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72. Jahrgang. AK 1» Dienstag, 2V. März IMS Gegründet 185« tzernIvreckt-r-Sammetnumme»! SS 241 N« lür »«htgripriich«! SV <211 ^or»NL-sstzokllitzp """ 'b- bi« «l.Mtr» t»»3 bet «ttgltch,wetmM«er ZuNrllun, tret Vau» t.LO «aet. vkgUjjS VrlvvUl)» Postbe-ug-pret« sür Mona» MLr» 3 Mark ohne Post,ustellung»gebühr. «t>>4rlm>«i»er l» »keimta. «nherhalb rre»»e«» >» VI»«» t». , ,,, nen werden noch Moldmark bereckinei: dt» »tnlnalita» K1nio!ni>n«^rosso' b» Big-, iür «u-wbrt- «o Pia. g Ltngelgen»^-re«ie. l» Pia., auHerhalb r» PI«., ^te I 3L0 Pta. ONertenaebühr so Pia. Pie Nn»einen werden noch Moldmark berechnet; dle etnlvaltta» 30 mm breit» Aekle " , lür autwltrt» «0 Piq. ffamtltenan,einen und Sicllenneluche ohne Rabatt SN mm breite ReName»etle roo PI«., außerhalb AuSwLrtine AuItrL«» «egen »orauibezahlun«. EchrtsNeltung und Haupt«eichrst»stevei «arteaftrag» 38/42 Lrnkk und «eriai, non kteplch ck Retchard« Ir Prerden Postichelk-Konto 1083 Lretzdr» Nachdruck nur mt» deutlicher viieNenannab» «.Lreednei Rachr.*» »ulbllt«. — Unnerlanate Lchrtttttücke werden nicht ausbewahrt. könisck >Va!senkau88lra6e 24 klüßel ?iano8 I«tl »aktnng Köm8ck88sl ttonclilorei Umbers k>rag«r Strsks IO krslklabsige Qebacke u. 6e1r3nke Oroke u s vo 3 ß I in Teilungen Zwist zwischen Mitscherin und der Mela. Ae russischen Wirtschaftr-Srganlsatloneu gegen die Zngenieur-Verhastungen. Lilwinow wird in Berlin verhandeln. Ko«««. 19. März. Aus Moska« wird gemeldet, daß nach Abschluß der Konferenz in Gcni der stellvertretende Außen- kommlgar Litwinow in Bcaleitun« Steins Berlin be suchen wird, «m mit dem Nclchsaußenministcr und dem Kanzler Rü<ksvrache zu «ebmen. Litwinow soll zwei dis drei Lage in Berlin verbringen. An der Angelegenheit der Ingenienrverbastnngen ver landet Weiter ans Moska«. dag zwischen den Ver treter« der ««den» und der Innenpolitik der Sowsetmtion Reibungen entstanden seien. Die «irtfcha'tlichen Organisationen sind der Ansicht, baß der Schritt der G. P. Ü. gegenüber den deutschen Ingenieuren «in« ««bedachte Lat gewesen sei. welche der Sowietregiernug »nndtige Unan- «ehmlichkeite« gebracht habe. Die Donezvrrhaitnnge« hätte» ,»ei veweggründe: der Opposition eine« Schlag ,« versehen «nd de« kommunistischen Spezialisten den Weg ireiznmachen. Beide Kiele seien nicht erreicht worden. Vielmehr sei außenpolitisch ein Mißgriss begangen worden, der bislang noch nicht lianidter« sei. Ans dieser Situation könne sich ein Sonslikt zwischen Tschitscherin «nd der O. G. P. U. ergeben, da Tschitschert« die Maßnahmen der O. G. P. U. sticht billige. Die weiteren Absichten -er Reichsregierung. Berlin. 19. März. Der gestern ans dem Donezgebietc -nriickgckehrte Ingenieur Hille erstattete heute morgen der A. E. G. ausführlichen Bericht über die kürzlich erfolgten Verhaftungen der deutschen Ingenieure. Die Gründe seien ihm «nd allen anderen vollständig ««bekannt. Von der Zentralverwaltung des Donezbeckens seien auch 73 Russen verhaftet worden. Die Zustände dort spotteten jeder Beschreibung und man suche nun nach dem Sünden bock, aber an falscher Stelle. Nach der Frei lassung des Oberingenieurs Goldstein und der Entlassung des Monteurs Wagner hat der deutsche Botschafter in Moskau die Besprechungen mit der russischen Negierung wieder ausgenommen, und zwar mit dem Ziele, zunächst eine persönliche Rücksprache mit den noch verhafteten vier Deutschen und dem Generalkonsulat in Charkow zu ermög lichen. Offenbar hat das Auswärtige Amt die Absicht, bei diesen vier Verhafteten zunächst durch persönliche Rücksprache einwandfrei festzustellen, ob Ne wirklich eines Verbrechens schuldig sind, oder ob auch hier nur. wie unzweifelhaft im Falle des