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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 27.08.1926
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1926-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19260827016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1926082701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1926082701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-08
- Tag 1926-08-27
-
Monat
1926-08
-
Jahr
1926
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 27.08.1926
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Are«-,. 27. August 192S Da» Slv«tg»Ichle-ea -er Prtv. Scheibe«- Ichützengefellichaii. da», wie bereit» berichtet, am Sonntag begann, ist gestern zu Ende gegangen. Die Würbe de» Schützenkönig» erschoß sich Kaufmann Runtzler, Schlltzenköntgtn wurde Frau Archi- tekt Lehmann. Fm einzelnen lauten die «rgevnlN* wie folgt: KVnia: Kaufmann Runtzler <1708 Teiler): 1. Ritter: Fabrikbesitzer Patzig <177 Ringe); 8. Ritter: Kaufmann Ohndorf <177 Ringe); Königin: Frau Architekt Lehmann <781 Teiler); 1. Ritterdame: Frau Kaufmann Bernhardt <SS Ringe); 8. Ritterdame: Frau Fabrikbesitzer Hey de <00 Ringe). Stand freihändig: Kupfer <1S8 Ringe); Stand aufgelegt: Rothe <178 Ringe). Lorenzschetbe: Brückner <214 Ringe). Kleinkaltber: Brückner <184 Ringe). Schnellfeuer-Stand freihändig: Kupfer <21 Punkte): Schnellfeuer-Stand aufgclegt: Rothe <58 Punkte); Schnell» sener-Wehrmannscheibe: Kupfer <47 Punkte). Festscheibe: Heinrich <808 Teiler». Am nächsten Sonntag findet PreiSvertetlung und König». mahl im Schiitzenhof Trachau statt. Was bringen, -ie Kinos? Ufa-Palast sBiktorta-Theatcr). Vielerlei gtbt'S zu sehen in dieser Woche: Ernstes und Heitere». Das Heitere kommt zuerst: »Wie kuriere ich meinen Mann?" Da» Rezept, da» Frau Diana bet ihrem flatterhafte» Georg an- wendet, dürste sich zwar kaum als ein Universalhetlmittcl sür ungetreue Ehemänner empfehlen: aber die Sache ist ganz hübsch ausgeklügelt, und im Einzelfall Diana-Georg ist der Erfolg eklatant. Ernster gebt es in dem zweite» Stück zu: »Die Brücke der Verzweiflung", einem sechsakttgen S^ausptel nach einer Novelle von Fr. Wrnbcl von Eugen Pretß. Die »Brücke der Verzweiflung" heißt im Volks- munde eine sich in schwindelnder Höhe c-c>-s einen wilden GebtrgSsluß wölbende Brücke in der Nähe von Locarno. Durch einen Sturz von dieser Brücke macht — wie schon manches andere zuvor — ein armcö Menschenkind, daS nicht mehr et» und ans weiß, seinem inhaltlosen Leben ein Ende. ES ist eine junge Frau, die infolge ihres Fehltritts von dem Gatten geschieden und von ihrem Kinde, einem bildhübschen Knaben namens Werner, getrennt worden ist. Der Gatte, ein Etsenbahningenlenr, bat inzwischen in der Tochter seiner Wirtin in Locarno, Anctta, ein liebend Herz gesunden. Er will sic heirate», sobald die S-Neidiing rcchtKkrästig geworden ist. Durch Intrigen von Anettas Mutter, die einen anderen Gatten für ihre Tochter in Bereitschaft bat, werden aber die Liebenden von einander getrennt, und Slnetta heiratet aus ihrer Mutter Drängen ihren Iugendsrcnnd Guiscppe. Nach kurzer Ehe wird ihnen ei» Töchterchen, Laura, geboren; die junge Mutter weiß aber recht wohl, daß nicht Guiseppc, sondern der eigentliche Geliebte ihres Herzens, Ingenieur Runer, Lauras Vater ist. Zwanzig Jahre später finden sich nun Werner und Laura als