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' ' ' , 7>. Tahrgaug. AK !". P> DIenatag, 20. Juli 1920 Gegründet 1880 «rudlonichM, N«ch»<4»«, »,«»». S»n»Ipr«d»r - S«n»>»tmm>m«r i »»«41. «m für «ach,,,l»r»«,i »0 011. war». Bezugs- S-bühr " I« P>»»»»«. Nt, Nn«ta«« «rrd«, «ach »oldmar» d»»ch»N; dt» «t«Ipa»>» SO m» dr»i>« auh-^Naid 2k>v Pla. Offerlenaedudr >v VI«. Sluaw. SluNrita» orarn Dor<>u»d»za«I. SchrtMeidmq und N«mpi-»ich!>N»i>»0, »«»„slrat,, SS 42. Nr»ck «. v«rla, avn Ut»»Ich » «eich«»»» in Dr»»d»n. Poftlchech-Äonl^ 10SS Dr«»d»n. Nachdruck nur mti d»u>lich»r Vu»U»nanaad» ,Dr»»dnrr Nochr - ,u>SM». Unv»rlnna>» SckrNIOück» wrrdrn nichl auIdewa-N. /<UtOMOdi!-l^6PÄI'LtUs'V/VSk'KstLit uricl -VSk-tk-isk WisriSk- k^Istr 5 k^smi-uf 171S7 vr. Kßsns Oerksrcßt (ttllke,' Msdilr L ^VII,,') lag- unc! KIsckigLi-sgsri Jas Kabinett Keniat. Auf der Grundlage der Bereinigung der Linken gebildet. Churchills scharse Widerlegung amerikanischer Dehauplungen. - Eisenbahnunglück bei Leipzig-Plagwih. - Die sächsischen Finanzen. Die KabineSslifle. Paris, 1«. Juli. Das Kabinett Herriot ist wie folgt end gültig gebildet worden: Ministerpräsident «nd Auswärtiges: Herriot. Justizminister: Eolrat sUnabhängige Linke). Finanzen: de Monzie (Rad. Senator). Inneres: Chantemps lNad. Abg.). Krieg: Paiulevä (Soz. repl. Abg.). Marine: Ren^ Renanld (Rad. Senator). Handel: Lonchenr lNad. Abg.). Oesfentl. Arbeite«: Hesse lNad. Abg.). Oessentl. Unterricht: Daladier (Rad. Abg.). Landwirtschaft: Onenille lUnabh. links). Kolonien: Dariac lUnabhängige Linke). Arbeitsminister: PaSqnet (Rad. Senator). PcusionSminister: George Bonet lNad. Abg ). Unterstaal vsekreiä re: Ministerpräfibinm «nd Auswärtiges: Milhanl (Rad. Abg ). Für das Schatzamt: Jacqnier lNad. Abg ). Für das Budget: Paul Morel (Rad. Abg ). Für technische« Unterricht: Bazille lNad. Abg.). Für die Handelsmarine: Mallanie sSoz. republ. Abg ). Für die Lnstschisfahrt: Robaglia lRepubl. Abg.). Für die Wiederausbangebiete: Maitre lketne Fraktion). Für den Krieg: Dnsmcnil lNad. Abg.). Oberkommissar für das Wohnungswesen: Levasseur. Außerdem soll ein neues Oberkommissartat für Natural isation und Einwanderung geschaffen werde», das dem radikalen Abg. Lambert übertragen wer den soll. Herriot wird sich gegen 11 Uhr ins TlqsS« begebe«, «m de« Präsidenten der Republik das Kabinett vorzustclle«. lWTB.) * Paris, 10. Juli. Herriot, der nach seinen eigenen, schon berichteten Worten die Finanz» und WährungSsanterung ohne ausländische Hilfe durchführen will, hat einem Vertreter des „Demos" erklärt: Man must die notwendiaen Hilfsmittel für die Amortisierung der schwebenden Schuld for- der» Es wird sich darum handeln, z. B. ein« Sonderstcner ans Erbschaften sofort nach dem Tode beS Erblasser- zu er heben, ebenso eine Sondersteuer bei EigentnmSübergaug von bebautem nnd nicht bebautem Besitz zwischen Lebenden. Diele Ausnahme steuern und andere ähnlicher Art sollen der AmortisierungSkasse zusließcn. lW. T. B.) Schwankende AaUung -er Gruppe Morinaub' Paris, 10. Juli. HavaS zufolge hat der der sozialistisch, republikanischen Fraktion angehörende Abg. Morinaud mit einer Reihe von Abgeordneten über einen eventuell beim Kammerpräsidenten nnd dem Präsidenten der Republik Doumcrgue zu unternehmenden Schritt verhandelt, um beide von dem