Oberingenienrs Goldstein, eine falsche Be. schuldtgung vorliegt. Wenn die russische Presse den Ber- snch macht, den zuständigen dcntschcn Stellen den Beweis für die Unschuld der vier Verhafteten zuzuschicben. so ist das ein Vorgehe«, das abgclehnt werden muß. Nicht die dentsche Regierung hat die Ansgabe, die Unschuld der Verhaftete« zn beweisen, vielmehr hat die russische Regierung die Ausgabe, den Schnldbeweis zu lieseru. was bisher nicht geschehen ist. Die Klnlergrün-e der russischen Anklage. In einer Betrachtung, die heute das Berliner ZentrumS- organ, die „Germania", über die Vorgänge im Dvnezgebtet anstellt, wird u. a. anSgeführt: Für den. der die russische Presse mit Gewissenhaftigkeit liest, gibt eS keinen Zweifel mehr darüber, daß die Svwsetbehörden sich einem Widerstand der Arbeiterschaft gegen Fließarbeit «nd Rationalisierung nach amcrlkanischem Snstcm gegenübcrsehen. Die Arbeiter- vrganisationen hatten aus eine Aussprache gedrungen, die der oberste Wtrtschastsrat zuerst hinauSgcschoben hatte, dann aber gewährte. Ans dieser Konferenz, die etwa acht Tage vor Bekanntwerdcn der Anklage gegen die deutschen Spezialisten stattsand, wurden die schärfsten Vorwürfe gegen die mit der Rationalisierung verbundene Zurücksetzung in den Löhnen erhoben. Das ganze Schema der Rationalisierung wurde als arbeiterfeindlich verworfen, und der Wirt- schastsbchürde blieb zur Verteidigung nichts übrig als die Behauptung, die eigentliche Rationalisierung sei nicht durch, geführt und von den Ausländern sabotiert worden, indem sie ihre RativttalisicrnngSmethvdcn an deren Stelle setzten. Eine einfachere nnd in den tatsächlichen Vorgängen besser begründete Erklärung der Sabotagebeschnldignngcn gibt es nicht. ES hat keinen Wert, in vage» Ausdrücke'« von «innervvlittsche» Schwierigkeiten* in der Sowjetunion zu schreiben, ohne Kern und Ursache des ganze» Vorgänge» zu ersorschrn. die im FiaSko einer kapiialiNNch-bUrgcrlichen Produktions» mehrnngSntethode ln einer kommunistisch verstaatlichten Volkswirtschaft bestehen. Der General0aat»a„walt hat behauptet, den a»S/ ländische» Spezialisten sei es um die „Diskreditierung der sozialistischen Nationalisierung" zu tun gewesen. Diese Formel wird an einer anderen Stelle wiederholt Der Sachverhalt Ist also folgender: Die Arbeiterschaft murrt «nd grollt wegen der Rationalisierung die sitr sie Lohnkürzungen znm Teil dprch Versetzung in geringer entlohnte Beschäftigungs- kategorien bedeutet. Die Sowietbehörden suchen sich nun so aus der Askäre zu ziehen daß sie behaupten, die sozialistische Rationalisierung ici von einer gegen, revolutionären sabotiert worden. Die von der Ne gierung gewollte sozialistische Nationalisierung fei nicht zu- standegckommen. In Wirklichkeit kann es keinen Unterschied zwischen sozialistischer und bürgerlicher Nationalisierungsmethode geben, weil die Nationalisierung in beiden Fallen in der Her- answirt'chastnng größtmöglichster Arbeitsleistungen besteht. Diese ist aber nur möglich durch dir Beseitigung aller mittel mäßigen und geringen Arbeitskräfte, di« dre FUeßarbett stören. Die kommunistische Arbeiterschaft begehrt gegen die gualttattve Lohnmcthode auf. und nun müssen die SowsetS daS ganze Schema der Rationalisier»«« fallen lassen. Die „Sabotageakte" bieten dazu den besten Vorwand. Keine -eukschen Derleiüiger für -ie Verhafteten. Berlin. 