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Dresdner Nachrichten : 15.12.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-189912158
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18991215
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18991215
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-12
- Tag 1899-12-15
-
Monat
1899-12
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 15.12.1899
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der Regierung liegt vor. dankbar ist sich die Beamtenschaft dieses Umstande« bewußt. Mit Venvuudcmib mutz sie es daher empfinden, daß auch die kvuservalive Partei, von der ste das weitgehendste Ver ständlich für die Verhältnisse der Beamte» wohl erwa>ten kann, idic» Bitten und den Vorschlägen der Negierung nicht Gehör schenken will. Diele Ertcnntniß m schmerzlich, um so mehr. als es bekannt ist, daß bei jedem Landtage neue Anträge aus Erbauung vo» sinanriell unrentablen Eisenbahnen eingebracht und damit die Finaiuverhältnissc nicht nur nicht verbesseit, toildern noch mehr ver schlechtert tverden. Wenn die Ueberschüsse der Stantseiienbnhnen und damit die Uebcrichüsse des aesamniten Staatsvermögens in den letzten Jahre» gegen früher wesentlich geringer geworden sind, so ist der Grund eben darin zu suchen, daß eine große Reihe von Bahnen gebaut wurden, die entweder nur ganz geringe Vcr- zinsungen des Anlagekapitals ergeben oder gar nur aus Kosten der rentableren Linien betrieben werden können. Und die neuen Projekte von schmalspurige» Linien, die kür die nächste Zeit zur Anssühmng im autzciordentlichen Stnatslinushaltsctat vorgesehen sind und die einen nicht unwesentlichen Theil der aufzunehmcnocn „neuen Schulden von 107 Millionen" ansmachen, werden ebenfalls nicht zu den werbende» Kapitalien gehören, sondern zu denen, die die Rente noch mehr herabt»licken. — Noch vermögen die Be amten Sachsens und insbesondere die der Slaatsciienbahne» nicht daran zu glauben, daß der letzt tngende Landtag in scinerMehr - heit bez. der WohnungSgcldsrage sich ans den Standpunkt des Verfassers des citiiten Aussatzes stellen wird, noch immer erhoffen sie von der Einsicht der Lnndstände die Erfüllung ihrer gewiß be rechtigten Bitte. Wenn aber Ihatsächlich andere Rücknchken cs unbedmgt nöthig machen sollten, daß die Erwartungen von 30.000 Beamten aus endliche Zubilligung des in allen anderen Staaten Deutschlands seit Jahren schon gewährten Wvhnungsgcldes sich nicht erfüllen sollten, so werden sie — gewöhnt an geduldiges Warten, aber auch an beharrliche Ausdauer — immer und immer wieder erneut ihre Bitten znni Ausdruck bringen, so lange — bis das Ziel erreicht ist - Das Ministerium des Inner» erläßt ii» „Drcsdu. Jonrn." eine Verordnung zur Ausführung deö I n v a l i d e n v er j i ch e r - ungsgeletzeS vom 13. Juli 189!). vom 30. November 1899. — Das König!. Sächsische Medizinalkolicgium hat einstimmig einen Antrag angenommen, welcher die Regierung ersucht, beim Bundesrathc dahin zu wirken, daß die B c h a » d l n n g Kranker aus der Fe.nc durch in öffentlichen Blättern, Büchern u. s. w. gegebene Heilvorichristeii unter Strafe gestellt und daß die An kündigung oder Anpreisung solcher Jernbehcrndlung überhaupt — auch der brieflichen — bei Strafe verboten werde. In der Be gründung des Antrages wurde darauf hingewiesen, daß eine Krcmkenbehandlnng ohne Feststellung der Krunkheit und ohne vorgänaige Untersuchung betrügerischer Schwindel sei. Tic Fern- behaudlung sichre zu Gcs»ndheits>chädigungen, die viel zahlreicher seien, als sie vor