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Dre»-ire* Nachrichten. Sonntag, «. August LVV5 Nr. SIS sätzlich zeviporleuren, dt« ,»ichl von einer ihnen bekannten Schliftenvertriebsanstakt entsendet würden, Empfehlung und Unter schrift unbedingt zu verweigern und die Gemriudemitglieder über folgende Punkte aufzuNären: k. Die ihnen auf diese Weise aus- geredeten Bücher seien in der Regel zu bedeutend billigerem Preise, als sie von diesen Kolporteuren vertrieben würde», im Buchhandel zu haben: 2. Der Landesverein für innere Mission und die mit ihm verbundenen Vereine und Anstalten in, Lande lehnten arund» sätzlich Zuwendungen von solchen Geschäften ab. es fließe der innerenMission demnach vom irrtrag dieser Kolpvrtaaearnlel nichts zu; 3. es gebe kein Rechtsmittel, »in eine durch NamenSnnter- schrist übernommene Bestellung, selbst wenn sie aus eine Uedervor- teilung des Bestellers hinan-komme, rückgängig zu machen. An dieser Sachlage ändere der Umstand nichts, daß dt« nun Vertrieb »wählten und angeborenen Artikel sehr oft an sich einwandfrei seien und bekannte und gute Namen auf dem Titel oder im Register aufwlesen. Diese unlauteren GeschäftSknisfe. durch welche alljährlich unglanbliche Summen aus den Gemeinden herausgep letzt würden, seien jetzt wleder in Sachsen in voller Blüte, der Landes verein für innere Mission ersucht daher, ihn in den, seit Jahren hiergegen geführten Kampfe nach Kräften zu unterstütze». Nedri- gcns hat das Ministerium des Jniiern in einer vor nicht langer .seit erlassenen Verordnung darauf hingewicsen, das; ans einen derartig«» Geschäftsbetrieb unter Umstanden auch der Gesichts- puirkt einer öffentlichen Geldsammlung zutresse, zu der die behörd liche Genehmigung nach den hierzu vorliegenden Bestimmungen besonders einzuholen sei. —* Mt dem gestrigen JeuerwerkSabeud bat daS Leben und Treiben auf der Vogelwiese seinen Höhepunkt erreicht. Schon in der 7. Stunde zeigte sich ein stetes Anwachsen der Menschen menge. die am Dampfschiffhatteplatz und den AbfahrtSstellen der Straßenbahnen aus das Mitkommen harrte. Zwischen 8 und 9 Uhr war der weite Platz, der sich »wischen dem Pavillon der Schützengilde und dem Feuerwerksplatz ausdehnt, so dicht besetzt, daß an ein Durchkommen für die Nachzügler nicht zu denken war. Der für die Mitglieder der Gilde und ihre Gäste reservierte und abgesperrte Platz war nicht minder besetzt, betrug doch die Zahl der ausgegebenen Karten allein über 1000. Für die srüh- gokommenen Zuschauer war die Zeit des Wartens bis zum Be ginn des Feuerwerks teilweise recht langweilig und ermüdend, da jede Sitzgelegenheit fehlte und an ein Lagern auf dem Wiesen platze bei dem Gewühl nicht zu denken war. Man suchte sich die Zeit zu vertreiben, so gut es ging: Sangesbrüder, die sich zu sammengefunden hatten, liehen das herrlich schöne „Wir sind die Sänger von Finsterwalde" unermüdlich von neuem erschallen: rvahrscheinlich war es das einzige aus ihrem Liederschätze, welches sie auswendig konnten — und es war danach! An anderer Stelle wurde nicht minder vollendet von „der Pflaume, die am Baume hängt" gesungen, und sogar der längst vergessene Schunkelwalzer feierte seine Auferstehung. Fliegende Bierhändlcr machten bei der Hitze glänzende Geschäfte, nur mußte jeglicher seinen Schoppen an Ort und Stelle leeren: „Von alleene kom men die Jläser nich retour!" motivierte diese