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Dresdner Nachrichten : 17.12.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-12-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-192212175
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19221217
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19221217
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-12
- Tag 1922-12-17
-
Monat
1922-12
-
Jahr
1922
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 17.12.1922
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: ior. I dtcc einen wert achlen Weit GaS e neue Mil- u ha» i de, k zur bundc erdau n. rn di« esitzer «amte »acht- eil in lllaut iinier ktnzel- M Ml > «k.. etar!' Ik. t lSllü »U. : Nur n mir n vo» emleer ) Ml.. nili--e et auf ischli« T- zu - tj 0! - S - I VI - s. - I . weil, N» Ü! r de« u, de' . zzu «rLes lrvd. r rm- -* lüg ^ ' ureröner Nackncklen t>enr Aükrg Sonntag, 17. verdr. 1922 Neues Lebeu. Sktzze von Paul Glasenapp-Waidmannölust. Johanne» war rin Wcbcrgeirlle von neunzehn fahren and bewohnte mit seinen Eltern ein» der armselige» Gassen- Häuschen de» Städtchens. Cr halte als kleine» Kind durch einen schweren, unglückselige» Fall da» Gehör verloren und ,ur langsam und mühselig da» Sprechen und Lesen gelernt. Wenn die Besperzeit da mar, nahm er sei» Brot in die Hand, ging durch eine kleine Pforte hinaus aus den Wall, der da» Städtchen umzog, setzte sich unter die Baume und lieh seine Blicke schweifen über Wiesen und Felder bis hin an den Wald nnb sehnte sich hinan» in die blanschiinincrnde Ferne. Ober er streckte sich lang au» in da» WtcsengraS und sah dem Zuge der Wolken nach und träumte sich hinein in da» Wunder von der Unendlichkeit des Weltalls, und eine tiefe Sehnsucht erfaßte ihn, ausgchoben zu werden zu den Regionen der Reinheit und Schönheit und Vollkommenheit aller Dinge. Auf dem Heimweg pflückte er einen Blumen ftrauß für die Mutter. Sonntag» ging er hinaus zum Bahnhof. Sah zu. wie die eilige ein. und ausliefcn und las, woher sie kamen und wohin sie fuhren. Daheim schlug er eine Ciscnbahnkarte aus, die tbm eine mitleidige Seele geschenkt hatte, und unter- «ahm Reisen nach scncn Städten die er a» den .'fügen gelesen hotte, und träumte sich in den Gedanken hinein, einmal zu Reichtum zu gelangen und die tausend Wunder und Merk würdigkeiten mit eigenen Augen zu schauen. Eine» Sonntag» geriet er aus einem Spaziergang durch eine» der Nachbardürier in das Gewühl eine» Volksfeste» hinein. Alles strebte der Torsaue zu, auf der getankt wurde Er stellte sich in die Reihe der Zuschauer. Ringsum Jauchzen. Lust und taute Freude! Er las sic vom Gesicht der Tanzen den wie ein Dürstender, und sie entzündete auch die schlnm mernde Glut seine» sungen -Herzens. Lina tauchte vor Ihm auf. seine hübsche Flin Nachbarin, dcS PantinenmacherS Jüngste, der er heimlich nachschante, wenn sie morgen» in die Fabrik ging, ttnd da trat er vor sie bin, erfaßte ihre Hand und stieß ein paar Worte hervor und deutete hinüber in da» auf- und nicderwogende Gewühl der Tanzenden. Doch sie lachte ihn au» und wandte sich ab. und die anderen hatten ihren Spaß mit ihm. Er ballte wohl die Jaust, »m sich zu wehren, doch der Schmerz über die grausame Lieb losigkeit seiner Altersgenossen war größer, als die auf- fteigende Wut über die tßm angetane Schmach »nd Zurück setzung. Nur ein leises Ankstölmen? Nicht» weiter! Dann ging er beim, stumm, mit fest aufeinander geprellten Lippen. Eine» Tage» kam Onkel Theodor, Vater» Bruder, mit seiner Iran aus Amerika. Er war unheilbar krank nnd nach Deutschland zurückgckebrt, um in der Heimat zu sterben. Der nahm sich