Gericht nnchgewieicn werben könnten, sowie zu betrügerischer Ausbeulung des Publikums- — Der Bund der Landwirthe im 33. Reichstag-Wahlkreise hat in seiner diesjährigen Hanvlverscminilniig Herr» Ritlergnisbesitzer Kasten aut Nvienberg als Hanpldeiegirten und Herrn Wciuer ans Äöfenbrnim als dessen Stellvertreter einstimmig wicdec- gewählt. — Den Mitgliedern der Ortsgruppe Dresden vom All deutschen Verband wurde am Millwoch Abend im großen Saale des Verein-Hanies von Herrn Oberlehrer Dr. Bassenge ein hochinteressanter Flotte nvortcng geboten. In der dem Redner eigenen feurigen und begeisternden Art erläuterte er zunächst eingehend an bedeutsamen Vorgängen aus der alten und »eueren Geschichte, daß eine starte Kuca-llvtte sür Denlschiand eine Lebensnothwendigkcit ici. Unter Würdigung der Bedeninng der „Hansa" begründete Redner dann, welche Steilung zur See Deutschland anslreben und behaupten müsse. Durch die Geschichte sei bezeugt, daß die Deutschen die besten Koloniiatoien der Welt seien. Die Thaffache, daß wir uns zur zweiten Handeismacht der Weit und Hamburg sich znm zweiten Hasen der Weil empor- qeschwuiigen habe, sei ein glänzendes Zengniß sür umere wirth- schamiche und koloniale Befähigung. Wir bedürfen einer starken Flotte vor Allem auch zu unserer eigenen heimischen Entwickelung. Deutschland wächst sei! 1883 lähciich um mehc als eine halbe Million Bewohner und desindet sich in einer sleligen anffieigenden Entwickel ung. Ausführlich schilderte hieraus der Herr Vorlrageude die Ent- ,ac' ert (Schülerin von Fr!, v^ Kotzebue) gebotenen letnngen — > vo» Irl. roorcverr tÄlvuierl» von Fr, , ^ Gesänge. Für die übrigen musikalischen Tarbietnngen — das Arrangement des Abends unterband einem hiesigen hervorragenden Zahnärzte - erübrigt sich wohl die öffentliche Besprechung. Da die Wohlihätigkrit aber i» jeder Form eine immer und stets will kommene Erscheinung ist. so dürfen auch sämmtliche andere an der ! guten Sache Belheiligte den Dank sür den guten Willen ent- ' gegeiliicbmen. Amüsirt hat man sich aus alle Falle. — Eine neue, dreifache Lösung der „Stäudehans - und Ter rasse» frage", die auch schon de» Staatsministern und verschiedenen Mitgliedern der Kammern unterbreitet worben ist. bringt und veranschaulicht ein architektonisches Tableau, das von dem Urheber dem „Lei e-M use nm" (Georgplatz I, I.) zur Aus stellung übergebe» worden ist. Wickelung der Deutsche» Handel-fiotlc. riesige Aufschwung von Deutschlands Hansel Hot schon lauge England eifersüchtig ge macht und immer mehr werde» der Stimmen, die mit tiilter Be rechnung die Vernichtuiia des deuffchcu Handels durch einen von England prvvozirten Seekrieg fordern. Wir verlangen keine Flotte, die England die Spitze biete» kann, aber wir fordern eine Flotte, die so stark sein muß, umere» Handel wirksam zu schützen und insbesondere auch nnferc Neutralität zu wahren und uns die Freiheit deS Haudeis zu sichern. Wir wollen keine Macht von der Sec verdrängen, aber wir wollen auch uriS nicht verdränge» lassen. Als Hnuptbebenkeu gegen die Vermehrung der Kriegsflotte Werde ihre Kostspieligleit angeführt: mit denselben Gründe» leien unzählige Male die Forderungen für unser Landhecr bekämpft worden. Sei Deutschland durch die Schnsfnng seines Heeres zu Grunde gegangen? Das Äcgentheil sei cnigetreten. Zmanniien- fassend betonte Redner zum Schiuß, unsere Losung müsse sein: Dein Deutschen Reiche eine starke Flotte und zwar bedingungslos. Der durch statistisches Figiirciiwerk ?c. unterstützte Vortrag, von Herrn Dr. Bassenge poerml, cinaeleitet und