Volltext Seite (XML)
Sonntag. 7. November 1915. SO. Jahrgang, 90V. Drahtanschrift: Rach richten »««de«. Femsprecher-Sammelnuminer: 28 241. , 0«E«-S;nS»nt-8ek°k°!aS^ Aakm-ZckqkolaSe E 0lchi^i4^-Aitter-8ek«koIaAe ^ vrrENH- ICakao, Dessei-d. Schriftleitung und HauptgelchäftsMk. Marienstrafte 38/40. Druck u. Verlag von Siepsch L Reichardt iu Dre»den, Dsuerdrsncküksn bevästicke erstirlLSsi^e :: I^LdnIiLte :: vrsscksn-/^. VWN«I»I« z, >z, IS, Wettere Fortschritte mls de« Balkanlriegsschauplöhen. Sar »«rdrlmm der Armee Kordes, «ach dem SSde«. — Darchbrechaag der montenegrinischen HauWellnng. - Sie krsolge ««lerer Seppeli«a«grilse ans London. — Sie Kiimpse im Sörzische«. — Ser Snsammentritt der Reich,tag«. Lefternichisch-nagarischer Kriegsbericht. Wie«. Amtlich wird verlautbart den ö. November: Russischer Kriegsschauplatz. i Der Feind «nteruah« gestern südöstlich von Wis- »iowczyk gegen »nsere Gtrypa-Frovt zwei starke An- grisfe. Seine Angriffskolonnen brachen, schwere Verluste erleidend» nnter nnsrrpm Fener zusammen. Die Russe« zogen sich schließlich sowohl hier als auch östlich von Bnrka- »o« und Bicniawa in ihre Hanptftevunge» zurück. Die Zahl der in de« Kämpfen nm WiSniowcznk ei«geL«achten Gefangenen stellt, sich aus SV Offiziere und MVN Mann. L» unteren Ttqr gewinne« «nsere Angriffe schritt, weise Ran«. Italienischer Kriegsschauplatz. Die Nnhe an der Südwestfrout hielt im großen und ganze» auch gestern an. Hierzu mögen die aus dem amt« llche« Berichte deis italienischen Oberste« Heeresleitung bekannten ungünstigen Witterungsverhältuisse beigctragen haben. Vereinzelte Angrisse des Feindes wurde» ab. gewtese«. Im Abschnitte von Sa« Martina find «och Rahkämpfe im Gange. Südöstlicher Kriegsschauplatz. Die au der montenegrinische« Grenze kämpfenden öster reichisch-ungarischen Kräfte erstürmte« vorgestern Sftlich von Lrebinse de« Flino Vrdo und durchbrachen damit die montenegrinische Haupt ft ellnng. Gestern wurde ber Feind bet der Ruine Slobuk geworfen. Bon der Armee beS Geuerals v. Koeveß gewann ein« österreichisch-unga rische Kolonne den Tal-Paß Klisnra südlich von Arilse, eine andere drängte de« Gegner über di« Felica und südöst lich von Cacak znrück. Kralsevo wnrde von de« deut schen Truvpeu besetzt. Weiter südöstlich überschritte« dent- sch« nnb österreichisch-ungarische Abteilungen die westliche Morawa. Die Arme« des Generals v. Gallwitz nähert sich ber Tal-Enge nördlich Sruseoac. Der serbische Hanpt- wafsenplatz Risch befindet fich in bulgarische« Hände«. Auch Soko-Vanje und die Höhen von Lukow» wnrde« von den Vnlgare« genommen. Uebera« «erde« viel« in Zivil ge kleidete Deserteure der serbische« Armee anfgegrtffe». Der Stellvertreter des Ehefs des GeneralstaLS: sW. T. B.j ». Höser. Feldmarschall-Lentnant. «»Me r« einer neuen Entwicklung in Franlreich lasten die Vorgänge und Begleiterscheinungen erkennen, die mit dem letzten Kabinettswechsel verknüpft sind. Drei Dinge sind es besonder», aus denen ber Unterschied im Vergleich mit dem bisherigen Zustande der öffentlichen Ge walten in der dritten Republik klar hervorgeht: einmal konnte in der Kammer von sozialistischer Seite zum ersten mal deutlich und unverblümt gesagt werben, Frankreich dürfe in diesem Kriege weder auf Annexioneft noch Eroberun gen auSgehen. zum andern ist Brianb in ber vielumftrittr- nen Krage der geheimen ParlamentSsttzungen nachzugeben entschlossen, und dritten» hat er auch gegenüber ber von ber Presse immer lauter und nachdrücklicher erhobenen Forde- rung nach Ermäßigung der politischen Zensur Entgegen kommen gezeigt. Die Soztaltstenpartei der französischen Kammer hatte mit sehr starker Mehrheit den Beschluß gefaßt, daß den Ge nosten Sembat, GueSbe und Thomson ber Eintritt in das' Kabinett Briand nur unter der Bedingung zu gestatten sei, daß es auf alle Eroberungen und Annexionen Verzicht leiste. Der sozialistische Redner hat dann in der Kammer I bei der Debatte über die Regierungserklärung diese > Willensmeinung seiner Partei noch einmal stark unter