seiner an und ließ ihn von einem berühmten Arzt in der Landeshauptstadt untersuchen. Da die Unter suchung dir Aussicht ervfsnete. daß Johanne» durch eine Operation sein Gehör wiedercrlangen würde, wurde sic so gleich vorgenommen. Al» Johannes erwachte, sah er den Professor an seinem Bett stehen und las von sein",» Mnnde die Worte ab. daß die Operation gut verlausen sei. Nur der eine Gedanke er füllte seine Seele wie da» Leuchten der FrssbiingSsonnc: werde da» Gehör wiedererlangen! Da» Gehör!" lind »nter dieser Melodie he- AufcrstehenS zu ncncm Leben schll"s er ein. Tage daran? löste der Professor die Binden für Immer und sorach tbn an. Nur dies eine Wort sagte er zu ihm: -Johanne-!" Johanne» laS es ihm vom Munde ab und vernahm seinen Klang, sah den Professor eine Weile in starrer Vcr- wunderung, dann mit einem Ausguck unsaabar"» Glückes an und lag da mit halb offenem Munde, als müsse er das Wunder, das sich oor ihm ansgctan. auskosten mit der In brunst eines Betenden nnd der jub-lnde» Freude eine» Kindes, nnd dann kam über Ihn ein ansschlnch,endeS WRnen Al» der Vrosellor die Abendrunde machte, saate er: „Ich habe Baker nnd Mutter Nachricht aeaeb'ul" Job,n>«eS lanschle. Welch ein Wobssaut! Welche Musik! O du deutsche Svracke. Sprache meine» BaterS und mein-r Mutter! Wie schbn ba» klang: „Bater und Mutter!" Nnd er wtederbolte di« Worte: „Bater und Mutter!" Doch wie scharf nnd >m- melobisch klang seine einen« Stimme! Mehr -'u Aufschrei war'»? Doch, er wstrbe r» schon lernen, dessen war er aewiß! Die Schwester würde seine Lehrmeisterin sein Der Proscsior nickte ihm frennd'ich z„ nnb wiederholte die Worte: „Bater nnd Mutter!" nnd snhr ihm über die bebenden <"nde. Da stammelte und schluchzte und ries er dieselben Worte und immer wieder. All seine Freude, all seinen Jubel und Dank legte er tn diese drei Worte hinein! In der Nacht träumte ihm. er stünde zum Wandern ge- rüstet vor seiner Mutter und nähme Abschied für ein ganze» Jahr. Ter Tag kam, daß er entlasten wurde, aus seinen dring- lichen Wunsch hin einen Taa früher als festgesetzt worden war. Er wollte die Seinen daheim überraschen. Nun stand er draußen mitten im Lärm und Gebrau» der Großstadt. Er lauschte ihm wie einer märchenhast schönen Musik Quer durch den Park führte ihn sein Weg Ein Vogel sang in den Zweige». Johanne» stand atemlos lauschend still: doch als er näher herzntrat, floa der kleine Sänaer davon. Der Parkwächter erschien und fuhr tb» an. Neugierige sammelten sich um die Beiden und lachten Uber den Narren, der einem Vogel nachatng. nm scin-n Gelana zu bören. Er löste eine Fahrkarte. Wie stolz war er darauf, und doch wie klopfte sein Herz, al» er es tat! Saß bald daraus Im Zuge, »in Um das Schmatzen der Mitreisenden. Die Räder ratterten immer die nämliche Melodie: „Heimat! Heimat! Vater nnd Mutter!" Nnd endlich mar er daheim Von der Fabrik her pfiff es Feierabend. Männer und Frauen, Burschen und Mädchen strömten hinan» ans die Straße, aerad" als er baS Fnbriktor erreichte. Tic Burschen schrien ihn an nnd machten ihre Zeichen nnd deute ten ans Lina, die mit ihren Freundinnen nor ihm aing. Und dann hörte er den lachenden Rns: „Lina, a«ll' nickt so schnell! Nimm deinen Verehrer mit!" Sie drehte sich kurz um lachte gcrinasckätzta ans und enGegnete: „Der?" und warf den Kops in den Nacken und f»br fort: „Do n Krüppel? Nicht zn machen!" Johannes wurde brennend rot tm Gesicht: seine Hände krampften sich ineinander Doch er hielt an sich nnd ging still seines Mcgeö. Nun stand er ans dem -Hgnsflnr. Er ging bcbntiam zur Stnb ntür »nd öffnete sic le'se. Die Mutter ßand am Herd, hob den Kops und sah ib„ an. Er