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General Seye ln Neuyvrk. Dt» »I»«a»-sr«ie Siil»,ss,i»g Drutschlauö». l Neuyvrk. 17. Oktober, Geueral Heye ist heut« an Sor bit Dampfer» »Hamburg* tu Neuyvrk aingetrosse». Er nutde vom MtlttarattachS der amertkantschen Botschaft tu Berlin. Eonger, namens de» KriegSamte» vom Stabschef Eolonel En och» und dem G«sandts«baft»rat Dr. Seit, »er begrübt, die ihm bt» zur Ouarantänestatton entgegen- gefahren waren. General Heye äußerte Bertretern der Press« gegenüber bt« Anficht, baß kein Deutscher, der einen ver antwortlichen Posten begleitet, die Gelegenheit versäumen dürfe, den bewunberungSwerten Fortschritt Amerika» im letz ten Jahrzehnt kennenzulernen, «eneral Hey« und seine ve- leiter besichtigten nachmittag» bi« Effekten- und Baumwoll- iirse und die Neuyorker Universität. Der «eneral wohnt« abend» einer militärischen Veranstaltung der Neuyorker KtaatSmtliz bei. Er wird in der Nacht nach Washington Weiterreisen. Nenyork, 17. Oktober. General Heye gab Bertretern der amerikanischen Presse auf die Frage: Ist Deutschland ent- wasfnet? die Antwort: Sie wissen alle, in welchem «uSmab -er Vertrag von Versailles eine Entwaffnung Deutschland» festgesetzt hat und daß die Interalliierte Kom- Mission in den letzten sieben Jahren die Durchführung -keser BertragSbesttmmung überwacht hat. Die Tatsache, »atz diese Ikontrollkommission nach de« in Gens im letzten Lezember getrosfene« Nebereinkommen ansgelbst worden ist, ist ein hinreichender Beweis bastle, daß Deutschland» Ent waffnung vollständig dnrchgesiihrt ist. Auf die Frage: Wie ist Ihr jetzige» Heer? ant. «ortete General Heye: Die Reichswehr ist eine kleine aber gutgeschulte Armee für rein defensive Zwecke. Sie ist weder «roß genug, noch entsprechend anSgertiftet, sie besitzt weder Tanks, noch schwere Artillerie, «och Martneflngzenge. «« der Heeresmacht irgendeiner der enropäische« Grobmächte ent gegentreten z« können. Auf die Frage: Ist «S wahr, daß Deutschland im geheimen rüstet, und gibt es eine schwarze Reichs- wehr? antwortete General Heye: Die Behauptung, daß Deutschland im geheimen rüstet, ist ebenso ««sinnig wie «„begründet. Die deutsche Regiernng hat weder di« Absicht, ,»ch ist sie praktisch in der Lage, ei« geheimes Anshebnngs- «ud Bewafsnnngssystem durchznsühren. sWTV.) Ei« System zur Liquidierung des Krieges. De Jouvenel znr vesatznngssrage. Paris, 17. Okt. Der Senator Henry de Jouvenel hat einem Mitarbeiter des „ParlS-Midi* folgenden Plan über Lie Liquidierung de» Kriege» entworfen: Man braucht ein System znr Liquidierung des Krieges, nötigenfalls a»f dem Wege einer vorzeitigen Rheinlandränmung im A«S» tausch gegen feste Unterpsänder für die Zukunft nach Art einer Hypothek, deren Erlöschen man nicht abwarten darf, um daraus den größtmöglichen Nutzen zu ziehen. , Frankreich muß einen festen Plast haben und folgerichtig diskutieren. Strescmann hat einen SchiedsgerichtSentwurf aus- gearbeitet. Man muß Kenntnis von ihm rkehmen'nnb ihn prüfen. Daß Deutschland den Begriff der Schiedsgerichts, barkeit anerkennt, ist allein schon beachtenswert. ES find jedoch «och die Garantie« seft,«setze«, die als «egenkeiftnng V» fordern wäre». Man spreche doch nicht immer von der englischen Opposition. Nach dem Mtberfolg der See- Abrüstungskonferenz ist sich Großbritannien der ««fahren der Isolierung bewubt. Au» anderen Beweggründen al» diesen hat wohl auch Lord Ereil nicht seinen Rücktritt «in- gereicht. Dt« Stnnde tst also gekommen, die Nationen »« einer endgültigen Organisierung de» Frieden» z« veranlasse». Vor dem Aeviremerrt im diplomatischen Korps Dr. Netnhold kommt für Washington nicht «ehr in Frage. sLra-tmeldung unlerrr Berliner Schrill irilung.» verlin. 