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Pariser Verschleppungstattik. Frankreich wünscht in Genf vorerst nur Festlegungen grundsätzlicher Natur. Der Reichswirlschaslsrat beschäftig! sich mit -er Kerabsehung -er Umsatzsteuer aus 2 o-er gar 1,5 Prozent. Die vier Saupllhefen -er Franzosen. «Eigner Drahtbcricht der „Dresdner Nachrichten ".I Paris, 8. Scpt. Nach den Berichten der sranzösischcn Be richterstatter in Gens glauben maßgebende raiiaö/ische »reise nicht, daß jetzt endgültige Ergebnisse hiiiji.htlicy der Ab rüstung und der Sicherheit erzielt werden könnten. Biel mehr dürste man sich nach Anssassnng der französischen Kor respondenten, darunter auch der in engen persönlichen Be ziehungen mit Herriot stehende», ans F e st l e g u n g grund sätzlicher formen beschränken, deren weitere echnisch- Ansgcstaltung den Ansschüssen biozurnächstenTagung des Böl kerb nndes überlassen werden solle. Das habe zwei Gründe: Etncslctls solle die endgültige Veschlnstsassung hinausgcschobcn ivcrden, bis Deutschland über diese es auf das stärkste berührenden Probleme mitberatcn könne, anderseits zeige sich liier der hcstigc diplomatische Kamps um de» G a r a n t i c v c r t r a g, die Abrüstung usm., in den vor allem die Staate» derKleinen Entente mast- gebcud einz»greisen suchlen. französische nationalistische Kreise nutze» dieses Eingreiscn der kleinen Entente planmäßig aus. So gilt die Antwort BcneschS ans den Garanticvcrtrag, obwohl er diesem in seinen Hauptpunkten bcitritt, heute als Hauptgrund eines scharsc» Artikels von Pcrtinax gegen die „desorganisierende" Politik HerriotS. Pertinar glaubt im übrigen, dass die französische Politik in Gens solgende vier Lätze verteidigen werde: 1. Die interessierten Negierungen können nicht daran den ken, ihre Rüstungen zu verringern, bevor das SicherhcitS- prob lein gelöst ist. soweit es überhaupt durch Garantie oerträge gelöst werden kann. 2. Eine austcrlialb des Rahmens deü BölkcrbnndcS cin- brrnsene internationale Konferenz, die sich ledig lich mit dem Studium der Rüsliingseinschräilkuugcn befassen würde nach dem Borbildc der Washingtoner Konferenz, ent spreche keinem tatsächlich nützlichen Zwecke. Der gegenseitige Hitssocrtrag must, »m irgendwie wirk sam zu sein, die durch einzelne Staaten oder durch Gruppen von einzelnen Staaten abgeschlossenen Berträgc frei spielen lassen. 1 Unter diesem Bor behalt kan» der Prozedur ded Schiedsgerichts ein weiterer Platz gelassen werden, um eventuelle Konflikte zn verteidigen. Der erste Teil dieses angeblichen Projektes wird indirekt durch die Blatter bestätigt, die über die Ansichten HerriotS gut informiert z» sein pflegen. Die Hauptschwicrigkciten der Genfer Berhandlnngen sastt ein Blatt dahin zusammen, dast die einen zuerst Abrüstung und dann die Sichcrhcitsgarantic» verlangten, während die anderen antworteten: Zunächst die Sicherheit und dann die Abrüstung. Der Beginn -er heutigen Dormittagssitzung. IT u rch f ii n k s p r u ch.I Gens. 8. Lepi. An der heutigen Bormitlagssitznng nahmen Macdonald und Herriot teil. Beim Eintritt in den Saal begab sich Herriot sofort zn dem Platze MacdvnaldS, der schon vorher cingctrosscn war, und bcgrüsttc ih». Tie Versammlung und die Tribünenbcsucher brachen in lebhaftes Beifallklatschen aus. Präsident Motta eröfsncte hieraus die Bersammlung, indem er den beiden Ministerpräsidenten einen herzlichen Willkommcnsgrust entbot und ihnen für das Interesse dankte, das sie dem Völkerbund eutgegcnbrachten. Die durch ihre» Besuch bekundete Sympathie sei ein gutes Zeichen für die Arbeiten des Völkerbundes. <W. T. B.» 35 Punkte -er Tagesor-nung. «Eigner Drahtberlcht der „Dresdner Nachrichten".» Gens, 8. Sept. Das „Journal" meldet: Die Vvlkerbunds- tagung wird bis Monatsende dauern. Es sind bis jetzt 85 Punkte der Tagesordnung bekanntgeworden. Die Dan- zigcr Frage kommt erst Mitte