strichen, ohne daß ihm Briand ausdrücklich entgegengetreten wüte. Ein derartiges Schweigen in einem so bedeutungs vollen Augenblick, wie er bei der Besprechung der mini steriellen Kundgebung in ber Kammer gegeben war, mutz notwendig als vielsagend bewertet werden und verrät eine deutliche Abkehr von der Politik des chauvinistischen Hoch mutes gegenüber Deutschland, die von Poincare, Biviani tznb Delcastö mit geschwollenen Redensarten verirrten äiuche. Da unu gleichzetHg die Strenge der Zensur ge lottert wordeu ist, so baß eine ganze Reihe von Parts« Blättern bereits erklärt hat, sic werde ihre politischen Be trachtungen ber Zensur überhaupt nicht mehr unterbreiten, so ist die Möglichkeit einer breiten Erörterung des sozia- lrstischen Standpunktes in ber. Oeffentlichkeit gegeben. Dann eröffnet sich aber auch die weitere Aussicht, daß der Gedanke sich durchringt, ob denn die Fortführung des Krieges um jeden Preis überhaupt noch einen vernünftigen Zweck hat oder ob es nicht dem wahren realpolitische» Interesse Frankreichs dienlicher wäre, wenn die verant wortlichen Leiter seiner Geschicke mit Deutschland zu einem Uebereinkommen zu gelangen suchten. Die weitere Förderung und Anregung solcher Er örterungen könnte voraussichtlich einen Antrieb durch die geheimen Parlamentssitzungen erhalten, dtc Briand den Volksvertretern bewilligen will. Ueber diesen Gegenstand hat es bereits monatelang heftige Kämpfe gegeben, die zum großen Teil hinter den Kulissen geführt wurden und sich zu einer Machtfrage zwischen Parlament und Regie rung zuspitzten. PoincarL und seine früheren Helfers helfer wollten dem von ihnen bestgehaßten und ganz als Aschenbrödel behandelten Parlament in diesem Punkt durchaus nicht zu Willen sein, und cs kam deswegen wieder holt zu Krisetr unter dem Kabinett Viviani, bis endlich den Volksvertretern der Geduldsfaden riß und der immer wieder hinausgeschobene Regierungswechsel selbst durch die Drohung mit einer Präfiöentschaftskrise nicht mehr ver hindert werden konnte. Nunmehr wird also das Ver langen der französischen Volksboten nach geheimen Parla- mcntssitzungen, in denen die Regierung sowohl ber Kammer wie dem Senat völlig reinen Wein über die wahre militärische und politische Lage Frankreichs und des gesamten Vterverbanbeö etnschenkcn soll, erfüllt werden, uns wenn dann die so erhaltenen Aufklärungen weiter wirken und den Geistes- und Gemütszustand, sowie das Urteils vermögen der Abgeordneten in entsprechender Weise be einflusse». so kann dann in Verbindung mit dem Nach lassen des Druckes der Zensur ohne optimistische Ueber- schwänglichkett immerhin die Vorbereitung eines Stim mungsumschwunges in der französischen Oeffentlichkeit im Sinne der allmählichen Rückkehr zur Vernunft und Be sonnenheit erwartet werden. Wenn man alle diese einzelnen Symptome zu einem Ganzen zusammenfaßt, so erscheint der Zweifel berechtigt, ob Briand noch ganz und gar der gefügige Diener und Schildhalter Poincarös ist, wie ehedem. Bisher konnte es ja scheinen, als ob er sich seinem Herrn und Meister, dem er in Versailles in Len Sattel geholfen hatte, mit Haut und Haaren verschrieben hätte. Dabei ist aber zu be denken, baß Briand alles andere eher als ein Mann von Treue und Ueberzeugungcn ist. Er kennt nur seine eigene Persönlichkeit und deren Interessen, und ist jeden Augenblick bereit, den Mantel nach einer anderen Wind richtung zu hängen, sobald er dabei seinen Vorteil wittert. Seine Anpassungsfähigkeit ist unbegrenzt, und er würde daher auch nicht eine Sekunde zögern, PoincarL glatt preis zugeben» wenn er -essen Stern endgültig verblasse» sähe. Unter solchen Umständen ist es nicht zu verwundern, daß der „Temps". der unter dem direkten Einfluß Poinear4s steht und ganz tm englischen Fahrwasser schwimmt, seinem > Unmnte gründlich Luft macht und die französische Dessen! l lichkeit beschwört, ja nicht auf die „Lockrufe nach einem faulen Frieden" hereinzufallen. Dem Blatte ist offenbar die ganze neue Lage nicht recht geheuer und es