17. Okt. lieber die Besetzung de» Botschafter- Posten» in Washington tst noch immer keine Entschei. düng gefallen. Nach wie vor weilt eine große Schar deutscher Botschafter »nd Gesandter europäischer «nd anßerenr-päifcher Länder in Berlin. Die einzelnen Herren haben eingehende Besprechungen sowohl mit dem Retchsaußenminister Dr. Stresemann als auch mit dem Staatssekretär v. Schubert. Daneben wird auch die Fühlungnahme zu prominen ten Wirtschaftlern und anderen Persönlichkeiten fort- g« setzt. In Kreisen, die sonst als gut unterrichtet gelten, will man wissen, baß auch der Aufenthalt des dentschen Ge sandte« in Angora. Nadolui, und de» Gesandten Ol»ha«sen t« Belgrad mit der Neubesetzung des Washingtoner Bot- schasterpostenS zusammenhängen. Was die Anwesenheit de» Gesandten Dr. Olshansen in Berlin angeht, so glauben wir jedoch zu wissen, daß sie mit anderen Fragen in Verbindung z» bringen ist, als mit der Nachfolgeschaft Maltzans. Nach einer Zeitungsmeldung soll Dr. Olshansen au» Belgrad überhaupt abberufen und durch den bekannten deutschnattonalen Reichstagsabgeordnetcn v. Lindetner- Wtldau ersetzt werden. Diese Meldung trifft zwar nicht zu. aber es scheint doch so, als ob sich zwischen dem Gesandten OlShausen «nd dem Deutschtum in Siidslawien gewisse Span nungen ergeben haben, die nun Gegenstand von Erörterungen in Berlin sind. Eher ist es schon möglich, daß der Name de» Gesandten Nadolni mit der Besetzung des amerikanischen Botschafterpostens in Verbindung zu bringen ist. Herr v. Nadolni gehört zu den fähigsten deutschen Diplomaten und hat sich schon auf Posten in den verschiedensten Ländern bewährt. Es ist aber auch durchaus möglich, daß die Entschei- düng nicht auf einen Mann, der der zünftigen Diplomatie angehört, sondern auf Bewerber fällt, die vor allem ein- gehende Kenntnisse in der Finanz, und Wirtschaftspolitik und wenn möglich auch gute Beziehungen zu den amerikani schen Wirtschaftskreisen besitzen. Aus diesen Kombinationen ist allerdings endgültig eine ausgcschieden, nämlich die des früheren Reichsfinanzminifters Dr. Peter Neinhold, der von der Demokratischen Partei, die während der letzten Jahre infolge der zahlreichen Austritte prominenter Demokraten viele führende Persönlichkeiten verlor, in Deutschland rekla. miert wurde. Daß gegenwärtig zahlreiche diplomatische Vertreter Dentschlands in Berlin anwesend sind, wirb vielfach auch damit in Zusammenhang gebracht, daß ein größeres Revire ment der wichtigsten AuSlaudspostcn bcvorsteht. Eine handelsvolillfche Konsereuz in Gens. «Durch stuuk'pruch.l Genf. 17. Oktober. Am Montag vormittag wurde in Genf -st Internationale Konferenz zur Schaffung eines Uebereinkommensb et reffend die Ab- schaff ung der Ein- und Ausfuhrverbote und der Ein- und Ausfuhrbeschränkungen eröffnet. An der Konferenz nehmen Vertreter von 82 Staaten teil, darunter auch der Vereinigten Staaten von Amerika und Aegyptens, die dem Völkerbund nicht angehören, sowie mit beratender Stimme die Vertreter der Internationalen Handelskammer. Leiter der deutschen Delegation ist Doktor Trendelenburg. In seiner Eröffnungsrede wies Präsident Colijn, ehemaliger holländischer Ministerpräsident, darauf hin, daß es sich darum handele, einen der wichtigsten Be schlüsse. die im Frtthsahr dieses Jahres von der in Genf ab- gehaltenen WeltwirtschaftSkonferenz gefaßt wurden, in die Tat umzusetzen. Das Wirtschaftskomitee des Völkerbundes habe seit 2k Jahren ernste Bemühungen unternommen, um die Konferenz vorzubereiten. Der Vertreter der Vereinigten Staaten. Wilson, erklärte, daß feine Regiernng der Kon ferenz eine großeBedentnug für die Wteder- herstellnng normaler HandelSverhältntsse i« Europa beimesse «ad daß sie deshalb die Erwartung hege, daß