sab 'ms Aufleuchten in ihren Annen nnd ihrem arb-itsmüdcn Gesicht »nd vernahm ihren frohen Zuruf: „Junge, da bist du ia!" und entaegnctr: „Ja. Mutter, bet dir! Nnd ich höre, was du zu mir sprichst! Heute und alle Taae!" Im Koffer über den Ozean. Von Max Növcr. Nachstehender Abschnitt ist mil Erlaubnis des Berlages Lehmann tn München dem dort soeben «rich>eneac» Buche »Wie wir uns zur Fahne durchschlugen", hcraudgegebcn von General der Infanterie G. v. Dlckhuth Harrach ent nommen worden. TaS Werk enthält eine Reihe Schilderun gen von Erlebnissen von Ausländsdeutschen und von See leuten im Weltkriege. Es ßnd herzergreifende und erschütternde Bilder, dle sich vor den Augen des Lesers in bunter Folge abrvllcn. Da, ai» ich eines Tages wieder völlig verzweifelt ivar, sagte meine Frau: -Ich kann Dich doch nicht in einen Koffer packen!" Dieser Ausspruch setzte sich unwillkürlich tn meinen Gedanken fest, und ich sing an zn überlegen, ob nicht eine Möglichkeit zur Ausführung gegeben war. Ich lieh mir kurz entschlossen einen Kosser anfcrtigen, den ich mit einer nach innen zu vssncndcn Luftklappe versah. Nach außen bil dete diese Klappe das Namensschild. Ich versuchte, ob ich in zusammengekaucitcr Läge darin liegen konnte, und übte so täglich, wie lange ich eS in dieser Stellung auS- halten könnte. Dieser Plan wurde also zur Wirklichkeit. Endlich schien der Augenblick zur Ausführung gekommen. Ich ging zur Geschäftsstelle der dänischen Dampferltnic und belegte für meine Fra» auf dem Dampfer „Frederik Viii", mit dem sic nach Neuyork gekommen war, Ueberfahrt. Ich bezahlte beide Betten, um meiner Frau den Aufenthalt in der Kabine allein zu sichern. Ich begründete dies damit, daß meine Fra» leidend sei und niemand um sich haben wollte. So kam nun endlich der Tag unscier Abreise. Di: Spannung war ausS höchste gestiegen »nd ich sah mich schon im Geiste deutschen Boden betreten. Da» Schwerste war nun noch, an Bord zu kommen, denn ich hatte zu meinem größten Schrecken gesehen, daß es selbst Angehörigen nicht gestattet war, ibre Lieben bis auf die Dampfer zu begleiten. Jetzt bteß es also von neuem etwas auSdenkcn, wa» mir das Betreten deS Schiffes ermöglichte. M"ine F an kaust: sich also durch reichliches Trinkgeld und Vorschützung ihres leiden den Zustande» die Erlaubnis de» Ob"rsteward>», daß ich sie in die Kabine geleiten dürfte. Dies gelang wirklich, der Steward ließ mich durchgehen unter der Bedingung, daß ich mich nur wenige Minuten an Bord aushalten würde. Kaum hatte« wir die Kabine betreten, tn der sich unser großer Koffer bereit» befand, so bezog ich mein Versteck. Meine Frau schloß ab, ging an Bord, winkle nach unten nnd täuschte da durch den Steward, der sich erkundigte, ob ich schon da» Schiss verlassen hätte. Tie Komödie gelang. Kurz daraus setzte sich da» Schiff tn Bewegung, mir hatten unsere See fahrt angctreten. Hatte ich mit diesen ersten Schritten nun geglaubt, schon viel erreicht zu haben, so waren setzt neue Schwierigkeiten zu überwinden Eisten» meine Beköstigung. Denn vierzehn bl» srchSzchn Tage sind lang. Wieder schützte meine Frau ihren leidenden Zustand vor und bat, ihre Speisen in der Kabine ctnnehmcn zu dürfen, was auch zuerst gelang, am vierten Tage jedoch durch den Besuch des Schissöarztr» erschwert wurde. Dieser wollte zu meinem grüßten Kummer meiner Frau eine streng geregelte Ernährung »nd viel Aufenthalt aus Teck vorschrcibcn. Meine Frau mußte sich aber die dauernde Uebcrwachung der Kabine sichern nnd stellte sich für die Zukunft bettlägerig. Wir mochten etwa die Halste der Relse hinter uns haben, al» der Dampfer durch schweren Maschinenschaden