geschlossen, enttesjclle einen geradezu stürmischen Beifall. Die begeisterte Stimmung der Versammlung fand ihren Widerhall in drei Depeschen an den Kaiser, an den Grafen Ballcstmii als Präsidenten des Reichstags und an den Staalsjekrclär des Reichs-Mannemnts Viec Adnurai Tirpitz. — Nur noch iveniac Tage — und der uralte heilige Zauber der Weihnacht senkt sich wieder über die winterliche Erde und der Stern von Bethlehem, der einst der Weit das nahende Hei! verkündete, geht als des Lehens Licht und Wonne im Herzen der Menschheit auf, erwärmt und begeistert sic zu Thaien der Liebe und läßt sie die seligste Wonne: die Freude fröhlichen Gebens m vollen Zügen genießen. Aber nicht nur seiner Lieben toll man in den Tagen dicier schönen Wcibnachiszeit gedenken und mir all' < den süßen Heimlichkeiten zu überraschen trachten, die Znneignng und Verehrung zui» Freunde ersinnen, mehr noch ivrdeii Vas Fest der Liebe auf. die Armen nicht zu vergesse», die draußen an den Zäunen und Hecken lagern, wie cs in der Schrill heust, und die da nicht wissen, wo sie ihr »indes Haupt hinlegen sollen, und denen am heiligen Abend kein Weihnachtsbanm brennt und strahlende Freude in's .Herz gießt. „Arme habt ihr alle Zeit" hat der Herr zum ersten gesagt — Vas ist eine Aufforderung — und „WaS ihr gelhan habt diesem der Geringsten Einem, das habt ihr mir getlmn" hat er zum anderen getagt — das ist eine Verheißung. Möge sie recht viele Herzen auch in unserer Stadt mit herzlichem Appell zu Thaien der Liebe ermuntern. Nainenllich der ver schämten Armen zu gedenken, — das sollte Jeder »ach Krallen zu tkun bestrebt sein. Fehlt es hier doch manchmal am Attcr- nöthigsten. an Holz und Kohlen zu einer warmen Stube: das Armenamt hat es darum, wie jedes Jahr, so auch in diesem voraussichtlich recht strengen Winter für angczeigt gehalten, eine besondere Annahmestelle sür die Gelder zur Unterstützung ver schämter Aimer inil Holz und Kohlen zu errichten. Ovfcrwtllig wie immer hat als der ersten Einer Se. Maiestät der König ISO Ml. für diesen Zweck gespendet. Möge dieses edle, wahrhnst fürstliche Beispiel Nachfolger in reicher Fülle finden: das frohe Bewußtsein guter Thal wird all' den sreundlichen Gebern ani Weihnachtsabend der schönste Lohn sein und sie werden die herrlichen Worte des Weihnacht-Zaubers von Robert Prntz erst recht verstehen leriicii, wen» er steht: „Scillae Nacht, mit tausend Kerzen Steigst Du feierlich heraus. O io geh' in uns'rcn .Herzen Slern des Lebens, geh' uns auf! , Schau, im Himmel und aus Erven Glänzt der Lieb« Roscnschein, — Friede ioll's noch einmal werden, Und die Lieb' wll König sein l" — In Gestalt eines W oh lthä ti akeits-ConcertS zf ein Kreis der hiesigen Fremde nkolonie alljährlich um . lese Zeit einen geselligen Abend zu veranstalten, in dessen Ver lause mnsicirt, dinirt und schließlich auch der Mnsc Tcrpncbore ge« huldigt wird. Dieser „Abend" wurde für die lausende Saison am Dienstag lm Europäischen Hofe abgehalten unter der Auszeichnung des Besuchs Ihrer Kaiser!, und König!. Hoheit der Frau Prinzeg Friedrich August. Von künstlerischem Werthe wurden die ZortMe des Herr» Eoncertmeister Lewingcr (ü'aniasm appne-nonata, raftcsgescsttchte. Deutsches Reich. Aus der ersten Rede, die der preußische Finanziiiiiiister v. Miguel vorgestern im Reichstage gehalten hat. sind noch folgende Ausführungen hervorzuheben: Herr Dr. Lieber hat gestern eine eingehende Kritik an der Hamburger Rede Sr. Maiestät des Kaisers geübt Ich will ihm darin nicht folgen. Ich muß erklären, daß ich in der gelammten parlamentarischen