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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 02.09.1909
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1909-09-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19090902011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1909090201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1909090201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1909
-
Monat
1909-09
- Tag 1909-09-02
-
Monat
1909-09
-
Jahr
1909
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 02.09.1909
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sammenhänge zwilchen den einzelnen Vorgänge» der Reichs- resorin. Er vrrsuchte mit großer Beredsamkeit die Kon lv»n von den Vorwürfen zu befreien, mit denen sie in der letzten Zeit so reichlich bedacht worden sind. Der große Beifall, den er fand, bewies, daß er nicht veraebens gesprochen hatte. Für die Debatte war vollständige Redefreiheit gewährt worden und diese nutzte ein Sozialdemokrat gehörig aus. lieber eine Stunde sorach er über alle möglichen Dinge, die mehr in ein so zialdemokratisches Handbuch als zur Sache gehörten. Nachdem außer ihm »och die beiden konservativen Landtagsabgeordneten Kaufmann Eotthard-Freiberg und Fabrikant Weide Klotzsche gesprochen hatte», fertigte Herr Kunze den sozialdemokra tischen Dauerredner unter dem BeisaN der anwesenden Bürger lichen ganz gehörig ab. Schlag auf Schlag wies er ihm die Unrichtigfeiren und Widerspruche seiner Ausführungen nach. Noch einmal versuchte der Sozialdemokrat, in endlosem Rede schwall für seine Partei Stimmung zu machen und gebrauchte dabei die ungeheuerlichste» Behauptungen. Als ihm aber der konservative Generalsekretär auf de» Leib rücken wollte, zog er mit seinen Genossen vor, die Flucht zu ergreifen. In den Gäu le» des Saales blieben die Sozialdemokraten jedoch stehen und angen die Arbeitermarseillaise, um den konservative» General 5 s: sekretär am Reden zu verhindern. Da stimmte einer aus der Versammlung das Lied „Deutschland. Deutschland über alles" an. und begeistert sielen alle Bürgerlichen ein, das Geschrei der Sozialdemokraten vollständig übertönend Erst nachdem sich diese endlich entfernt hatten, schloß der Leiter die Versammlung. Für die künftigen Versammlungen wird diese Handlungsweise der Genossen ftwensalls die Wirkung haben, daß man mit der Redefreiheit etwas vorsichtiger umgeht, denn es ist nicht das erstemal, daß sie eine derartige, echt sozialdemokratische Taktik angewandt haben. — Die Gründung einer Ortsgruppe Dresden des Hansabnndes wurde gestern abend beschlösse». Der Ver band sächsischer Industrieller hatte zu diesem Zwecke eine Versammlung im großen Saale des Vereinshauses einbe- ruse», die sich eines sehr guten Besuches vvn Industrielle», -Handwerkern und Gewerbetreibenden ans Dresden und seiner Umgebung erfreute. Der Vorsitzende des am 2V. August gegründeten Ortstvmitces, Herr Geh. -Kom merzienrat Eollenbusch, Vorsitzender der Handels kammer Dresden, leitete die Verhandlungen. Er begrüßte namens des Ortskomitces die Versammlung und bemerkte, daß die Gründung des Hansabundes eine Tat zur rechten Stunde gewesen sei. Gewerbe, Handel und Industrie hätten gemeinsame Interessen, deren Förderung der Hansa- bnnd erstrebe. Die vornehmste Ausgabe des Bundes werde es sein, gegen eine einseitige demagogisch-agrarische Rich tung, die bewußt die Rechte und Lasten im Staate ungleich verteilen wolle, vvrzugehen und dem erwerbstätigen dent schen Bürgertum eine seiner