die Arbeite« derselben praktische Ergebnisse zeitige« werden. In der Nachmittagssitzung der Konferenz, in der di« Generaldebatte begann, erklärte der deutsche Delegierte Dr Trendelenburg. die deutsche Regierung hoffe, daß die Konferenz zu Ergeb- nisten führen werde, welche mit den entsprechenden Beschlüssen -er WeltwirtschaftSkonferenz in vollem Einvernehmen stehen. Die Währungsverhältnisse hätten sich im Laufe der letzten zwei Jahre wesentlich gebessert. Es solle der Versuch unternommen werben, den Zustand der Vorkriegszeit möglichst schnell und auf der ganzen Linie wiederherzustellen. Die deutsche Dele gation werde alle Bestimmungen des vom Wirtschaftskomitee porgelegten Entwurfes unterstützen, die den möglichst freien «nd ungehinderten Warenaustausch ermöglichen, und alle Klauseln bekämpfen, die ans irgendeinem Grunde danach streben, den gegenwärtigen Zustand beizubehalten. Ehapman lEngl.j erklärte, seine Negierung sei sich bewußt, daß man nicht in kurzer Zeit aller der gegenwärtig herrschen, den Schwierigkeiten Herr werden könnte. — Der französische Delegierte SerruyS betonte, die französische Delegation be trachte das vorliegende Projekt als ausgezeichnete DiS- kusstonSgrundlage. — Der Bau der lrauaperslschen Dahn beqanue«. Teheran, 17. Oktober. Der Schah von Persien hat in Teheran den ersten Spatenstich zum Bau der transpersischen Bahn getan. Ei« iirlenralionales Institut zum Studium des Faschismus. vor einigen Monaten ist in Lausanne ein Jnternatio- nale» Institut zum Studium des Faschismus sOntro lotor- oationol ck'Ltucka» »ur I« Laactamej gegründet worden. Die Anregung dazu ist von einem Schweizer H. de Brie» de Heekeltngen, ehemaligem Professor an der Uni. versttät in Nymwegen, ausgegangen, welcher im Verlaufe seiner Studien die Schwierigkeiten erkannte, welche bei der Suche nach einer rein wissenschaftlichen Behandlung des Faschismus auftreten. lieber den Faschismus wird viel ge- stritten, aber nur sehr wenige Personen beschäftigen sich mit seinem Studium in methodischer Weise. Das neue Institut verfolgt sein Ziel ausschließlich mit wissenschaftlichen und bibliographischen Mitteln, unter strengstem Au», schluß jeder Parteinahme und jeder politi- schen Propaganda. ES beabsichtigt, diese Aufgabe zu erfüllen durch einen Zettelkatalog, welcher die Titel aller — sei e» für oder gegen den Faschismus — erschienenen und noch erscheinenden Veröffentlichungen und eine kurze In- haltSangabe enthält, durch einen zergliedernden Zettelkatalog, welcher e» ermöglicht, ein bestimmtes Thema leicht und schnell in allen Veröffentlichungen zu finden, ferner durch die Her. auSgabe einer Zeitschrift, Schaffung einer Bücherei, eines LesesaaleS, durch wissenschaftliche Kongresse und sonstige zweck- entsprechende Mittel. Das Institut wird von keiner Negierung irgendeines Lande» und von keiner politischen Partei unterstützt, ist ganz unabhängig, um seine völlige Objektivität wahren zu können. Die Veröffentlichungen und die Benutzung der Ein richtungen des Eentre stehen jedermann, sei eS im Gesamt- bezug oder in Teilbezügen, zur Verfügung. sAnschrtft: Lentro intsrnstionai ck'L.tuckes sur Io k'sscisms, Lausanne, Avenue de l'Eglantine S.j In allen großen Ländern ver fügt das Eentre über einen besonderen Korrespondenten, welcher die Presse, den Büchermarkt, die öffentliche Meinung über den Faschismus zu beobachten und in strengster Ob jektivität zu berichten hat. Das Institut erblickt in dem Faschismus nicht eine vorübergehende Erscheinung der Gegen wart. sondern ein politisches und wirtschaftliches System, welches einen Einfluß auf die geschichtliche Entwicklung aus- üben kann. Der Verwaltung»!