Forderung einer der Verkäufer sehr kategorisch. Auch in dem Raume, der für die Gilde reserviert war, mangelte cs an Stühlen, weit aus die Mehrzahl mußte stehen. Für die Ehrengäste, unter denen sich auch Herr Oberstallmeister General v. Haugk mit Ge mahlin und Tochter, die Herren Kreishauvtmann Schmiedel, Geh. Hofrat Mehnert, die Stadträte Koppen, Leutemann u. a. m. befanden, war der Pavillon selbst Vorbehalten. — Kurz nach 9 Uhr etwa war die Dunkelheit soweit vorgeschritten, daß drei Kanonen- schlage den Beginn des Feuerwerks ankundigen konnten. Ein erwartungsvolles, erlösendes ,-AH!" ging durch die tausendköpfige Menge, als die ersten Raketen cmporstiegen. Ueber die einzelnen Teile des pyrotechnischen Schauspiels haben wir schon berichtet; es bleibt nur übrig, hinznznfngen. daß die kombinierten Fronten mit ihren Sonnen- und Feuerrädern leider wenig zur Geltung kamen, weil bei der völligen Windstille die undurchdringlichen Pulverrauchwolken, sich auf demBoden lagernd, nach wenigenSe- künden schon keinen Lichtschimmer mehr durchdringen ließen. Um so prachtvoller wirkten die Seesterne, die hoch am dunklen Nacht himmel explodierend ihre Funkenstrahlen in langsamem Dahin- ziehen erglühen ließen, nicht minder auch die prachtvollen Leucht- kugelgarben, die die tausendköpfige Menge plötzlich mit rotem, grünem, violettem Licht übergosscn und so recht erkennen ließen, wie dichtgedrängt und in welcher ungeheuren Zahl sich die Zu schauer eingefunden hatten. Die 2. Front, ein Kolossal-Wässerfall und Brillant-Kaskaden, kam mehr zur Geltung, da hier die über mäßige Rauchentwicklung fehlte, ebenso die dritte, eine Apotheose mit dem Reliesporträt des Königs, bei dessen Aufslammen die Musikkapelle die Sachsenhymne intonierte. Den Glanzpunkt bildete die hieraus folgende Riesenrake.engirandole mit 600 Raketen, deren Glanz sogar die jenseits der Elbe liegenden Ge bäude aus dem nächtlichen Dunkel hervortreten ließ. Alles in ollem zeichnete sich das Feuerwerk weniger durch die Fülle des Gebotenen, als durch den überraschenden Glanz der einzelnen Teile und die prachtvolle Farbenwirkung auS. — Mit den das Schauspiel schließenden Kanonenschlägen begann das Nncksluten der Menge aus die Festwiese resp. in die Stadt, Die Straßen bahnen waren im Nu gestürmt. Zurück blieben nur die nner- müdlichen Voqelwiesenschwärmer, die bis zur letzten Minute ans halten. — Tie in diesem Jahre zum ersten Male getroffene Anordnung, daß die einzelnen Feuerwerkskörper mög lichst in der Höhe zur Wirkung kommen, hat sich bestens bewährt und wird hoffentlich beibohalten werden, es war durch diese An- ordnung ermöglicht, daß von dem ganzen Festplatze aus das Schauspiel, unbehindert durch die Davorstehenden, verfolgt wer den konnte, so daß das sonst so bedenkliche Drängen der Menschenmasse vermieden wurde. —* Der am 16. Juni begonnene Streik der Klemp- ner und Installateure, der am 24, Juni sich zu einem allge meinen Klempnerstreik auswuchs, ist ictzt als beendet anzusehen. Das Streikkomitee bez. der Metallarbeiterverband bestehen vor läufig nicht «ehr aus ihren Forderungen und Hachen sich mit dem v»n der Klemoner-Jnnung ausgestellten Tarif einverstznche» er- klärt. Am Montag soll in allen Betrieben die Arbeit wieder anfgenommen werden. An dem Streik beteiligten sich ungefähr 350 Gesellen, von denen di« jüngeren aber «dreisten, so datz nur noch