Wunsche der Mehrheit der Abgeordneten, alle nicht znm Kartell der Linke« gehörende« Gruppe« in Kennt nis z« setzen, daß ei« Ministerium der nationale« Einheit gebildet werde. Der gestern von der lozialistische« Sammerfraktio« ge faßte Beschluß der Nichtbetetligung der Sozialisten an einem Kabinett Herriot wurde nicht von sämtlichen Anwesenden restloSgebtlligt. Der Abgeordnete Vtncenz Auriol und Georges Wetll haben Vorbehalte gemacht, die ins Proto- toll ausgenommen sind. Doch sollen sie nicht beabsichtigen, «ine Erklärung abzugeben oder sich von der sozialistischen Kammer fraktion zu trennen. Die von Morinaud geführte» Abgeordneten haben auf den geplanten Schritt beim Präsidenten der Republik in Sachen der Bildung eines Ministeriums der nationalen Einheit vor läufig verzichtet angesichts der Tatsache, daß da» Kabinett Herriot so gut wie gebildet ist. lW. T. B.) Der Standpunkt der radikalen Arakilo«. Paris, 10. Juli. In einer heute von -er radikalen Kammersraktion abgehaltenen Sitzung wurde der Abgeordnete Malvq dafür, daß er mit 76 anderen radikalen Abgeordneten am Sonnabend für das Kabinett Briand—Caillaux gestimmt hatte, von einer Seite angegriffen. Malvy setzte sich energisch zur Wehr nnd erhielt die Genugtuung, daß in einer Tages ordnung. die mit großer Mehrheit angenommen wurde, seine Haltung Billigung fand. lW. T. B.) Amerika zum Sturze Eattlaux*. Nenqork, 10. Juli. „New Bork Times" schreibt, daß die Niederlage des Kabinetts Briand in Wirklichkeit durch ein politisches Komplott, das aus alten persönlichen Feindseligkeiten stamme, veranlaßt wurde. Die Völker, die mit Frankreich in Beziehung stünden, wünschten die Ver sicherung. daß Frankreich eine dauerhafte Negierung bilde, die imstande wäre, die Finanzen in Ordnimg zu bringen. „World" sagt, daß die Abweisung des Briandschen Programms Frank reich vor die schwerste Krise seit dem Kriege gestellt habe. Die Lage könne noch viel schlimmer werben, bevor die Meinungs verschiedenheiten unter den Parteien hinter den Forde rungen des nationalen Interesses zurückstehen würden. „Herold Tribüne" erklärt, daß die Kammer sich vor ihrer Verantwortung gedrückt habe und sich weigere, den Tatsachen in- Auge zu sehen. Ilalten und die französische Regierungskrise. Rom. 10. Juli. Die Blätter drücken einstimmta ihre Be sorgnis aus. welche Wege Frankreich nach der Niederlage NriandS zur Rettung seiner Finanzen etnschlagen werde. Der „Messaggero" schreibt u. a-: Briand ist über den Fetischismus des Parlaments gestürzt, der in der Verteidigung von Formeln besteht, und zwar tn einem Augenblick, da die größten Interessen der Nation auf dem Spiele stehen. Dieses Hindernis wird auch jedes ander« Kabinett vorftnden. (W. T.B.) Deutschlands Protest wegen Germersheim. Inslrukllonen an die -eulschen Derlreler in Paris und Koblenz. Berlin, 10. Juli. Aus Grund deS Berichtes, be« die bayrische Negierung über die sranzösischen Ausschreitungen in Germersheim erstattet hat, sind Instruktionen zur Einleitung eines diplomatischen Schrittes an de« beniichen Botschafter in Paris nnd an den Reichs» kommissar für die besetzten Gebiete in Koblenz ergangen. In Paris dürste sich die Aktion wegen der ^wicrigkciten der Negicrnugökrisc voraussichtlich ver zögern. In Koblenz wird der NcichSkommissar bei der Nhcinlandkommiksion sofort vorstrllia werden. Die Deulschenheye an Ser belgischen Küste. Flucht der deutschen Badegäste. Luremburg. 