten könne. Aber auch die linksstehende Presse weist in diesem Zusammen hang daraus bin. dass eine Fortsetzung der Politik von Dholrn nickt erwünscht wäre. „Oeuvre" vermeint hierbei, in Enaland eine wachsende Kampagne für die Streichnng der internatio nalen Schulden scstftcllen zu können, was Frankreich aus daS sorgfältigste beachten müsse. sTll.j Das Fortbestehen der Jnslationsgefahr in Frankreich. Paris, 15. Okt. Der gestrige AuSwelS der Bank von Frankreich, der aus daS deutlichste zeigt, dass die Gefahr einer Inflation noch nicht beseitigt ist, wird vom ,.Matin" dahin ledeutet, -aß die Devisendeckung der Morgan-Anleihe wieder hergestellt sei. was wohl aber zu bezweifeln tst. Der bis herige Ankaufvon Gold- und Silbermünzen durch die Bank von Frankreich hat ein Ergebnis von nur X Mil liarde Papierfranken seiwa 50 Millionen Goldmarks gehabt, ias als deutlicher Beweis dafür arnnlehen ist. dass die Be völkerung die Inflation weiter befürchtet und daher Gold- und Silbermünzen aufspelchert. lT.-U.s Dorberettuna der kranzöMchen Milslärovrlag» Paris, 15. Oktober. Potncarö Hatto gestern eine lange Unterredung mit P a i n l e v s. die sich aus die Vorbereitung der neuen Milttärvorlage bezog. Heute findet eine Sitzung des Obersten Krtcgsrates über die gleiche Frage statt. lTU.» Der Wert -er Saararuben. Berlin, 14. Oktober. Dav »Berliner Tageblatt" besaht sich heute mit der Frage des Rückkaufes der Saargruben. 'Bon den Acußerungen, die offenbar aus Informationen von unter richteter Seite zurückgehen, tst bemerkenswert, dah, ohne dab die Oefsentlichkett etwa» erfuhr, tnfrüherenJahrenbe- reit» zwischen Deutschland. Frankreich und der Repara- tivnökommission über den Wert der Grube» sehr e i f r i g v e r- handclt morden ist. Während des NuhrkvnfliktS schlug die ReparattonSkommission einen Vergleich vor. Frankreich be zifferte den Wert mit 200 Millionen Mark. Deutschland nannle 180 Millionen und die Reparationskommission 858 Millionen. Die Verhandlungen zerschlugen sich aber. Als Anfang 1025 die Frage erneut angeschnitten wurde, teilte Deutschland mit, dah eS bereit sei. die von Frankreich vorgeschlaaene Summ, von SSO Millionen an-nnehme«. Bo« dieser Summe wird man auSaehcn müssen, wenn mau sich mit der Frage dcS Niick- kaufspreffes beschäftigt. Die genannte Bewertung bezieht sich auf daS Jahr 1010. Inzwischen sind aber die Gruben weiter auSgebeutet worden und die französische Grubenverwaltung hat in der Erkenntnis, dah Frankreich die Gruben doch nicht be hält. Raubbau betrieben. Die Summe, die Deutschland für de« Rückkauf anbieteu kann, liegt also bestimmt unter LW Millionen. Ter Preis wird von einem deutschen und einem französischen Sachverständigen und einem neutralen Obmann festgesetzt werden. <T. U.) EinsketlungderAot^andsarbeikeninEngland? London, 14. Okt. Die DIstriktSabstimmnngen der Berg arbeiter billigte« mit 460159 ge-e« W4 886 Stimmen den Borschlag, die SicherheltSleute a«S den Schächte« zurück« znzichen. sW. T. B.» London, ll Okt. Heute morgen Ist eS In Pemberton lLancastershtrc) zu blutigen Zusgmmcnstöhcn zwischen 2000 streikenden Bergarbeitern und 200 zu den Gruben zurllck- kehrendcn Bergleuten gekommen. Mehrere Arbeiter wurden erheblich verletzt. Sirooy tschechischer Generalslabschef. Prag, 11. Okt. Der ehemalige tschccho-ffvwaki'chc General- siabSchef und ehemalige Minister für nationale Verteidigung General Sirovy wird bte Leitung des Generalstabes wieder übernehmen. 