etwa 200 in Frag« kamen. Nicht weniäer al» acht M al wurde die Feuerwehr in den gestrigen Abendstunden und io der vergangenen Nacht alarmiert, K» vier Fällen handelte «» sich um Brände, in drei Fälle — Striesener Straße 49, Albrechtstraße 39 und Große Brüdergasse 41 — nur um R a u chn ie d erf chläae und in einem Falle um eine onderweite Hilfeleistung, Der erste Brand war abend» in der 7. Stunde, au» noch unbekannter Ursache, in einer Würstchenbude auf der Vogelwiese un weit de» Albert-Tanzsalon» entstanden und hatte diese Bude wie auch einen angrenzenden PostkartenverkausSstand zerstört. Die Geschädigten haben nicht versickert. Auch die beiden anderen Brände waren aus der Vogelwiese, und zwar im Augustiner- bräu, abends in der 12. Stunde und früh nach halb 3 Uhr, ent- standen. Durch den ersten, vermutlich durch Kurzschluß in der elektrischen Leitung verursachten Brand waren über dem Musik- Podium angebrachte Stosfdekorationen vernichtet und einige Dacli-Sparrei, und Streben beschädigt worden. Anwesende Gäste hatte» unter Benutzung einer schnell herbeigeschafften Leiter die brennende Dekoration herabgerissen und damit die Haupt gefahr schon beseitigt, als die Feuerwehrmannschaften von der aus der Vogelwiese stationierten Feuerivache eintrasen. Man hatte, anstatt einen der aus der Festwiese angebrachten Feuer melder zu ziehen, einen Boten nach der an der Bogelstange liegenden Wache geschickt. Es ist nur zu natürlich, daß, ebe sich dieser durch die ungeheuren Menschciiiuassen nach der Wache und dann die Löschmannschaften mit ihrem Handjchlauchwagen von hier nach der Brandstelle durchgearbeitet hatten, wertvolle Minuten verloren gegangen sind. Menschen sind in dem über füllten Lokale nicht zu 'Schaden gekommen. Dadurch, daß die Musikkapelle während des Brandes ruhig weiter spielte, mag eine Panik verhütet worden sein. Durch den anderen dortselbst «egen morgen, an einer Eingangstür, aus noch unbekannter Ursache entstandenen Brand waren wiederum Dekorationen ver nichtet und einige von den Umsassungsbrettern zerstört worden. Auch in diesem Falle war die Gefahr bald beseitigt worden. Der vierte, ein in einem Schuppen aus dem Lelsniaer Platze sVorstadt Pieschens wahrscheinlich durch Selbst- cntznndung entstandene Brikettbrand konnte mit einer Schlauch leitung vom Straßenbydrantcn bald unterdrückt werden. — Die schon erwähnte Hilfeleistung war abends gegen 11 Uhr nach Stephanicnstraße 34 verlangt worden, wo in einem Kesselhaus, ohne daß gearbeitet wurde, der Dampf aus den Rohren strömte und sich infolgedessen die Grundstiicksbewohner ängstigten. Die Feuerwehr entfernte das Feuer unter dem Kessel und beseitigte damit die Gefahr. — Heute vormittag in der 11. Stunde ent- stand in dem Grundstück P i l l n i tz e r S t r a ß e 4 7 ein Asche grubenbrand, der von der herbeigerufenen Feuerwehr in kurzer Zeit gelöscht werden konnte. —* P o l i z e i b e r i ch t, 5. August, In letzter Zeit haben sich die F a h r r a d d i e b st ä h l e in auffälliger Weise vermehrt. Um diesen Diebstählen entgegenzutrcten, dürfte es sich cmpsehlcn, Fahrräder, die von den Besitzern auf der Straße stehengelassen werden müssen und nicht beaufsichtigt werden können, mit einer Sicherungsvorrichtnng zu versehen, die ein Wegfahren der Räder verhindert. — Am Freitag abend hat sich in Vorstadt Pieschen ein im 12. Lebensjahre stehendes