Praxis eine solche Behandlung allerhöchster Kundgebungen nicht kenne, wenn allerdings auch gegenwärtig der Herr Präsident eine solche znläßt. Ich würde ihm aber auch iiicineiscitS darin nicht folgen, wenn Herr Dr. Lieber nicht jene allerhöchste Rede mit niemer Person in Verbindung zu bringe» sich crlauvt hakte. (Oho! links.) In der Kritik, die Herr Dr. Lieber an den Reden Sr. Mmestät gehalten, will ich. wie getagt, ihm nicht folgen. Ich stelle ihm bloS eine andere Auffassung entgegen, welche diele Rede als eine ans tiefer Sorge sür die Gegenwart und Zukunft des deutschen Vaterlandes hervvrgegangene Anregung an oas deutsche Volk sieht, sich auf sich selbst zu besinnen, die Gefahren zu er kennen. von denen er umgeben ist. entschlossen z» sein, dir zur Abwehr derselben erforderlichen Maßregeln zu ergreifen, und auch bedenkende Opfer nicht zu scheue». Diese Rede bat einen großen Widerhall unler Millionen Patrioten in Deutschland gefunden. Wir können uns freuen, daß von allerhöchster Stelle iolche Worte an die Nation gerichtet worden sind, wobei Se. Majestät vollstes Vertrauen zu der Liebe des de,rochen Volkes zu fernem Vatcrinrrde gezeigt hat. Wenn Se. Majestät auch gemahnt hak, von den Parteiungen und dem FraktionSwesen nbznlasse». jo finden auch diele Worte in großen Theilen der Bevölkerung die volle Zu stimmung. (Große Unruhe links.) Herr Dr. Lieber bat dann ge sagt, nnveraritwvrtliche Rath gebe r. und er bezeichnet deutlich genug mich als wenigstens einen derselben (Heiterkeit-, hätte» das dentsche Volt bei Sr. Majestät verdächtigt. Ich muß sagen, daß ein solcher Vorwurf mir oder einem anderen Menschen gemacht wird, ohne daß man irgend weiche Beweise dafür erbringen kann. Das ist bisher in meiner ganzen politischen Erfahrung mir noch nicht Vvrgekvmmen. Meine Herren, ich ist» weder oerantworilicher noch imveranlwvrliicher Rnlhgeber gewesen. Seine Majestät braucht keinen Rathgebcr (Grone Bewegung und Ohornse links-, um seine A.nichannngen ans dein Geörcte der Marine und der Flotte sich zu bilden. JeoeninUs wäre ich Varn der am aller wenigsten Vernsenc, und es wird Herrn Tr. Lieber auch nicht gelingen, für diese vvrstchlig ansgedrircktc Insinuation (Oho! im Eeukriiiii) den allergeringsten Beweis zu erbringen. Ich begreife auch nicht, wie Jemand es für möglich halten kann, daß irgend ein Meirich bei Sr. Maiestät, dein ersten Patrioten Deutschlands, das deutsche Volk zu verdächtigen im Stande gewesen wäre. Es ist, ich tan» nicht anders sagen, geradezu lächerlich, »nr einen solchen Gedanken aiisjnivrecheii. Herr Tr. Lieber hat dann — und das war vielleicht der ganze Zweck ieincr Rede — die Ge legenheit benutzt, um mich hinznstellen nlö einen Mann, der keine eigene Ucberzengnng hätte (Heiterkeit iiiiks). der seine Meinung sorkwähreno wandie iverstärtte Heiterkeit) und der in ieincr eigenen Selbstnberichätzniig alle Parleicegnngen als schädlich und nachtheiilg hinznstelleli bemüht ist. Gr Hut in meiner eigenen Luusbahn gegennbergestell! den Kommunisten und de» Agrarier. Ich havc nie geleugnet, daß ich in meiner Jngend- zcit unter den Einwirkungen des Jahres 18l8, weiche- ick ais Stndent erlebte, unfähig der Tiaieliit eines großen Denkers zu widerstehen, mich den Amchaunngen Kaci Märst tagte. IR habe keinen Grund gehabt, das zu leugnenj im Gcgenthcil bin ich dieser Enlwickclniigsperiode dantbar. Liber rch habe hiazuzmetzen, daß ich auch schon in früher Jugendzeit mich von diesen Ideen dmch gründliche historische, wissenschaftliche Studien befreit habe. Vielleicht hat man mir daS