Liebespaar zusammen. Mutter Anetta offenbart ihnen, daß sie sich nie heiraten könnten, da sie Geschwister seien. Sic schreiten zur Brücke der Verzweif lung, um gemeinsam den Tod zu suche». Im letzten Angen. blicke aber wird noch das Unglück verhütet. Werners Vater, der, von Unruhe gepackt, seinem Sohne nach Locarno nach, gereist ist, kommt hinzu und kann den Liebenden offenbaren, daß Werner nicht sein wirklicher Sohn, sondern die Frucht jene» Fehltritts sei, der 'nr Scheidung von seiner Frau ge- führt habe. Die Liebenden sind also nicht Bruder und Schwester; Ißrem Glück steht nichts mehr im Wege, und die Brücke der Verzweiflung fordert diesmal kein Opfer. Recht gut bargestrllt und durch schöne schweizerische Landschasts- bllber - reizvoll illustriert, weckt das abcntenerreiche Liebes- drama nicht bloß Spannung, sonder» auch Wohlgefallen. — Zwischen dem heiteren und dem ernsten Stück befindet man sich bei der neue» Ufa-Wochenschau, sozusagen auf neutralem Gebiete, und zwar auf einem recht abwechslungs reichen und interessanten. — Führung durch die Internationale Kunstausstellung. Heute findet wiederum eine Führung durch die Internationale KnnstaiiS- stellung statt. Den Vortrag über die deutschen Impressionisten wird Fräulein Dr. Marchand halten. Karten sind im Sekretariat der Internationalen KnnstaiiSstcllung erhältlich. — Lehrbuch der Einheitskurzschrift. Im Verlag von Quelle A Meyer tLeipzigi hat Studienrat Professor F. EhrtnghanS ein sür den Schul«, Vereins- und Selbstunterricht bestimmte» Lehrbuch der StnhettSkurzschrift iVerkehrSschrist) erscheinen lassen. In dem Buch« sind die Ergebnisse langsährtger kurzschriktlicher NnterrichtS- »ätigkcit de» Versagers verwertet, ttebersichtlichkeit de» Ausbaues »nd Klarheit der Darstellung sind ihm in ganz besonderem Maße eigen. Da» Buch läßt die Zeichen und Regeln aus Beispielen ab- leiten. Damit wirb alles rein mechanische Lernen vermieden. Die häufigen Kürzungen werden planmäßig eingelibt. indem nicht Einzel- wSrter, sondern möglichst viel gebräuchliche Redewendungen an- geführt werden. Durch seine Anschaulichkeit und die praktisch ans- gebaut» Methodik wird da» Lehrbuch Lehrern und Schülern gleich willkommen sein. — »Dresdner Nachrichten" — Itr. 401 Seile ük Die Rhelnrelse der „Dresdner Nachrichten". Dom Schein zum Main und zum Neckar. Ein Sonntagmorgen, «mgoldet von Rheinsonnenglan» folgte der regnerischen letzten Nacht in AßmannShauscn. Nicht leicht fällt in solcher Pracht der Abschied vom Rhein. Noch begleitet uns der Strom ein Stück Wege» aus der Bahnfahrt nach Wiesbaden. Wir passieren der Reihe nach die berühmte» Weinorte Geisenheim, Hattenheim, Erbach, Eltville, um dann bet Biebrich abzuschwenken vom Strome. Mit Recht heißt dieser gesegnete Landstrich des RheinaaueS „Gottes Garten". Line ganz eigenartige, offene Landschaft hat sich hier der Rhein geschaffen. War er noch im Binger Loch fast wild und düster zu sehen, so zieht er hier breit und behäbig seines Weges, eine Anzahl von Inseln liebevoll in seine Arme schließend. Ein Sinnblld der Fruchtbarkeit ist die Gegend. Schier un- absehbare Weinberge, sorgsam gehegt und dazwischen jedes Fleckchen Erde anSgenlltzt von reichen, fruchtichweren Obst- kulturen. Zu schnell vergeht die Fahrt. Da liegt noch Mainz, daS „goldene", in der Morgensvnne und der MartinSdom mit sechs zum Himmel ragenden Türmen winkt zum