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Dresdner Nachrichten : 14.06.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-188706149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18870614
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18870614
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-06
- Tag 1887-06-14
-
Monat
1887-06
-
Jahr
1887
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 14.06.1887
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. De, Vt «ad Lande« verstorbene Nentle, tzllzyofn setzte st, seinem Testamente ein Legat von 18,660 Mk. stlir die früher in Breslau aiisäislnen, zur Zeit deS KulturkampieS aber in Marseille tn Tüd-Frankrelch übcrsicdeiten Ursuliueriimcn aus. Ticlrr Tage traf die Mittheilnna ein, dah der Kaiser die landesherrliche Gench» miauna für dieses Legat versagt habe, weiches nunmehr den legi timen Erben Verbleibs Auö dem Reichslande. In Wal scheid (Oberelsaß) wurden 3 Mitglieder des GemeinderathcS wegen Unbotmäßigkeit von ihrem Amte enthoben, von der Bürgerjchast aber wicderaewtthlt. — Strasurtheile wegen aufrührerischer 8cusc, Absingen der Marseillaise, oder Tragen von sranzvsischcn Farben werden noch beinahe jeden Tag bald von dieser, bald von ,ener Siraikammer der Landgerichte ausgesprochen. In den nnlercn Vvlksklasscn wird denniach dicier unvrrniinstiae, zwecklose und gesetzwidrige Sport immer noch weiter getrieben. Selbst altdeutsche Bursche» werden hier und da in be trunkenem Instand von der Tarantel gestochen; so hat am 9. Mai die Metzer Strafkammer einen aus Aitbeutschland gebürtigen Ar beiter zu drei Woche» Gefängnis! verurtheilt, weil er sich mit drei lothringischen Kameraden am Tage der Mililüranshebung am Aus bissen einer iinprovijiltkn scaiizösstchen Fahne bcthciligt balle. — In Mülhausen sind vier Lehrlinge eines Droguericgeschästcs wegen Verbreitung eines Bilderrällisels in Zahlen, aus welchem eine Be schimpfung des Königreichs Preußen herauszulescn war, verhaftet worden. Das eine Expcmlnr war in die Hände einer Schülerin der höheren Töchterschule gekommen und in der Schule niit Be schlag belegt worden. — Biel wichtiger ist die Nachricht, das; ein oberelsüssischer, 29 Jahre alter katholischer Vikar zun, dreijährigen Militärdienst bei der Garde in Berlin eingezogen worden ist. Außcr- drm sind 9 Zöglinge deS Straßburger Pnestclseminars zur Leistung einer dreijährigen Dienstzeit ausgcforderl worden. Rach dem katho lischen ,,Elsässer" befinden sich jedoch 8 dieser Seminaristen »r der Lage, eine» Ansschub von einem Jahre zu erhalten, um ihre Studien zu beendigen. Das Militärbczirksgerlcht in Würzburg hatte ain Dienstag ln 0cr Person des Unteroffiziers Matthäus Kraus des 2. Trainba taillons. led. Schmied von Ei sin gen, über einen Vorgesetzten zu verhandeln, der sich arge Hebelgriffe zu Schulden batte kommen lassen. Krans peinigte und mißhandelte die Leute aus der gering fügigsten Ursache in unveranlworllichster Weise. Wenn sie ihre Sachen nicht zu seiner Zufriedenheit geputzt halten, trieb er sie ost Nachts nm l2 Uhr ans den Betten znm Nachputzen, er gab ihnen Ohrfeige», schlug und mißhandelte sie »nt Fäusten; einem Soldaten, Nainens Stepp, der ihm seinen Rock nicht recht geputzt batte, ver setzte er mit dem Säbel einen zi»n Glück nicht gefährlichen Stich in den Leib. Er wurde zu 7 Monaten Gefänglich bei gleichzeitiger Degradirnng verurtheilt. Die Stadt Gelfenkirchcn bot am 10. Juni eine» überaus ernsten Anblick. Von allen Häusern wetzten schwarze Fahnen, alle Läden