nicht glauben wollen und eine nnbercchtigic Wandciburkeil meiner Llnffasinng in dieser Ablehnung »»reifer Jngendidcen gctnade». Ich werde Ihnen einen Zeugen dafür vorführen, den Sie Lille kennen und dem, obwohl er mein Freund war, Niemand Pcilleilichkeii und Unwahrheit wird vor- wersen können r das ist der Wirtliche Geheime Rath Planck, der erste Verfasser oder Mitarbeiter wenigsten- des denn'chen Bürger lichen Gesetzbuchs. Redner verliest einen Brief des Geheimialhs Planck. in weichem c- heißt: „E- tritt voi meine Seele die Zeit, als Du in den fünfziger Jahren Advokat hier in Güttingen warst und wir damals neben hannvvericher Politik eifrig Naiivnaiökononiie zmannnen betrieben. Tu warst daniuis ichvn von Deiner ingeiid- lichen Schwärmerei für Man geheilt." Gerechter Weile kann mn» mir dieic Turchgangsenlwickelnilg in frühester Jugend nicht als Wandelbarkeit vocwcrien und ich linde es — ich glaube, mit Ihrer Zustimmung — sehe kleinlich, immer nach Art der allen Tante Voß alte Gclchichten imeder nnsznrührcn. Es ging mir damals auch nicht allem so, sondern Hunderte von Studenten waren in der gleichen Lage, und alle meine damaiigcn Freunde stehe» heute gen»» ans dem gleichen Slandpnnkte wie ich. Seit der Feit aber, Herr Dr. Lieber, habe ich leine anderen Wandlungen durchgcmacht als diejenigen., welche leder Mensch, der »sine täglichen Erfahrungen aus der» öff'enrlichen Leben zieht, noihwendig durrlimucheii muß, wenn er nicht sich einbildet, eine einmal gefaßte Meinnng über eine bestimmte Frage ici nun für ewige Zeiten richtig, wie sich auch die Zustände und Verhältnisse ändern Ich komme im» zu dem Wort „Agrarier". Wenn Herr Dr. Lieber nnlcr ..Agrarier" einen vbictliven Veiirtbeiler der Lage der Lniidwirlhschast versteht, der das Verständniß dafür hat, dag Deiilschlaad weder allein ein Ligrarslaa! noch ein Industriestaat allein ist (Beifall rechts), und da- Verständniß daffir. daß die Landwirihschnft ohne ihre eigene Schuld, durch die Entwickelung der Dinge, ui eme schwere Lage gekvmmen ist (Beifall reckst-), und daß der Staat die Ausgabe und die Pflicht hat, soweit e-2 in ieiner Macht lieht und andere In teressen nicht geschädigt werden, zu thun, was seinerseits für die Landwiithschafl gekhan werden kann (Beifall rechts- — wenn Sic dies unter einem „Agrarier" verstehen, io übernehme ich diese Elinraktensirnng mit Stolz und werde demgemäß in der kurzen Zeit, wo ich noch mitziiwuten haben werde, weiter handeln. iBei sall reck»-.) Nun soll ich das dcnlschc Volt bei Sr. Majestät „verdächtigt" haben. — Sie werden mir nachsühlen, daß ick es unter meiner Würde halten mnß. auf einen solchen Vorwurf zu anlworlen. Ich könnte es auch nicht in parlamentarischer Form, mein moralischer Widerwille «Unruhe links und iinEcntruin) empört sich dagegen, und deshalb gebe ich darüber hinweg. Ich glaube, was die Liebe znm denischcn Voll cinlaiigt, die Arbeit sür die Errichtting deS Deutschen streiche-, eine -IRährigc Thätigleit ans allen Gebieten des Reiches und StaatS- wcseiis, io lömiic ich verwesten genug lei», mit dem so hochver dienten Abg. Dr. Lieber imch ans eine Stuw zu stellen. Ich ver stehe es nicht, loie diese Auffassung beim Abg. Lieber entstanden rst.' Wir hatten im vorigen Landlaae gemeinsam über das Kvmmunalwahigesetz berathcn. ohne zumEinverständnißzu kommen; wir schieden im besten Einvernehmen. Abg. Dr. Lieber besuchte mich dann i» der freundschaftlichsten Weise in EniS, und wir uiiterhielien u»S damals, in vollem Einvernehmen, über die lausenden Fragen. Von irgend einer Klage über mein