19. März. Nach Meldungen aus Moskau hat Außenkominissar Tschitscherin die von dem deutschen Bot schafter in Moskau ans Weisung des Auswärtigen Zimtes er hobene Forderung, daß für die verhafteten deutschen In genieure deutsche Verteidiger zugelassen werden, und daß Beamten des Generalkonsulates i» Charkow der Zutritt zu den Verhafteten gestattet werde, in seiner lebten Be sprechung mit dem Botschafter abgelehnt. Tlchitfcherin erklärte unter Berufung ank die russische« Strasprozeßvor- schriften. daß es deutschen Beamten nicht gestattet werden könne, sich mit den verhafteten Ingenieuren in Berbindnng zu setzen, solange die Untersuchung nicht abgeschloffen sei- Das könne aber noch Monate dauern. Kein englisches Komplott. Berlin, 19. März. Zu der in unserer Montag-Morgen» auSgabc veröffentlichten Information, laut der die Verhaftung der deutschen Ingenieure in Rußland indirekt auf ein eng. lisch eS Komplott, mit dem Ziel der Störung der deutsch russischen Beziehungen. zurü<i<i»sübren sei. erklärte man an authentischen Stelle, daß man diese Information nach den Be richten. die aus Rußland über die Angelegenheit vorliegen, für sehr unwahrscheinlich halte. Wir werden daraus aufmerksam gemacht, daß ein derartiger Akt englischer Agenten einmal wegen der gespannten englisch-russischen Beziehungen und zum anderen wegen de, außerordentlich scharfen Wach samkeit der russischen Organe kaum ausführbar sei. Deulschfein-lichkett -er polnischen Grenzor-nungsnovelle. Warscha «, 89. März. Die polnische Novelle znr Grenz ordnung ist veröffentlicht worden. Die neuen Bestimmungen entsprechen in keiner Weise den von deutscher Seite geäußerten Wünschen, sondern enthalten sogar aewiffe Bestimmungen, die man nur dahin anSlcgcn kann, baß Pole« die deutschen Wünsche umgehen oder ganz ignoriere« will. Da die neue Form für Dentschland einfach unannehmbar ist, so ist die Aussicht, daß die dcntsch»polnischen Wirtschasts- Verhandlungen in absehbarer Zelt weitergesührt werden könnten, geschwunden. Die Novelle schasst ein spezielles SnteignungS» recht in den Grenzzonen von 89 Kilometer. Sie erlanbt ferner die Ans Weisung «nd Enteignung in der soge nannten erweiterten Grenzzone, die nunmehr den größten Teil deS Weichselkorridors umfaßt. Bereits die geringfügigsten Bcrgehen in Zoll» «nd Finanzangelegen- heitcn sind Grnndlagen sttr solche Maßnahmen, die nur ans dem Verwaltungswege, also nicht einmal bnrch rechtskräftiges Gcrichtsnrteil. fcstgestcllt zn sein brauche«. Vollkomme ner Rechts Unsicherheit össnet ein neuer Absatz der Berordnnng Tür und Tor, der bestimmt, daß der zustän dige Wojwode einzelnen Ausländern in der Grenzzone »ie Ansttbnng folgender Tätigkeiten verbieten kann, sofern die Ausübung im Hinblick aus das StaatSwodl lästig wäre: 1. Besitz. Pacht. Nntznng «nd Verwaltung von Immobilien «der Teilen von Immobilien; 8. Ausübung von Handels, «nd gewerblicher Tätigkeit; 8. Leitnng »nd Nutzbarmachung von Arbeiten «nd Unternehmungen. Ausdrücklich sestgeftellt wirb auch die Anweubnng der Verordnung aus Ostoberschlesien. was dem vielst «nd auch dem Wortlant d,S Genfer Oberschlesienvrrtrag zwischen Dentschland nnd Polen vollkommen widerspricht. Nicht wieder „Das alle Lied"! Von Freiherr v. Friesen-Schleinttz. ^ Die neuen Neichstagswahlen stehen vor der Tür. In großen Zügen spielt sich der Wahlkamps einer Partei folgendermaßen ab, Immer das „alte Lied": Im sorg, sam verhängten, dicht verschlossenen Zimmer werden die Listen aufgestellt. Das Rezept dieser Aufstellung wird streng geheim gehalten. Ehrfurchtsvoll glaubte der Wähler bisher, daß echt deutsche Männer, allein von dem Wunsche beseelt, ihrem Vaterland zu dienen, erfüllt von höchster Weisheit, vom Schicksal zum Führer berufen aus der Liste seiner Partei stünde«. Kannte er zufällig einmal einen Aufgestellten per sönlich -- das ist bei der Listenwahl nicht das Ueblichel — so merkte er vielleicht, daß dieier nicht ganz dem Idealbild eines Führers entspräche. Man tröstete sich aber damit, daß dies wohl nur ein Zufall sei, und daß natürlich die anderen 15 auf der