wirtschaftlichen Bedeutung entsprechende Stellung bei der Gesetzgebung zu verschaffen. Redner erteilte hieraus Herrn Rcichstagsabgevrdneten Tr. Strcsemann das Wort zu einem Vorträge über das Thema: «Zwecke und Ziele des .Hansabundes". Er wies eingangs aus die Entwicklung der politischen Iitteresle»- gruppen im Deutschen Reiche hin. so aus die der Arbeiter, die jährlich 50 Mill. Mk. ausbringen, um sie zur Hebung ihrer Interessen zu verwende». Tie Landwirtschaft, so meinte Redner, ist bei aller Einseitigkeit doch bezüglich der Art der Verfolgung ihres Zieles vorbildlich geworden. Trotz aller bestehenden Unterschiede zwischen Großgrund besitz und .Kleinbesitz und anderem hat es die Landwirt- schast verstanden, unter dem Gesichtspunkte des Schutzes landwirtschaftlicher Interessen mit dem Schwergewicht ihrer Stimmenzahl große Parteigruppen im Reichstage und in de» Landtagen unter ihren Willen zu beugen. Das. was sie an Opfern gebracht hat, ist ihr zehnmal verzinst worden durch den Schutz ihrer Interessen. Wir haben nicht daS geringste Interesse daran, unsere Entwicklung zum Export- Industriestaate zu forcieren: LanLwtrtschastsfeindlichkcit liegt dem Hansabunde ganz fern. Wir haben aber die Emp- sindnng, als wenn der Bund der Landwirte im Laufe der Zeit das richtige Maß bei Verfolgung seiner Zwecke ver gessen hat. Die Landwirtschaft ist nicht nur positiv tätig für ihre Interesse», sondern sie wirkt absichtlich aus die Schädigung vvn Handel und Industrie ein. Redner ging dann auf die Ablehnung der Erbschaftssteuer durch die Agrarier ein und meinte, die dafür eingebrachten Ersatz- sieucrn zeugten vvn einer Nichtachtung der erwerbenden Stände des deutschen Volkes. ES müßte» deshalb Mittel und Wege gesucht werden, dem Vorgehen der Agrarier wirksam entgegen zu treten. Durch die Entwicklung der letzten 50 Jahre hat sich die Frage, ob Deutschland Agrar- odcr Industriestaat werde» wolle, bereits entschieden. Heute hängt die Zukunft des deutsche» Volkes davon ab, baß wir uns den Export sichern und das, was an erwerbs tätiger Krast im deutsche» Volke enthalten ist. Es sind keine Staatsnotwendigkeiten vorhanden, die zu einer ein seitigen Behandlung von Handel, Industrie und Gewerbe führe« müßten. Wir fühlen uns gleichberechtigt, wir wolle» leine Goirdervvrteilc, aber einen Platz — ein Plätzlein! — an der Sonne. Wir wollen eine gerechte Wirtschaftspolitik, leine Partcipvlitit. Unverständlich ist die Haltung weiter .Kreise des Mittelstandes gegenüber dem Hansabund. Der .Handwerkerstand steht und süllt mit der Entwicklung der Industrie, von der .Kauskrast des Arbeiters und des Pri- vatbeamtcn ist der Handwerkerstand abhängig. WaS In dustrie und Handwerk trennt, sind nur -Kleinigkeiten. Nur der sächsische Mittelstand steht abseits vom Hansabunde, da gegen haben der Zentralausschuß deutscher Innungen und die Deutsche Miltelstandsvereinigung erklärt, in de» näch sten Taget! sich dem Hansabunde anzuschlicßcn. Dem säch sischen Mittelstände rate er, i» den Wagen des Hansa bundes einzusteige». Wenn ihm der Weg, den dieser Wagen einschlägt, nicht paßt, dann mag er sagen: Halten Sie an, ich will hier anssteigeu! Wir müssen zu einer besseren Wertung des deutschen Bürgertums komme». Es darf künftig nicht aufsalleu, sondern muß als selbstver ständlich angesehen werden, wenn einmal ein .Kansmaun in eine leitende Stelle im Reiche veruseu wird. Redner schloß seine beifällig aufgenvmmeue Rede mit den Worten: Es stehen große Ausgaben vor »ns, es ist der .Kamps um die wirtschastliche