Schulmädchen, das sich wieder holt tagelang umhergetrieben hatte und deshalb Strafe fürchtete, aus dem Fenster der im 3. Stockwerke befindlichen elterlichen Wohnung herab in den Hof gestürzt. Das Kind hat an scheinend schwere Verletzungen erlitten. —* Auf der Blasewitz — Losch witzer Elbbrücke fuhr gestern abend ein Radfahrer direkt in die Beine eines vor einen Petrolcumwaaxn der Firma Wünscheck gespannten Pferdes. Infolge des Anpralls knickte dieses derartig zusammen, daß das linke Vorderbein in seinem unteren Dritteil vollständig gebrochen wurde skomplizierter Bruchs. Ta die Heilung eines derartigen Bruches ausgeschlossen ist. töteten die nach If/z Stunden ein- treffcnden Leute der Firma Jahrmarkt - Hechtstraße — das Pferd an Ort und Stelle, worauf der Kadaver aufgeladen und iortgefahren wurde. Die Schuld an dem Unglück soll den Rad fahrer treffen: er hatte den Kopf rückwärts nach der ihm ver loren gegangenen Kopfbedeckung gewendet und dabei die Richtung verloren. Der Radler kam außer mit dem zerbrochenen Rade mit einem blauen Auge davon. —* Z»m Färberstrrik. lieber die Verhandlungen des Wedereiverbandcs i»I Greiz werden noch folgende Einzelheiten mitgeteilt : Die Generalversammlung bot eine sehr reifliche Besprechung der gesamten Situation. Es wurde von vielen Seiten scharf betont, daß, wenn man die Schließung der Webereien zur Tatsache werde» lasse, man schweren Schädigungen der Industrie entgegensetze» müsse. Es wurde aber dem gegenüber gehalten, daß sich die Ärbeitgebcrschaft unmöglich die Faust dct Arbeiterorganisation ins Genick setze» lassen könne. Es sei doch mit größter Klarheit auch von den Sozialdemokraten selbst zu gegeben wurden, daß es sich im gegenwärtigen Kampfe um die Machtsrage handle. Die Generalversammlung war einmütig, daß die Schädigungen, die in Aussicht stehen können, getragen werden müssen, weil der Kampf gegen die sozialdemokratische Organisation geführt werden müsse. Die Arbeitgeber waren aber auch einstim mig der Ansicht, daß sich der Kamps nur gegen die sozialdemokra tische Organisation richtet. Den Arbeitswilligen solle alsbald Gelegenheit gegeben werden, die Arbeit wieder ailfzunehmen, wenn die Kündigungsfrist abaelausen ist, die am Freitag in alle» Betrieben begonnen Kat. — Gleichzeitig mit den Fabrikanten tagte in Greiz in gesonderten Räumen die Fäobere ikv-nven- tion. Es wurde von dieser beschlossen, daß die Wolldrucke -- reien am 18. August ebenfalls geschloffen werde», so daß auch dort den Arbeitern gestern die Kündigung überreicht wurde. — In Greiz solle«, wl« den „L. R. N." gemeldet wtrv, von maß gebender behördlicher Sette bereit» Schritte etn- a «leitet sein, die bestehenden Differenzen au» der W.e l t zu schaffen. — All» Gera wird geschrieben: Bon dem Beschluß der Webereibesitzer, am 19. August die Arbeiter zu ent lassen. wenn nicht bis dahin die Färber die Arbeit wieder ausge nommen haben, werden zunächst nur die Studlarbeiter betroffen. Die Meister. Arbeiter in der Vorbereitung, dt« Putzrstnnen ukw. brauche» nicht mit entlassen ,u werden. I,»zwischen haben dt, organisierten Textilarbeiter den hiesigen Gewerdetnspektor um Hilfe cmgerusen. der vermittelnd eingrrifen soll. Es wird erklärt, daß der Textilarbeiterverband nicht i» der Lage sei. den noch nicht 13 Wochen dem Verbände Angebörcnde» eine Unterstützung zu acwähreu. Ferner wurde erklärt, daß. wenn die