waren geschlossen. Es wurden die auf Zeche „Hibcrnia" verun glückten Bergleute beerdigt. Von den 52 Todtcn wurden 39 in einem Massengrnbe auf dein katholischen und 13 in einem solchen auf dem rvangelifchcn Friedhöfe beerdiat. Fi» Gefolge befanden sich wenigstens 10,000 Personen. Die Sarge waren zu zwei ans Leiterwagen »ntergebractzt, hinter jedem Wagen gingen die Ange hörigen. Frenndc und Bekannte» der Todtcn. An den Massen gräbern ereigneten sich ganz entictzliche Szenen, manche Frauen »lichten mit Gewalt von den Särgen gerissen werden. Durch das Unglück sind 43 Frauen zu Wittwcn geworden, 89 Kinder unter 14 Jahren beklagen den Verlust ihrer Väter. — Unter den Verun glückten befanden sich auch die Gebrüder Peter und Hermann Starcke. Dieselben arbeiteten bis zum vorigen Jahre ans „Eonsili- dation"; da aber bei dem glichen Unglück ans genannter Zeche zwei ihrer Brüder verunglückten, versiegen sie genanntes Werk. Sinn hat sic der Tod, den sie flohen, doch ereilt. Ein fünfter Bruder verunglückte im Jahre 1882 auf Zeche „Pluto", der sechste wurde vor einiger Zeit bei einer Schlägerei erstochen. In Nürnberg wurde nach dem „Bahr. Bat." Nachts ein Chevanxlcgcr, der in einer Wirthschast Skandal machte und seiner Verhaftung durch eine Militärpatrouille sich widcrsetzte, von dieser erstochen. Oesterreich. Der Appcllscnat in Wie» sprach den Redakteur Dr. Proksch von jeder Strafe für eine angebliche Ehrenbcleidigung des vielgenannten demokratischen Abg. Kronawcttcr frei. Die Be gründung des Urthcils ist geradezu vernichtend für Kronawetter. Ter Appellsenat erkannte, Proksch habe vollständig den Wahrheits beweis für die Behauptung, das; Krvnawetter unchrenhaste That- sachen verübt habe, erbracht. DaS Urtheil betont, dag der stein reiche Krvnawetter sich unehrenhaft betragen, dadurch, dab er seine verarmte greise Mutter aus öffentlichen Mitteln (Ärmenpfrüuden) erhalten lieb. Er habe dadurch gegen die ihm nach ethischem und bürgerlichem Rechte obliegenden Pflichten verstoßen. Die Vorwürfe. Krvnawetter habe seine Haust nach dem Gcldc der Armen ausge- streckt, er sei ein falscher Volkstribnn und fein Vorgehen verstoße schwer gegen die öffentliche Sicherheit, seien nicht strafbar und stellen sich lediglich als scharfe, schonungslose Folgerung aus den vom Angeklagten vorgebrachten bestimmten aber bewiesenen unehrenhaf ten Thaisachcn dar. Ter Nachlaß des vor Kurzem in Karlsbad gestorbenen und auf dem israelitischen Kirchhof in Wien unter großer Thcilnahme seiner Glaubensgenossen begrabenen Zauberei-Professors Herrmanns, der ans 2 Millionen geschätzt wurde, beträgt blos 300,000 fl. Die Univcrsalerbin ist die Wittwe. „Blos" ist nicht übel. Geschwin digkeit ist keine Hexerei. Die Wiener Polizei hob eine Spielbank auf. Man fand meh rere Noulettspicle, Marken und einen größeren Geldbetrag vor. Mehrere Kavaliere und Private zählen zu den Op fern dieser Bank, in welcher auch Falschspicl betrieben wurde. Die Bankhalter Oertz und TeplanSktz wurden wegen betrügerischen Spiels in Hast behal ten und dem Landcsgcrichke cinacsieicrt, ebenso der Bankhalter Sa muel Fuchs, der in Kavasierskreisen häufig verkehrte, und schon wegen .Hazardspiels zu sechs Monaten und zwei Jahren Kerker verurtheilt war. Zwischen den Bankhaltern herrschte ein Emver- ständniß, nm die Ehance» des Gewinnes möglichst zu vergrößern. Die Namen der Ttzcilnetzmer am Spiele sind der Polizei bekannt und werden die Betreffenden in der Verhandlung als Zeugen sungiren. Ungar». lieber die bereits gemeldeten blutigen