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71. Iahr-arrg. AS Svo Sonnlag, 24. Oktober 1S2S Gegrün-el 1SSS Dradlanlchrifl: «»chrtchle» De,»»«». Eerniprecher-Sammelnummer: Lv L41 Nur lür Nachlgesprilch«: 20 011 XMÜO. 8c«0X0l.^vk kuurkk 0NM>U6 klpms g«gl». 1833. Schrisllellung und Aauplgelchüslestell»: »«rlrmllr,«,, 4« 42 Druck U. Verlag von Vlepsch 4 Nelchar»! in Dresden Postscheck-üonI« >OSS De«,»,, dis 3l. vklober li>2« dei iilullch Me inaliaer Zustellung Irei Dl» Anzeigen ranken nach Wvldmarl» berechnen dl« «inlvattlge ZV inin vreile Zell» 30 Pso ^ sezugsgeouyr Am:» I.bOMark. PvNbezugvpreis lisr Nlonal okloder > Mark okn, rlnzetgenpretje. ^miinnanzelgenuM S,«llen«.I>!che okn. R?bali ,0 Psg.. a'cherhald ro Plg . di» M mm Krell. Reklamezell. ISO Pollzullellungsgedüdr «Inzelnumm»» l» Plennl,. aul,erhalb 200 Plg. oiserlengedllkr 10 Psg Nuow-lrlige Aullrtig» «ege» Vorauobezadlung. vreile Zette 30 Psg., stir auaroity» 3K ^ttg. Nachdruck nur mli deuttlcher vuellenangak» l.Dresdner Nachr -> zulilMq Unverlonal» Schrilllllick» werden «Ich: auldewakrl — Oslri^. 5L1rr»AA«»^»FIttr»r»« tlrvüte du»tellunj;krlliime eigener fadrilcen am Klstre W L> ß 8 EID llL» »ZS» »4 EI" lttk! « 24 I Ouropna grüllte pi « n o ko et e kn b r 1 lc e n Irr M«l« is der UM-PM». Frankreich sordert statt Geid wirtschaftliche und finanzielle Zugeständnisse. Me-erjpruch Englands in der Bolschajlerkonserenz - Reiuho!L und Külz an die Demokraken. - Lobe gegen Silverberg. Die verschobene Grundlage von Tholry. Preisgabe des Projektes der Ncichsbahuobligationen. Paris, 23. Oktober. Die offiziösen Aeuherungei, zu der Unterredung zwischen Briand und -Voesch befestigen durchweg den Eindruck, das, das sranzöfifchc Auhenministcrium von dem Wille» beseelt ist. die Wetterführung der dcntsch-sranzösischen Verhandlungen »ach Möglichkeit z» verschleppen. ES macht sich offenkundig der Einsluh Potnearös geltend, der auch die Krage der interalliicrlen Schulden und die Rati- sizierung des Schuldenablommcnö, die in gewissem Sinne von den finanziellen Verhandlungen mit Deutschland nicht zu tren nen sind, aus die lange Bank schieben möchte, weil zurzeit die parlanislitarischen Möglichkeiten außerordentlich ungünstig sind. Zum mindesten wird die französische Regierung die Ab sicht verfolgen, eine Hinausschiebung der Besprechungen bis Januar zu erreichen. Diese politische Tendenz kommt am allerdeutlichsten im „Petit P a r i s i e n" zum Ausdruck, der aiö der Regierung recht nahestehend zu betrachte» ist. Das Blatt schreibt zu der Unterredung: v. H o e s ch habe osscnbar Briand die Begeiste rung geschildert, mit der die Berliner Regierung die Idee einer deutsch-französischen Annäherung ausgenommen habe, die sich aus einer frühzeitigen Rheinlandräumung aufbane. Ohne Zweifel habe Briand, dessen versöhnende Politik bekannt sei, unter der Bedingung, dasi die Interessen des Landes auf rechterhalten würden, mit analoge» Argumenten geantwortet. Diese Argumente könnten dahin zusammengesaht werden: Seien wir geduldig, suchen wir nicht zn schnell vorzngchcn. Wir wünschen nichts, als uns zn verständigen. Wir müssen aber aus der einen, wie aus der anderen Seite gleiche Vorteile finden. Suchen mir also in Ruhe die Formel für diese Eini gung mit ebenso viel Gefühl wie mit gutem Humor. Man vergesse in Deutschland, das, sich nicht Frankreich allein mit der Rheinlandbcsatzung zu beschästigen habe. Auch England müsse hierbei mitrcdcn. Aber auch abgesehen davon, könne Frank reich eine derartige Abmachung nicht cingchen. Es gebe einen Faktor von moralischer Bedentnng. Frankreich könne unmöglich seine finanzielle Wieder herstellung Deutschland verdanken. Wenn es zu einer Annäherung zwischen beiden Ländern kom men solle, mühten andere als finanzielle Gründe mit- sprechcn. Strcsemann habe Briand