18. Juli. Von der belgischen Küste werden zahlreiche Zwischenfälle mit den dort auf der Sommerfrische befindliche» Deutschen gemeldet. Vielfach. Io wird berichtet, wäre sogar die Polizei genötigt gewesen, etnznschrciten. Die dortige nattvnalisliichc Presse habe durch bedauerliche veyartikel viel zu der gespannten Lage betgctragc» und die Bevölkerung ausgesvrdert, die deutschen Badegäste „hin- a u s z u e k e l n. Für das kommende belgische Nationalfest wird die Polizei tn Vlaukcnbcrghe bedeutend verstärkt werden müssen, Um weitere Kundgebungen vor Hotels, wo Deutsche wohnen, sowie Mißhandlungen zu verhindern. Ein großer Teil der Kutschen Badegäste Hai die ungastlich« Stätte natürlich bereits verlassen. Aeichskabinett und das Schreiben Walchs Berlin, 10. Juli. Das RetchSkabinett nahm tn seiner heutigen Sitzung den Bericht deS Reichswehr- Ministers über die Schreiben entgegen, die die Inter alliierte Mtlitärkontrollkommisston kürzlich an den Reichs kommissar als Vertreter der deutschen Regierung gegenüber der Interalliierten Mtlitärkontrollkommisston gerichtet hat. Das Rcichskabinett pflichtete den Ausführungen des Reichs« wehrministers bei «nd war mit der von ihm vorgeschlagcne« weitere« Behandlung -er Angelegenheit einverstanbe«. lWTB.) Unverzollte Weine im Keller -er I.M.K.K. (Durch Funktpruch.s Nerlin, 10. Juli. Wie die „Boss. Zeitung* berichtet, solle« dnrch daS Hanptzollamt Charlottenbnrg »000 Flaschen««- verzolltc Weine «nd Liköre im Keller beS HanseS, in dem sich die Interalliierte Miiitärkontrollkommisston «nd ihre Kantine befinden, beschlagnahmt worben sein. Der Leiter der Kontrollkommission, General Walch, habe gegen die Be schlagnahme Einspruch erhoben, mit der Begründung, daß der Wein nur für die Soldaten der Kommission bestimmt sei. Vor- läufig steht noch nicht fest, ob die Beschlagnahme aufrecht- crhalten werden kann. Erst die weiteren Untersuchungen des -HauptzollamteS werden ergeben, ob cs sich um eine Zoll hinterziehung gröberen MaßstabcS zum Schaben des Deutschen Reiches handelt. Durch Ses«n-«ng -er Wirlschaslskrast zur Ueberwinöung -er Gegenwarlsnol. Von Syndikus Karl Tögel, Coßmannsdorf. Di« politische Entwicklung, die «nS dicht bis an den Rän der -wetten Revolution geführt hat, ist vor allem gekenn zeichnet durch das Verhalten der deutschen Sozialisten. Keim Geringerer als der ZentrumSsührer Stegerwald schreibt im „Deutschen" folgendes: „Der Entschluß der Sozialdemokratie, ihre Mitwirkung bei -er gesetzlichen Auseinandersetzung mit den ehemaligen Fürstenhäusern zu versage», ist von ent scheidender politischer Bedeutung. ES ging hier nicht »nr um das Fürstengesetz, um ein Mehr oder Weniger nach der einen oder anderen Seite, eS ging um die Entscheidung: Agitation oder sachliche Politik. Die Sozial, demokratie hat sich für Agitation, für Ableh- nung einer sachlichen Mitarbeit entschieden. Sie Hai den Willen zu bitterharter Realpolitik nicht aufbringen können." Diese Kritik ist außerordentlich treffend. Nicht deswegen, weil sie einen neuen Zustand klar wmzeichnete, sondern vielmehr, weil sie die Wcllenschwankungen unseres politischen Lebens auf eine klare Begriffsbestimmung zurück führt. Gewiß hat