Abschied. Dann eine Schwenkung ostwärts, der Fluß bleibt im Rücken und Wiesbaden taucht auf Der erste Anblick schon vor dem Bahnhof zeigt die Prägung des Ortes als eines Weltbadcs voll Eleganz und Luxus. Saubere, breite Straßen, Prachtbauten, wohin der Blick fällt. Ei» Internationales Publikum sucht hier Er holung und geht seinen Vergnügungen nach. Man könnte vergessen, daß es soviel Armut und Elend ans der Welt gibt, wenn man länger in dieser überall anss Vornehme ab- gestimmtcn Umgebung lebt. Wir gehen über den Schloßplatz, am Kochbrnnncn vorbei, durch die wohlgepslegten Tannns- Anlagen inS Ncrvtal. Die Bergbahn bringt uns ans de» Neroberg, non dessen Anssirhtstempcl sich wieder eine wunder volle Fernsicht ins Rhcintal eröffnet. Die Stadt in ihrer ganzen Schönheit liegt zu Füßen, vorgelagert Biebrich und am jenseitige» User nochmals Mainz. Dahinter die Höhen des Odenwaldcs und weite Strecken des Rheins in seinem Oberlauf. Der alle Nero war grausam, grausam sind auch die Preise des neue» Wirtes am Neroberg. Nicht ungcrnpst dringt man als bescheidener Mittclständler in die Stätten des Luxus. Wir flüchten. Aus dem Weg znm Hotel Mctrvpvl, wo ein köstlicher Mittagslisch wartet, überzeuge» wir nnö, daß Wiesbaden inzwischen der Mittelpunkt der eng- lisch en Besatz u ngszo ne geworden ist. Soldaten und Offiziere aller Grade, besonders ausfallend die Schotten mit ihren kniefreien Röckchcn, lustwandeln ln der schönen Stadt, vielfach von ihren Familien begleitet. Man begreift cs, daß sich die Franzosen ungern von ihren britischen Freunden ver drängen ließen. Aber sie machten wohl schließlich aus der Not eine Tugend: denn ihre inslationskranken Geldbeutel halten den Anforderungen Wiesbadens nicht mehr stand. Am Nachmittag wurden die Neiscteilnchmer wieder sich selbst überlassen. Die meisten benützten die Zeit, um lken Kurpark und daS Kurhaus zu besichtigen. Die Fülle der Pracht, die in diesen Hatten und Sälen, ln Salons und Be- wirtungSräumen, ebenso wie in den künstlerischen Anlagen das Auge überwältigt, widersteht jeder Beschreibung. Schön- heitSmüdc nehmen wir Platz ans der Terrasse des Kurhauses und lauschen einer getragenen Orchestcrmusik. Ein bunt- gewürfeltes Publikum ergeht sich aus der Promenade. Schöne Menschen und weniger schöne: elegante Damen nach neuestem Schick und dazwischen wieder Toiletten vergangener Jahr zehnte. ES ist nicht alles Gold, was glänzt . . . Am Ncben- tlsch hat sich eine exotische Dame niedergelassen, ziemlich be jahrt. sehr stark und mit einem schwarzgckränselten Bnbcn- kops geschmückt Sie kaut angestrengt an den Nägeln und stopft dfc dicken Finger gleich reihenweise in den Mund. Wir flüchten wieder . . . Schnell znm Bahnhof. In einer halben Stunde bringt uns der Zug nach Frankfurt a. M. Endlich wieder besatzungsfreier Boden! Statt der fremden Uniformen unsere „Grünen". Nur ein paar Schritte find zum Hansa-Nonal-Hotel. wo wir nächtigen. Trommel- gewirbcl, Kvinmandorufe lassen uns anshorchen. Da ziehen Trupps die Straße entlang von blutroten Fahnen umwallt. Rot-Front hat heute in Frankfurt einen großen Tag. Ein Führer in eleganter Uniform flitzt die Reihen auf und ab und seine Untergebenen mimen militärische Exaktheit. Sie machen ja die Propaganda der Straße und einige Schupo schauen ihrem Treiben uninteressiert zu. Solange nicht Köpfe eingeschlagen werden, geht sie ja der Rummel nichts