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Dresdner Nachrichten : 31.01.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189401311
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18940131
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18940131
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-01
- Tag 1894-01-31
-
Monat
1894-01
-
Jahr
1894
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 31.01.1894
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__ von einem klertktzlen Nebner der des 26. Januar mit einer Wörme gedacht worden, wie »» sie kann» au- solch«« Mund« erwartet hätte Justizraty Schult es. srükcr niedrere Jalire lang erster Vorstand des tve- «eindekoll egiums. einer der Führer der Klerikalen, sagte zum Schluß seüle» Toaste« aus den Kaiser: .Die Freude des heutigen Loge« ist eine um so größere, als Fürst BiSmarck. der dem unver geßlichen Kaiser Wilhelm I. treu zur Seite slaiid, der an alle» ohen Ereignissen Theil genommen hat. der wir deute gedachten. ,r mit thätig war an der cschöpfung de« Reiches und seiner luSgestaltung, auf ÄUechvchste Einladung des Kaisers zur Vor eier de« heuttgen Tages nach Berlin gekommen ist!" lLebhaster Jeisoll.s Man schreibt der ,.B. B-Ztg.": Die Nachricht über die be vor siebende Uebernahme des deutschen Botscknsierpostens in Wien mrrch den Grasen Herbert Bismarck ist mit äußerster Vorsicht auf- zunehmen. Soviel ich erfahren habe, ist an ein Eooperiren deS Genannten als Botschafter mit den gegenwärtigen Vertretern der auswärtigen Politik des Deutschen Reiches nicht zu denken. Und da wir von bedeutsame» Ministerkrisen nie ferner waren als jetzt, dürste sich die oben erwähnte Meldung vorläufig als sehr verfrüht erweisen In den Berliner Hofkreisen erörtert man nach de» ,.B. N. N." ziemlich lebhaft die Wahrscheinlichkeit, daß Kaiser Wilhelm am I April seinem alte» Berntber persönlich in Friedrichsruh gratuliren werde. Wie weit diese Ansicht auf Vermutkung oder auf einer be stimmten Aenßerung des Kaisers beruht, läßt sich nicht seststellc». Weiter verlautet, daß sich der Kaiser im hohen Maße befriedigt von dem Verlauf des „Bisinarcktages" gezeigt und wiederholt seiner Freude über sein Wiedersehen init dem frühere» Reichskanzler seiner Umgebung gegenüber Ausdruck gegeben habe. Diese Befriedigung, die von weiten Kreisen der deutschen Nation durchaus gelheilt wird, ist mit besonderer Lebhaftigkeit in Süddeutschland hervor- getreten. Alle vorliegenden Berichte stimmen darin überein, daß gerade dort der Geburtstag des jetzige» Kaisers noch nie mit solcher Herzlichkeit, mit einer so ansrichngen Begeisterung gefeiert worden sei wie diesmal. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß mit der vollzogenen Aussöhnung des Kaisers mit dem Fürsten Bismarck eine der Hauptqucllrn der vorhandenen Mißstimmung verstopft worden ist. Auch dem Auslände gegenüber wird die erfolgte Aus söhnung eine tiefgehende Wirkung ausüben und das Ansehen Deutschlands ganz bedeutend heben. Von sonst sehr zuverlässiger Seite wird übrigens an der Nieldung sestgchaltcn. daß Finch BlS- marck auch den Grasen Caprivi, der nach dem Dejeuner seine Karte abgegeben hatte, persönlich empfangen und sich kurze Zeit mit ihm unterhalten habe. Auch Graf Henckel von DonnerSinarck war eine kurze Weile bei dem Fürsten. Die Leitung der im nächste» Monat beginnenden Währungs- enauele dürfte dem Rcichsschatzsetretär Grafen Posadowskt, Zufällen. Aus der Reihe der bimctallistischen Abgeordneten sollen die Herren v. Kardorff, Dr. Arendt, Gras Mirbach für