Ereignisse in llezbeatz werden folgende Details berichtet: DerEnndidnt der libe ralen Partei des Neutracr Bezirks, Emerictz Latkoczp, hielt in Nez- begtz seinen Einzug: d>c Anhänger des anti-semitischen Eandidatcn Lubrich hielten in einem außerhalb des Ortes befindlichen WirttzS- hause ihr Gelage. Sowohl der Einzug als auch die Abreiic Lat- kocztzS gingen ohne Störung vor sich. Gegen 11 Uhr forderten Gendarmen die Antisemiten, welche im Wüttzshaufe Spektakel machten, aus, das Lokal zu räumen. Die Antisemiten weigerten sich zuerst, dieser Aufforderung Folge zu leisten, dann zogen sie in daS Dorf vor das .Haus des Notars, wo sie einen Krawall insze- nirten, sie widertetzten sich auch der Patrouille, worauf diese Suc- curs begehrte. Es kamen acht Mann aus Neutra an, diese forderten die Tumultuanten neuerdings zur Nutze und zum Auscinandcr- gehen ans, sie wurden aber von der Masse verhöhnt und beschimpft. Die Soldaten drohten, von der Waffe Gebrauch zu machen, auch dies fruchtete Nichts. DcrPostciifiihrerkommandirtc hieraus Feuer, alle acht Schüsse trafen, drei Personen wurden getödtet. zwei schwer, drei leicht verwundet. Inzwischen traf auch eine Compagnie Honved-Soldaten ans Neutra ein, daS Volk hatte sich aber bereits verlausen. Eine Compagnie Soldaten blieb in lkezbegh, eine andere ist in Neutra in Bereitschaft. Die neuesten Nachrichten ans dem Ucbcrschwemmmigsgebict kanten günstiger. Die Gefahr für die bedrohten Städte scheint ab- gcwcndet. Die Theiß fällt. Frankreich. Achthundert Postbeamte bnben beim Finanz- Minister Rouvicr, zn denen Bereich jetzt daS Pvstwesen gehört, gegen eine Reihe (37) Erncnninigrn n»d Beförderungen Einspruch erhoben, welche der zurückgelretene Pvstministcr Grauet noch in den letzte» Stunden seiner AintSihätiakeit vollzoq nnd welche den Regeln der Anslellimg nnd deS Vvirückenö zum Schaden der nicht begünstigten Beamten zuwiderlaufen sollen. Der Ministrrralh billigte die Absicht des KriegSministcrS, zwei kürzen: Borlagen emzubringen, durch welche die dreijährige Dienst zeit. sowie die Vermehrung der Vrrthridigimgskraft des Landes vor der Beschlußfassung über das Mililärgesctz erreicht werden soll. In Paris fand am Sonntag Vormittag »wischen dem Dcpn- tirten Clkinenccan und dem Redakteur dev „National", Fvucher, infolge einer Zcitungspolcmik ei» Pistoleiiduell statt, welches in dessen trotz zweimaligen KugelwechselS rcsiiltallos berlief. Der KonkordaiSmisichub hat mit großer Mehrheit beschlossen, den Antrag aus Abschaffung des Konkordat« der Kammer zur An nahme zn empfehle». Dieier Antrag ist seit mehreren Jahren in jeder parlanien>arischcn Session gestellt und jedesmal mit nicht im» beträchtlichen Mehrheiten nbgelrhiit worden; das aleiche Schicksal ist ihm »n der gegenwärtige» Kammer mit ihren 179 koiiservalive» Mitgliedern um sd sicherer, ük» auch die Vambettisten nicht geneigt sind, sich den Vatikan zu verfeinde». Der TeniPS rechnet auS, daß Frankreich im Jahre 1886 anS Eosirca 5,761,198 Frrs. gezogen nnd dort 18,682,451 FrS. veraus gabt bat. Die Insel kostet Frankreich also rund 13 Mill. jährlich. Ein Corse zahlt durchschnittlich zwanzig FrS. jährlich Slencr», die übrigen Franzosen durchschnittlich sünslindsiebzig Frcs. Seit An fang deS JnhrbnndertS hat Frankreich über eine Milliarde in die Insel gefleckt, die heute halb unbebaut ist und sechshundert Räuber beherbergt. I» Paris ist zu Anfang vergangener Woche ein Kaufmann Rcg- nault von dem Schwurgerichte srcigelprochen worden, obwohl er ge ständig war, seine Fron