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, dem übrigen Europa gegen «ine weitere Entwickelung der .Napoleonischen Ideen" vorsehen. Feuilleton und Vermischtes. * Ei» Wucherer in der Klemme. In einem Städtchen des WesterwaldcS geschah cS, daß ei» geldbedürftigcr Bauersmann zu einem Wucherer kam und diesen um «in Dar lehen von 8V Gulden bat. Der Bayer erhielt diese Summe, mußte jedoch «ine» Schuldschein von über l 00 Gulden unter zeichnen. Gleich nachher erzählte er in einem WirthShause, waS ihm geschehen sei und bedauerte, nothgedrungcn 20 Proc. Auf schlag geben zu müssen. Ein in der Nähe fitzender GenSd'arm hörte dem Erzählenden zu, »ahm ihn dann sogleich mit aufS Amt, wo der Ba«er de» ganzen Sachverhalt genau angab und dann in «in besonderes Zimmer geführt wurde. Mittlerweile hatte man auch den Wucherer herbeiholen lassen. Dir Amtmann begann: »Haben Sie heute hundert Gulden verliehen?" — „Nein, ich habe nichts verliehen", war die Antwort. — »Haben Eie heute gar nichts verliehen?" — »N«, ich habe heute nichts verliehen." — CS wurde jetzt wieder der Bauersmann hereinge führt. Auf diesen hindeutend, fragte der Amtmann den Wuche rer: »Kennen Sie diesen Mann?" — „Den kenne ich nicht." — -Ist Ihnen dieser Mann nicht» schuldig?" — „Nu, gar nichts!" »So unterzeichnen Sie Folgendes: »»Ich Unterschriebener be scheinige, daß mir N. N. (der Name deS Bauers) durchaus nicht» schuldet."" — Der Wucherer Unterzeichnete zitternd und ging. Nachher aber suchte er wieder seinen Schuldner auf, um m t diesem die Sache wieder anders zu arrangiren. »Nu", sagte er, »Du wirst mir doch das nitt thun? Gieb mir nu für die lOO wenigstens 82 Gulden! " — »Wie!" rief jetzt der Bauer, »ich Ihnen G>-ld schuldig? Ich kenn« Sie gar nicht!"— Und in der That, da- Geld war und blieb für den Wucherer ver loren. * Vor einiger Zeit trieb Eifersucht zwei Bursche in Rom zu einem Kampf, der außer seiner Roheit von psychologischem In teresse ist. Ein junger Mensch von 21 Jahren, Sohn nicht un bemittelter Eltern, warb vor vier Jahren um die Tochter eines päpstlichen Hofbedienten. Man machte ihm seiner Jugend hal ber Schwierigkeiten. Während deS CarnevalS lernte ste einer seiner Freunde kennen, eine Bursche von 19 Jahren, und erhielt ihr, wie der Eltern Wort. Don eincr neu erwachten Leidenschaft und der heftigsten Eifersucht verzehrt, versagt« dem Abgewieftnen di« Sprache ihren Dienst, so oft er den andern sah und mit ihm reden wollte; ging er vor seiner Thür vorüber, so firirte er ihn und stampfte wüthend mit dem Fuß. Der andere fragte ihn endlich, waS er habe, worauf er ihn unter einem Strom von Thränen bat, fich mit ihm auf Leben und Tod zu schlagen, sonst müsse er ihn doch einmal niederstechen; seine Wagenremise sei ein geeigneter Ort. Jeder erschien mit einem Knittel versehen. Ein wilder tumultuarischer Kampf begann; der jüngere erhielt einen gefährlichen Schlag an die Stirne, dann andere Wunden, zer schmetterte aber zuletzt dem Gegner den Schädel. Am Abend war er eine Leiche. Im Verscheiden bat er den Beichtiger, für seinen Mörder alle» zu ihun; er habe ihn zu der That getrieben. Dieser flüchtet« fich einstweilen in ein Asyl; er kann unter solchen Umständen nicht am Leben gestraft werden. * Pari- steht seit diesem Winter eine Menge Neuerungen in den gesellschaftlichen Beziehungen und Gebräuchen, die wirk lich charakteristisch find. Die vornehmsten Damen deS Quar tier St. Germain halten CasvS in ihren Salon», um die Herren ihren sogenannten CercleS abwendig zu machen. In vollster Toilette spielen fit die Comptoirdame, ihre Diener on Zrsnäo tivreo bedienen die Gäste. In einem Hotel de Rue deVarenne soupirt man « 1a osrt«. Die Marquise du T. fertigt die Kar te« a pa^er au- und ist so gewandt im Adtnren, daß stets ein Erkleckliches für die Armen übrig bleibt. Dir vornehm« Welt überbietet fich, diese Amographen zu besitzen. Man erlaubt so gar in einem Salon der höchsten Aristokratie di» Cigarre, die Dam« des Hauses verkauft fie zu einem LouiSd'or das Stück. Der gute Ton will'», wenigsten» fünf Stück zu rauchen und beim