die Enguetckommissivn ausersehen sein. Von Anhängern der Goldwährung wird Tr. Bamberaer und Bankdireltor Dr. Büsing Rostock genannt: ebenso ist die Zuziehung mehrerer Gelehrten und Kaufleute in Aussicht genommen. Fenier soll auch eine größere Anzahl von Sachver ständigen von der Kommission vernommen werden. Zum BiSmarck-Bcsuch wird der „Kreuzsin," noch geschrieben: Das hochherzige Geburtstagsgeschenk deS Kaisers an das deutsche Volk findet selbst an Orten seine gerechte Würdigung, an welchen sonst die Ereignisse des öffentlichen Lebens in der Ferne vorüber- ranschen. So »ahm auch — gewiß ein höchst bedeutsames Zeichen für die Intensität dieser Bewegung — der General-Superintendent D Dryander in der Treisaltigkeitskirche zu Eingang der Predigt Gelegenheit, dieses Ereignisses mit Tankeswortcn zu erwähnen. Er führte aus, welch hoher Sinn des Kaisers in diesem Akt läge und wir die ganze Nation denselben als eine frohe erneute Bürg schaft' für die edel menschliche Empsindnngsart des Monarchen be trachte. Bei dieser Gelegenheit bemerkte l>. Dryander auch weiter, daß der Text der Geburtstagsprediat ebenfalls von Sr. Majestät s elbst ausgewählt worden sei. Derselbe lautete: „Der Engel des Herrn lagert sich um die her. die ihn fürchten und hilft ihnen aus. IIes. 34, V. 8.) — Außerdem macht ein Augenzeuge die Mit theilung, daß man das Gesicht unseres Kaisers, als er am Freitag rlbend vom Lehrter Bahnhöfe im offene» Wagen mit dem Prinzen Heinrich zurückfichr und ihn Unter den Linden die unaufhörlichen Hochs der wie Mauern verweilende» Massen begrüßte», wirklich als vor Freude über diese Huldigungen säst strahlend nennen konnte. Der hohe Herr, der wohl wußte, wie dankbar ihm jeder Wohlgesinnte für seine hochherzige Tbat ist. sah so srvh und heiter ous, wie inan ihn wohl kaum in der Oeffentlichkeit je gesehen und wie er sonst nur im vertraute» Kreise sich zu geben pflegt. lind gerade diese ans dem Herzen kommende Freude thcilte sich der Be Völkern»» so zwingend mit. daß Jedem dieser „Einzug" unvergeßlich bleibe» wird. Demi ein solcher war cs in der Thal. Die „N. Bayer. LandeSztg." veröffentlicht einen Briet, de» ein bervorragendcr, in Preußen angesehener Mann kürzlich an den Prinzen Albrecht gerichtet und de» dieser znr Kenniniß des Kaisers gebracht haben soll. Wir entnehmen dem Briefe nachstehende Stell en: „Königliche Hoheit! . . . Leider wird namentlich auch außer halb Preußens die Stimmung in den Schichten der bisher monarchisch gesinnten Bevölkerung eine für das deutsche Vaterland immer bedrohlichere. Nun fängt gar Herr v. Eaprioi noch an, mit Beleidigungsklagen, wie z. B. gegen den hochangeschenen Freiherr» von Thüiige», den Führer des Fränkischen Bauernbundes, vor;» gehen. Es scheinen eben in der Umgebung Seiner Majestät Männer nicht vorhanden zu sein, die Seine Majestät über die geradezu erbitterte Stiiiinnmg der weitesten konservativen und nationalen Kreise anfklären mögen, oder es nicht zu thnn wage». Wenn es Euer Königlichen Hoheit nicht gelingt, Wandel zu schäften, so kann eine Katastrophe früher oder später nicht nushleiben. Wo ist der Retter zu finden in unserer Zeit, die leider nicht viel nach sittlichen Grundsätzen fragt, uiiisvmehr sich aber von, augenblick lichen Schein und Vortheil blenden läßt! ? Vergnügt ist in Deutsch land lediglich das Trio der Juden, Freisinnigen und Sozialdemo kraten. Die Landwirthschast steht vor dein Ruin; in der Justiz ist das Judenthum in erschreckender Weise eingedrungen, die evange lische Kirche ist geschwächt, wenn nicht machtlos. Die