Benehmen war gar nicht die R _ . i» Main; eine Rakete losgclasjen gegen mich. (Heiterkeit) Ich , ' d l» " ' ' ' " vor deni man sich hüten muß und den man im Auge muß. Ich war iin höchste» Maße erstaunt und wußte mir das eriuvcrirevmen. nvcr oic Klage oder Mißhelligkeit die Rede. Plötzlich wird i mich. (Heiterkeit) Ich werde als Feind dcs Ecntrnms bezeichnet, als einflußreicherMann, ' " --.L ^ man im Auge behalten !aße erstaunt und wußte mir das . . .... ilttmittribar eine gewaltige Hetze Presse gegen mich. Was diese eigentlich be- AlleS rührte, weiß ich nicht. Ter Aba. r gilt, wie sehr ich von ieher konfessionelle ! deSE « ntrums bei Gelegenheit des Bürgerlichen Gesetzbuches ! und des JlottengelrtzeS anerkannt habe: er weiß genau, daß ich s geradezu unfähig bin. gegen das Centrum irgend etwas zu unter i nehmen, und ich begreife nicht, wie er dazu kommt, mir solche Dinge zu imputiren. Meine Neigung, die Minorität immer zu berücksichtigen, hat mir vo» ieher Vorwürfe meiner eigenen pvliti ichen «zreunde znaezogen. Man kann dabei so weit gehen, als die Ausgabe der Regierung in Betracht kommt, den Frieden unter den Konfessionen aufrecht zu crlmtien. Es sind da gewisse Grenzen gezogen, die der aewiffenhnUc Staatsmann nicht überschreiten darf, lieber das Maß des Entgegenkommens gegen die Minder heit kann man verschiedener Meinung sein, über da bildet die Grenze der Umstand, daß nichts geschehen dark. was geeignet ist. den köi'.scisionellcn Frieden zu stören. Das Eentrum wird nicht niehr verlangen Vielleicht klärt mich Dr. Lieber näher auf, aber ich weide mich in meiner politische» Haltung nicht im Geringsten störe» lasten, sondern meiner eigenen Ueberzeugung folgen, wei' viel größere Interessen aus dem Spiele stehen als Das, was i» den Zeitungen and in den Reden der Abgeordneten verschiedener Parteien ausgesprochen wird. Bei Gelegenheit der ersten gemeinsamen Feier deS Stiftungs festes der hannoverschen Garde-Kürassiere und der Hannover schen 1-1. Ulanen hatte die Festversaiiunlung ein Huidigungs und Ergebenheitstetegramm an den Kaiser gesandt. .Hieran) crtheilte der Monarch folgende Antwort: Den zum erste! Maie den gcmeiniamen Stistungstag als Kameraden desselben Heeres feiernden Offiziere» des ehemaligen hannoverschen Garde Küraff'ier-RegimentS und des 3. hannvvcrichen Ulanen-Regimentz Nr. 11 danke Ich sür daS Mir übersandte Telegramm. Es ist Mir eine freudige Genngthnnng. zu sehen, daß, so wie Ich es ge wünscht, die alten hannoverschen Offiziere jetzt in de» Reihen ihrer jüngsten Kameraden ein Heim gefunden, in dem sie der glorreichen Thaien ihre- alten Regiment- gedenken und in dem jungen Ge schlecht die Bürgschaft einer gleichen Znknnst heranwachsen sehen können. Ich vertraue nnd weiß, daß Meine Nicdersachsen sich stets de- Rufes ihrer Voreltern würdig zeigen und schlagen werden. Ans Befehl des Kaisers werden in der ersten Hälfte des Januar an den preußiichen Universitäten nnd übrigen Hochschulen Iab rhunocrtsciern veranstaltet werden. Im preußischen Jlnanzministenum ist jetzt ein endgistiger Plan für die Besteuerung der Waarcnhäuser cuifgestcttz Ter Begriff des Waarenhames wird io deffnirl werden, daß die bekannten asten großen Kaufhäuser wie RudolsHeizog und Gcrsoii. die iin Wcjenilichen Kvnfctlivns-, Kleidungs- und Ausstattung-,, gegenstände vertreiben, nicht unter die besondere Steuer fü- Waarenhällser fallen. Diese soll diejenigen Waarenhäuser treffen, die außer den genannten Branche» noch andere, z. B- Nahrung- mittel. Bucker, Haushalttingsgcgenstände. vertreiben. Die Steuer