an. wenn auch der Staat dabei znm Teufel gebt. Hinter dein Zuge schwankt eine Schar von Weibern mit blutroten Kopftüchern. Offenbar die Vorstufe zu den geplanten roten Hosen als Wahrzeichen klassenbewusster deutscher Frauen. Man schüttelt den Kopf und man wundert sich, daß unsere Kommunisten ihre Jüngelchen nicht anders zu revolutionärer Begeisterung entflammen können, als mit dem äusseren Drum und Dran des ssssss alten Militarismus. Es muss doch etwas daran ge wesen sein. Nach dem Abendbrot unternehmen wir noch einzeln einen Bummel durch die nächtlichen Strassen. DaS Leben und Treiben der Großstadt, die ihrem Vergnügen nachgeht. Nichts Neues und nichts Anlockendes für den Reisenden, der eben alle Schönheiten deS Rheins in sich ausgenommen hat. Am Montagvormittag folgt die Besichtigung Frankfurts und seiner Sehenswürdigkeiten. Die Hauptstraßen zeigen das tnpische Hasten einer modernen GclchästSstadt: reizvoll wird die Wanderung erst in den malerischen Winkeln Alt-Frankfurts mit seinem noch mittelalterlichen Gepräge. In dem wundervollen Dom sehen wir die Stätten, wo die Kaiser des Heiligen Nämlichen Reiches Deutzcher Nation gekürt und gekrönt wurden, im Römer die Pruuksäle, wo die Krö- nungsseterlichkcitcn abgehalten wurden, in der Pauls- kirche den Raum, wo einst Deutschlands beste Männer die Einigung des Reiches mit Reden und Beschlüssen durchführen wollten. Ihr Tun war ehrlich, aber vergeblich. Ein anderer musste kommen, als die Zeit erfüllt war, der der deutschen Zwietracht endlich mitten ins Herz stieß und mit Blut und EUen das kostbarste nationale Gut schmiedete, das auch die alles verschlingende Katastrophe zu überdauern vermochte. Jahrhunderte deutscher Geschichte erstehen vor uns und füllen die altchrmürdigen Stätten mit ihrer Weihe — Ter letzte Besuch gilt dem Goethe-Haus. E)anz andersgeartete, aber gleich schöne und erhabene Erinnerungen werden hier leben dig in den alten Räumen. „Dichtung und Wahrheit" wird zur Wirklichkeit ln all den Ecken und Winkeln, die des deutschen Dichterfürsten Jugendzeit umschlossen Frau Ajas heiterer Sinn lebt noch in der traulichen Wohnstube, des Herr» Rats spartanischer Geist in den Studlerräumcn. Hier stand Goethes Wiege, hier sein Arbeitstisch, an dem die Iu-- gcndwcrkc erstanden: dort ist das Eckfenster, von dem der gestrenge Vater die Heimkehr des Sohnes überwachte. Man möchte weilen, ganz allein — die Menge stört so in diesen Räumen — und Goethes Welt erleben. Doch die Zeit drängt und läßt viele Wünsche unerfüllt. Der Nachmitiag aber gehört wieder uns »nd unseren Nei gungen. Viele benutzen die bleibenden Stunden zu einem Besuch im Palmengarien. wo alte Wunder exotischer Pflanzen welt lehrreiche und unvergeßliche Eindrücke hinterlassen. Nach einer herrlichen Bahnfahrt an der Bergstraße entlang kommen wir dann noch vor Einbruch der Dunkelheit nach Heidelberg, der letzten Station nnsercr Reise. Alles ist rechtschaffen müde und fühlt, dass der Genuss ebenso aiislrengen kann wie die Arbeit. Im Hotel Schrieder, wieder ein Haus erste» Ranges, finden wir Ergutckung und Ruhe. Der letzte Reisetag bringt nochmals Sonne und Wärme. Wir steigen den Schlvssbcrg hinan und sehen in allen seinen Teilen das weltberühmte Schloss, das unter Ludwig UV. der französische Mordbrenner Molac zerstörte, und das. nur an der Frontseite rvicderhergcstcllt. ein unanSlöschbarcs Denk mal