des Mvngts zur Verab schiedung. Die Engländer haben einen Antrag cingebracht, wonach die Kontrolle des Saarstaatcs in Zukunst durch eine fünfgliedrige Kommission auögeübt werden soll. Damit würde die französische Vorherrschaft in der Kommission beseitigt. Ferner haben die Engländer beansprucht, die allgemeine A b r ü st n n g s s r a g c ans der jetzigen Tagung vorznbereiten und hierfür eine S o » d c r t a g n n g des Völkerbundes für An fang 1025 cinzuberusen. Das Interesse an den Beratungen ist insofern ein vermindertes, als diesmal nur 188 Presse vertreter anwesend sind gegenüber 812 mährend der letzten Tagung. England für eine internationale Abrüstungskonferenz. London, 8. Sept. Der diplomatische Mitarbeiter des „Daily Telegraph" schreibt zu der Reise Mac- dvnalds nach Genf, man könnte aiinchmen, dast sich die Hanptrcdc, die Macdonald wahrscheinlich am Donnerstag in Genf halten werde, aus drei Fragen, die Sicherheit, die Abrüstung und das Schiedsgericht, beziehen werde. Das Geheimnis etwaiger konkreter Vorschläge, die er machen könnte, sei sehr sorgfältig gewahrt worden. Es bestehe aber guter Grund zu der Annahme, dast Macdvnnld keinesfalls eine Entscheidung treffen werde, bevor er am Mittwoch mit den Vertretern Großbritanniens und der Dominions eine ausführliche Aussprache gehabt habe. Bekannt sei, dast so wohl der Premierminister, als auch die meisten britischen Staatsmänner der Ansicht seien, dast die Frage einer all gemeinen Herabsetzung der Rüstungen wirkungsvoller von einer Konferenz behandelt werden könnte, die anstcrhalb des Völkerbundes einbcruscn würde, da bei einer Ein- bcrnsung durch den Völkerbund Amerika abseits stel»e» miisttc. Der offenbare Wunsch des amerikanischen Präsidenten, die Einberufung einer solchen Konferenz anzurcgen, gebe dieser britischen Auffassung ein besonderes Gewicht. Die all gemeinen Grundsätze der Einberufung und die Einzelheiten des Plaues hinsichtlich ihres technischen Eharaktcrs würden vielleicht weiterhin die Aufmerksamkeit der Vülkerbiindsncr- i'ammlung, ihrer Ausschüsse und ihrer Unterausschüsse be schäftigen lW. T. B.I Hinsichtlich der Schuldenprobleme erklärte Mardonald, er habe Herriot versprochen, durch Sachverständige eine» Plan ausarbeiten zu lassen. Vom englischen Volk sei nicht zu ver langen, anderer Leute Schulden zn bezahlen. «WTB.» Die Obftruktion -er franzöfifchen Militärs. Sabotage der Regierungsanweisungen. D o r t m u n d. 8. Sept. Angesichts der Nachrichten von der drohenden Verzögerung der Räumung der Dort munder Zone wird daraui hingewiesen, dast nicht nur die vor einiqen Tagen ansgegebenc Havas-Meldung, die be reits Schwierigkeiten i» dieser Richtnng andentete, ans Düssel dorf, also ans der Umgebung des Generals Degouttc, stammt, sonder» dast auch die Meldung des „Echo de Rhinc" von den V c i a tz n n g s b c h ö r d c n ausgcht. Darin liegt, wie man annimmt, der oiirnsichtlichc Beweis, dast die Gene rale Obstruktion gegen Herriot treiben. Ein Gewerkschaftsführer änhertc, er glaube an die Räumnna nicht eher, als die Franzosen wirklich abgezogen seien. Dazu kommt, dast die in den letzten Tagen bckannt- gewordcncn neuerlichen Hausungen von Zwischenfällen, die dnräi Ncbergrissc der Vesatznngstr»vven entstanden sind, die allgemeine Stimmung weiter »erbittern. Der Streit um -ie verzögerte Räumung. Berlin, 8. Sept. Die von der Regierung heransgcgcbcne Mitteilung zur Räumung Dortmunds hat hier in rech is st e h c n d c n Blätter n scharsc A ngrisse cingebracht. So schreibt die „Deutsche Tageszeitung": „Die Rcichsregiernng stellt eS jetzt ersiannlichcrivettc so »in, als sei diese iypisch- srnnzösischc Auslegung g„„z berechtigt und selbstver ständlich. In diesem Falle wird sic aiiszittlaren habe», warum sic die dcnischc Ocsscntlichkctt bis nach der Annahme der Gesetze im Reichstag j„ einem völlig anderen Glaube» ge lassen