Majestäts- bclcidiauiigsklagen mehren sich in bedenklicher Weise. Selbstmord n»d Wahnsinn nehmen überhand. Und das Alles wollen gewisse Leute als künstliche Mache, als Demagogie bezeichnen. Es fehlen uns Männer, wie cs der Müller von Sanssouci war, der dem drohenden König Friedrich den. Großen gelassen zuries: „Ja, wenn es kein Kammeracricht in Berlin gäbe!" Ja, wenn sich ein Staats mann. lvie der Freiherr v. Stein es war, ein ritterlicher Herr, ohne Furcht und Tadel — finden würde, dann könnte man hoffen, aus diesen chaotischen Zuständen noch herauszukommen." Die Berliner „Bolksrtg." fühlt sich gedrungen, den Vorwurf zurückzuweisen, daß das Berliner Rathhaus am Hi. Januar nicht geflaggt hatte, und leistet sich dabei einen Vergleich, den wohl selbst das brave Karlchen MicSnick verschmäht haben würde; sic sagt: „Niemals hat die Praxis bestanden, den Rathhausthurm zu beflagge», wenn ein außerhalb wohnender Ehrenbürger Berlin be suchte. Wir glauben auch nicht, daß Rudolf Birchow. welcher ebenfalls Ehrenbürger der Reichshauptstadt ist, Knmmer darüber rmpstndet, wenn er. von einer längeren Reise hcimkchrcnd, den Thurm deS rothen Hauses unbcflaggt sicht." Nach der „M. Aüg. Zta." waren am EinzugStage des Für BiSmara in Berlin alle königlichen Schulanstalten auf Anordnung der Regierung geschlossen. Die städtischen Schulen waren nicht geschlosst». In der „Freisinnigen Presse" war die Loosung aus gegeben worden, sich am Empfang des Altreichskanzlers mcht zu vethelligen! Aus dem Umstand, daß längere Zeit seit dem Hannoverschen Spielerprozeß vergangen ist. ohne daß man etwas von den Om- zieren gehört hat. die durch diesen Prozeß bloßacstellt worden sind, «st vielfach daraus geschloffen worden, daß die Betreffenden geschont würden. Diese Annahme scheint falsch zu sein. Nach der „Voss. Ztg." schwebt in dieser Angelegenheit noch setzt eine ganze Reihe ehrengerichtlicher Untersuchungen. In einigen Fällen, in denen das ehrengerichtliche Urtheil bereits gefällt Word«! ist, hat man b« Beurtheilnng der Sachlage eine so große Milde walten lassen, daß der Spruch die allerhöchste Bestätigung nicht gefunden hat und die n^mali^c Einleitung eines ehrengerichtlichen Verfahrens befohlen Gegen eine Herabsetzung der Telephongebirhren, welche seitens des Alm. Dr. Müller Sagan (Frs. Volkspartci) in der Budget- kominiffwn deS Reichstages am Montag, unter Bezugnahme auf die Entwickelung des Fernsprechwescnö in den Nachbarländern, an geregt wurde, erklärte sich Staatssekretär Dr. v. Stephan, indem er behauptete, die Jahrescicbühr von läO Mark aus 100 oder gar 50 Mark zu ermäßigen, sei nicht möglich, da sonst die Reichsvost- Verwaltung mit ihren Einnahmen eine» Verlust erleid«! werde, dessen Höhe sich a»S der Multiplikation der Tdeilnehmerzahk mit dem Differenzbctraae von SV bezw. IVO Mark ergebe, eine Bcrcch- ......KNK Steigerung deS TelepbonveckehrS km Gefolge haben mich, durch welchen jener vermeintliche Verlust mehr als ausgeglichen »vird. Eine von ungefähr 2000 Personen besuchte Anarchisten versammlung am Fnedrichshaiu in Berlin verhandelte über die Tbatigkeit der politischen Polizei in sehr erregter Weise und schloß mit groß« Unruhe Zwischen den Pionieren und den Mannschaften des LI. In fanterieregiments in Thor» fanden Streitigkeiten statt, die m eine Schläger« ausartete». Mehrere Soldaten mußten wegen schwerer Verletzungen im Lazareth ausgenommen werden. Nachträglich erfährt die „Nat.