gegenüber den Wunsch ausgcdriickt, dah das Rheinland vor der sättigen Frist geräumt werde Deshalb müsse die Regierung des Deutschen Reiches auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet entsprechende Ent schädigungen für Frankreich ausbringcn. „O e u v r e" er klärt, v. Hoesch habe Briand versichert, die deutsche Regierung habe den festen Witte», die Verhandlungen mit Frankreich zu einem Erfolg zu bringen. Briand habe bemerkt, dah man unter den schlechtesten Auspizien arbeite, wenn der ehemalige Kaiser seine Blicke nach Homburg vor der Höhe wende, und wen» die deutschen Blätter aus Locarno falsche Schlüsse zögen. Mas soll Den Wand noch dielen? Der Eindruck in Berlin. lDrahtmelduna u » > erer 21 e l > - n e r Lckrtttleltung! Berlin, 23. Okt. Tic Besprechungen des deutschen Bot schafters in Paris v. Hoesch mit Briand und dem politi schen Direktor des Ouat d'Orsay Bert Helot hält man in de» Berliner politischen Kreisen für sehr bedeutungsvoll, und zwar aus dem Grunde, weil die Besprechungen gezeigt hätten, dah von einer deutsch-französischen Verständigung, die ge wisse Kreise in Deutschland schon niit dem Frühstück Strcse- manns und Briands in Thvirn für gesichert hielten, noch längst nicht die Rede sein könne. Die meisterhafte Rede Briands vor dem Völkerbund, in der er sich als einen Apostel der Versöhnung gab, und die Unterredung der beiden Außen minister in Thoirn bedeute also keineswegs den Anfang einer wirklichen deutsch - französischen Versöhnung. Sie sei seht lediglich alS der Versuch zu einem solchen Anfang zu werten. Wenn cS vielleicht anch verfehlt wäre, von einem glatten Mißerfolg der deutschen Auhenpvlitik zn sprechen, so komme man doch nicht darum herum, sich einzngcstehcn, das, zum mindesten ein schwerer Rückschlag vorliege. Nachdem sich gezeigt hatte, dah eine Unterbringung der deutschen Eiscubahnvbligaiionen ans dem internationale» Kapitalmarkt sich nur sehr schwer ermöglichen lassen werde, hat man in Frankreich, wobei die Einstellung der Kreise um Poiucarö ein weiteres getan lmbcu mag, die ursprüngliche finanzielle Grundlage von Thoirn ausgeqebcn. Unbestimmt dabei nmr, dah man in Frankreich befürchtete, Deutschland könnte, ivenn eS erst seine Nheinlande frei habe, sich den Oft- sragen mit verstärkter «rast ^»wenden »nd zu einer Berich, tigung der ganz unhaltbare» Ostgrcuzen drängen, durch die Polen in Schwierigkeiten gerate» würde. Ein Erkaufe» der Freiheit der Nheinlande hat sich für Deutschland als unmöglich erwiesen, und damit schwindet ein« Hoffnung aus dem Be- reiche der dcuischen Auhenpolitik. auf die man stark gerechnet hatte. Wenn jetzt aber in der Pariser Presse davon geredet wird, dah Deutschland «ene seste Vorschläge machen müsse, so erhebt sich die Frage, was für Vorschläge Deutschland denn eigentlich noch machen soll. Daraus ergeben sich die Schwierigkeiten, in denen sich die deutsche Auhenpolitik zurzeit befindet. Frankreich hat keine Lust, die Rheinland« frei» zugeben. nnd Deutschland hat gegenwärtig nichts, was eS an Stelle des Frankreich «ich» passenden Geschäftes mit de« Eisenbahnobligatione« anbicte» könnte. Wenn eS vielleicht auch noch verfrüht sein könnte, so erklärt man in den hiesigin polittschen Kreisen weiter, von einem End« in dem Sinne zu sprechen, dah es in weitrien Stcrhandlnnge» nicht gelingen würde, zu kleinen Teilergebnissen zn gelangen, sö könne inan aber doch ganz bestimmt davon reden, dah man in Deutschland amEndederHyffnungen stehe die man aus di« W o r t e alliicrterStaatS m ü nner gesetzt hat. Das „ganz bc- sondere Vertrauen", das der Anhenmintster ans die Person Briands setzt, scheint doch eine etwas schwankende Grundlage für dl« Auhenpolitik zu sein. Nachdem die Meldung deö „Petit Parisicn", nach der die deutsche Negierung -sc feste Zusicherung gegeben