Entwicklung des deutschen Volkes, den wir führen wollen, nicht in Einseitigleit, sondern inner halb der Grenzen, die uns durch das Gemeinwohl gesteckt sind. Ter große Moment mag kein kleines Geschlecht fin den. Eine gesunde wirtschaftliche Euuvicklung ist die beste rmterländische Politik. Honen wir, daß es dem Hansa- bnnde gelingen wird, uns diesem Ziele näher zu bringe»! — In der anschließende» Debatte sprach sich zunächst Herr Prokurist F u n s a ck für Anschluß der Angestellten an den Hansabund aus. Arveitersekretär Bern dt vvn der Hirsch- Dunckerschen Gewerkschaft erklärte, daß die nationale Ar beiterschaft die Gründung des Hansabnndes mit Interesse verfolgt habe. Mit der nationalen Arbeiterschaft werde der Bund mehr leisten könne», als ohne sie. Leider habe man es abgelehnt, die nationalen Arbeiterorganisationen korporativ aufzunchmen. Ter stellvertretende Vorsitzende des Deutschen .Hansabnndes Dr. S t c ch e - Leipzig stellte dem Vorredner in Aussicht, den nationalen Arbeitern einen Platz im Bunde zu gewähren. Laudtagsabgeorducter B ch r e n s - Obrrlößnitz gab dem Wunsche Ausdruck, daß der kraftvoll und maßvoll austretendc Hansabund niemals es vergessen möge, daß kein Stand im Staate für sich ein besonderes Vorrecht beanspruchen dürfe. Der Hansabund sei eine Notwendigkeit gegenüber dem seine Macht mißbrauchenden Bunde der Landwirte. Fabrikbesitzer Steiner.Frankenbera teilte mit, daß in den nächsten Tagen auch in Frankenberg eine Ortsgruppe dcS Bundes gegründet werdrn solle. Namens drS Zentralverbandes Deutscher Handelsagenten erklärte Herr Döpelmann, daß dessen Mitglieder sich dem Bunde anschließen würden. Auch Stadtverordneter Lehrer Beck sprach sich als Be amter und Lehrer für Anschluß an den Hansabund auS: des gleichen die Herren Autnmobildrvschkcnbesitzer Mählcr. vuÄrlUkcreibesiver Boden un- Chefredakteur Dolls. Nach einem Schlnßivorte des Reichstagsabgeordneten Dr. Stresemann erklärte der Bvrsitzende unter Zustimmung der Amvesenden die Ortsgruppe Dresden des Hansa bundes für gegründet und schloß *,412 Uhr nachts die Ver sammlung. — Die iissenlliche Ledanseier, die vom Bürgeraus- schuß für vaterländische Kundgebungen heute abend Ä>8 Uhr im KvnzcrthanS «Zoologischer ltzartcn" ver anstaltet wird, dürfte fehl zahlreich besucht werden. Das Programm ist ein sehr reichhaltiges. Die Festrede hält Herr Marinevberpsarrer a. T. Wange mann aus Leipzig. — Am heutigen Ledantagc abends 8 Uhr findet ans dem Altmarkte eine M u s ikaufsühru»« statt. Hierbei spielt ein aus Mitgliedern des Allgemeinen Mnsikerver- eius gebildetes Orchester unter der Leitung des -König!. Musikdirektors Reh folgende Stücke: Jubel Ouvertüre von E. M. v. Weber: F-anlnsie über „Das treue, deutsche Herz" von Otto: Marsch-Potpourri vvn Kvmzak: Niederländisches Dankgebet von Kremser: Ouvertüre zur Oper „Rienzi" von Wagner: Zwei Lieder: »j „Die Wacht am Rhein", >>> „Deutschland, Deutschland über alles". — Die fünfte diesjährige S i tz u u g s p e r i v d c des hiesigen Schwurgerichts beginnt Dienstag, den 21. Sepicni- ber. Zum Vorsitzenden ist Herr Landgcrichtsdircktor Dr. Naumann ernannt worden. — Ltcnographiekurse sür Postbeamte. Mit Genehmi gnng der Obcrpvsidtreltivn Dresden eröffnet der Steno graph e n v e r e i n Gabclsbergcr zu Dresden- Friedrichsiadt hvnvrarsreie Steiivgravhieknrse in demselben Rahmen, wie die Kurie im vorigen Jahre sür die Beamten der Königlichen Ministerien, sür die Beamten der Reichs- pvst. Diese Kurse beginnen morgen, Freitag. !