Färbereien den AuSgesperrtr» wieder geöffnet würden, die Arbeit aufaenommen werden solle, da e» sich nur um eine Lohnbewegung der Meerancr und Glauchauer Färbereien bandle. Bis zum 12. August könnte» noch schweiwirgrnde Entschlüsse genug gefaßt werden. Im ganzen seien 20 Prozent der hiesigen Textilarbeiter organisiert. — Der Stadtrat von Gera hat di« Genehmigung einer öffentlichen G el d sa in m l u n g für die ausgesperrten Fabrikarbeiter ver- sagt, weil man in der Genehmigung eine Parteinahme für die kämpfenden Parteien erblicken müßte. Sofern UnterstützunaS- pflichtige vorhanden sind, die von keiner Organisation unterstützt werden, sollen diese von der städtischen Armenkasse in entgegen kommender und ausreichender Weise Unterstützung erhalten. —* Zittau. 26000 Mark städtische Gelder unterschlagen hat der Verwalter der städtischen Mühlstein brüche in Jonsdors, Max Neustadt, der diesen Posten schon über 20 Jahre bekleidete. Die Unterschlagungen waren dadurch ermöglicht, daß der Defraudant bei den vorgenommenen Revi- fioiicn sich stets auf die Wirren in Rußland bezog, wohin haupt sächlich die Produkte der Mühlsteinbrüche geliesert werden, und vorgab, daß das Geld nicht regelmäßig eingehe. Als der stÄti- ichen Aussichtskommissioii der Rückstand schließlich zu groß er schien, stellte dieselbe Nachforschungen an, wodurch die Unregel- Mäßigkeiten aufkamen. Neustadt fuhr mit dem Rade nach Bautzen und stellte sich selbst der Staatsanwaltschaft. In dem Kassenschrank, in dem nur noch 10 Mark vorhanden waren, lag igen Bürgermeister Mietzfch, worin der endcS Geständnis seiner Schuld ablegt. . ... ion hat sich sofort der Angelegenheit an- genommen, und die eingeleitete Untersuchung dürfte erst volles Licht in die Affäre bringen. —* Amtsgericht. Die 60jährige KutlcherSehefrau ein Brief an den hie Defraudant ein umsas Eine städtische Kommis Gegen t letzteren, die in demselben Grundstück wie die Angeklagte wohnt, hatten die Hausbewohner wiederholt zu der Weißbach Be schwerde geführt, so auch an dem Tage des 23. Mai. Beim Kehren der Treppe hatte die Mutter der Angeklagten vor einer tzausgenossin ausgespuckt, wodurch die letztere sich gekränkt fühlte und der Weißbach ihr Leid klagte. Diese ging in ihrem Aerger darüber, daß ihre Mutter mit den Hausgenossen keinen Frieden halte, zu ihrer Mutter hin und prügelte die schwächliche alte Frau mit einem Besenstiele tüchllg durch. Nach den An gaben der Verletzten soll sie etwa 35 mal zugeschlagen und. nachdem die Mutter zu Fall« gekommen war, ihr noch vier Fuß tritte verseht haben. Diese Angaben erscheinen etwas über trieben, immerhin hat die Angeklagte sich aber doch in einer Weise gegen ihre leibliche Mutter vergangen, daß sie der ge fährlichen Körperverletzung schuldig wird. Die Angeklagte erhalt mildernde Umstände zugebllligt und wird zu 100 Mk. Geldstrafe oder 1 Monat Gefängnis verurteilt. — Der 26 Jahre alle Schieferdecker Heinrich Richard Diebe, bis vor kurzem in Bischofswerda wohnhaft, erhielt, weil er betrunken war. in einer Schankwirtschast nahe des Frciberaer Platzes keine alkoholischen Getränke mehr verabreicht. Hierüber regte er sich derartig auf, daß er der Schankwirtin mit Erstechen drohte. Von dem Haus diener auf die Straße befördert, schlug er diesen mit einem Stocke und ließ dabei bedrohliche Aeußerungen fallen. Darnach lief Dietze an dem verkehrsreichen