Liste um so großartigere Leute wären. Nur gut, daß dieser Wähler nickt mit anderen Männern aus feinet» Wahlkreis zusammenkam. die etwa die anderen Kandidaten, kannten und tn ihrem Herzen ganz ähnliche Gedanken über diese bewegten. Es ist natürlich eine Uebertreibung böser Menschen, zu sagen, daß man die Wahlkreise nur allein des halb so grob gemacht habe, um eine derartige Szene zu ver hindern. — Die nächste, öffentlich in Erscheinung tretende Maßnahme tm Wahlkamps ist dann die öffentliche Wahl propaganda. Sie spielt sich zum guten Teil in der Presse ab, zum anderen Teil in der öffentlichen Wahlversammlung. Zum ersten Teil ist nicht viel zu sagen. Der Gegner, der gewonnen werden soll, liest die Ausführungen nicht. Die nationalen Parteien dürfen nie vergessen, daß auf der linken Seite ein ..Leseverbot" für jedes nationale Erzeugnis besteht, das dem Index der römischen Kirche in nichts nachsteht, sondern im Gegenteil noch den Vorteil hat. der stumpfen Abneigung grober Massen gegen mühsames Studium schwieriger Parteiprogramme und dergleichen Dinge entgcgenzukommen. So bleibt als sehr wichtiger Teil der Wahl- Propaganda: die Wahlversammlung. Geradezu nieder schmetternd ist die Erfahrung, die tn den letzten Monaten mit dem schwachen Besuch aller derartigen Versamm lungen bei allen Parteien gemacht worden ist. Trotzdem liegt hier das Hauptkampfgebiet. Nur ist vielleicht die Handhabung der Versammlungen oft falsch Statt der zu festen Zeiten und Orten etnberufenen. eines Entschlusses zum Besuch benötigen den Versammlungen wären Stegreifveranstaltungen am Platze, ähnltch den öffentlichen Wahl-Meetings aus englischen und amerikanischen Plätzen und Straßen. Immer verlause» nun unsere Wahlversammlungen folgendermaßen: Rede, feindliche Zwischenrufe, feindliche Diskussionsredner, „glän zende" Widerlegung, etwas Radau. Schluß Der Gegner tst nicht überzeugt, höchstens der eigene Redner lnämllch davon» daß er glänzend gesprochen half. Der eigne Parteianhänger aber murrt. Wirklich: er murrt. Ist er nämlich nicht mit Leib und Seele bet seiner Partei, so murrt er Uber die ent- seylich vielen Wahlversammlungen, die er „anstandshalber" besuchen muß. und im anderen — ach so seltenen — Falle murrt er, weil er am „glänzenden" Redner des Abends, am „unwiderleglichen" Programm der Partei und noch an ver schiedenem anderen etwas auszuseyen hat. Damit sind wir beim Hauptproblem. Wie die Partei nach außen zu wirken versucht - auf Gegner und auf eigne Anhänger —. bas wissen wir. Wie aber wirkt denn die Partei auf sich selbst ein? Wie hat der Wähler Einfluß auf seine Partei? Wie kommen die Leute zu Worte, die aus treuester Ucberzeugung ihrer Partei ein offenes Wort sagen möchten, die wirklich helfen wollen und vielleicht auch können? Soll ihre einzige Mitarbeit immer nur die Sttmmzettelabgabe sein? Muß der von Sorge und Zweifeln erfüllte Anhänger erst von der „ultima rstio" Ge brauch machen, indem er aus der Partei auStritt. indem er seinen Zettel für eine andere Partei abgibt? Dars niemand mitreden. mitraten, mithelfen, der nicht zn dem einen engen Kreis gehört, welcher die „Sache schmeißt"? Kurzum: ist die Partei nnfehlbar? Sind die Parteigcwaltigen unfehlbar? DaS Leben der Partei kann nur darin bestehen, daß unter tätige! Anteilnahme der Parteiangehörigen die Ideen und Methode» der Partei de» jeweiligen LebcnSumständen des Staates und des Volkes entsprechend gestaltet werden. Der Tod der Partei tritt ein. wenn in ihr völlige Ruhe herrscht, wenn starres Festhalten an überkommenen Formen uüd Formeln etntritt, wenn -te Partetangehürigen da- innere Interesse an ihr verlieren. Beispiele zeigen dies Dle Sozialdemokratische Partei war 1911 praktisch tot. weil sie