«» des Institut» setzt sich zu- sammen aus: Prof. H. de Vries de Heekelingen sPräsidenti in Lausanne. Marcel Boulenger, dem bc- kannten Mitarbeiter des „Figaro* in Paris sl. Vizepräsident), Professor an der Universität in Rom und ehemaligem italienischen Unterrichtsminister Giovanni Gentile (2. Vize präsident). Weitere Mitglieder des Berwaltungsrats sind: FranceSco Cambo, ehemaliger spanischer UnterrtchtSminister in Barcelona. Staatsminister M. Renkin in Brüssel, Graf Paul Telekt, ehemaliger ungarischer Außenminister und Professor an der Universität in Budapest, Thabeus Dziebuszycki, Soziologe in Warschau. C. Fougner, Präsident der skandinavischen Liga gegen den Bolschewismus in OSlo, Edmund Gardner, Professor an der Universität in London, Jonkheer I. W. Godtn de Beaufort in Maarsbergen (Hol land). Nae Jonescu, Professor an der Universität in Bukarest, Senator LadiSlaus Jablonowskt in Warschau. Dr. I. W. Mannhardt. Professor an der Universität in Marburg. Korrespondent für Deutschland tst M. v. Binz er, Dresden - Zschachwitz. Geheimnisvoller Mord in Lhilrago. Ei« toter Ehanfsenr im fahrenden Auto. Sine geheimnisvolle Mordsache hält, wie ans Chikaa» gedroht«« wird, gegenwärtig die dortige Bevölkerung in Spannung. Am Montag früh wnrden aus einem fahren den Ant» die Leichen zweier erschossener Mädchen anf die Straßegeworfe«. Der Wagen geriet dann inS Schlendern «nd prallte gegen eine Hausecke. Der Führer beS AntoS faß tot am Steuerrad. Am Bode« de» Wagens fand man einen Revolver. Man sucht gegenwärtig zu ermitteln, ob der Wagenführer die beiden Mädchen er- schossen und dann Selbstmord begangen hat oder ob die drei Wageninsassen Opfer eines noch unbekannten Mörders ge- worden sind. Die Kartei de» «rbettsnachmetse, versa,« auch »et Be leg««» de« sM»tertast«» «Post«»» nicht. Jede «pe»t«l»eaft s»«»t sofort ,«r Vers«,«»,. Anruf: 25881 u. 24831. Selrrrich von Kleist. Zur Erinnerung an den löst. Geburtstag de» Dichter». 18. Oktober. Bon Geheimrat Prof. Dr. OSkar Walze l. Bonn. An einem Festtage — und da» ist die 150. Wiederkehr von Kleists Geburtstag — darf von ihm wohl »ur im höchste» Sinne gesprochen, darf eine der schöpferischsten Begabungen unter den Dichtern deutscher Zunge füglich nicht vom Blick punkt ihrer menschlicher Schwächen gesehen werben. Sein Leben tst ja gewiß ein Stück Tragödie Und e» lockt immer wieder, durch seine seltsam jähen Wendungen wie durch sein hcroisch-unheroisches Ende, zu verweilender Betrachtung und mehr oder minder phantasievoll deutender Darstellung. Heute indes sollte nur von dem Werk die Rede sein, da» er geschaffen bat. dem überreichen Ergebnis der letzten zehn Jahre eine» sriib abgeschlossenen Erdengang». Kann e» doch mit dem Höchsten verglichen, an dem Höchsten gemessen werben, wa» von der Weltdichtung gezeugt worden ist. Bielen gilt Kleist al» ein größerer und echterer Dra- matikcr al» Schiller. Aber sie schätzten dann Schiller meist nicht sonderlich hoch ein. Wer sich bewußt tst, baß Schiller dst deutsche Tragödie auf eine außerordentliche Höhe gehoben bot. daß er seine deutschen Vorgänger mächtig überholt, darf tedoch auch feststellen, daß nach Schiller kein »weiter dem deutschen Drama so viel neue Kunst zu spenden hätte wie Kleist. Rechten Einblick in diese Kunst erschwert sich nur, wer mit den Mitteln der Seelenzerglteberung von hont« in Kleists Innerstes bringen und die letzten Rätsel seine» Erden- doseins lösen möchte. Und täte er «» so geistvoll wie jüngst Stefan Zweig. So viel Treffende» von Zweig vorgebracht wird, er bestätigt Heine» Vergleich der Dichter, soweit sie tn tbrcm Leben Nch un» zeigen, mit Leuchtkäfern am tage: Sterne der Erde. Diamanten und Smaragde, glühende Sonnentropfen scheinen die Leuchtkäfer de» Nacht» zu sein; om Tag« entpuppen sie sich al» armselige. uMarbige