-Lib. Korr ", daß der Kaiser am Freitag ans seinem Spazierritt den früheren Abgeordneten Amts rath v. Tietze-Barby. einen Verehrer des Fürsten Bismarck, unter den Zuschaucnden wahraenommen. ihn, vom Pferd herab die Hand gereicht und eine hohe Befriedigung ausgesprochen hat, ihn gnade an diesem denkwürdigen Tag begrüßen zu können. Das Subkomitee kür daS Bismarck-Denkmal hat den in Aus sicht genommenen Platz am neuen Rcichstagsaebäude unter Zu ziehung von Sachverständig«,, namentlich des Baumeisters Wallot, einer Besichtigung unterzogen. Es soll jetzt ein Modell aus- aearbeitet und dann in allernächster Zeit die Subkommission, sowie der GesammtauSschuß zur weiteren Beschlußfassung heran- gezoge» werden. Oesterreich. Zu dem am Sonnabend Abend anläßlich des Geburtslages des deutschen Kaisers stattgehabten Hosdiner in der Ofener Burg waren der deutsche Botschafter Prinz Renk, der Bot- schaflsrath Prinz von Ratibor, der Botschaftssekretär Prinz Lich- noivsky, der deutsche Generalkonsul in Pest Gras v. Monts, der Minister des Auswärtigen Graf Kalnoky. der Ministerpräsident Wekerle, sowie die obersten Hoscharaen geladen. Beim Champagner erhob sich Kaiser Franz Josef und brachte folgenden von den Anwesenden stehend anaebörten Toast aus: „Indem ich der heuti gen Doppelbier des Geburtsfestes und des 25jährigen MÜitär- iubiläiiins -Lr. Majestät des Karsers Wilhelm mit meinen herzlich sten Glückwünschen gedenke, leere ich in treuer Freundschaft und Anhänglichkeit das Glas aus das Wohl meines theuren Bundes genossen, Sr. Majestät des deutschen Kaisers und Königs von Preußen." Vom reichsdeutichen Verein „Niederwald" in Wien wurde an Kaiser Wilhelm nachstehendes Telegramm abgesandt: ..Unter dem überwältigenden Eindrücke des hochherzigen Ereignisses, welches dem deusichen Volke und der ganzcir Welt einen so herrlichen Be weis der Seelengröße und Herzensgütc Eurer Majestät gegebcir hat, bringen wir Eurer Majestät zum heutigen Tage unsere innig sten Glück- »nd Segenswünsche dar und rufen voll Begeisterung: Hoch lebe unser Kaiser, hoch sein blühendes Haus, hoch unser deut sches Vaterland." Bei der in Wien abgehaltenen allgemeinen Versammlung der Schneider kam es zu tnmultuarischen Szenen, die in Schlägereien zwischen Christlich-Sozialen und unabhängigen Sozialdemokraten ausartetcn. Die Versammlung wurde infolgedessen behördlich auf gelöst. Am gestrigen Todestage des Kronprinzen Rudolf ließ der deutsche Kaiser einen Kranz am Sarge nieverlegen mit der In schrift : In treuer Freundschaft Kaiser Wilhelm II. Die Krön prinzessinwittwe Stephanie begab sich früh nach Meherling und wohnte dem TrauergvtteSdienste im Karmeliterinnenkloster bei. Aufsehen erregt in Warnsdorf bei Reichenbcrg i. B. die Auf findung zahlreicher anarchistischer Flugblätter, welche in allen Häusern verstreut wurden. In der Fortführung des Omladinaprvzesscs in Prag lehnte der Gerichtshof einzelne von der Vertheidiguna verlangte Zeugenvor ladungen ab. Einen Angeklagten mußte der Gerichtshof wegen ungebührlichen Benehmens ans eine Woche von der Anwesenheit bei der Verhandlung ansschließen. Einige Zeuge» widerriefen ihre in der Voruntersuchung gemachten belastenden Aussagen. Einer derselben wurde sofort wegen falschen Zeugnisses in die Untersuch ungshast abgefübrt: gegen zwei andere behielt der Staatsanwalt sich vor, ebenfalls die diesbezügliche Anklage zu erheben. Frankreich. Der Figaro veröffentlicht eine Unterredung mit Cornelius Herz, worin dieser mit neuen, zablreichc französische Politiker bloßitellenden Enthüllungen droht, falls nicht der von den Reiiiachschen Erben gegen ihn angestrengte Civilprozeß bis zum nächsten Donnerstag zurückgezogen sei