liat. Es kann ihr unmöglich entgangen sei», dast ihre Erkiäruiv'cn überall, auch im Nhciiilandc, den Glauben cr- wccttcn, die »ittttärischc Räumung jener Gebiete sei nach der Annahme eine Frage von Stunden. Demgegenüber wird seitens der Regierung erklärt, sic habe ni-chl bchautzict, dast dir Räumung der Zone Tort m und- H ö r d e sofort crsolgeü werde, sondern nur, dast sofort der Veiehl gegeben wird, die militärische Räumung gleichzeitig mit der »'tt^chafttichen Räumung derselbe» Zone erfolgen zu lassen. Tatsache ist, dast in der lintsstchcndcn Presse falsche Mitteilungen über die Räumung Dortmunds ansgegeben worden sind, offenbar um Erfolge verbuchen zu können, und Tatsache ist jedenfalls, dast diesen falschen An gaben nicht sosort regierungsseitig ividersvrochen wurde. Die Regierung befürchtet, dast der scharfe Ton, in der jetzt die Frage der Räumung der Zone Dortmund-Hörde be handelt wird, ihr Schwierigkeiten bezüglich einer Be schleunigung der Räumung bereiten könne. Immer wie-er unerhörte französische Schan-urleite. Landan, 3. Scpt. Das französische Militär-Appella- tlonsgericht hat das von dem französischen Gericht in Landau gegen den Obermedizinalrat Dr. Frantz von Frankcnihal am «8. Juli gefällte Urteil aus die Berufung des Ober, Medizinalrats hin von 38 Tagen Gefängnis ans 35 Tage tye- sängnis und 788 Goldmark Geldstrafe erhöht. Dr. Franst hatte sich ans der Jagd geweigert, zwei fran zösischen Beamten seine von diesen geforderten Lcgitimatians- papirre vorzuzcigen. weil die beiden Franzosen, die Zivil- kleidcr trugen, keine Ausweise darüber besahen, dast sic anstcrhalb des Jagdbezirks zu polizeilichen Maßnahmen be rechtigt waren. Scharffchtehen der Franzosen in der Kaardl. Essen, 8. Scpt. In der Zeit vom I. bis cinschlicstlich 8ü. September halten die französischen Truppen Infante rie- und A r t i l l c r i c s ch i c st ü b u n g c n mit icharfcr Munition in der Haardt ab. Während der Däner der Ilebiin gen ist das Betreten des Haardt-Gebirges ttir die Zivil bevölkerung verboten. Deutscher Protest gegen -ie sranzdsischen KerbslmanSver. Paris, 8. Scpt. Wie das „Echo de Paris" behaupicl, Hai der deutsche Botschasicr im Namen der deutschen Regierung am Sonnabend im Quai d'Orsay gegen die Ver anstaltung der großen französiTchcn H e r b st n, a n ö v c r im besetzten Gebiet Bor st eil »»gen erhoben. Von Nis Peter scn, Berlin. Die Londoner Abmachungen setzen eine genaue Kenntnis des aus Beranlassung der Reparativnskommissivn erstatteten Sachverständigengutachtens lDawes-Bericht» voraus. Es ist daran sestzuhalten, daß das Londoner Protokoll die deutsche Gesamischnld nicht seslsetzt, die bisherigen deutschen Leistungen nicht von der Gcsamtschnld absetzt und die Jahresleistungen nicht der deutschen Lciitniigssähigteit anpastt, sondern nach dem Wortlaut des Gutachtens „die Einrichtung eines Organismus zum Ziele hat, der deutsche Höchstzahlnnge» sichcrstcllt." Das Londoner Protokoll unterscheidet drei Perioden: »» die Periode des HaushalimoratorinmS umfaßt die beiden ersten Jahre «August 1024 bis August 1020» mit Leisiungsvcrpslichtungen von WM Millionen Mark im ersten und 1450 Millionen Mark im zweiten Jahre, >,» die llcbcr- gangspcrivde «August 1020 bis August 1028» umsastt die beiden solgende» Jahre mit einer Lcistuiigsvcr'-'ttchtung von >250 Millionen Mark im dritten und 1750 Millionen Mark im vierten Jahre, wahrend die drille Periode, das sog. Normal jahr «August lü^-8 btü August 1!»2!