lsiitte. die Rückkehr des Kaisers nach Deutschland weder zu billigen, noch zu dulden, von. Qua» d'Orsay nicht bestätigt worden ist, mir- jetzt auch in Berlin erklärt, dah Herr von Hoesch eine solche Zusicherung nicht gegeben Hab«. Die Mvg- lichkcit einer Rückkehr des Kaisers sei zwar in der Unter redung, die Herr von Hoesch mit -em Direktor Nerthelot hatte, auch angeschnitten wurden, doch habe Herr von Hoesch lediglich erklärt, dah eine Rückkehr des früheren Kaisers ohne eine ausdrückliche Gcnehmigung der Rctchsregicrung nicht in Frage komme. Es sei nicht anznnehmen. dah der frühere Kaiser dir Rcichsregiernna dazn nötigen würde, das Rcpublik- schnhgcsetz unter Umständen gegen ihn zur Anwendung z« bringen. Ans Grund der antchentischen Mitteilungen, die man in Berlin habe, könne anch versichert werden, dah es sich bei allen Meldungen von einer beabsichtigten Rückkehr Kaiser Wilhelms nach Deutschland ym leere Gerüchte handele. Amilicher Berliner Avmmenlar. Berlin, 28. Oktober. Zu Len beiden Besprechungen, die der deutsche Botschafter v. Hoesch am Quay d'Orsay gehabt hat, wird amtlich in Berlin nur mitgetcilt, dah sie so ver laufen seien, wie man es hier gehofft habe. Ab änderungsvorschläge seien weder von der einen, noch von der anderen Seite gemocht worden. Es würden zunächst beider, seits Sachverständige gehört werden. Uebereinstimmnng habe in den grossen Prinzipien bestanden, und eS sei der feste Wille fest-gestellt worden, an dem Verftändignngöprogramm weiter» zuarbciten. Die Sitzung -es Autzeuausschutze» verschoben Berlin, 28. Okt. Die Sitzung deS Auswärtigen Aus schusses des Reichstages, die für den kommenden Dienstag an- gesetzt war, ist ans Dienstag, den 2. November, vertagt worden. England gegen wettere Abrüslungs- for-erungen an DeulWan-.' London, 28. Okt. Wie der diplomatische Korrespondent deS „Daily Telegraph" berichtet, besteht bet der Botschastcr- konfcrenz keinerlei Neigung, die noch ausstehenden militäri schen Verpflichtungen Deutschlands alS eine Angelegenheit von wirklichem Ernst zu behandeln. Das grohe Gewicht, das man tn Frankreich diesem Punkte beigclrgt habe, habe in London überrascht. ES wird darauf hingewiesen, dah die Frage, ob und wänn die Uebernwchung der deutschen Leistungen der Milttärkvntrollkominission deS Völkerbundes übertragen werden soll, nicht von der Botschafterkonfcrcnz, sondern von den alliierten Regierungen ent schieden werden dürfte. Der britische Vertreter aus der Botschasterkonferenz sei instruiert worden, allen weiteren tiberslüssigen Förderungen an Deutschland entgegenzntreten. Die K»n1rvllk»mm«fst»n hat sich noch «ich» eastchlossen Paris. 28. Okt. Wie HavqS auS London berichtet, erklärt inan in autorisierten englischen Kreisen, dah, wenn die Bot- schasterkonfercnz die Frage der Entwaffnung Deutschlands noch nicht dem Völkerbünde anvertrant habe, dies nicht daraus znrückzuführcn sel, dah die Entwasfnung noch nicht vollständig genug sei, sondern daraus, dah die Kontrollkommission noch nicht über akc Punkte Beschluß gefaßt habe Solange dies nicht geschehen sei, könne die Botschüsterkvnserenz vom Völker- bunbe nicht verlangen, daß t« die Kontrolle übernehme. Etwa wieder Zeigner? Unsere hastende Zeit ist leichtlebig und vergibt rasch. ES gibt aber in der Politik gewisse Dinge, die nicht schnell in Vergessenheit geraten dürfen, bei denen solche« Vergessen eine schwere Sünde wider den Geist der Nation, wider die höchsten Interessen des Staates und Volkes darstellt. DaS gilt für unser Sachsen von den Leiden, dte unsere engere Heimat in der Z e t g n e r - P e r i o d e durchkosten muhte. Die Erinnerung an jene unsagbar schweren sieben Monate tritt gerade tn diesen Tagen mit frischer Eindringlichkeit und ivuchtiger Lebendigkeit vor uns hin, da die zweite Hälfte des Oktobers 1923 der Wendepunkt