und das AuSlicfenmgs- versahren gegen ihn eingestellt werde. Italien. I» Turin, Neapel, Messina »nd Pavia hat die Universität geschlossen werden müssen, weil sich die Studenten wieder einmal aus irgend einem nichtigen Grunde zu den gröbsten Ausschreitungen haben hinreißen lasse». Tie Tumulte haben dies mal in Turin begonnen. Ein paar Hundert Studenten, die im Herbst ihr Examen nicht bestanden haben, wollten den akademischen Rath zwinge», entgegen der ininisteriellcn Vorschrift im März ein nachträgliches Examen abznhalten. Der akademische Rath ließ sich ans das Verlangen nicht ein. und nun beschlossen die unruhigen Elemente unter den Studenten den üblichen allgemeinen Streik. Die Hörsäle wurden gestürmt, die Professoren zur Unterbrechung ihrer Vorlesungen gezwungen und der einjckreitende Rektor nieder- gejchrieen. Dann gab es eine großartige Straßenkundgcbung mit Katzenmusik für den Rektor und verschiedene Professoren. Ein tüchtiger Schneefall erlaubte den Tumultuanten, die Fenster ihrer Prosessoren mit Schnechällcn, in die sic Steine gepackt hatten, cinzuwerfen und dergleichen geistreiche Scherze mehr. In Pavia Verliesen die Tumnste aus ganz dieselbe Weise. In Neapel da gegen wurde von den Studenten die Neuerung eingcführt, in den Hörsälen Katheder und Äänke zu verbrennen. Wenig fehlte, daß bei diesem Antodass anch die Universitätsbibliothek in Flammen auf- gcgangen wäre. Es mußte eine Kompagnie Alpenjäger licrb«- geruscn werden, um die ^tudentcska ans der Universität zu ver treibe». wobei es nicht ohne Blutvergießen abging. Ter Papst las in der St. Peterskirche eine Messe, der 12,00» Gläubige des Kirchsprengels von Rom beiwohnten. Der Papst nahm sodann aus dem Throne sitzend die von dem ältesten Pfarrer Roms ausgedrückte Huldigung entgegen und beantwortete sie zuerst selbst mit einigen Worten, sodann mit einer von Msgr. Volpini verlesenen Rede, worin es heißt: Wir nehmen mit be sonderer Befriedigung den Ausdruck der Ergebenheit des guten Volkes von Nom entgegen, dem wir unsere Zuneigung wie einem Erstgeborenen schenken. Es wird also den Schmerz begreifen, den wir empfinden, indem wir die schlimme Loge Roms, die mittelbar noch durch die allgemeinen Verhältnisse der Halbinsel erschwert wird, betrachten. Wir wünschen, datz das gegenwärtige Elend wieder gut gemacht werde« könnte und die Ordnung dort, wo sie «stört wurde, raich wicdcrhergestellt werde. Unterdessen aber leidet tvm, das sich ehemals eines gesicherten Wohlergehens erfreut, während jetzt sichtlich das Gegentheil der Fall ist. Möchte man wenigstens aus der harten Erfahrung den Nutzen ziehen den ersten Ursprung des Uebels und das wirksame Hilfsmittel kennen zu lernen. Es fruchtet nichts, zu verhehlen, daß der vorsätzlich hcrbei- eführte religiöse Ruin den Weg zum sittlichen und materiellen Zerfall öffnet. Nicht allein die Gerechtigkeit, sondern auch der politische Verstand lassen es räthlich erscheinen, dnr verkehrten Weg zu verlassen, die Würde der Religion der Vorfahren wieder bcrzu- stcllen und sich mit Vertrauen und ohne Argwohn demjenigen zu nähern, der von Gott das Großmeisteramt der Religion übertragen erhielt, denn die Worte des Lebens, die der Papst besitzt, haben auch die Kraft, daS sterbliche Leben glücklich zu gestalten. Obwohl die Ceremonie über zwei Stunden gedauert hatte, zeigte der Papst, dessen Befinden sehr gut ist, doch keinerlei Anzeichen von Er müdung. Sowohl bei seinein Erscheinen in der Kirche als auch bei deren Verlassen wurde der Papst mit lebhaften Zurufen begrüßt. Der in Pisa wegen des