Würmchen. Wer den Künstler Kleist, nicht den Menschen de- schont, kann sich uneingeschränkt de» glühenden Sonnen- tropfen» freuen, den er da bewundernd anblickt. Armselig war. wa» im Leben Nch Kleist bot. auch soweit «s Gegenstand seine» Dichten» werden konnte. Unsäglich reich waren daneben Goethe» ErlebniSmögltchketten «nd Er- lebniStatsachen. Lotte und Gleichen. Iphigenie und Eleonore von Este. Pandora und Helena: dergleichen hat er tm Leben gesehen. Er mußte, baß er dem Leben treu blieb, wenn «r diese Frauen gestaltete. Und ihm war e» heiligste» Gesetz leincS Dichten». Menschen von verbürgter Naturnotwenbtg. keit zu schaffen. Wo wären Kleist tm Leben Frauen von der Haltung seiner Alkmene oder Käthchens von Heilbronn ober qqr Penthesilea» cntgegengetreten? Sie lebten nur in der Welt seiner Träume. Wünsche. Sehnsüchte. Er schuf sie au» seinem eigenen Selbst. Gewiß verklärte auch Goethe» Auge die Frauen, mit denen er auf Erben zusammengetroffen war. Allein unendlich mehr mußte Kleist den Frauen, mit denen nannte — seinem Schaffen die strenge Gesetzlichkeit der Natur vorschrieb, der Phantasie dadurch Kesseln anlegte. Da» engte Goethe» Kunst tn Grenzen ein. bte von Kleist kühn überschritten wurden. Goethe« Dichten »lieb mehr ober minder innerhalb de» Umkreise» seiner eigenen LebsnS- möglichkeiten. So reich und vielgestaltig sie waren, sie schränkten die Menschen von Goethes Dichtungen doch ein. Da» ist soaar an Faust zu bemerken, selbst an dem des zweiten Teiles. ES entspricht dem Beruhigten und Schlichten von Goethes Kunst, es verrät zugleich, wie stark die Umwelt Goethes zum Bürgerlichen und Bürgerlich-Einfachen neigte. In solcher Weise tst Egmont. der Schlachtenheld, tst auch Tasso, da« Genie, gesehen. Eine Gestaltung, die diesen Menschen mächtigeren Schwung gegeben hätte, wäre für Goethes Gefühl unkünstlerischer Ueberschwang gewesen. Kleist kannte solche Bedenken nicht. Da» bezeugt Penthesilea, aber auch Homburg. Gerade Homburg, in mehr als einem einzigen Zuge mit GotheS Egmont verwandt, erhärtet, um wieviel mehr Schwingungsweite den Männern Kleists gewährt ist. nach jeder Richtung. Der LebenSbejaher Egmont wirb von Bangen befallen, wenn er sich einem schmählichen Tod aus- gesetzt sieht. Er ringt sich wieder zu voller Fassung empor. Der strahlende Held Homburg erlebt ein ähnliches Auf und Ab. Doch viel tiefer läßt Kleist ihn sinken, wenn der Tod droht. Wie letzt« Erniedrigung und wt« schmähliches Bei- geffen der eigenen Größe kommt es über ihn. Freilich steigt er dann um so siegreicher über solche Tiefe deS Falls hinauf. Dergleichen Gegensätze hätte Goethe nie sich gewährt. Seine Tragik mildert die Konflikte. Tr wurde sich fort- schreitend mehr un- mehr bewußt, daß er al» Mensch sich selbst erftören müßte, wenn er al» Dichter die volle Stärke der Tragik und ihrer gogenetnanber ««stürmenden Affekte durch- ühren wollte, wie sie in den großen Schöpfungen der Welt, iteratur waltet. Go wenig wie der junge Schiller, übte Kleist olche Selbstbescherdung, schonte er sich selbst. Und io gewinnen eine Menschen die überwältigende Wucht der tragischen Per- önltchketten Shakespeare», den unzähmbaren Drang nach einem Ziel, da» zu erreichen ihnen nicht gegdnnt ist. sie gehen unter, weil sie e» nicht erreichen. Schiller nahm auf dem Weg« von den „Räubern* zum „Demetrius* seinen Gestalten mehr «nd mehr die» Dämonische: etwa» von dem Besten der deutschen «nfklärnng. da» sich schon an Lessing» Menschen zurück, der «tn Gott ein ehern Band um bte Stirn geschmiedet die echt-tragische Stoßkraft, leiht ihnen zugleich ein« Dynamik, stark genug, ein ganze» Drama an»,«füllen und sei» Ende al» unumgänglich nötig erscheinen zu lasse» -einen zu lasse«. Ott« Lud»-»g. der