>. September, abends 0 Uhr, mit einem Vorträge des Herrn Lehrers Röthig im großen Lehrzimmer des König!. Stenvgraphi scheu Landesamtes über das Thema: „Der Nutzen und Wert der Stenographie für die Beamten der Reichspost." Die Kosten für diese Kurse werde» aus der Bcreinskasse gedeckt. Bon den Teilnehmern ivird nur ein Betrag von 8 Mart für Lehrmittel und Lokalmiete erhoben. Ter Besuch dieser Kurse ist nur zu empfehlen. — Internationale Photographische Ausstellung Dresden 1900. Heute findet eine Führung durch die Abteilung Bc- russphotvgraphic und das Atelierhaus statt: Treffpunkt H/2 Uhr in der .Kuppelhalle. Tas Konzert wird durch die Kapellen des Grenadier-Regiments Nr. 10t und dem Bnrgtcr Bcrgmnsitkorps ansgeführt. Bei eintrctcndcr Dunkelheit findet große Illumination des gesamten Aus- stellnngsparkes, sowie Sommernachtsball im Kvnzcrtsaalc und Tanz unter der Linde im Iägcrhvs statt. — Nene Bilder vom Tage stellte die Phvlvgraphische Handlung von Oskar Bohr, neben Cake König, in unse ren Rcdaktivnsschankästen aus, und zwar von der Parade anläßlich der H nndertja h r - Feie r der T chwarzcn Brigade und von R v l l s ch u h l ä n s c r n im Stadtbilöe Dresdens, darunter der Milchinnae ans Rollschuhen der Dresdne r NN I ch ver > vrgungs-Anslalt. — Verschiedene kleinere Mitteilungen. Im Schwebe- ba h 11 - R e sta u r a n t „Lvschwitzhöhe", dessen Konzert« sich in diesem Jahre wieder fortlaufend leblnifte» Zuspruchs zu ei freuen hatten, findet heule, am Scdantage, das letzte Mili tär-Konzert in dieser Saison statt. Es wird von der Kapelle des Jäger-Bataillons Nr. 13 unter Leitung des Königlichen Musikmeisters -Hellriegel ansgesührt. — In der Großen Wirtschaft des Großen tüartens findet heute nachmittag l Uhr großes patriotisches Konzert statt. — Ter M ü n n e r - gefangnerein „Jäger und Schützen" veranstaltet heute abeizd 0 Uhr im Linckeschen Bade eine 'Nachfeier zur Hundertjahrfeier. — Im Saal« des Gasthoscs zum Erb gericht, N i c d c rp 0 y r i tz, findet am 9. -. M. die Feier des !2. Stiftungsfestes der Fa b r i k s cu c r w e h r Ticte- r i ch-Helsenberg statt. — Landgericht. Ter Kaufmann Walter Fritz Sie ber, 27 Jahre all und als Zuhälter bereits vorbestraft, wird beschuldigt, an seine» beide» noch schulpflichtigen Nichte» Verbrechen gegen die Sittlichkeit begangen zu haben. Die Beweisaufnahme erfolgt in geheimer Sitzung. Der Angeklagte hatte ferner in seiner Stellung mehrere Unredlichkeiten begangen. Zwölf Beträge von zusammen 120 Mart waren ihm zur Einzahlung bei der Post über geben worden: er steckte sie aber in seine Tasche, die Post anweisungen zerriß er. Ten Oiiittungsvcrmerk im Post- buch füllte er selbst aus, ohne ihn jedoch abslempeln zu töiiiicn. Im weiteren unterschlug Sieber noch 20 Mark zum Schaden seines Prinzipals. Er wird in allen Punkten der Anklage schuldig befunden und zu 1 Jahr 8 Monaten Gefängnis und 5 Jahren Ehrenrcchtsverlnsi verurteilt. — Die Arbeiterin Lidd» Ida Wagner aus Keuren muß sich, trotzdem sic erst 20 Jahre alt ist, wegen wiederholten Rückfaüdiebstahls verantworten. Sie entwendete ihrer Stubenvermietcri,, einen goldenen Ring im Werte vvn 0 Mark. Dafür wandert sie ans 0 Mvnalc ins Gefängnis. Von der Anklage, eine Reihe weiterer Gegenstände ge stohlen zu habe», wird sie freigcsprvchen. - Der 2l Jahre alte Schweizer Friedrich Ottv M e n tz verdingte sich einem Gutsbesitzer in der Meißner Gegend und nahm von diesem den üblichen Mictsialer in Empfang, ohne daß er gewillt war, die Stellung auch wirklich anzutretcn. Es