15. 0N«»«r IN» Oertliches an- Sächsisches. Der Läreisausschatz hielt am Frettag unter Vorsitz de» »r«t»ha»»»mann» Buck ein« öffentliche Sitzung ab. Das Gesuch te> Sächsischen Roten Kreuze» um Genehmigung zur Inbetriebnahme von zwei Krankenzimmern im Grundstück EaruSstrahe 18 te-emaligks PalatS de, Grästn Lippe» wurde genehmigt. ES handelt sich um eine vorbehandlunaSanftalt für daß Tuberkuloiehetm des Roten Kreuze» tn Klotzsche. In der Anstalt sollen «ur Kranke mit Wtrbelläulentubertulose. und »war nur vorübergehend, Aufnahme ftnden. Dt« Vereinigung der Gemeinden Stadt Bär « nstetn und Dorf värenftein san» Zustimmung. Hierauf standen die nachsotgenden Gesuche um Darlehens, ansnahmen zur Verhandlung: Stadtgemeinden Großen. Hain <00 000 M.j. Ptrna <88000 «. un» 800 000 M.j, Radeb - rg 150 tw M.j. Sayda <8000 M.. von denen SOG Mark schon bewilligt sind», Freiberg 144 500 M.), Nossen letn Darlehen von 7100 M. und ein AuStaustAarlehen von 80 000 M.t und Königstetn sein Darlehen von 4700 M. und ein AuStauschdarlehen von 40 000 M.t, ferner Elektrtzt. tätSverband Plauenscher Grund tn Frettal sSOOllOg Mark». Zwcckverband der Bezirks-, Armen- und Arbeit», anstatt nebst Carola-Berpflcghetm in Hilbersdorf <15 OG Markt und Stadigemetnde Riesa <79 700 M.». Die Begrün, düng sämtlicher Gesuche betont die Notwendigkeit einer Stärkung des Betriebsvermögen» und führt au», daß die laufenden Kosten auf allen Gebieten so gewachsen sind, daß sie aus dem eigenen vermögen nicht mehr gedeckt werde» können. Die Gesuche wurden ohne Ausnahme genehmigt. — Tie Vereinigung der Gemeinden Hartha und Hinter- gerödorf wurde genehmigt. Die Allgemein« Knapp. schaftS-PenkionSkasse zu Fretberg glaubt, eine» Anspruch auf Aufwertung eine» Darlehen» durch die Liadt- gemeinde Ltebstadt zu haben. Da» dteSbezügltche Gesuch der KnappschaftS-PcnsivnSkasse wurde aber nach eingehender Debatte znrllckgewtesen Weiterhin wurde zurückgcwiesen et« Einspruch be« Stadtrate« zu Rabenau gegen die Bezirk». Umlage. — AuS den Mitteilungen dcS KretShauptmanns sei noch erwähnt, daß die Oberpostdtrektton eine DIenstaiifsichtS. beschwcrde wegen zu geringer Besoldung dreier zu Bürger- meistern ernannter, verabschiedeter Postbeamte» rtngerctcht hatte. Soweit der KretSauSschuß ln der Sache zu befinden hat. wurde die Beschwerde abgewiesen, weil Reich», und Landes- gcsetz bei der tn Frage kommenden GehaltSregelung nicht ver- letzt sind. " Kein DoNisnvlvp'erqel- sllr den Mehrwvlf. Der Lanbeöführer Sachsen de» .FSehrwolf" schreibt dem Tel.-Unton-Sachlrmdlenst: Durch die sächsischen und außersächsischen Zeitungen ging vor kurzer Zeit der Schlußbericht de» Arbeit», und Wohl- kahrtsministertumS Sachsen tn der VolkSovseranaelegenheik. Auck in diesem Bericht fand sich die unrichtige Bemerkung, -aß der Wehrwolf irgendwelche Beträge vom Volksnotovftr unrechtmäßig erhalten und nicht zurückgezahlt habe Auf Grund der Akteneinsicht durch unseren Dresdner Rechts anwalt haben wir fcstgestcllt, daß dies« Bemerkung un rich tig tst. ES ist nirgends tn den Akten eine Quittung vor- Händen. bte von irgendeinem