französischer Knlturschaiide. eine ewig mahnende Er innerung bleibt. Auch das grosse Fass und die Wirkungs stätte des trinkfesten Zwerges Pcrkco wird nickt vergessen. Am meisten aber fesselt der Blick von der Terrasse, wo die mächtigen Umrisse deS Schlosses und das liebliche Neckartal mit der Stadt zugleich zu übersehen sind. Hier versteht man den Zauber, der Dichter und Denker immer wieder angelockt und znm Preise Heidelbergs angcscuert bat. Scheffels Denk mal steht hier an seinem LicbllngSplatz. Er schaut hinunter ins Tnl mit einem Blick, als sänge er. nochmals «nd immer wieder: Alt-Heidelberg, du feine! Der Wunsch drängt sich auf: man möchte nochmals Student sein tn dieser Stadt. Ganz anders, viel schöner, viel wirklicher muss daS sein, als in der alles gleichmachenden Großstadt mit ihrem Lärm und ihrer Flachheit. Am Nachmittag steigen wir, uns selbst überlassen, auf -er anderen Ncckarselte den Philosophenwea hinan und trinken das wunderschöne Bild mit nimmern üden Augen. Ein kurzer Tag hat genügt, und alle haben ihr Herz verloren an Heidelberg und an den Neckarstranb- Abends 0 Uhr acht die Reise zurück durch Frankfurt, Bebra, über den Thüringer Wald. Man versucht zu schlafen, so gut es gebt. In Weimar beginnt der Morgen zu grauen; Apolda grüßt schon im Tageslicht. Dann gebt's über die Saale, durch Naumburg nach Leipzig. Schnell taucht dann die Hcimntgegcnd aus. Und wie die Lössnttzböben wieder winken, der Zug langsamer werdend über die Elbebrücke rollt, und das einzigartige Panorama der Stadt sich aus breitet. da fühlt man. dass Dresden mit seinen eigenen Retzen sich würdig all dem Herrlichen zur Seite stellen kann, was Rhein. Main und Neckar an Schönheiten der Städte und der Landschaft bieten. Ein herzlicher Abschied, dock nicht für immer. — Gemeinsam Erlebtes kettet aneinander. Man hatte zudem mit jedem Tage mehr einander gefunden, liebe Menschen kcnncngelcrnt. neue Freunde für den wieder tn seine Rechte tretenden Alltag. Und nie hatte ein Mission die Harmonie gestört. „Nächstes Jahr wtederl" — das mar der Abschicdsgruß. Or. Lall. den kleinen Häusern beisammen und „verteilten" sich eins. Wanderburschen kamen gezogen, sangen schöne Volkslieder und schlugen die Lauten dazu. Mädchenlachen kicherte ln die Neckereien der Burschen. Da und dort gingen brave Bürger schlafen. Die Gardinen wurden zugezogcn. Lichter brannten auf. Not und golden leuchtete cS aus den Scheiben. Sanfte Strahlen flössen über daS Grün des EfcuS oder Wilden Weincö. davon die roten Backstetnivände förmlich überwuchert sind. Schatten huschten hinter den Vorhängen auf und ab. lustige Schatten, wie tn Kotzebue» .^Kleinstädtern". Die Lichter verlöschten. Sterne brannten Lampen und Laternen an. Fern zog daS Lied der jungen Wanderer wie Sehnsucht durch die Nacht vielleicht ln die Träume der Mädchen hinein, viel- leicht tnS Horn deS braven Wächters. In der zehnten Stunde war eine grosse, fromme Ruhe über Markt und Gassen. Der andere Morgen weckte frühzeitig einen warmen Sommertag voller Blühen. Duft und Reifen auf. Ich man- derte dem Dorfe Peter Wicberts zu. Eine Landwanderung voller sonderbarer Reize war daS. Felder und Wiesen nahmen mich noch an der Stadt auf. Staubige Strassen und auSgefahrrne Bauernwege führten mich weiter. Lanbleute kamen mir aus zweirädrigen Kutschen entgegen. Links und recht» begleiteten mich die .