wird hochaegriffene Sätze haben und wahrscheinlich nach der Zahl der Branchen steigen. In dem Verwaltnngsstreit des Berliner Magistrai- gcgen den Polizeipräsidenten wegen Versagung der Banerlanbnff. sür das Projekt eines Eingangsportals am Friedhöfe der März gefallenen entschied das Oberverwattnngsgcricht gestern, daß dm Berufung de-Magistrats gegen daS abweisende Urtheil des Bezirks an-schnffeS kostenpflichtig zu verwerfen sei. Ter P rvpsi TulinSki in Rawitsch, der bei der letzten Rekrutenvcreidignng die Entfernung der Fahne aus der katholischen Kirche verlangte, hat auf die Piovstslellnng verzichtet. Iin badischen Landtage verlas vor Eintritt in die Berathung des Antrags Mmer n. Gen. betr. die Instruktiv» der badischen BnndesrakhSbevollniächtigten hiiisichtiich des Geseke- zum Schutze d e r A r b e i tSw i l l i g e n der Präsident eine vom Slaalsmini- sterinm cingeiandte Erklärung, die besagt, die großherzogliche Re gierung fei nicht in der Lage, über den Inhalt eines vom Reichs tage avgeichnten Gesetzes noch nachträglich im Landtage in eine DlStnssion cinznttetcn. sie vermöge auch nicht, sich über den Ver lauf der Beraihlmgen im Bnndesrathe zu äußern Zur Begründung, daß badische ^.onderintercffen nickr berührt worden seren, bezieht sie sich ans den vom Pundesrnthc eimumnng angenommenen Geletzcniwnr» über den Schutz der Arbeiiswilligen und die dem Entwntte beigcgebencn Motive. Künftigen Gesetzesvvrlagen behalte sich die Regierung freie Entschließung und sorgfältige Prüfung vor. Nach dreier Erklärung wurde die Sitzung auf Antrag Wacker (Eentr.) ans eine halbe Stunde unterbrochen. Tie Verhaftung eines cingebiichen Berliner A nar ch istcn wird ans Hannover gemeldet. Als dort der Berliner Schnellzug a»f dem Hanvtbahnhofe einsuhr. schritten zwei Polizisten ans einen besonders elegant geilcideteii Paffagier zu, erklärten ihn sin ver haftet und führten ihn zur Wache ab. Es handelt sich, ko wird in Hiinnvvcr erzähst. um „einen der gefährlichsten Anarchisten Berlin-", dessen Verhaftung von der Berliner polilischenZPoiizci telegraphisch nngeordnet Wochen war. Oesterreich. In Hostrene» in Budapest wird abermals ver sichert. der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand wolle ans seine Eheschließung mit der Gräfin Eiwtek nicht verzichten. In Folge desse» habe ihm der Kaffer eine Bedcnkzeil von zwei Jahren, gegeben, nach deren Ablauf der Erzherzog entweder aus die Ehe oder auf die Thronfolge verzichten müsse. Im A b ge o r d ne t e ii h n n > e sprach der Czechc Fori fast 5 Stunden theils ezechisch, theil- deutsch und schloß seine Rede mit der Erklärung, das; der gegenwärtige Ausgleich mit UnganL einen Tribut Oesterreichs von mehr als 30 Millionen an Ungarn bedeute. Unter diesen Umständen verbiete ihm sein Gewissen, sitz die Vorlage z» stimme». (Lebhafter Beifall bei den Ezechen. Menge» sprach für das O.noteiigesctz und erklärte als Mitglied de. O.iiokeirdcpukation, daß Jeder, der sein Vaterland liebt, so handeln mußte wie er nnd die Ouokendcvutation. Er verwies ans die listigste Rede des Staatssekretärs Grasen v. Bülvw und sagte, der Unterschied zwischen den Verhältnissen in Deutschland und den tzlc Je nicht zu erklären. Tan» folgte iliimittribar eine der ganzen klerikalen " weckte, wvhcr das vr Lieber weiß sehr gilt, wie lehr ich von »eher konfessionelle Ziagen mit größter Objektivität. Gerechtigkeit und Billigkeit lebandelt habe, wwohl als Abgeordneter, wie als Mitglied deö derrenlwitscS. als Minister iowobl wie als Kommunalbcamter. xr weiß genau, wie ich konfeffwnelle