Wehrrvolfführer unterzeichnet wäre. Der Irrtum tst dadurch hervorgeruson worden, daß der beeidigte Bücherrevisor bet Abfassung seines Berichtes angenommen hat. der Wehrwolf und Wiking btldeten eine» Verband. SS hat sich anscheinend seinen Kenntnissen ent zogen. daß daS nicht zutreffend ist. Entschuldbar tst sein Frr. tum insoweit, als der Wchrwols Oftsachsen und der Wiking seinerzeit von Herrn Kaviiänleiitnant v. Ktssinger geführt worben ist. Herr v. Ktlltnger bat wohl, ohne die Herkunst des Geldes zu kennen, «inen Geldbetrag empfangen, jedoch nur für den Wiking. Der Wehrwolf hat mit dem Sächsischen VolkSnotopfer nichts zu tun. « Ver Süssem kilillkliell tSlisekt oft D« Nr5»iI»»»a>»»I» »»r«a, i, 5»r »lg Mr>»5 I«-r»I«»,»» M»»,I»Itz, 51» -I-z-I»», L,»«»5»» 5«tz»r 5» 5„r'»il„, »I, «I» »»I Sr»»5 ,I»»r llRchll,»» p«tl»llch»» A-rfl-II»»,. -^nrul: LSSS1 unä L4S31 >»,, «,,«»Mr»d, 17 ^> „Rose Bernd." Schauspiel von Gerhart Hanptman«. Neueinstudierung im Staat!. Schauspielhaus. 14. Oktober 1 028. In dem reichen Werke Gerhart HauptmannS ist die Zahl der duldenden Frauen groß. In keinem anderen hat er menschlich wärmer und dichterisch reiner gezeigt, was Frauen durch Männer zu dulden haben, als tn .,N v s e B e r n d". Ein gespannt zwischen EroS und Seruö, Liebe und Geschlechtstrieb, steht hier ein schlichtes, gesundes Naturwcsen. das von dem EgoiSmuS der Männer ins Verderben getrieben wird. Der Maschinist Streckmann, aus niederster Stufe des TrtcblebenS, hat ihr Gewalt angetan: der „Erbicholtiseibcsitzer" Flamm, durch gemeinschaftliche Iugenderlebnisse an Rose gefesselt, würde ihr die Ehe bieten, wenn er sich nicht an seine kranke Frau innerlichst gebunden fühlte,- der Buchbinder Keil, ein <rrnhutischer Frommer, will Rose heiraten und er allein enl- eckt in sich die wahre Liebe, die des Verstehens. MtilcidenS rnd Vcrzeihens des reinen Eros, der mit dem Sexus nichts aemetn hat. Aber Rose Bernds Schicksal ist unentrinnbar. Da sic nach keiner Teile hin frei im Gefühl tst. von Streck mann verfolgt, von Flamm prcisgegcben. von Keil noch nicht verstanden fällt sie in ihrer Seclcneinsamkeit und S<ham tn rieiste Verwirrung, wird meineidig und Kindesmürderin. „Es hat een' kee' Mensch ne genung lieb gehabt." Das tst problemlos und phraiensrei vom Dichter zum Gefühl gebracht, mit etner inneren Vctciltgunq an dem Fraucn- schickial der Rose Bernd, die HauvimannS bestes Dichter vermögen Ist. Er sagt, was tst. urteilt und richtet nicht, läßt nur am Schluß tn einem seiner ganz unsentenzlösen Worte -ie Summ« seine» Mitleids ziehen: „DaoMädcl was muß die ge litten Han." Aber er hat neben Noie Bernd, die gehetzte Schönheit und Lockung des Weibes die kranke Frau Flamm gesetzt, die Mutter, die den Tod ihres Kindes nicht veriviudet, dt« Frau, die die Untreue des Mannes tragen könnte, wenn sie nicht zugleich Verrat am menschlichen Vertrauen wäre. Sic und Rote Bernd verbindet das Mysterium und Mar tyrium der Mutterschaft zn einer inneren Gemeinsamkeit, von der der Mann ausgeschlossen ist. Neben der die Mutterschaft ersehnenden Frau steht die Ktndesmörderin alö die furcht barste Anklage gegen eine Gesellschaftsordnung, dir von Männern geschaffen tst. Männer werden Uber Rose Bernd zu Gericht sitzen und sie nach dem Gesetz