Mordes in der Humbert-Kasenie ver haftete Soldat Magri erklärte bei dem Verhör, man wollte ihn tvdten. deshalb babe er die Anderen umgcbracht. Auch bei der Verhaftung soll Magri dieselben Worte gebraucht haben. Magri chcint an Verfolgungswahn zu leiden. Spanien. Ans Cadix wird gemeldet: Neugebildete. bewaff nete Banden sind im Anzüge. Geheime Versammlungen fanden auf freiem Felde statt. Anarchistische Manifeste werden unter der Landbevölkerung verbreitet. England. Die arbeitslosen Inden des Ostends in London ver anstalteten ani Sabbath wiederum eine Kundgebung in der alten Synagoge in Duke Street. In einem Nebengebäude des Gotteshauses waren hundert Schutzleute versammelt, um etwaige Ruhestörungen zu unterdrücken. Der Gottesdienst selbst ging in Ruhe und Ordnung ad. Als er aber zu Ende ging, weigerten sich etwa hundert Arbeits lose, die Synagoge zu verlassen. Die Aufforderung des Gemeinde- dien«-, fornugebcn, war ganz vergeblich. Seine Betheueriingc». daß der jüdische Armcnpsleacrath nnr Montag sich der Arbeitslosen nach Kränen annehmen werde, nützte nichts. Man erwiederic ihm. Brot und Obdach müßten sofort geschafft werden. Schließlich schritten die Schntzlentc ein. Ihr Erscheinen wirkte, die -Lhnagoge war ln einem Ski geleert. Dir Polizei verhinderte ,cde Zu'ammen- «nst vor der Synagoge Serble«. Der Ministerpräsident Simic siaiiete sännnilichcn in Belgrad anwesenden Vertretern der Mäckste Besuche ab. Bulgarien. In Sofia fand in de» letzten Tagen ein Prozeß gegen die Gebrüder Iwanow statt, die wegen eines Attentats- Versuches gegen den Fürsten Ferdinaicd anaeklagt waren Der ältere der Brüder wurde »u 15 Jahren ichwere» Kerkers, der jüngere z» 3 Jahren einfachen Kerkers ohne Verlust der bürger lichen Rechte verurtheilt. Kunst und Wissenschaft. s König!. Hvsichausviel. „Die Journalisten". Herr Claudius vom Großherzogl. Hostbcater in Oldenburg hat auch als BellmauS in dem Freylagschen Lustspiele gefalle» und sich sogar einen Hervorruf bei offener Scene geholt. In der That spielte er den Austritt, wo er der Adelheid Runeck seine Gedichte überreich!, sehr hübsch, drückte seine Verlegenheit sehr gut aus, indem er das seidene Umschlagpaprer zerknitterte und zerriß, und entfaltete eine angenehme Mimik. Somit hat der Gast auch nach dieser Richtung sein Können erwiesen und wird wohl für das König!. Hofschaujpi« anaeworben werden. Daß man sich den Bellmaus gemeinhin anders denkt, als er ihn auffaßle, darf indessen nickt unbcinerkl bleiben. Das gesellschaftliche Auftreten des Herrn Claudius war etwas zu sich«, sodaß der Witz einer solchen Scene, wie die mil der Pavoni ist, nicht ganz schlagend herauskai». Herrn Claudius Bellmaus war ein eleganter mnger Mann, der lediglich an ieiner Dichterverschümtheit leidet, während man ihn sich doch auch als etwas linkisch vorzuslellen genöthigt ist nach allen Arweuluiige» und Situationen des Stückes. Indessen diese Ausstellung berührt nicht das allgemeine Talent des Gastes und de» vvrtl» ilhasten Eindruck, den er gemacht hat. — Die Vorstellung wird im Ganzen sehr frisch und slott gespielt »nd bietet viele, oft gerühmte, gute Einzelheiten. Diesmal soll besonders der Schmock des Herrn Erd mann liervorgehoben werde» als ein Mnilerstück echter, ichlagender Charakteristik und Komik. Das ist eine Gestalt, welche noch an die besten Zeiten des hiesigen König!. Hosschampieles erinnert, wo man für derartige Nebenrolle» eine Reihe meisterhafter Vertreter besaß, und wo eine Knnst seiner Heransciselirnng solcher Figuren herrschte, die nachmals iin Lause der Jahre