und deren Liebhaber »nt Vorbedacht gelödiet zn haben. Rcanault hatte vor zehn Jahren ein junges Mädchen, Leontine, gehcirathet, welche damals schon für etwas leichiserlig aalt. Er war ihr gegenüber eifersüchtig äeblieben, wie am ersten Tage. Regnault hatte sich in Paris, Straße Neuilly, als Ma- tcrialwaarciihändler niedergelassen. Im vergangenen Winter hatte eine Reise unternommen. Während dieser Zeit machle Frau zu ihrem Liebhaber. Tic von Battenberg und den Prinzen Ferdinand von Coburg als shre offi ziellen, den Großmächten vorznschlagenden Candidaten für den Fiirstenthron bezeichnet hat. — Ter Zweck der Reisen der Regenten Mntkurow und Shüvkow nach Varna reip. Plnsippvpel ist, den an den gciiiiiintcn Orten wnder stäcker znm Ausdrucke gelangten Bc- slrcluiiigen der bulgarischen Allionsparlei eulgegeiizuwirlcli und für die Ausrechterhaltung der Ordnung geeignete Maßregeln zu treffen. er Pegiiault de» HaudlungSgehilfe» Dow Zusammenkünfte fanden in einem benachbarten Hotel statt, in welchem Dvrü ein Zimmer hatte. Ein Dienstmädchen verkaufte Ihre Herrin später wegen eines Zerwürfnisses und gab Herrn Regnault einen zweiten Schlüssel zu dem Zimmer Tores Der Krämer begab sich, mit einem ungeheuren Fstcttchmesser bewaffnet, in das Hotel, in welchem Dvrü wolnstc, und überraschte dort das Paar. Mit zwei Stichen verwundete er den.Handlungsgehilfen, der röchelnd vor der Thür der Portierloge iiicderwnk, zn Tode: sodann wandte er sich zu seiner Frau, die sich ihm zu Füßen warf und um Gnade bat: „Laß mir daS Lebe», ich flehe Dich au!" — ries sie. — „Nein!" — „Gieb mir wenigstens einen letzten Kuß!" — „Nein, Tu sollst sterben!" Und er durchbohrte sie mit siebe» Messerstiche». TW nach stellte er sich als Gefangener. Als er im Korridor des Hotels den Leichnam Tows sah, rief er: „Ist der Lump auch tvdt'k Geht nur hinaus, dort findet ihr meine Frau, die ganz nnvers zugcrichtct ist!" — Die Frcisvicchung durch die Geschworenen erfolgte, da daS französische Gesetz dem beleidigten Ehegatten die Befugnis; znspricht, selbst der Rächer seiner Ehre zu fein. Paris. Eine peinliche Szene ereignete sich in der Zwischen pause des großen von den Mitgliedern der Komischen Oper vernn- stalietcu Eonecrtcs auf dem Trokadero. M. Capoul, der lyrische Tenor der Opera Evmwuc, schlug den Verichterstatter des „Natio nal" M. Stvullmg angesichts des Publikmnö und dcr Künstler für eine abfällige Kritik in brutalster Weise ins Gesicht. Stonlling hat Eapvul hierauf gefordert und demnächst wird cs infolgedessen einen verwundeten rcsp. todtcn Tenoristen oder Journalisten oder wenn Alles gut geht, ein beillantes Frühslück geben. —Tic,,Times" warnt in einer Anzeige alle Banken des Evntiuciits vo<e»icr, wie es scheint vorzüglich vrganisirlcn aincrikcmiichen Gaunerbande, weiche Fälschungen von Ereoitbriefeu ins Werk setzt. Die englischen Banke» sind durch die Gauuerbande bereits um die Summe von 175,009 Fres. betrogen woroen. — Prinzessin Maria von Orleans, Gemahlin deS Prinzen Waldemar von Täncmark, ist von einem Prinzen entbunden worden. — Alan telcgraplnrt von Petersburg, daß nach einem soeben erlassenen Ukas alle niclstrnssischcn Admiiiistratioiis- hcamlcn. welche die Wälder nnd Hölzer von Polen zu verwalten haben, innerhalb 14 Tagen ihres Dienstes zu entlassen »ud des Landes zu verweisen sind. Ter „Figaro" fügt hinzu, daß dieser Ukas nur als eine Maßregel gegen die ansässigen Deutschen anzu- scheir sei.