für mehr al» zwei Tage stillgelegt wurde. Für mich war das ein harter Schlag, denn ich hatte schon damit angcsangen, Stunden abzustreichen und mußte nun gleich Tage zugebeu. Eö folgten Tage der kSual, die ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen möchte. Man stelle sich vor, wie lang unler solchen Verhältnissen eine einzige Stunde währen kann; ich aber hatte bei günstigster Fahrt Mi, Stunden in meinem Versteck zu verleben. Mit meiner Frau verständigte ich mich nur schriftlich, um jedes Geräusch zu vermeiden. Durch die mangelhafte Ernährung kam ich täglich mehr von Kräften nnd war oft am Ende meiner Widerstandskraft angelangt. Die Aufgabe, die ich mir gestellt hatte, war erheblich schwerer, als ich gedacht hatte. Am zwölften Tage unserer Reise, als wir etwa in der Höhe Englands waren, stoppte plötzlich der Dampfer sür kurze Zeit. Durch die Stewardeß erfuhr meine Frau, daß von einem Patrenillenbvotc englische Offiziere an Bord ge kommen waren, um den Dampfer zur Durchsuchung nach Kirkmall zu bringen. Mein Herz klopfte, alS ich unseren ärgsten Feind so ganz in m-tncr Näbe wußte. Und nicht genug damit, wurde meiner Frau noch mitgetetlt, daß selbst alles Handgepäck in den Kab>nen untersucht werden würde. Wenn alles hinter uns Liegende schwer war, so schien un» dieser neue Schicksalsschlag unüberwindlich und alles Grübeln hin und her wollte nn» keinen Ausweg zeigen. Wir glaubten schon an Verrat oder irgendeinen Verdacht uns gegenüber, und so hieß es jetzt, alles ans eine Kart« setzen. Ich mußte mein Versteck verlassen. Ich bat meine Frau, sich nach einer leeren .Kabine an Bord umzusehen, welche ich als neues Versteck benutzen wollte, um nach Schluß der Untersuchung in der nächsten Nacht wieder tn meinen Koffer zurückznkehrcn. In der Nacht vor unserer Ankunst im englischen Hafen. alS alles an Bord ruhig geworden war, versuchte ich mit einem Spcrrhakcn, den ich mir auS einer Sprungfeder unseres Kabinen Tophas gemacht hatte, die Tür einer ver- schlosicnen Kabine zn öffnen. Ties gelang mir und nach kurzer Zeit fand ich mich in dem dunklen Raume soweit zurecht, daß ich es mir aus dem Copha bequem machen konnte. Ein wenig Zucker sollte sür die nächsten 24 Stunden meine Nahrung sein. Dieser furchtbare Tag, der kein Ende nehmen wollte nnd mich tn einen unbeschreiblichen Zustand versetzte, wird mir in meinem Leben unvergeßlich bleiben. Nur die Hoffnung, daß mich noch wenige Tage von meinem geliebten Vatcrlandc trennten, gab mir weiteren Mut. Die Engländer batten das Schiff bereits verlassen, cS war abends 5 Uhr und »m 6 Uhr sollten wir wcitersahrcu. Da, ln dieser letzten Stunde, verlangte eine Reisende eine wollene Decke, die der Steward einer unbesetzten Kabine entnehmen will. An die meintge schlossen sich noch drei weitere leere Kabinen, aber die Wahl des Stewards ist auf die von mir besetzte gefallen. Damit war mein Schicksal zu meinen Nngnnsten entschieden und der Abschluß der Tragödie ist in wenigen Worten wiedergegcben. Meine Kabincntür hatte ich von innen verstellt tn der Hoffnung, daß. wenn wirklich einmal ein Steward versuchen sollte, die Kabine zu betreten, er sich dadurch abhalten lassen würde. Es kam aber anders. Der Steward mußte wohs irgendeinen Verdacht geschöpft haben, er holte sich Kollege« zu Lstlst und den gemeinsamen Anstrengungen war die Tür nicht gewachsen. Ich war entdeckt. Der Kapitän, der hätte schweigen können, denn dte Eng länder waren ja bereits von Bord, ließ di: Kontrolle zurück- rufcn, und kurze Zeit darauf stand ich meinen Feinden Auge tn Auge gegenüber. WaS nützte eS mir, daß der englische Im Zeichen des Sleinbock. Bon