bricht in bewegliche Klagen darüber aus, daß die „heilige Einigkeit" aller Franzosen — die, nebenbei bemerkt, bisher in erster Linie den englischen Umtrieben zugute kam! — unter dein Einfluß der langen Kricgsüaucr, ber Lebcnsmitteltcue rung. des industriellen Niederganges und der partcipoliti. schen Streitsucht in die Brüche gegangen sei. Alles in allem kann man wohl sagen, daß die gegen wärtige innerpolitische Lage in Frankreich mancherlei «n- verkennbarsi Anzeichen von Auflehnung wider die Politik der völligen Unterordnung der französischen unter die britischen Inter- essen aufweist, wie sie bisher nur durch die Eigenmächtig keit Poincarös und seines Klüngels mittels rücksichtsloser Unterdrückung der Rechte des Parlaments und der Presse ermöglicht werden konnte. Der gleiche Geist der Besinnung auf das französische Eigenwohl kommt auch in den scharfen Aenßerungen Joffres in der Konferenz im Londoner Kriegsamt, die „deutlich, sehr deutlich" gewesen sein sollen, zum Ausdruck und tritt ebenfalls in den jüngst mitgcteiltcn Auslassungen eines französischen Diplomaten in die Er scheinung, der mit einer deutlich gegen England gerichteten Spitze erklärte, im entscheidenden Augenblick könne und dürfe Frankreich nur seinen eigenen Interessen folgen. Wer leben wird, wird sehen! Zur Ginnahme von Risch. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Die E i n » a I> m c v v n Nisch, der zeitweiligen Hauptstadt Serbien», durch bulgarische Truppen reiht sich den ovrangegangenen Wafsentaten Bulgariens würdig an. Mit hoher Freude vernimmt das deutsche Volk dtc Ikuudc von dem neuen Erfolge des bulgarischen Heeres, das in drei Woche» ans der langen Front von der Donau bis zur griechischen Grenze einen Schlag nach dem andern führte und tief in das feind liche Land eingedrungen ist. Serbien erleidet die gerechte Buße für Handlangerdienste, zu denen cs sich freventlich bei gegeben hat. wie für den Treubruch, den es gegenüber Bnl garten verschuldet hat. Bulgarien kämpft für die eigenen nationalen Interessen und heftet den Sieg an seine Fahnen durch hervorragende soldatische Tüchtigkeit, getragen von der hohen sittlichen Kraft eines Volkes, das sich bewusst ist, Recht und Moral auf seiner Seite zu haben. Im Dienste ihrer eigenen Interessen kämpfen die Bulgaren aber zugleich SchuIteranSchultermitDeutschland,Oe st er reich-Ungarn und der Türkei für die Sicherung des europäischen Friedens gegen die fortgesetzten Quer treibercien des' Dreiverbandes. Für diesen waren die Völker der Balkanhalbtnsel nichts als Spielball politischer Hinterhältigkeit. Die Valkanstaatcn durften kein wirkliches Sclbstdestimmungsrecht haben. Sic sollten lediglich Wert zeug bei der Durchführung fremder Anschläge sein und bleiben. Weil Bulgarien sich die Unabhängigkeit wahren wollte, ist cs beim Dreiverband in Ungnade gefallen. Es wird sie zu tragen wissen und mit eigener Hand sein slaal liches Dasein auf breiter Grundlage so fest aufbauen, das, es fortan noch sicherer als schon bisher für seine nationalen Ideen wird leben und wirken können. Mit Stolz folg! das deutsche Volk den heldenmütigen Taten der bulgarischen Verbündeten und wünscht ihnen auf dem Felde der Ehre wettere Erfolge bis zur endgültigen Entscheidung, die die Bahn zu fernerem Erstarken und Gedeihen Bulgariens er öffnen wird. lW. T. B.j Amtlicher bulgarischer Bericht über die Operationen vom 4. November: In der Richtung auf Alexinac erreichten unsere Truppen die Gegend von Seko-Banjä. Nach heftigem Kampfe nahmen wir vor Nisch die vorgeschobenen Stellungen auf der Nord- unb Ostfront der Festung. Wir erbeuteten zwei Geschütze, zwei Munitivnswagcil und machten 4M Gefangene. A» der Eisenbahn Kniazevac—Svrlsig erbeuteten wir eine Lokomotive nnb 10.1 Wagen mit einer großen Menge Material und für die Genietruppen bc stimmte Geräte. Südlich von Strumica wurden unsere Truppen von an Zahl überlegenen englisch-fran zösische» Kräften angegriffen. Durch heftige Gegen angrisse wnrdrn diese im Bajoncttkampfc zurück-