Sonntag nachmittag auf der Freiberger Straße mit geöffnetem Taschenmesser umher, noch immer drohend, die Gastwirtin und den Hausdiener zu er stechen. Ter Unfug Halle eine starke Menschenansammlung zur Folge. Als D. von zwei Gendarmen zur Polizeiwache sistierl wurde, leistete er erheblichen Widerstand. In der Haupt verhandlung erklärt der Angeklagte, von den ganzen Vorgärten nichts mehr zu wissen; er sei total betrunken gewesen. Der Sachverhalt mußte daher durch Zeugen sestgestellt werden. Das Urteil lautet auf 4 Wochen Gefängnis und 2 Tage Haft. — Der rn der Opvellvorstadt wohnhafte, oft vorbestrafte Schlaffer Johannes Peters war bis zum 15. Juni am Schleuhenbaue zu Radebeul als Handarbeiter mit beschäftigt gewesen, wurde an diesem Tage jedoch wegen unbotmäßigen Verhaltens entlassen. Er war betrunken in das Kontor gekommen und hatte dort tüchtig skandaliert. Nachdem man ihn aus dem Kontor hinausgeschafft, drang er wieder ein. SchliMich mutzte Polizei- liche Hilfe in Anspruch genommen werden. Festgenommen und in die Arrestzelle gebracht, nahm er in dieser verschiedene Sach beschädigungen vor und spektakelte jo heftig, daß die Ruhe weit hin gestört wurde. Am folgenden Tage geriet Peters in Dresden mit einem Hausgenossen m Streit, wobei er sich der Sach beschädigung schuldig machte. Der Angeklagte hat beide Vor gänge mit 8 Wochen Gefängnis und 1 Woche Hast zu sühnen. — Der Schriftsetzer Fedor Emil Max Trier benützte Mitte Juni, während er sich außer Stellung befand, seine freie Zeit dazu, sich vor der auf der Gutzkowstraße belesenen Zigaretten- savrik und in deren Eingang aufzustellen, um arbeitswillige Personen zur Teilnahme an dem damals bestehenden TaLak- arbeiterstreike zu bewegen. Er ist dabei am 17. Juni gegen Arbeitswillige beleidigend geworden. Ferner hat er den Fabrik» lciter beleidigt, als dieser ihn von dem Fabrikgrundstück, auf Sliicke hergestellt, sovaß die Dichtungen aus dem historischen Milien als aus etwas Organischem herauswuchscn. Der Erfolg ist denn auch nicht ausgeblieben Der Lustspiel-Zyklns fand bei Presse und Publikum vollen Anklang und so hat das Leipziger Stadttheater mitten im Sonlmer eine ganze Anzahl nahezu aus- verkauster Häuser gesehen. Schließlich weisen di« Veröffent lichungen der Leipziger Stadtthcater über Neu-Erwerbungen für Schauspiel und Oper hervorragende Werke aus, jodaß man der künftigen Tätigkeit der neuen Direktoren mit Jntereste ent gegensehen kann. f*FrankWedekind hat eine neue dreiaktige Komödie, die in der Münchner Gesellschaft spielt, vollendet. Das Stück trägt den verrückten Titel „Männer st olz vor Schweine braten". f* Paul Schönt Han. jüngerer Bruder von Franz o. Schönkhan, ist gestern nachts in Wien gestorben. Er war am 19 März 1853 geboren. In seinen jungen Jahren lebte er als Journalist in Wien. Später veröffentlichte er zahlreiche Erzählungen und Romane: „Welt- und Kleinstadtgeschichten", „Aus der großen und kleinen Welt" „Rinastranenzauber", ..Schlechte Rasse". „Geberden der Liebe . ,,Gefärbte Frauen und andere", „Prinzessin Turandot" usw., sowie „Die elegante Welk, Handbuch der vornehmen Lebensart". Weniger glücklich, als mit diesen flott und lebendig geschriebenen Werken, waren seine bühnenschriststellerischen Arbeiten. In diesen wurde er von seinem Bruder Franz weit überholt. Ter Heimgegangene war ein ge schätzter, in Wien besonders beliebter Schriftsteller. 