M. Holthausen. Ich grüße dich wie einen Feiertag. Do Taa der. winterlichen Sonnenwende. Die Zelt der langen Nächte naht dem Ende. Und frischer wieder pulst des LebcnS Schlag. Fast schöner mir al» jener scheinest bv. An dem die Sonne uns am länasten läckelt. Bi» sie. von würz'ger Sommerlust nmsächelt. Sinkt über grüner Flur zur kurzen Ruh. „Nun geht eS abwärts," mahnt ihr letzter Strahl, Ein bittrer Tropfen in dem Kelch der Wonne. „Run geht e» aufwärts" saat die Wintcrsonne, Und Hoffnung hebt da» Haupt nach langer Qual. Die ansleckenbste Krankheit. . Allerlei Jrrtümcr über die „Erkältung". Die sogenannte Erkältung, welchen Namen inan ihr auch sonst geben mag, ist eine infektiöse Fieberkrankhett, vielleicht die ansteckendste von allen Krankheiten. Leider unterscheidet sie sich von anderen Fiebercrkrankungen da durch. daß der davon Befallene damit nicht die mindeste Unempfindlichkeit gegen neue Angriffe gewinnt; dagegen stimmt sie mit ihnen darin überein, daß sie gleichfalls eine JnkubattonSpertod« hat, «ine» Zeitraum zwischen An. steckung und Auftreten der Gnmptome. mährend dessen dte etngedrun-ene« Organismen sich vermehren, bis sie Gilt, ftoffe in genügender Menge hervorgebracht haben, um Krank- heit-erscheinungen zu verursachen. Der Zeitpunkt des AuSbrncheS ist wie bei anderen Fteberkrankhciten stets durch die Empfindung deS Frösteln» gekennzeichnet, da» sich bi» zum Schüttelfrost oder Schauer steigern kann. Wie leicht z» verstehen, hält daS arme Opfer die» Frösteln nicht sür ein Svmptom, sondern sür den Anfang und geradezu für die Ursache der Krankheit. Daher der trrr- führende, ja ernstlichen Schaden stiftende AnSd.nck .Erkäl tung": er hat dte Menschen dazu gebracht, sich schützen zu wollen, indem sie den Körper mlt Klettern über und über bepackten und dte Nohnräumc überheizten, also gerade da» tat««» wa» dte Infektion begünstigt. Der Beweis, daß die ^»rkilltang" auf Infektion beruht, ist al» vinwandfret ge« führt anzusehen. Man hat Mikroorganismen, barnnter den „Mikrocoecus catarrhalts", isoliert und gezüchtet, nnb seine Verpflanzung in die Nasengänge hat die charakteristi schen Erscheinungen auch bei solchen Personen hervorgerusen, die man aui» sorgfältigste vor Tempcratu-Wechsel in acht nahm. Auf der anderen Seite können sich Leute, die im Freien in reiner Luft leben, noch so sehr der Kälte auss"tzcn, ohne sich zu erkälten. Reisende in den Polarländern und Bergbewohner mögen ihre Gliedmaßen durch Frost cin- büßen, aber sie bekommen keine Erkältung, solange sie nicht wieder zn den Wrlmungen der anderen Menschen znrück- kelsrcn und hier Leute mit Erkältungen antrcffen. Während einer der Expeditionen Shacklctons „erkältete sich" die ganze Mannschaft, al» sie ein au» London stammende» Palet mit KletdungSstilcken öffnete. Ans St. Kjida. >>er einsamen Insel westlich von den Hebriden, die nur wäh cnd der drei Sommermonate Berührung mit der Außcniv lt hat. be- kommen alle Einwohner die „F-rcmdenk>ankbclt". wie sic ge nannt wird, sobald dte Boote vom Festland ankommcn Die landläufige Erkältung ist in der Tot e'n mit der Zivili- sation oder wenigstens mit der gegenwärtig erreichte» Stufe aufs engste zusammenbängendes Leiden. Es trifft nun allerdings zu. daß sehr kalte Lust aus die Nasenschleimbant einen Reiz ausübt und vorübergehend einen leichten Schutzkatarrh Hervorrufen kann, der mit den Erscheinungen der Erkältung oberflächliche Achnlichkcit be sitzt: die» bat der allgemeinen Ansicht, daß die „Erkältun-'rn" von der Kälte kommen, natürlich Vorschub geleistet. Wenn dem so ist. welche Ursachen hat eS aber dann, daß die Er- kältungSkrankbetten im Winter soviel