liegt Rück- sallsbetrng vor, der ihm 3 Monate Gefängnis eintrügi. — Die Arbeiter Friedrich Oswald U n g ä n s und Max Earl Handtke entwendeten an drei verschiedenen Tagen im April von den Lagerplätze» am Elbnser Kohlen und Briketts. Sie führten einen Sack mit, den sic schnell voll raffte». Den Inlialt verknusten sie dann gewöhnlich sür 1 Mark. Vvn einem anderen Lagerplätze nahmen die An geklagten ein Gestund Holz mit fort. Uiigüns und sein Kvmpliee sind wiederholt vorbestraft. Ersterer erhält 0 Monate, letzterer 8 Monate Gefängnis. Die bürger lichen Ehrenrechte werden den Angeklagten je ans 3 Jahre aberkannt. - Der des öfteren bestrafte Fabrikarbeiter Georg Paul Mehlhorn suchte die Bekanntschaft hilfs bedürftiger Personen und versprach ihnen, Unterstützungen zu verschaffen. Er gab an, mit Wohltätern bekannt zu sei», die gern helfen wollten. Mehlhorn fertigte Uittcr- stiitzungSgesuche an, für die er sich von den mittellosen Leuten I bis 10 Mark zahlen ließ. Die Gesuche richtete er an vornehme Damen und Herren. Wie sich später hcr- ausslellte, ivaren die Adressen fingiert, denn die Schrei ben kamen als unbestellbar zurück. Damit wurden die in den unterstützungsbedürftigen Personen erweckten Hoff nungen wieder zuschanden. Mehlhorn lmtte ihnen schon eine wöchentliche Rente bis zu 12 Mark in Aussicht ge stellt. Insgesamt stehen 10 vollendete und 2 versuchte Betrngsfülle zur Aburteilung, wobei die strasscharsende» Bestimmungen des Rückfalls in Anwendung kommen. Ter Angeklagte wird zu 2 Jahren Gefängnis und 5 Jahren Ehrcnrechtsverliist verurteilt, welchen Strafen er sich unter wirft. — Der Sänger Gustav Ernst Richard Hedrich. 1873 in Leipzig geboren und bisher noch unbestraft, steht unter der Anklage des Sittlichkcitsvcrbrechcns. Wegen Gefährdung der Sittlichkeit wird die Ocffentlichlcit aus geschlossen. Die Beweisaufnahme ergibt, daß Hedrich im Laufe von andcrtlialb Jahren zu zehn verschiedenen Malen an der im Jahre l8!)7 aestorcnen Tochter des Schneider meisters, bei dem der Angeklagte arbeiten ließ, unzüchtige Handlungen verübt hat. Er benutzte die Gelegenheit, wenn das Kind im Aufträge deS Vaters Arbeiten holte oder brachte. Das Urteil lautet auf 10 Monate Gefängnis und 8jährigen Ehrenrechtsverlust, sowie sofortige Inhaft nahme des der Flucht verdächtigen Angeklagten, der sich bisher ans freiem Fuß befand. — Der in Gommlttz wohn- hafte Dachdecker Friedrich August Haase wird in geheimer Sitzung beschuldigt, an feiner eigenen 18jährigen Tochter unzüchtige -Handlungen vorgenommen zu haben. An dem. selben Kinde soll sich der 72 Jahre alte unverheiratete Korbmacher Wilhelm August Mcn, el in gleicher verwerft licher Weise vergangen haben. Letzterer ist ein .Hausgenosse der Familie Hasse. Zur Verhandlung sind acht Zeugen geladen, darunter die Tochter des ersten Angeklaaten, und ein zweites Schulmädchen, an dem Menzel ebenfalls Litt lichkeitsverbrechcn begangen lmbcn soll. Ter Angeklagie Haase wird jedoch sreigeiprvchen, während Menzel zu l Jahr Gefängnis und 3jährige»> Ehrenrcchtsverlnsi ver urteilt wird. sb. veutscber Isaibolikenlag. Der zweite Tag brachte, wie bereits kurz gemeldet, die kmuptversammlung des Vollsvereins des kaiho l i s ch e n D c u t i ch la n d. der in seiner riesenhaften Orga nisativn die Kernlruppe des Zentrums sür seine Wah> schlachten bildet nnd dessen Organisation von Jahr zu Jahr an Umfang und Bedeutung zmiinintt. linier großer allge meiner Sixiniiiilig betrat Kardinal Ko pp das Redner pult. Man erwartete nicht mit