4* Etwas von Fälscherkiinsten. Es erregte vor einiger Zeit grobes Aussehen, als ein Gemälde von Corot, das der Prinz von Wales der Galerie sür moderne Kunst in Dublin geschenkt hatte, als unecht erkannt wurde. Man stellte fest, daß das fragliche Gemälde die Kopie eines im ungarischen Nationalmnseum zu Budapest befindlichen, zwei Jahre nach Eorots Tod gemalten Bildes aus der modernen französischen Schute war. Wie aut das Bild nachgcmacht war, beweist der Umstand, daß einige der besten Londoner Kenner getäuscht worden waren und cs für einen echten Corot erklärt hatten. Run wird ja gerade mit gefälschten Bildern dieses großen Malers ein schwunghafter Handel ge- »rieben, und Eingeweihte wissen seit länger Zeit, daß von den Tausenden unter Eorots Nomen gehenden Gemälden weit über die Hälfte moderne Falsifikate sind. Bei dem Tode des be kannten Malers Hcnner kam ebenfalls die Tatsache zur Sprache, daß der größte Teil der unter seinem Namen im Handel be findlichen Bilder nicht auS dem Atelier des Meisters hervor- gen ist. Der Künstler selbst schwieg zu dem eifrigen Ber ber unechten Werke, mn nickst auch sein« echten Bilder in Mißkredit zu bringen, wenn es bekannt würde, daß über haupt gefälschte Henners existierten. Aus solchen Beispielen, die noch außerordentlich vermehrt werden könnten, erhält man' eine Ahnung Davon, wie verbreitet Fäljchereien in allen Gebieten des ausgedehnten Knnstbandels beute find- Die Aeuheruna des vorzüglichen Kenners aller Fäljcherkünste, Paul Endels, nach der es ,,keine berühmte Sammlung gibt, die nickt notorisch falsche Stücke besäße", erhält ja besonders ihre vollste Bestätigung m den Kollektionen, die Privatsammler sich anleaen, wenngleich auch die öffentlichen Museen van mehr als zweifelhaften Stucken nicht frei sind. Es wurden kürzlich ein Künstler und seine Tochter zu Hudderssield in England vor Gericht gestellt, weil sie ge fälschte Aquarelle mit der Signatur des bekannten Malers David Cox vertrieben hatten. Die Werkchen waren äußerst geschickt auf altes, gelbliches Papier aufgemalt und wurden von der Tochter bei Kunsthändlern und privaten Sammlern herumaetragen, die sie für 80 bis 100 Mark das Stück erstanden. Die Geschick lichkeit und Kunstfertigkeit der Fälscher macht vor nichts Halt. Selbst die eigentlich unnachahmlichen Fayencearbeiten von Palissv und die Werke von Hirschvogel sind nachgemacht worden, obwohl diese Künstler niemals die Töpferscheibe anwandtcn, sondern mit freier Hand modellierten, den Ton häufig schon vor dem Firnissen kolorierten und nie ergründete Geheimnisse der Her stellung besaßen. Solche falschen Fayencen und Majoliken sind freilich für den genauen Kenner erkennbar durch die schreien den und grellen Farben, durch die inkorrekte Zeichnung, durch einen eigentümlichen Geruch, den die echten Fayencen nie haben, und durch einen dumpfen und schwachen Klang, wenn man sie anschlägt. Aber wer nicht so feine Augen, Rast und Ohren hat, um solch geringe Nüancen herausznfühlen, der wird zwischen echter und gefälschter Ware keinen unterschied bemerken. Für die alten, schönen Steinkiste aus Staffordshire, die sehr gesucht sind, existiert direkt eine Fabrik, welche sie nachmacht, so wie es z. B. auch in Turin eine große Werkstatt gibt, aus der die „echten" Botticellis hervorgehen. Für die Kruge gibt es.merk würdige Manipulationen, die iden