Weggehen die Elgarrenbüchse zu füllen. Durch diese Neuer ungen ersetzt man die Lotterie und Tombola zur Wohllhätigkeit, bannt die Langeweile und die Coneerte zu wohlthätigen Zwecken, welche längst ihre Anziehungskraft verloren hatten. Uebrigen- waren diese aristokratischen CaföS im Faubourg St. Germain schon im vorigen Jahrhundert Mode. * Nach zuverlässigen Mittheilungen wird in Tampico von den Indianern das Anacahuitenholz als sehr wirksames Mittel bei Verletzungen der Lungen und de» daraus entstehenden Krank heiten gebraucht. ES solle» davurch ganz außerordentliche Kuren bewirkt und selbst Personen, welche fich schon in einem hohen Stadium der Schwindsucht befinden, wieder hergestellt werde». Der Gebrauch deS Holze- ist sehr einfach. Die Rinde, welche nicht benutzt werden kan», wird abgeschält und sodann das Holz in kleine Stücke zerschnitten. Diese werden mit fiedendem Was ser übergossen und gerade wie Thee behandelt. Man trinkt da von Morgen» nüchtern und Abends, bet gefährlichen Fällen auch am Tage; Kaffe« und alle irritirende Getränke müssen vermieden, sonst braucht keine strenge Diät beobachtet zu werden. — Der hannover'sche Consul hat eineOuantität dieses Holze» eingesandt, mit welchem Versuche i» der UniverfitäiSclinik zu Götttngen ge macht werden. Bi- zu den dort gewonnenen Resultaten wird man wohl mit dem Urtheil über das Mittel zurückhalten müssen. * Weit» Kleider. Unsere Dam«» haben wegen d«r jetzt modernen, sehr umfangreichen Röcke und Mäntel manchen häuslichen Strauß zu bestehen. Die Damen können fich aber darauf berufe», daß eS die Herren in Mexiko noch weit ärger treiben. Sogenannte .Poncho'»' für Herren müsse« «ine Weit» haben, welche di» sogenannten Beduinenmäntrl der Damen be deutend hinter fich läßt. Di» Wahrheit dieser Angabe wird bald durch rin handelsgerichtlich!» Crkenntniß ihre Bestätigung finden. Ein Hamburger Hau» hatte für Rechnung eine- Hau se» in Mexiko Zeug zu .Poncho'»" zu beschaffen. Ein Elber- felrer Fabrikant erhält den Auftrag, den Stoff tu einer Breit« von 54 Zoll zu liefern. Ms dieser jedoch rintraf, ergab fich, daß an der Breite 2 Zoll fehlen. Da nun ein Mexikaner an seinem Gewände um keinen Preis einige Zoll einbüßen würde, so sah fich da» Hamburger Hau» genöthigt, die Annahme der Waare zu verweigern. * Charakteristisch für amerikanische Sitten ist folgender Biricht au» Richmond in Virginien, dem Lande der Rohheit: Eapitain Wither, ein Mann vom 75 Jahren, stand vor Gericht, um die Ehescheidung seiner Enkelin von ihrem Manne zu betrei ben. Letzterer, Namens Clemens, war mit seinem Bruder zuge gen. Ärgerlich über die Zeugenaussage de» Großvater-, feuer ten fie im Gerichtssaale ihre Pistolen auf ihn ab. Er wurde nur leicht verwundet, zog seinerseits einen Revolver auS der Tasche und schoß Beide nieder. Ein dritter Clemens feuerte nedenbii auf cincn Enkel d«S CapitainS, fehlte, und wurde von diesem Enkel sofort mit einem Bowiemesser niedrrgestochen. Da lagen die drei Brüder Clemens todt im Gerichtshöfe. Dir Schei dung war vollzogen. * Am Katserhofe zu Paris fieht'S nicht lustig auS. Der Kaiser ist verschlossener und mürrischer als sonst; er hegt Befürchtungen wegen bald auftauchender Wirren im Orient, welche ihn vielleicht mit Rußland und Oesterreich, ja sogar mit England in Conflict dringen könnten. Di« Kaiserin grämt fich wegen dc» .heiligen Vaters", dessen mißliche Stellung fie haupt sächlich ihrem Gemahl schuld giebt, und ist frömmer als je. Sehr übel zu sprechen ist der Kaiser auf den Prinzen Napoleon, der so liederlich wie möglich lebt und seiner armen jungen Frau recht trübe Stunden bereitet. * DaS Bauermädchen Christine NilSson fährt fort, in Stockholm da» größt- Aussehen zu erregt». Im An fänge diese- Monats trug fie der Königin Wittwe Josephine (Wittwe OScar'S I.) einig» Gesangsstücke vor. Ein Stockhol mer Kritiker ist voll von Bewundnung für ihre« hohen Sopran, der fich durch besondern Wohlklang und Frische auSzeichne. * AuS Parts schreibt man: Ein gewisser Lazaretz, zur Zeit der ersten französischen Revolution Secretär de- berüchtigten