lliireä» von dem Kardin-u eine Aufklärung darüber, wie der denliche Episkopal sich .,» dem Volksvereiii stelle, dem kürzlich nach dem Besuche der Volksoercinssithrer in Rom ans dem eigenen Lager eine Art Mißtrauensvotum erteil« worden war. Ter Kardinal entsprach denn auch dieser Erwartung, indem er sich i» längeren Ausführungen über dieStellnng des Epis kopats z u in Volksvereiii ansließ. Er teilie zu nächst mit, daß der Bischof von Paderborn, dein der Kail,» likeniag gestern ein Telegramm mil Wünschen baldiger Ge nesiinq geschickt lxilte, in der Nacht nersiorbcn sei. Tas war, so führte der Kardinal ans, ein »»ihrer Freund des Bvltsvcrciiis: ich bitte sich vvn den Sitzen zu erhebe» und ihm ein stilles Gebet zu widmen, daß G»ii sein ewiger Ver gelter sein möge. — 'Nach dem Gebet für den Verstorbene'! fuhr der Kardinal fort: Ei» hochi>erdie»lrs Mitglied des Volksnercins hat aus einer früheren Geiieralverianiiiilniia den Vollsvcrein als die permanente Gencralversaiiiiiiln»,, des katholische» Volkes bezeichnet und ihm die Ausgabe zo gewiesen, die Beschlüsse der Generaloeriaiiniil»»gen anszn führen. Das ist richtig, so fasse ich auch seine Ausgabe ani Es ivar mir Bedürfnis meines Herzens, wenigstens einige Minuten in der Mitte des Volksvereins zu verweilen b.i seiner Wichtigkeit für das katholische Deutschland. Wen» ich das sag«, so sage ich es als Einzelbischos, aber ich weiß, daß der gesamte Episkopat nicht anders urteilt, daß auch er den Volksvereiii beurteilt nach seinen Satzungen, nach den Acußerungen seiner leitenden Persönlichkeiten, nach dem, was seine Arbeit und seine Erfolge undeutlich zeigen. Ltzaö die Satzungen anlangt, so gibt 8 > ein vollständig s und treues Bild der Tätigkeit des Volksnereins: Ter Zweck des Vvlksuereiiis ist die Förderung der christlichen Ordnung in der Gesellschaft, insbesondere die Belehrung des dem scheu katholischen Volkes über die aus der neuzeitlichen Eni Wicklung sich ergebenden Erfahrungen nnd Aufgaben sür die geistige und wirtschaftlich« Hebung aller Berussstände. Der Verein will auch die Angriffe ans die religiösen Schätze des Volkes bekämpfen und der Ninstnrzbewegung entgegen treten. Dieses Programm genügt, um alle Vorwürfe gegen den Verein zn entkräften und ihnen wirksam entgcgenzn treten. Der verehrte Herr Vorredner stand vor nicht z.i langer Zeit vor dem Heiligen Vater, dem Oberhirten der katholischen Kirche, nnd legt« gewinermaßen Rechenschaft ab über das Wert des Volksvereins. Er l>al dabei die kühnen Worte gebraucht, daß das katholische Voll in voller Glaiibenstrenc zum Heiligen Vater tmlie und daß der Ver ein seine oberste Ausgabe darin erblicke, diese Glaubens- Irene zu erhalten, daß er sich aber auch die Besserung der wirtsckiaftlichcn Lage keiner Mitglieder angelegen sein lasse und sie sozial zu schulen versuche zur tätigen Teilnahme an allen Ausgaben des Lebens. Und der greis« Pontifex erhob segnend die Hände über sein Redner und dem Volksvereiii. iStürm. demonstrativer Beisall.j Ter Kardinal zitierte eine weitere Acußeruiig eines anderen bekannten Führers des Volksvereins, wonach dieser auch aus nationalem Gebiete zu arbeiten habe. Dieser Redner führte damals aus: Zur Arbeit drängt uns auch unser patriotisches Empfinden. Mil allen diesen Auslassungen lassen sich Zwecke und Ziele -es Vereins klar aiisweisen. Ltzas der Verein sonst noch ge leistet hat. zeigt der Rechenschaftsbericht. Leider haben wir gehört, daß Schlesien noch keine große Mitgliederzahl aus- mcist. Ich hoffe, daß auch meine Divzesanen in möglichst großer esahl dem Volksvereiii bcitretcn werden. Ich habe schon wiederholt auf den Volksvereiii auimerk'am gemacht, und hoffe, daß gerade meine Worte in dieser Versammlung eine gute Stätte sindc» werden. lLebhaster Veisall.l Der Episkopal fürchtet nicht, daß das Zentrum de» Volksverein beherrsche» werde, er hätte aber auch nichts dagegen. ,«De monstrativer Beifall.