-— In Toirkin ist die asiatische Cholera anSgebrochcn. Das Ministerium erläßt eine diesbezügliche Verhaltungsordre für das dort lagernde französische Militär und den Aus- und Eingang dcr Schisse und deren Mannschaften. Italien. Aus Gubliio, einem kleinen Orte in dcr Umgegend von Perugia, wird folgende fastnnglanblich klingende Begebenheit berichtet: Ter Pfarrer des Ortes, dcr zugleich Schulmeister ist, besaß eine zahme, außerordentlich zuirauliche Amsel, welche sich frei im »saufe yerumtricb und das Entzücke» der Schulkinder bildete. Dcr Geist liche, welcher an dem klugen Thier mit ungewöhnlicher Zuucigung hing, hatte den Kindern gesprächsweise ost erklärt, er würde Den jenigen, dcr seiner Amsel etwas zu Leide thäte, tobten. Vor einigen Tagen siel nun der Stuhl eines hastig ansftehcndcn Schnlknaben so unglücklich auf den eben vorbcihüpfendcn Vogel, daß dieser tobt liegen blieb. Schreckensbleich stob die Kindmchaar auseinander, und dcr Knabe, der die nnschnldiae Ursache des Unglücks gewesen war, eilte schleunigst zu seinem Vater, erzählte sinn die Begeben heit nnd erklärte verstört, sich nicht mehr in die Schule zn wagen. Dcr Vater des Knaben ging nun mit ihm zum Pfarrer und er zählte ihm den Borgang. Ter Geistliche besiinfligte das zitternde Kind, das nun ruhig dablicb. Nach dcr Schule ließ dcr Pfarrer den Knaben in ein Nebenzimmer treten; hier begann er. das arme Knid zu würgen, das nach kurzer Zeit erdrosselt umficl. Ter Mörder stellte sich hierauf selbst dem Gericht und wurde nach Perugia ins Gcsiingniß gebracht. Man war Anfangs geneigt, die ganze Sache für erdichtet anzuichcn; allein die seitdem bekannt ge wordenen Tetails lassen an dem surchtbarcn Verbrechen leider keinen Zweifel. Belgien. Der König Überwichte in Brüssel am Sonntag der Artilleriedivision der Bürgergardc anläßlich des 50jtthrigen Jubi läums dieses Corps eine Fahne nnd hielt hierbei eine Ansprache, in welcher er hervorhob, er wisse, daß die Gesinnungen der Artillerie der Bürgergardc diejenige der ganzen Bürgergarde seien: er wisse, daß die Bürger sich dem Vaterlaude hingeben würden. Die Waffen der Bürgergardc seien abgeändert worden, das sei eine durch die Umstände gebotene Nothwendigkeit gewesen. Wenn ein Land sehe, daß sich in seiner Nachbarschaft die Bewaffnung verändere, so sei es verpflichtet, wolle es nicht eine vcrhängnißvollc Ungleichheit gegen sich herbcttührcn, bessere Waffen zu schassen, wie bedauerlich es auch sei» möge, die hierzu erforderlichen Summen nicht zu anderen Zwecken verwenden zu können. Wenn cS sich nm dicVcr- thcidigung des Landes, nm die industriellen Hilssanellcn und nm daS Wohlergehen dcr verschiedenen Gesellschaftsklassen handele, so müßten die Nationen alle Anstrengungen machen, die ihnen möglich. Gngland. Der Bericht der Artillerie-Untersnchnngs-Kommis- sio» des Unterhauses über die Beschwerden Oberst Hopes und an derer Fachmänner, betreffend angebliche Geldveruntreuungeii nnd schlechte Anfertigung oder Erwerbung von Kriegsmaterial aller Art. weist zwar keine Veruntreuungen, daaegen eine Fahrlässigkeit nach, die an'S Unglaubliche grenzt. Als Tbatiache ergab sich z. B., daß Kanonen im Werthe von 3,000,000 Psd. St. d. >. 