häutiger sind alS lm Sommer? Dte Antwort ist einfach, Unsere unnatürliche Lebensweise hat die Wirksamkeit der nn» angeborenen Fähigkeit de» TempcratnrauSgletchS geschwächt. Im Sommer — vorausgesetzt, daß er ntcht nur dem Namen nach einer ist — näbern wir uns einer natürlichen Lebensweise mehr an. Wir tragen weniger Kleidung »nd bnlten unsere Fenster offen, auch atmen wir die von unseren N-ben- menscken anSgeotmcte Luft in geringerem Maße ein. W nn wir in rtnem Eisenbahnabteil einem Rancher gcgcntiber- sitzen. so können wir ungefähr eine» Maßstab dafür gewinnen, in welchem Grabe wir unter den normalen Ve bältntsien de» städtischen Leben» gezwungen sind, von anderen an», geatmete Lust tn uN» auk-nneßmen. Versuche haben er» wiesen, daß beim grwvbnl'chcn Sprechen Bakterien einige Fuß vom Münde de» Redenden weg verbreitet werden, beim Husten und Niesen mehrere Meter. Diejenigen unter un. seren Mitmenschen, -ie der lieblichen Gewohnheit des Spucken» huldigen, schassen selbstverständlich eine Zone der Ansteckungsgefahr um sich, deren Ausdehnung kaum genau zu s> ----i'-n ist. Biele Leute, auch Aerzte, wollen, obgleich sie wohl wissen, daß die Eikätlungen ihre eigentliche Ursache in Bakterien haben, ntcht von dem Glauben lassen, daß Temperatur wechsel. Zug uud Feuchtigkeit bei der Erwerbung der Krank heit wenigstens eine begünstigende Nolle spielen. Dte Frag« ist tn den letzten Jahren durch exakte Untersuchungen geklärt worden, um dte sich besonders der Engländer Prof. Leonard Hill ein Verdienst erworben hat. Hill hat gezeigt, daß unser gewöhnliches Thermowetcr nur ein ganz unzureichendes Hilfsmittel Ist. um die Wirkung der umgebenden Atmosphäre auf den menschlichen Körper festzustellen. Tie Beschaffenheit der Luft, von der Wohlbefinden und Gelun-Heit abhängen, wirb durch eine ganze Reihe von Faktoren bestimmt, unter denen Temperatur, Feuchtigkeit und Luftbcwegung dte maß gebendsten sind. Im Freien sind ideale Bedingungen dann vorhanden, wenn dte Erde unter unseren Füßen warm ist und küble Lüste unseren Kops nmsptclcn. In den meiste« Wohnränmcn aber werden dir Füße von einem kalten Luft zug getroffen, der am Fußboden entlangzicßt. während der Kopf von warmer, feuchter und mehr oder weniger stag nierender Luft umgeben wird. Daz» gesellen sich die mensch lichen Ausdünstungen, und durch diese Einflüsse wird eine Erschlaffung »nd Schwellung der Nascnschleimhaiit hervor- gcruien. die sie unfäi'tg macht, den fortwährenden Angriffe« der Mikroben zu widerstehen. Manche Lcnte haben noch besonders empfindliche Nasen, bet denen nicht nur durch Kälte, sondern auch durch Staub und andere Einwirkungen Schwellung, vermehrte Absonderung, Niesen und dergleichen hervorgerusen wird. Solche bereits als pathologisch zu be zeichnende Verfassung ist, wie Hill meint, nicht ebne bestim- wenden Einfluß aus dte Gewohnheiten der Menschen ge. blieben. Die Mode, welche dte Frauen dazu brachte, nur etwa ein Viertel der Kleidcrmassen auf dem Körper zu tragen, unter denen tbre Mütter fast erstickten, hat wahr scheinlich mehr zur Besicruna des Gesundheitszustände» getan, alS alle wohlgemeinten Ratschläge der Aerzte. Ma» gebt daher auch mehr und wehr dazu über. Kranke nach Möglichkeit in frischer Luft zu behandeln, und dte Archt- tekten der Znkunst mögen un» an Stele der Schlafzimmer offene Veranden bauen. Nur ans diese Weis« können wir unsere Empsänglichkeit sür Erkältungen und die aus Er krankungen der AtmnngSorgane beruhende Sterblichkeit herabmtnbern. Darüber werden allerdings noch Generatio nen vergeben wüsten. ,, «»' -„«-kr» L» -»»,»-» ... zz
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