war, der dem fürchterlichen Wüten der damals entfesselten sinnlosen Kräfte ein Ende machte. Am 18. Oktober 1923 erfolgte das Eingreifen der Reichswehr in Sachsen, und am 80. Oktober legte Zeigner sein in so ungeheuerlicher Wesse z»m Schaben des Lan-dcS und des Reiches missbrauchtes Amt nieder. In der Zwischen zeit haben wir in Sachsen wieder die Wohltat geordneter Zu stände kcnncngelernt, und am 81. Oktober soll das sächsische Bürgertum durch seine Abstimmung zeigen, dah es nicht gewillt ist, das Land noch einmal in eine ähnliche Krise stürzen zn lassen, die alles Errungene wieder ruinieren und das Unterste zu oberst kehren würde. Da heißt es. tn vorletzter Stunde noch einmal kurze Rückschau halten, um sich zu ver gegenwärtigen. was damals zerschlagen wurde, und daran zn ermessen, was es jetzt gegen den erneuten radikalen An sturm zu schützen gilt durch eine feste, zuverlässige und trag« fähige bürgerliche Mehrheit. In Justiz und Verwaltung, in der Finanz», Wirtschafts-» Personal-, Kultur- und Gcmcindcpolitik, überall drängte sich der radikale Unverstand mit solchem Ungestüm in den Vorder grund, dah der noch verbliebene bürgerliche Widerstand an gesichts der heillosen AutoritätSzcrsetzung schier verzagen muhte. Es wurden törichte, vernunftloie Gesetze und Ver ordnungen erlassen, bei denen radikal« Willkür an die Stell« der gewissenhaften Fürsorge für das öffentliche Wohl trat. DaS Parteibuch galt alles, fachliche Tüchtigkeit kam erst in zweiter und dritter Linie zur Geltung. Den Beamten, die sich dem horriblcn System nicht fügen wollten, drohte Zeigner mit einem „Druck auf den Magen". Er begnadigt« wahllos alles, was ihm von linkssvzialistrschcr oder kom munistischer Seite vorgeiegt wurde, so dah die Zahl -er Be- gnadiguugen ins Ungemesscne stieg und dem ordnungsmäßigen Fiiiiktionicrcn der Rechtspflege schweren Abbruch tat. Aus kirchcnpolitischcm Gebiete wurden ebenfalls unerhörte Ein- griffe in den Nechtszustand verübt. Der Konststortalpräsident und -er Landesbischof wurden durch einen UkaS abgesetzt, er- hielten aber vom Reichsgericht ihr Recht zurück, so dah sic ihre Acmtcr wieder übernehmen konnten. In der Volksschule wütete der Radikalismus ebenfalls, wie ein wildgewordencr Elefant im Porzellanladen. Die Anmeldung der Kinder zum Religionsunterricht wurde mit außerordentlichen Erschiverun- gen umgeben, Gebet und Andacht wurden verboten, der Religionsunterricht aus der Volksschule so gut wie ganz ver bannt. An den hohen kirchlichen Feiertagen wurde rin Fern bleiben der Schüler vom Unterricht untersagt. Zuwider handelnde wurden mit Karzerstrasc belegt und die Eltern mit Strafbefehlen bedacht. Das Direktorat wurde abge- schafft, und an Stelle der Direktoren traten die von des Lehrerschaft gewählten und darum von ihr weit abhängigere» Schulleiter oft jugendlichen Alters. Dieses sozialistisch« Selbst-bcstimmungsrccht des Lehrkörpers ivar ein Hauptgrund für den katastropl-alen Rückgang der Leistungen in der ehe mals durch ihren hohen BildungSstand für ganz Deutschland vorbildlichen sächsischen Volksschule. Bon einer Ucberivachung der Lehrer ivar üderhaupt keine Rede mehr: jeder Lehrer tat. was er wollte. Es sei hier nur an die verschiedenen be< rüchttgtcn Experimente in sogenannten Vers-uchsschulen er- tiincrt, die den Unterricht ganz beiseite liehen und die Kinder »ur mit Spielen erziehen wollten. Die Proteste der Eltern lmgclten nur so. AlS alles nichts hals, setzte ein« allgemein« Flucht aus der Volksschule ein: selbst minderbemittelt« Eltern wollten das nicht mehr mitmachen nnd gaben Gr« Kinder in Privatschulcn. Dte Eltern sollten darauf gemalt sam gezwungen werden, ihre Kinder weiter in die Ep perlineniicrschulcn z» schicken. Erst durch Jnanspruchnahm« gerichtlicher Hilfe konnten sie sich von dem widerrcchtlichrü