2l Mill. Mk. zn Schmiden gingen, daß Lord Wolseley am 13. Avril 1885 geschrieben habe, cs sei ihm nicht möglich, die Gefühle zu kennzeichne», mit welchen er die Berichte über die von Woolwich gelieferte Muni tivn für die Batterie in dcr Baiiida-Wüslc gelesen, sintemal die Bomben nicht für die Geschütze paßten; er dente an die Menschen leben, welche durch die nicht zu cntichuldigende Fahrlässigkeit des Arsenals von Woolwich hingeopscrt worden seien. Von 110 Bomben erwiesen sich 55 unbrauchbar; einzelnen fehlte die Spreugladiiiig überhaupt, bei anderen erwics sic sich als naß, andere paßten über haupt nicht in die Geschütze u. s. w. Gegen eine solche schmachvolle Wirthschast kommen die Berichte ans dem Sudan über die sich klemmenden Martini Henrh-Gcwchre, über die Kvrkzichcr-Bajonclte, über das schlechte Pulver, die uubrmichbarcil Sättel, das schlechte Heu, kurz, über die völlige Schlechtigkeit der gcsainmten englischen Militärverwaltung kaum in Betracht. Schuld hat natürlich wieder Niemand, doch schlägt dcr Ausschuß drei Niftninen: die Er nennung eines stetigen Vorrathsanöschusses, eines Ober-Geschütz- cillssehers in der Perio» eines Soldaten von der höchsten Nuszeich nuug nnd eines technischen Bcirathes vor, durch die dem Ucbcl ein Ende gemacht werden soll. Um den Wünschen dcr Bevölkerung nachzukommen, beschloß die Königin, bei dem Gottesdienste in der Westminslcrabtci am 21. Juni alle königlichen Insignien anzulegen. Ter „Standard" ichreibl: Ungeachtet dcr Rückkehr des Obersten Nidgeway nach London und dcr Besetzung Kcrtis durch die russischen Truppcn wird in bcstinformirlen Kreisen die Lösung der afghanischen Grenzfraae zuversichtlich erwartet, und zwar ans Grundlage eines Uebereiiikoiniiieiis. daß Rußland seine Ansprüche a»! Khamiab zn- rückzieht nnd dafür eine Entschädigung in den Thäicrn dcr Flüsse Murghab und Kiibk cmviäiiat. London. Die deutsche Barke Nautilus, von .Hamburg kommend, wurde kürzlich bei San Francisko von Grenzvnizieren sistirt. Man fand bei ihr Cigarren im Werihc von 3000 Dollars und eine Menge nanz. Branntwein, dcr in Kiste» mit der Auffchrist gesalzenes Schweinefleisch, beipackt war. — Die Höhe des englöchen Kapitales, daö in kolonialen Liegendesten re. Anlage findet, wächst rapid. Ende 1883 betrug die Sninme 620,000,000 L.. heute über schreite! sie 741,000.000 L, ziemlich so viel als die Nalivnalsclnild beträgt. — Anläßlich der Regiernngssrier werden in der West- minstrrabtci in den nächste» 10—12 Tagen -li>>0 Tonnen Holz ver brannt werden. Bulgarien AnS Sofia wird berichtet, daß die bulgarische Ne gierung »i Folge einer Aufforderung der Pforte den Prinzen Alexander Z-c«illrtoii. st Kgl. Hosthcatcr. Eejaiumtaussühnmg des Bühncmesl- spicls: «Der Ring des Nibelungen." II. „Die Walküre". Die vorgestern vor vollständig ansveckaniiein Hanse stattgehabte Vorstellung deS Werkes zählte z» den vollendeisien Ausführungen unserer Hoitzühne. Wie tief rnro mächtig die Muse Wagner » in der Gesellschaft wurzelt, und wie gewaltig sie ihr Auditorium in ihren Bann zu nehmen weiß, ließ sich deutlich bei dieser Aus führung wieder erkennen. CS herrschte cmeWeihe und Andacht uiiHause, wie sic nur die »nbcarcuzle Hochachtung vor einem Meisterwerke allererste» Ranges und dessen nilmittelbarrm und bedingungslos fesselndem Zauber hervorznrnfeii im Stande ist. Tie vier volle Stunden Musik und Poesie, welche das Werk ausiuachen, übte» sowohl in dcr Wirkung des Gesanges, wie der coulcmplativcu Orcheslerillustmtivii von Anfang bis zu Ende cmcn uuauchörlich sich steigernden Reiz und Zauber aus; wie über dem alle Fasern des Gcmülhes nnd des Herzens bewegenden Ganze» die prasseln den Flamme» verlodem und die Erregung der Leidenschaften in sphärischen Klängen schwindet, so ließ die vorgestrige »Aufführung nur ein Gefühl in dcr Seele des Zuhörers nachziüerii: DaS der ganzen nnd höchsten Verehrung nnd Bewunderung sür de» Genius, dem solche Schaffenskraft verliehen