verurteilen. Aber e» wird nur einer unter ihnen kein, dessen Herz Ne nicht richtet, sondern versteht und der dl« Schuld des Männer- geschlechlS an ihr abbüßt durch ihre Erhebung In die Schar der Büßerinnen. ,.un» por-nitsntiurn". denen um der wahren Liebe willen verziehen wird. Haupimann, der als Schöffe den „Fall Bernd" miterlebte, schiff das Drama „Rose Bernd" al» da» ehrliche Bekenntnis des Mannes, der es al» Schuld emvsunden hat. daß der männliche EgoiSmuS da» Weib ver- «tchtet. statt e» al» der Stärker« zu retten. Es ist ungemein wohltuend, nach soviel geschwätzigen und hohlen Gehirnprodukten auf unseren Bühnen einmal wieder einen warmherzigen Dichter aus einer gewissen Einfalt des Herzens reden zu hören. Diesem ehrlichcnDtchiertum gegenüber ist es gleichgültig, ob man auch an der „Rose Bernd" technische und dramaturgische Mängel entdecken oder den ganzen Naturalismus für veraltete erklären mag. Zuletzt ist doch immer nur da» einfach Menschliche wahr. Und wenn daS rich tig hrrausgesühlt wird, kann eine Darstellung und Aufführung so viel oder so wenig naturalistisch sein alS sie will: das ist nebensächlich. In diesem Sinne hat offenbar auch Georg Kiesau das Werk HauptmannS erlebt. Tr gab ihm als Spielleiter soviel Wirklichkeit als nötig war, die besondere Welt der Handluna anschaulich zu machen,- er gab ihm aber auch starke Leidenschaftlichkeit und kraftvolle Steigerung. Den Schluß des dritten Aktes, die Schlägerei zwischen Streckmann und Keil, hat man früher nicht so dynamisch heraiiszuireiben gewagt wie es Kiesau mit Recht tat. Dns Bildhafte der Felder Im Vorfrühling und dann im Spätsommer sah man sonst nicht so ganz von der malerischen Wirkung aus ge schaffen. wie Adolf Mahnke eS gewagt hat. DaS gab wundervolle Bilder und Szenen: die Erntcarbcitcr am Brun nen, der zarte, innerlich zitternde Abschied Flamms von Rose die wilde Strcit-szene (bei der nur die Gruppe um Sekunden zu lange zum lebendigen Bilde erstarrt bleibt», das waren die äußerlich stärksten Eindrücke der schönen Aufführung. Nun Hütte man noch stunden- und tagelang nichts anderes proben oder üben sollen alS den schlesischen Dialekt, um wenigstens eine durchschnittliche Einheit der Sprechweise zn erreichen, statt der Musterkarte deutscher Mundarten von Wien bis Leipzig, die zu erleiden war. Unsere Schauspieler haben keinen Ehr geiz mehr. Beherrscher der lebendigen Sprache zu sein, was freilich Arbett und seines Gehör erfordert. Für HauptmannS Dichtung tst aber Mundart der kräftige Erdgeruch. Es war erfreulich, Grethe Bolckmar endlich einmal tn einer großen Rolle zu sehen. Sie bat für Rose Bernd den deutschen MädchentnpuS, die füllige Erscheinung, eine schöne Offenheit des Gefühls, etwas Herzliches und Herzhaftes über haupt. So war sie im Glück der Liebe zu Flamm von jener reinen Innigkeit und Keuschheit, di« wir an dem edelsten deutschen Mädchenaestalten der Dichter lieben. Sie hat aber auch dramatische Leidenschaftlichkeit genug, um die wilde Ver zweiflung der Gehetzten tn fast hemmungsloser Entäußerung kundzutun. und darin gab sie erschütternde Augenblicke. Aber die gebrochene, zerquälte, verstockte und dann halb wahnstnnlge Rose der letzten Akt« gelang ihr iveniger von Innen berau» Wohlverstanden. eS war auch hier alle» „richtig" und