„Knicks", jene grünen Hecken, die Felder und Viehweiden nach Besitztümern umgrenzen. Im Schatten dieser Knicks ruhten Gruppen von Landstreichern. Die Landstreicher von Schleswig-Holstein sind von be- sondrrem Adel. „Monarchen" werden sie im Bolksmunde ge- nannt. Verkommene Existenzen sind'S meist, oft auch von recht guter Herkunft. Zur Frühjahrs- und Erntezeit kommen sie vom Festlande herüber, arbeiten eine Zeit, bummeln, trinken, arbeiten wieder, um sich schliesslich der königlichen Freiheit Ihre» VettlertumS hinzugebcn. Monarchen! In der Hebbelstadt Wesselburen treten sie mit an zum „Menschen- markt". Lembke erzählt davon: „Ein Bauer nahm rittst vier Monarchen an. ließ jedem, wie eS Brauch war. efnen oder zwei Grog» etnschenken. lud Ne auf seinen Wagen, kehrte unterwegs noch einmal mit ihnen ein und spült« Ihre Kehle noch einmal, lud Ne wieder auf und mußte dann nach einiger Zelt bemerken, daß sie seinen Wagen ganz still verlassen hatten Ihren Grog hatten sie bekommen..." Um ihre Frei heit könnte man diese Monarchen wohl beneiden: aber über ihren Nanderwegen sieht der Schatten deS verfehlten Lebens, und so wandert „man" wohl besser tn bürgerlicher Behag lichkeit. In Sandkirchen. dem alten Hauptort der Insel, las ich seltsame Namen. Jngwert Jngwertsen stand aus dem Schild des DorsbückerS. Dann kam ich zu Peter Wiebert. Er Ist ein echter blonder Deutscher, mittelgroß, breit, stark, mit auffallend Hellen freundlichen Augen. Er bot mir guten Willkomm. Ich brachte meine Grüße, und bald waren wir im Gespräch. Vom alten Fcstmarnschen Slawentum erzählte er, daS sich noch tm Vau der Dörfer zeige, von der Geschichte des Landes von den Kämpfen zwischen Holsten und Dänen, vom letzten Kampf, der Eroberung der Insel durch die Preußen am 15. März 1864, vom Geist der Freiheit »nd der Selb ständigkeit der Bewohner und Bauern, von den drei In stanzen der früheren EigcngerlchtSbarkcit: dem Kriminal- gerlcht, der Macht der Geschworenen und dem dänischen König. 1852 hatte dieses Gericht In Petersdorf die letzte Enthauptung vollzogen. Von der Zeit sprachen wir, und Peter Wiebert erzählte, wie die Alten auf der Insel acrn noch an ein selb ständiges Herzogtum Schleswig - Holstein dächten, wie das Jnselvolk aber einmütig und empört Schmarotzereinflüste- riingen um 19ll1, dänisch zu werden, abwics. Es ist schon so: Ein Lump, wer sein Vaterland in Not verrät! Und ein Held, wem die heilige Liebe bis zum letzten im Herzen lodert! Wir gingen In deS Bauern Hof. Da steht eine Esche. ES ist ein heiliger Baum, ein Bannbaum, den keine Menschen hand berühren darf, wenn anders nicht Unglück über den Hof hereinbrechcn soll. Wir sahen in der Gcsindestube grosse Schüsseln. „Milk" war darin. „Milk" und „Kroehm" und „Klumps" fgebratene Klöße) sind Nationalgericht, wie drüben auf dem Festlande „Speck mit KlüterS" und „Bunte Mehl- beutcl". Sonst sterben Sitte und Brauch auch hier durch die Steigerung des modernen Verkehrs. Bis zum Weltkriege waren 6N Prozent der Inselbewohner noch nicht auf das Fest- land gekommen. Jetzt fahren Autos längst herüber und hin über. Trotzdem lebt lencS gesunde Hclmatgefühl, wie eS aus Bauernbesitz herauswächst. Und der Fehmarnsche Bauer ist stolz aus seine Scholle und stolz aus seine Arbeit. Sei» Schaffen ist Vorpostenarbett um deutsches Volkswohl. Der Bauer Peter Wiebert hat die neuesten landwirtschast- lichen Maschinen. Er schafft