>> mit einer Leistnnasvcr- pslichiung von 2.500 Millionen Mark eine unbegrenzte Acra, in der die Zahlungen niemals unter 2^ Goldmilliardcn sinken dürfen, einleitet. Abgesehen von einer sofort anszunchmcndcn Anleihe von 800 Millionen Mark, die lediglich für die Besatzung und für Finanzierung der Sachlicscrungen Verwendung sinden soll, werden die VcrtragSlcistuiigcn ans drei Quellen bewerk stelligt: sj Stenern, Zahlungen ans dem Ncicyshaushalt ans un begrenzte Dauer, b) 5 Prozent Verzinsung und 1 Prozent Tilgung der Eisenbahnanlethe von 11 Milliarden Mark, also hundert jährige Last, c» 5 Prozent Verzinsung und 1 Prozent Tilgung der Jndnstrieaiileihe über 5 Milliarden Mark. In den nachfolgenden Darlegungen sollen lediglich die ans dem deutschen Reichshaushalt fälligen Zahlungen, also die S t e u c r v e r p f l i ch t n n g e n des deutschen Volkes, einer Betrachtung unterzogen werden. Wie bemerkt, »Insassen die zwei ersten Jahre die Periode des Haiishaltmoratvriums. Nach Ablauf dieser Frist hat Deutsch land ans seinem Haushalt an den Agenten für Reparations zahlungen solgende Zahlungen zu leisten: s» im 3. Jahre der Ausführung des Planes der Saclwcr- ständiaen, d. h. im Jahre n^»/27, 110 Millionen Mark, h> im 4. Jahre der Ausführung 5.50 Millionen Mark, es im 5. Jahre der Ausführung des Planes und in den folgenden Jahren, d. i. vom Jahre 1028 ab, 1250 Mil lionen Mark «ausschließlich BcsördcriingSstciicr». Vom sechsten Jahre der Ausführung des Planes der Sach verständigen ab soll eine Erhöhung der im Normaljalir vor gesehenen Leistungen aus dem Haushalt entsprechend dem WohlstandSindcr, der ans den verschiedensten Komponenten in einem außerordentlich komplizierten Verfahren errechnet wird, eiiitreicn. Um ein genaues Bild der von Deutschland geforderten steuerlichen Belastung zu erhalten, ist es noiivcndig. dir uns nnscrlegicn Lasten mit dem Reichshaushalt sür 1024 «Vor- anschlaa». mit der sich hieraus ergebenden Belastung für Landwirischast, Industrie, Gewerbe und Handel, und mit dem deutschen Naiionalvcrmöaen zn vergleichen. Unter den direkten Re^'sstenern nimmt im Voranschlag des Reichs Haushalts die E i n k o in m e n st c u c r mit 1840 Millionen Mark natiirgemük die erste Stelle ein, und unter den in direkten Steuern die Umsatzsteuer mit 1200 Millionen Mark die erste Stelle. Diese beiden Stenern sind also beide zusammen mit 2000 Millionen Mark vcransclilaat. Die au den Agenten für Reparationszahlungen ans dem Reichslians- lialt abzusührenden Verpflichtungen machen also die Halste der Hanptstcuern a»S. Da ne Gesamteinnahmen Deutschlands ans seiner steuer lichen Belastung im Jahre 1034 nur ans etwas über fünf Milliarden zn veranschlagen sind, so bedeuicl die Belastung des Rei^ Oguohalts allein durch das Londoner Protokoll, dast 35 Prozent an den Fcindbnnd gehen. Wie wirkt sich min diese Belastung für die einzelne» Er- werbszivcigc der deutschen Wirtschaft ans? »Nach den durchaus vorsichtigen Schätzungen beträat die Belastung von Industrie, Handel und G c w e rbc für 102, dnrch die direkte» Stenern: Voranszahliingen für Einkommen- oder Körpers,liasis- stcucr 15 bis 20 Prozent des Ertrages, Vermögenssteuer 5,0 bis 18,8 Prozent des Ertrages, Rcntciibaiitabgabe 0 Prozent, Gewerbesteuer 17,5 Prozent bis 28,75 Prozent des EriraaS. Insgesamt sind also Industrie, Handel »nd Gewerbe — so fern es sich nicht „in besonders günstig arbeitende Betriebe handelt — mit zusammen mindestens 44,1 bis 78„55 Prozent des Ertrages, d. h. mit der Halste bis zn drei Viertel des Er trages, stenerlich belastet. Fast alle Jndnstric- und HandelS- untcrnclimnngcii müssen heute mit fremdem Geldc arbeiten und haben große Mühe, eine» Reingewinn von 4 Prozent hcransznwirtschastcn. Es kommt hinzu, dast die oben an gegebenen Steuersätze, vor allem die «^-n>'rbeo-i,-" liättiiismäbig niedrig gegriffen sind. Die heutige steuerliche Belastung von Handel und Industrie wird als e bezeichnet. Es darf nicht vergessen werde», dast das Londoner Abkommen die slcucrlichcn Belastungen »i» mindestens 25 Prozent erhöht. Die G c s a »i t b c l g st n » g der Landwirtschaft durch die direkten Steuern stellt sich nachfolgend: Eiukommciistciicr 4 vom Tausend des Werts des Grund vermögens, Vermögenssteuer 1024 durchschnittlich 5 vom