ehrwürdigen Eindruck des Alters Vortäuschen sollen. Man legt sie zunächst einmal, wie eine englische Zeitschrift mitteilt, auf 6 biS 8 Stunden in starkes Bier oder in einen kräftigen Aufguß von Tee und Kaffee, bis sie den lichten, braunen Ton bekommen, der so schön wirkt, dann werden sie sorgfältig getrocknet und an den Spalten und Ecken, wo sich Staub wahrend der langen Zeit angesammelt haben müßte, mit einem feinen Pulver eingestreut, dann mit einem alten Lappen tüchtig gerieben, und dann werden sie für 25 bis 100 Mark verkauft. Gewöhnlich geht ein ärmlich aus- sehendes altes Weibfein mit ihnen hausieren und erzählt eine rührende Geschichte von dem uralten Erbstück der Vorfahren, dos schon seit Generationen in ihrer Familie ist und von dem sie sich so schweren Herzens losreißt. Da Porzellan jetzt so außer ordentlich hock bezahlt wird, so verlegen sich besonders die Fäl scher darauf, diese zierlichen und kostbaren Gebilde anmutigster Kunst nachzuahmen. Dazu gehören allerdings große Kenntnisse der Marken und Geheimzeichen, die die wertvollen Stücke an sich tragen. Besonders Sövresporzellan wird mit höchstem Raffinement nochgemacht, denn es steht außerordentlich hoch im Preise, und es ist ein gutes Geschäft, wenn sür 30 Teller 50 000 Francs bezahlt werden und die Teller — unecht sind. Auch bei Gold- und Silbergerät ist auf die Nachahmung der verschiedenen Meister- und Zunstzeichen, auf di« Stadt- und Steuerstempel zu achten: besonders häufig werden die kostbaren englischen Gold arbeiten des 18. Jahrhunderts nachgeahmt, und man verwendet dann vielfach den Boden eines echten, alten Gefäßes, auf dem der richtige Stempel oben ist. Am meisten betrogen wird wohl bei dem Handel mit alten Kupferstichen, und der Geschichtsschreiber des Kupferstichs, Prof. Hans W. Singer, hat erst jüngst wieder auf die grenzenlosen Enttäuschungen hingewiesen, die dem Samm ler da häufig passieren. Da es sich hier um sehr subtile Unter schiede handelt, auf Erhaltung des Randes, Schätzung der ver schiedenen Abzüge nach den einzelnen Zuständen der Platte, Abzüge „vor der Schrift" usw. ankommt, so werden häufig echte, aber geringwertige Stiche durch irgendwelche Manipulativ- nen wertvoller gemacht. Die farbigen Stiche Bartolozzis z. B. werden durch verschiedene „Bäder"^vurch Erneuerung des Papiers im Werte von 10 bis ans 100 Mark erhöht. Daß man alte Möbel in getreuer Erhaltung überhaupt nicht mehr zu kaufen bekommt, ist eb-nfalls eine alte Klage. Neue Möbel reibt man mit einem aus Nuhholzrinde oder Walnußschalen bereiteten Oel ein, überdeckt sie mit gewöhnlichem Straßenichmutz, bringt durch Aetzungen die Merkmale deS Holzwurms hervor oder verwendet auch altes Holz zur Herstellung nachgeahmter Möbel. Renaissance- bronzen, Tanagrafiguren, Elfenbeinorbeiten. die zur Erzeugung der alten Tönung in den Rauch gehängt und unter Dünger ver graben werden, und dann die vielen prähistorischen Funde, die wir heute mit ein bißchen Witz den alten Urmenschen so schön nachmachen, gehen so funkelnagelneu auS den Fabriken hervor. In neuester Zeit werden auch seltene Bücher vielfach gefälscht. Für den Bibliophilen bat bisweilen die vergriffene erste Ausgabe eines Werkes sehr hohen Wert, während die zweite in vielen Exemplaren vorhanden und leicht erhältlich ist. Man setzt dann in die Exemplare der zweiten Ausgabe dos gefälschte Titelblatt der ersten ei»