> Der Episkopat hätte aus dem Grunde nichts dagegen, weil auch 'das Zentrum die Wirtschaft!ichc und soziale Hebung des katholischen Volkstcils fördern will. Darum hegt auch der Episkopat kein Mißtrauen gegen den Volksvereiii. schenkt ihm vielmehr volles Vertrauen. tStürmischer Bcisall.i Der Episkopat weiß auch, daß die Zentralstelle stets enge Fühlung durch de» Ortsbischvs mil de» lirchlichen Behörde» unterhält, und daher auch Füh lung mit dem gesamten Episkopal. Ter Episkopal l»'i auch den Wunsch, daß di« Fühlung zwischen ihm und dem Volks verein sortdancre. Sehen Sie, verehrte Vercinsgenosien. das ist dock, ein vertrauensvolles Verhältnis, und ich wie Verhole: es besteht in der Tat zwischen beiden kein einziges Mißverständnis und darum liegt auch Gottes Segen über dem Volksvereiii. Ich möchte nicht unterlasse», auch dem Vvlksvcrein meinen bi'chöslichcn Legen zu erteilen. «In diesem Augenblicke setzte ein furchtbares Gewitter ein, das die weiteren Worte des Kardinals unverständlich machte. Als er wieder verständlich wurde, bemerkte man, daß er in zwischen aus de» Fall V i t t e r - R v e r c n ei »gegangen war. Er mahnte:) Seid einig nnd bleibt einig! Das rusc ich auch Ihnen zu. Die Einigkeit int namentlich not in der heutigen Zeit. Seid Ihr also auch einig und empfangn in Demut se» Legen des Erzbischofs. — Die Versamm lung war inzwischen n i e d e rg c l » i c t und empfing den Segen deS Kardinals, worauf her Vorsitzende Fabrikbesitzer Brandt ei» donnernd ansgcnoniinrnes Hoch auf den Kardinal ansbrachte. csgergercbicdle. Kaiser Franz Joseph in Fricdrichshafeo. Tie B 0 d e » s e e s a h r t des Kaisers Franz Ivseph fand bei böigem Wetter statt. Um IG Uhr haue die Ehrcnkompagnie am Schloßportal Ausstellung gcnvin men, wo sich zahlreiche geladene Gäste, unter ihnen die Fürstin von Fttrstenberg mit ihre» Kinder», eingesmiden hatten. Um 2 Uhr traten der König vvn Württemberg und Herzog Albrccht von Württemberg, beide in österreichischer Uniform, sowie der Fürst zn Wied aus dem Schloßportal. Der König unterhielt sich längere Zeit aus das lebhafteste mit dem Grafen Zeppelin, lim 2 Uhr 15 Min. traf das Kaiserschisf ei». Die Begrüßung zwischen dem Kaiser nnd dem König war äußerst herzlich. Auch der Kaiser unter hielt sich längere Zeit mit dem Gxafcn Zeppelin, zu dem er sagte, er hoffe, im Frühjahr den Grasen mir seinem Luftschiff in Wien begrüßen zu können. Am Eingang in den Schloßgarten erwarteten die Königin mi die Fürstin zu Wied ihre» hohen Gast. Ter Kaiser ver weilte eine Stunde im Schlosse. Nach Verabschiedung der beiderseitigen Gefolge geleitete der König seinen hohe» Gast zum Dampfer, wo herzlich Abschied genommen wurde. Der Kaiser war Gegenstand lebhafter Ovationen. Tie Kapelle deS Jnfantertc-RegimenkS Nr. 122 brachte vor der Monarchenzusammenkunft dem Grafen Zeppelin ein Ständchen, wobei dem Grafen vom Publikum lebhaft ge huldigt wurde. Kaiser Franz Joseph kehrte, wie einem Teile der Leser bereits gemeldet würbe, im Sonterzug« nach Wien zurück, -tr. 24S. Sette 8. »m Donnerstag, 2. September Lttvt»
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