mehr und mehr verloren gegangen ist. Tie einfache Lebeiiswcchrheit, die fabelhaft richtige Beobachtung, mit welcher Herr Crdmann diesen armen Zeitnnasiohber kennzeich net, sichert seiner Leistung den Namen wirklich klassischer Komil An Stelle des Herrn Schmidt war Herr Wiene cingcsprnngen. »in den Korb zri spielen, und es drängte sich der Wunsch auf, daß der Künstler öfter in solchen Rollen beschäftigt werden mochte, denn ec bewegte sich in einem sehr glücklichen, einfachen Realismus mit einem Anflug von leichter Schelmerei, die ihm ja auch als Tromiv so gut steht. Ueberhaupt wäre es wnnschenswerth. daß Künstler, die für die „großen Fächer" engagirt sind, doch auch nicht per schmähten, öfters solche kleine Sachen zu spielen, sie sind leicht in der Lage. „Kabinetsstückc" daraus zu machen, die dann im Zu snmmenhaiig des Ganzen sehr wohlthätig wirken. — Als „Iba" sah man Fräulein MarckS. Aber das Talent dieser Künstlerin liegt nach einer anderen Richtung. Sie bewegt sich im modernen Ge sellschastsklcide nnr mit Mühe, und erinnert man sich, daß sie die Fee in der „Crlia" so hübsch sprach, so wird es wohl richtiger sein, sie für Nebenrollen von Werken getragenen Stiles zu be schäftigen. — Ci» peinlicher Zwischenfall ereignete sich im dritte» Akte, als der Oberst und Jdn zusammen anftreten sollten nach dem Gespräche zwischen Adelheid und Oldendorf. Es kam Nie mand. Es trat eine lange Pause ein, hinter der Scene hörte man Ausrufe der Empörung, man rief dort allznlaut: „Unglaublich!" und endlich erschienen die Erwarteten aus zwei verschiedenen Ein gängen. Irgend Jemand hatte also sein Stichwort vergessen. Da dieses nicht der erste Fall ist. den man in dieser Art am König!. Hofschanspiel in den letzte» Jahren erlebt hat, so soll er hiermit zu den öffentlichen Akten geziehen werden. Man ist gewannt, wann der nächste Fall sich ereignen wird. — Der Vorstellung wohnte Ihre König!. Hoheit Prinzessin Mathilde bei. Wvlfgang Kirchbach. s Im Rcsidcnzthcater ging vorgestern zum Benefiz des artistischen Leiters und Obcrregiffcnrs Herrn Alexander Rotier die hier seit zehn Jahren nicht gegebene Offenbochsche Operette: „Die Großherzogin von Gerolstein" in Scene. Nach dem unglaublichen Erfolge der Persiflage ans den klassischen „Orpheus" versuchten Meiihnc und Halevy im Verein mit Offcnbach u, der „Großhcrzvgiu" eine Travestie des Privatlebens der ruffuche» Katharine, und anch dieser Versuch fand eine so außergewöhnliche Ausnahme, daß Großhcrzogiu Ireffe sammt General B»mi»nu. Prinz Paul und Fritz die Reise um die Welt machen konnten. Begegnet man zufällig der einige dreißig Jahre alten Dame heute in irgend einer mehr oder mindcrwerthigen Ausgrabung, so erscheint allerdings Vieles verblüht nnd vom Zahne der Zeit zerfressen, so daß Fürstin Irene den Eindruck einer deauts passee macht, einer Lieheskünstleri». die nur mit Anwendung aller Toilettenkünsle und Schönheitsmittel »och ei» vorübergehendes Interesse wnchznrufen vermag. In Einzelheiten zieht sie indeß immer noch lebhafter an »nd wie historische Conrtiiancn durch Jahrzehnte das Vorbild einer gewissen Frauenklasse bleiben, so nimmt man die „Großherzogin" auch heute noch als das Prototyp des Opcrettengenres hin, als die hundert Male nachgcahmte Urgeslalt, die, unerreicht in ihrer Pikanterie, noch heute mitleidig aus die mißlungenen Nachahm ungen herabblickt. Trvtzalledcin bleibt die..Großherzogin" heute nur noch genießbar in einer guten, dem „Geiste" des Ganzen an gepaßten Aufführung. In dieser Hinsicht sind Kapellmeister Tellingcr und Obcrrcgisseur