die Linke am meisten insofern gesündigt, daß sie sich zu oft für die Agitation an Stelle praktischer Sach- arbeit entschied. Aber der Fluch des ganzen deutschen Parla mentarismus und sein völliges Versinken zur Bedeutungs losigkeit ist allzu sehr dadurch begründet, daß die Parteien des Reichstages und auch der Landesparlamente, ja selbst der Kommunen sich andauernd so einstellten, als sei am nächsten Sonntag Wahltag. Das AgitationsbedürfnlS hat di« Sach- arbcit viel zu sehr überwuchert. Daraus folgt aber, -aß wir aus dem ersten Stadium der Rcvoluttonswi-rren innerlich noch nicht hcrauSgekomme« sind. Stegerwald schreibt dann weiter: „Die Sozialdemokratie kann unmöglich im unklaren darüber sein, -aß tn dieser wirt schaftlichen und sozialen Krisen- und Notzeit ein Leben nnd Regieren so wie bisher von der Hand tn den Mund nicht länger möglich ist. Wir brauchen eine stabile Regierung, eine sicher« Regierung. Wir müssen zu einer Wirtschafts- Steuer- und Zollpolitik auf weiter« Sicht kommen. Wir brauchen eine klare, feste Linie der Entwick lung, damit jeder mit dem Gefühl der Sicherheit an sein« Arbeit gehen kann. Aus der verhängnisvollen tnnerpoliti- schen Unruhe und Hetzatmosphäre muß das deutsche Volk end- lich heraus. Das heißt auf gut deutsch: mit der hemmungS- losen Agitation, die sich um realpolitische Notwendigkeiten nicht kümmert, muß Schluß gemacht werden." Mit andere« Worten: Wir müssen heraus aus -er Revolution «nd müssen endlich zur Evolution kommen. Einen Krieg so verlieren wie daS deutsche Volk, und dann acht Jahre lang sich eine Revolution leisten wie bisher, muß zu dem Ehaos führen, vor dem wir unmittelbar stehen. An den Ausführungen Stegerwalds ist aber weiter wichtig die Hervorhebung der Bedeutung der wirtschaftlichen Entwicklung des deutschen Volkes. Auch hier hat der We» der unS bis hierher geführt hat, schwere Jrrgäng« aufzu weisen. Wir haben dem deutschen Volke nicht nur den alten Staat zerschlagen, ohne eine andere als rein bnchstabcnmäßige Neuschöpfung an seine Stelle zu setzen, die im Geistesleben der Massen weder innerlich gewollt, noch erfaßt, noch be geistert verteidigt wird. Wir haben tm materialistischen Ringen aller gegen alle auch die Wirtschaft an den Rand völligen Zusammenbruches gebracht. Damit hat man aber dem deutschen Volke seine letzte Lcbcnsstütze morsch werden lassen, ohne die es ein vbnsisches sowohl alS auch ein staat liche» Dasein schlechterdings nicht zu führen vermag. Di« Bedeutung der Wirtschaft liegt, das sei ausdrücklich betont, nicht im Herrschen über Staat »nd Volk, sondern im Dienst am Volksganzen. Aber indem die Wirtschaft nichi nur Brot nnd Arbeit bereitstellen soll, indem sie durch Ausfuhr crzcirgter Werte die Einfuhr ermöglichen soll, indem sie dem Staate aus der NcparationSvcrschuldung mit heraushclfen soll, in dem sie die letzte und einzig« Quelle unserer Werte schaffen den Kraft überhaupt noch tst. beansprucht sie Rücksichtnahme auf die Lebensgeictze. di« für sie genau so gültig sind, wi« bi« Gesetze der Natur für dieselbe. Die oben skizzierte revolutionäre Entwicklung hat dieser Tatsache nicht Rechnung getragen. Gerade auch die letzte Zeit erweist erneut, daß aus einer rein egoistischen Jnteresseu- ausfassung heraus sich jeder an die melkende Kuh Hera »drängt. -MK W W ! M MH