mit dem Geist der Zeit, aber fühlt mit dem Herzen seines Ahnen. Die VandwirtschaftS- kammer in Kiel hat sei» Gut zum Lehrgut bestimmt. Zur Landwirtschaftlichen Ausstellung in Stuttgart flog er tm Flugzeug von Hamburg aus DaS erzählte er mir. als gerade daS dänische Postslugzeua über uns hinwegflog. Peter Wiehert Ist Volkskundler und Forscher. Gelehrte aller Länder kommen zu ihm. Er ist aber auch der Dichter seiner Heimat. Im Fchmarnschen „Platt" besingt er sein Land tn ergreifender Innigkeit. Un- immer wieder ruft er seine Leute auf zu Fehmarnscher Art, zeigt ihnen den Reich tum „op'n Knus" lauf der Insel). Wir gingen aus Hof und Dorf tn das Land hineitt. Weit war der Himmel über uns gewölbt. In silbernem Nach mittagslicht sprühte die Lust Hell glänzten das blühende Land, die Felder, die Weiden, die Dörfer, die Mühlen. Eine weißblonde wogende Fläche, Felder, eine Stunde vor dem Schnitt, zog sich vor uns hin. Der Wind wehte eine leise Sommermusik auS den Aehrcn. Sonst war eS unbeschreiblich still um uns. In der Ferne ruhte der Himmel auf den glitzernden Wogen des MeereS aus. Dort drüben liegt Dänemark! sagte Peter Wiebert. Man konnte es an diesem Tage nicht sehen, grüßte cs aber tn Ehrfurcht vor seinem Märchcndtchtcr HanS Christian Andersen. Nach der anderen Seite lag Deutschland. DaS konnte man sehen, und man fühlte es an der Seite dieses Mannes, fühlte auch in Fehmarn ewiges Deutschland und heilige Hclmat, und wusste, dass cS ein guter Vorposten ist. Bücher und Jeilschrislen. V Freie Ströme, von Pros. Dr. Richard Hennlg, Düssel dorf. „WlrischastSpoltttsche Zeltsragen". Heft 8. herauSgcgebcn von Pros. Dr. Ernst Schultze. 192«. tG. A. Glöckner, Leipzig.) Die kleine Schrift behandelt eine ungemein wichtige und dennoch von den politischen, wirtfibastttchen und völkerrechtlichen Nnicrsuchnngen stark vernachlässigte Frage, die durch die In Versailles erfolgte Internationall st er u ng verschiedener deutscher Ströme akut geworden Ist. Der Versager, der als VerkehrS- wigenschastler bekannt Ist und der See. und Binnenschiffahrt stets besondere» Jnterejse entgegengebracht hat, stellt sich ln btcser Schrift die Aufgabe, an Oand ber Staat-Verträge klarzulegen, was eigentlich unter de» letzt so viel mißbrauchten Begriffen „Flaggensrcihelt", „Infernationaltsicriing" usw. zu verstehen ist. Er kommt dabei zu dem ausfälligen und tibcrralchenden Ergebnis, daß zwar die „Freiheit der Schiffahrt" ein klar »mrlssener nnd eindeutig sestgelegter Be- grlss, das Wesen der „Inicrnattonalisteriing" von Strömen abr», bisher überhaupt nicht begrifflich zu erfassen ist. Am verblüffendsten dürfte ledensallS die zunächst kaum glaubliche, aber dennoch ein wandfreie Feststellung sein, daß die vielbesprochene Inter na t l o n a l l s I e r u n g de« Rhein» bisher ln keinem Staatsvertrag ausgesprochen »nd ln Versailles, offen bar infolge eine» Irrtum», verargen worden lst. Alle Studien über Internationale» VlnnenschlfsahrtSrecht und die Stellung der deut schen StrSme im europäischen Verkehr werden künftig an der grund legende» Studie Hennin« keinesfalls vorbeiaeben können. X „Am Brunnen", Famltienkakender für da« Jahr 1V27. Her- anSgegeben von Marte Barsch. Mt« einem Iahrmarktverzelchnl« dem Hnndertlährtgen Kalender und einem Wandkalender. 88. Jahr gang. lBerlag L. Heeg«, Schweidnitz.)
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