Schärfen für eine große Schwächung, ja ein Unglück in uniercm Vaterlands halte: er weiß genau, daß ich lininer gehofft und gestrebt habe nach fried licher Löffiiig. Cr weiß genau aus sehr vielen Unterredungen, daß kch in vollem Maße die patriotische und reich-treue Haltungi laniiiieriicheii Zustände» in Oesterreich dränge sich Jedermann am Selbst das Denlsche Reich verfolge die Tendenz, seine wlrthichast- iictze Thätigkest weit nach außen hinaus zu lenken, während Ocstei reich abicils siche. Da- kommende Jahrhundert werde ein großes (ein, die Völler Oesterreich- mögen ibre inneren Streitigkeiten ansgeben, um nicht jene große Zeit der Thciluiig ver Erde zu vcr säumen. „Wir könnten." schloß der Redner, „durch ein entsprechen des Uebcreinkommen niit dem Deutschen Reiche und wirthschastliche Linnäherung gioßen Nutzen schassen. Wir sollen aus der hoch bedeutsamen Rede v. Bnlow'S entsprechende Lehren ziehen." -Lebhafter Beifall > Der BudgetanSschuß hielt gestern eine Sitzung ab. der sämmi liche Minister beiwohnten. Der Vorsitz ende im Mmisterrath Grar Elartt gab eine Erklärung ab, in welcher es heißt, es sei der Regierung vorgeworfe» worden, daß sie ungerecht und parteiisch vorgehe, ia. daß sie dem czechiichen Volke gegenüber eine geradezu beleidigende Stellung einnchme. Dem müsse er eittichieden wider sprechen. Tie Regierung schätze da- ezechische Volk und wisse dessen lustnrelle und wirthschafliiche Bedeutung und Stellung im Staate vollauf zu würdigen. Redner hob hervor, die Aufhebung der Sprachenverordnungen sei eine politische Nothwendigkeil gewesen. Die tv dringend gebotene und von Allen ersehnte nationale Verständigung in Böhmen nnd Mähren durch eine gründiichc uno »msassende Regelung sännntlicher Fragen des ganzen Komplexe- dcr ros Lolismioao sei ohne vorherige Aufhebung der Sprachen Verordnungen nahezu unniögstch erschiene», zumal die llcberzeugmig sich tinmer mehr befestigte, daß eine dauernde Regelung der Sprachentcage mir im Wege der Gesetzgebung möglich sei. Durch diese Maßnahme lei für die gesetzliche Regelung der Sorachensrage freie Bahn geichasien worden. Durch sic sei cs nunmehr beiden Theilen ermöglicht, in Verhandlungen einzutrcten. Der Redner wies auf die abgehaltenen interparlamentarischen Konferenzen hin, wobei eine erfreuliche Annäherung zwischen den Vertretern beider Völker zu verzeichnen gewesen sei. Frankreich. In der Klägern che Labori' k gegen die „Libre Parole", welche nach dein Attentat auf Labori in Rennes behauptet hatte, Labori sei in Rennes übcrbnnpt nicht von ctnein Pistolenschuß verwundet worden, wurde die „Libre Parole", welche vor Gericht nicht vcltreten war. zu einer Geldstrafe von 3000 Jrcs-. zu 1 Frc. Schadenersatz und zur Veröffentlichung des Urtheil- in 340 Blättem verurihcilt. Italien. Die Kammer verwarf einen aus die Haltung der Regierung in der chinesischen Angelegenheit bezüglichen TadelS- antrag der äußersten Linken mit 163 gegen 64 Stimmen. (Wiederholtst Zur Afsaire Palizzolo wird noch berichtet: Heitertest, gleichzeitig aber auch ernste Verstimmung erregte die Thatsache, daß bei der die Verhaftung des „Kollegen" Palizzolo betreffenden Abstimmung in der Kammer zuerst im geheimen Mahlgänge 18 Stimmen gegen den Antrag abgegeben wurden, während beim zweiten namentlichen Abstimmcn alle Drputirten. ohne eine einzige Ausnahme, für den Antrag aus Verfolgung und Verhaftung Mo sind also die 18 Anhänger Palizzolo S oder Ver- D*e»-neV Nachrichten. irr. 317. Leite:r. WW Freitag. 13. Tezbr. 18!1»
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