war. Und mich den Künstlern, die ein solches niächliges Werk in jo hoher Vollendung wicderzn- gcben und den Zuhörer durch ihr Talent derartig Hinzureißen wissen, gebührt die ganze nubegrenzic Hochachtung und Anerkennung. Frl. Malten war als Brünnhilde wieder bcwnnderungswnrvsg. Ler Schmelz und Wohllaut ihrer großen Slumnmiiicl und ihre edle, charakteristische Plastik i» der dramatstchen Wiedergabe ber einigten sich zu einer Größe der Gelainmtdalslcllnng, weicher mit Recht der begeisicrlsle Applaus und Hervorruf ais wohlverdientes Lob wurden. Daß man diese Brnnnhilde außerdem mit Blumen überschüttete — Irl. Malte» erschien nach dem 2 Alte abwechselnd mit einem Blnmenschstde, Biuinenbviiliuct und cüunr mächtigen Blumenkörbe — war leicht begreiflich und wurde dmch rauschenden Beifall vom gesammien Audstorium als rcchilich erworbcne Aner kennung iancnomrt. Ganz lrcislich bewährte sich Herr Schrauss als Wotan; man darf unser Hoslhcater beg>!ic!ivünich.», in diesem Sänger so schnell einen Ersatz sür den fehlenden Vertreter dieser Partie gesunden zu haben. Ter metallene Ton seines Naßtzarhtvns und die natürliche Telinmation in seinem Gelange brachie» die Partie zu schöner und fesselnder Gcftnng. Fr!. Renther war als Sieglinoe vorzüglich; sie gab ihre Partie mit einer dramaiischcng Intensität in Spiel und Gesang, die Staunen und Bewundern» hervorries. Dasselbe gilt diesmas von Frl. Saat, welche sich ihrer Aufgabe mit großem Talent enttcdigte. lieber Herr» GudchuS' Siegmuud lässt sich etwas Neues nicht sagen; er ist ei» M'uslcr- intcrprct dieser Figur und wurde als wlcher gefeiert. Männlich und markig sang und spielte Herr Tecarli den Hiinding, und das Walkürcir-C'nscmble dcr Dame» Friedmann. v. Chavanne. Jahn, Siglec re. ließ i» iciner Vortrciflichkcft nichts ni wünschen übrig. Der Leiter dcr Vorstellung war HerrHoftath Schucu. Tie Geniali tät seiner Direktion war von hinreißendem Schwünge, nnd unser Hosthcatcwrchester bewährte sich unter seiner Leitung wieder mit allen den bewniiderniigSwürdigkii Feinheiten und hervorstechenden künstlerischen Eigenschaften, welche diesen Orchesterkörpcr zu den ersten der Gegenwart erhoben haben. st Die heute im Kgl. Hostheater slattsindcnde Vorstellung von „Siegfried" — als dritter Abend dcr Gejammtaufsührung vom „Nibclungcnriug" — beginnt uni 6 Uhr. st Im Rcndcnzthater erzielte der „Hypochonder" am cLomitag ein in allen Räumen ausverkauftes Haus. Hunderte von Besuchern mußten zurückgehen. Der rege Besuch vcranlaßte die Direktion, die nächste Novität noch amznichieben und den „Hypochonder" bis aus Weiteres ans dem Repertou. zu belassen. st Herr Blcncke, der trcssliche Bonvivant des hicr gastirenden Wallnerthcatcr-Em'emblcs, ist von Oskar Biumcnthal sür das Ber liner Volksschnuspielhans vom Jahr 1888 ab, unter vorzüglichen Bedingungen eugagui worden. st Der Schriftsteller Lubojatzky ist im Alter von 81 Jahren gestorben. Von seinen zahlreichen Werken erregten u. A. der Roman „Des Komas Mc»cnblüthe" ungewöhnliche Sensation. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte der alte Held der Feder in sehr bcdaucrnswertheii Verhältnissen und der Tod war ihm eine wirk liche Erlösung. st Die erste interessante Schauspiclnovität im Neu- städterHofthcntcr nach den Ferien dürste ein bisher noch nicht aus geführtes Shatcspcarcschcs Lustspiel sein und zwar; „Verlorene Liebesmüh". Da dasselbe in neuer Bühnenbearbeituiia von Rudolf Gence zur Ausführung gelangt, so darf dieselbe bei dem Nus deS bühnentniidiacn Dramatikers nnd intimen ShnkcspcarekennerS ge wiß als ein die erhöhte Aufmerksamkeit dcr gebildeten Thcaterkicise in Anspruch nehmendes Ereignis; bezeichnet werden und kann man eS unserer General-Direktion nur Dank wissen, daß sie anderen Bühnen damit voranaeht. st Znmpe's drciaktigc Operette „Farlnelli" gina in Direk tor Kartz'ö Thnliathcater bei ihrer ersten und zweiten Vorstellung vor ausvcrkauftem Hanse und unter rauschendem Beisall in Scene. Die Repräsentanten dcr Hauptpartien wurden nach jedem Akte bis zu vier Malen geritten; desgleichen Direktor Karl sür seine effekt volle Regie und Jnscenirung. st Herr Bruno Heydrich, gegenwärtig noch Mitglied dcr Kgl. Hostapclle, ist nach Anem zweimaligen Gastspiele als Faust nnd Loliengrin am Weimar'schen Hoftheater ab 15. August aus drei Jahre für diese Bühne cngaairt worden, lieber sein „Lohengrin"- Dcbut schreibt die Weimar sche Zgt. „Deutschland" n. A.: Herrn Heydrich besitzt eine sehr ansprechende, volle und wohllautende Tenorstimmc und ein Vvrtheilhastcs Acußere. Vci alledem ist Herr Hchdrich ein nnlcngbares Talent nicht abznsprechen nnd wir sind überzeugt, daß bei gründlicherer Durchbildung dcr Stimme dcr Sänger »och berufen sein durfte, einen hervorragende» Platz unter unseren deutschen Sniigesmeistern einzunchmeii. DaS Publikum spc»- dctc dem jugendlichen Gast besonders nach der „Gralserzählung" lebhaften und, wohlverdienten Beifall. st Frau Sophie M enter hat ihre Stellung am Confer vatorium in Petersburg nicdergclcgt und siedelt wieder nach Deutsch land über. .st In vergangener Woche fand i» dcr erleuchteten Tomkirche der Sämv'rchor durch pracisc Einsätze, namcuttich ii, den Fugen. Tie Soivpaclicn wurden in ausgezeichneter Weise vertreten durch Fräulein Martha Eckhardt, Tochter des Dirigenten (Topran), Fräu lein Alice Böhme aus Dresden, Schüieri» leben (Alt), Herrn Hvsopcrittängcr Gießen aus und Herrn Eonccrliänger Greger ans Dresden der Frau Lllo-Alvs- DreSdcn (Tenor) (Baß). Fräulein Böhme errang mit ihrer sumpathiichcn Altstimme die volle Gunst der Hörer, ebenso die Herren Gießen und Greger, welche die ihnen gestellten Aittgaben in sicherer, auerkennciismerlhcstcr Weise lösten. Die Herren Organisten Hclbig und Brodau» von Frciberg leiteten daS allen Besuchern genußreiche Eonecrt mit dem Orgel Vortrag der Fantasie i'-iuoil z» iHänden von Mozart ein, wobei wiederum die Vorzüge der prächtigen Silbe,maunvrgcl zur vollsten Geltung kamen. st Im Laufe dieser Woche vcransialict cine Madame M.Abbadic mehrere französische Vortragsabende, an denen her borragcnde Stellen ans Viktor Hugo, Loppö, Berangcr, Daudet u. A., frei aus dem Gedächtnis; rceitirt werde». »Auch gelangt ein noch nicht veröffentlichtes Gedicht von Frain,'oiS Loops: r»iiw8 stu eocair" znm Vortrag. Allen Freunde» der ftaiizösischcii Sprache und Literatur ist somit Gelegenheit geboten, das vielseitige Talent der Neeftatori», die ans ihrer Tournae in Petersburg, Warschgn, Wien re. mit Erfolg auftrat, aus eigener Amchanung kennen und benrtticilen zu lernen. * lieber drei Selbstmorde an einem Tage schreibt man aus Hamburg: Ein Arzt mackste seinem Leben durch Ge»»!; von Eva»- kaliiim in Kaifec ein schnelles Ende. Lebensüberdruß soll die Vc: anlassung zum Selbstmord sein Ein Sergeant des 70. Regiments, welcher an einer nnhcübaren Krankheit litt, eOchoß sich ni dcr Ka serne. nnd ei» Poüzeibeamter, welcher ea. 0M0 Mt. unterschlagen haben soll, machte glrich'atls durch einen Revolvcrschnß iemcm Lebe» ein Ende.
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