Rotier als verdienstvolle Faktoren der vorgestrigen Vorstellung hecvorzuheben nnd besonders ist Herrn Roller, dein als Benefiziant die stürmischen Auszeichnungen des sehr gut besuchten Hauses zu Theil wurden, für die drailnch komische Darstellung des Generals die volle Anerkennung aus;» sprechen. Herr Lenvir gab einen guten nnd gewandten Fritz und Herr Morway einen sorgfältig durchgeführten Puck. Tic voll endctsle Figur indeß, eine wirklich in Allem ausgezeichnete Leist ung. die trotz übcrsprudelnder Komik in den Grenzen des künstle rischen Rahmens blieb, bot Herr Friese als Prinz Paul. Mit sei nem Geschmackc hat er das richtige Maß getroffen und das fürst liche Gigerl so trefflich charakterisirt, daß er den übrigen Figuren als Muster einer fcinerwvgencn Karrikatnr gelten kann. Da diele Operette bedingt, gesungen zu werden, so bleiben die Dar stellennnen hier leider so viel schuldig, daß man diesen Gegenstand am besten unnwäbnt läßt. Musik wird von dieser l^cite so gut wie gar nicht geboten. L. 8t. ü Concert von Anna v. Icrcbtzofs und Sophie v. JakimowSky. Es liegt immer ein eigenartig« Reiz darin, die ersten Schritte wirklicher Talente auf dem beißen Boden dc> Oeffentlichkeit zu verfolgen, und beiden Bethciligtcn, dem Geben den wie dem neidlos Empfangenden, gereicht es zur Gennathnnna. wenn solche Flugversuche nach des Parnasses steilen Höhen ohne Fall und Flugcllähniung verlaufen. So war cs auch für die große und vornehme Hörerschaft des vorgestrigen Cvneertes, wcl ckes die genannten aristokratischen Künstlerinnen inr Saale des „MnskiihauseS" gemeinsam und erstmalig veranstaltet«,, ein Ver gnügen, die Liedcrvorträgc des Frl- v. Jorcbtzoff und die pianisti- scheu Gaben des Frl. v. Jakimowsky cntgegenzunchmen. Be kanntlich führten sich beide Künstlerinnen, die das unschätzbare Glück haben, Schülerinnen eines Anton Rubinstein zu sein, vor Monaten in einem von ihrem Meister hier unternommenen Wobl- thätigkeitsconcert bereits miss Borlheilyafteste ein, und das; iln dortiger Erfolg sic berechtigte, nunmehr ein eigenes Conecrt zu wagen, ergab sich zur Genüge aus ihren vorgestern gebotenen schönen, zum Theil hervorragenden künstlerischen Leistungen, nichl minder auch aus der vollen Befriedigung der Coiicertbcinchcr. In erster Linie gebührt der Lorbeer der Pianistin. Frl. v. Jcikimowsty. Nimmt schon ihre liebliche und mädchenhafte Erscheinung von mehr germanischem als slavischem Typus das Auge gefangen, so fesselt sie noch mehr Herz und Ohr auch des verwöhnten Kenners durch ihr natürlich schönes, auf musikalischem Verständniß beruhen des Spiel. Zwar reicht sie in Bezug auf Glanz der Technik »nd Leidenschaft des Vortrages an die ersten Sterne ihrer Kunst, l>« spiclsweffc an eine Earenno, bei Weitem nicht heran, doch durfte es Frl. v. Jakimowsky schon heute mit mancher namhaften Pianistin aufnehmen in der vornehmen, oft llastiichen Wiedergabe eines Tonstückes, der alle Effekthascherei zuwider i", m der Be herrschung eines aller Tonschatiirungen fähigen Ainchlages und vornehmlich in der Zartheit und Lieblichkeit des Skalen- und Passaqenwerkcs. Aus dein gehaltreichen Programm seien nur als die eindrucksvollsten Nummern hervorgchvben. Bachs, Präludium pnce tu lH-wir. Wenig vvrtheilhait für die Künstlerin liegt noch Beethovens drittletzte Klaviersonate, op. M. Der Beifall sür solch. ttolel 6olÄnen Luge!, llrescken Litte»,wllüttes llroz. 8«Ii4« kreise, lorritzl. liiicbk, Lbeocl-kkÄrurLilt. Nr. »I. Seite». Mittwoch. »1. Jan. 18»4
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