auS- drnckSsicker gespielt, aber eben noch aelvielt. nicht aus der letzten SeelenaufwUhlung heraus durchblutet, nicht aus dem letzten Aufgeben aller privatmenkchlichen Hemmungen und Besonderheiten herausgeholt. ES tst freilich immer nur ganz wenigen gegeben, dtese letzte Tiefe zu erreichen. Zeugnis dessen dt« Frau Flamm der Stella David, bei deren Kunst alle» venmßt« wegses-wemutt tst durch ein Verströmen in den vom Dichter geschaffenen Menschen. Hier ist die Genialität des Herzen», die daS Geheimnis der völligen Wandlung vollzieht. Man kann dieses Erleiden d«S schau- spielerischen Menschen nicht ergreifender erleben al» bei dieser kranken, grauen, gütigen, resignierten, dennoch von allen LebenStricben erfüllten Frau Flamm der David, die ein Ur bild duldender Mütterlichkeit gibt. So nervensein empfunden und durchlebt ist auch Friedrich LtnbnerS Christoph Flamm, eine sympathische ManneSgcstalt. etner. der gut handeln will und doch nicht „darüber hinweg" komm» Junker und Jäger mit weichem Gemüt, ehrlich mit seinem Gefühl ringend, schlicht und ohne Ueberschärsungen bingeftrllt. Den Streckmann macht Willt Kletnoschegg mit seiner Meisterschaft in volkSmäßtgen Gestalten zu einem dörflichen Triebmenschen voll breiter Kraft, bedrohlicher Reizbarkeit, Herr tn seinem Lcbcnskreise. aber Knecht seiner Begehrlichkeit, auch einer, ber gern besser wäre wcnn's seine rohen Instinkte zitließen. Das nnd ein vaar ganz runde und wahre Menschen gestalten, denen sich etwas blässer der August Keil Paul P a » l s e n S. und der alte Bernd Adolf Müllers an- rethcn. lener ohne heuchlerisch in seinem Pietismus zu er scheine» dieser starr und hilflos in seiner Verständnislosig keit ffir das Geschick der Tochter, beide allerdings nicht gerade schlesisch geiärbt. Wie Och das Bauernvolk in lebendiger Gruppe und mit volksderbcr Spottlust zummmenschließt. warb schon ge rühmt. In dem Zlffammciisptel aller empfand man doch ivicder, wie künstlerisch hoch »nd reif alles Ist was tm Schau spielhaus geboten wird und über welche wertvollen Kräfte man verfügt. Dir Aufführung der „Rose Bernd" ist Erfüllung einer der großen Aufgaben dieser Bühne, echte Dichterwerk« künstlerisch auszugcstaltcn. Das ernst« Werk ward mit langem Beifall bedankt, der zuletzt besonders Grethe Bolckmar galt. Dr. Felix Zimmermann. Kunst un- Wissenschaft. Opernhaus Mozarts „Figaro" wurde mit Umvesetzung einiger Par- ticn gegeben. Die Gräfin Ist aufClaire Born übcrgcgan- gen. Diese erscheint wie ein weibliches Settcnstttck zu E»rt Taucher: mit einer verblüffenden Wandlungsfähigkeit aus Sill und Charakter jeder neuen Nolle eingestellt. So ward die hochbramatiiche Sicgltnde und heroische Elisabeth diesmal zu einer idealen stimmlich aus seinste Kultur abgetönten Mozart- Sängerin und dazu äußerlich zu einer Rokoko-Aristokratin von edelster „lentlmcntallschcr^ Dornehmhett. Auch ihr neuer Gras-Gemahl machte lehr gute Figur, sah nur wieder zu jung aus — daS ist etwaö wovon Lchüssler vorläuffg nicht loS- kommt —. sang aber lehr gepflegt und schön, den Ton anfangs manchmal gar sehr abdämpfcnd Arle und Duett Im dritten Akt aber dann mit bestem Ausgleich von Klanastärke und Mo- »artstU. Schwächer t» der Wirkung Julia Röh-
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