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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 01.07.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19000701023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1900070102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1900070102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-07
- Tag 1900-07-01
-
Monat
1900-07
-
Jahr
1900
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Vvesönev Nachrichten, Sonntag, 1. Juli 1»«« »M Nr. 178 war fast mnnöglich. Der Sarg war völlig eingebMt in Blumen und Lorbeer, und über dem verklärten Angesicht der Todtcn lag ein Ausdruck von so unsagbarem Frieden, als ob es sich unter so erdrückender Fülle von Blumen und Blütheu. unter so unzähliaen Beweisen der Liebe und Verehrung gut und sicher ruhen lasse nach bangen Qualen und Leiden. Niemand vermochte hier zu trösten, oder die tiefgebeugten Hinterbliebenen anfzurichten. Das Bewußtsein, daß Hunderte und Tausende die Trauer theilen, daß Mach Krebs unvergessen bleiben wird, mag hier vielleicht allein etwas Trost bringen. — Nachdem der Trauerkondnkt Vckl Uhr am alten katholischen Fried hof. wo sich außer den zahlreichen Leidtragenden eine ans etwa 50 Mitgliedern oes Allgemeinen Musikervereins gebildete Kapelle, sowie der katholische Hoskapellknabenchor eingcfunden batten, ein getroffen war, wurde der Sarg im Friedhofsportal aufgebahrt und von Herrn Kaplan Bodenburg eingesegnet. Daraus ordnete sich der Trauerzng und bewegte sich unter Vortritt deS Herrn Geist lichen und der Hoskapellknabcii »mter Assistenz von Mannschaften der Beerdigunasanstalt „Pietät" und bei dein Klange des von der Kapelle des Allgemeinen Musikervereins unter Direktion des Herrn BühnenmusikdingentTechert gespielten Chovin'schen Trauermarsches nach der letzten Ruhestätte. Auf dem weiteren Wege dahin intv- nirteir die Hofkapellknabeu das -,Vo prolnmiis". Am Grabe er- thcilte Herr Kaplan Bodeiidurg der Verschiedenen nochmals den Segen der Kirche, worauf der Sarg unter den Klängen des Liedes ,Da unten ist Frieden" der Erde übergeben wurde. Nach er neutem Gebet des Herrn Geistlichen spielte die Kapelle des All gemeinen Musikervereins das Lied „Wie sie so sanft ruh'n" nnd die Leidtragenden nahmen mit einer Hand voll Blnmen Abschied von der entschlafenen Künstlerin. Zn den üblichen Gebeten für sic vereinigten sich deren Angehörige nebst einer großen Anzahl Leidtragender in der Friedhofskapelle. —* Soeben sind die Jahresberichte der sächsischen Ge werbe-Inspektoren für 1899, zusanimengcstellt im Kvnigl. Ministerium des Innern, zur Ausgabe gelangt. Wir entnehmen dem Berichte über den ersten Inspcktivnsbczirk Dresden Folgendes: Die am 1. Mai des Berichtsjahres vorgenvmmene Zählung der gewerblichen Betriebe und der in denselben beschäftig ten Personen ergab 2876 zählpflichtige Anlagen, sodaß sich gegen das Vorjahr eine Vermehrung um 349 herausstcllt. Von den ermittelten Anlagen entfallen allein 698 auf die Industrie der Steine und Erden, 671 ans die der Nahrnngs- und Gennßmittel, >16 auf die der Holz- nnd Schnitzstosfc, 280 auf die Maichinen- industrre, 222 aus die Metallverarbeitung und 2l5 aus die Industrie der Bekleidung und Reinigung. Die Zunahme beziffert sich bei der Industrie der Steine und Erden aus 15l, bei der der Nahrungs- und Genußmittel ans 86, bei der der Holz- und Schnitzstofse auf 60 und bei der Maschinenindustric ans 10 Be triebe. In den gezählten Betrieben wurden am 1. Mai des Berichtsjahres insgcsammt 90.190 Personen, das sind 5939 mehr als im Vorjahre, beschäftigt: von denselben waren allein l9,690 bei der Industrie der Steine nnd Erden, 17.118 bei der Maschmenindustrie, 11,867 bei der Industrie der Nahrnngs- nnd Genußmittel, 9301 bei der Metallverarbeitung nnd 8693 bei der Industrie der Holz- nnd Schnitzstofse thätig. Eine ganz be deutende Zunahme ist bei der Maschinenindustric zu verzeichnen: die Zahl der beschäftigten Personen stieg hier um 2960, ein Zeichen des gewaltigen Aufschwunges dieser Industrie. Die Metallverarbeitung zeigt eine Abnahme von 679 Kopsen, welcher Umstand in der Hauptsache auf Verschiebungen zwischen dieser Industrie und der Maschinenindustrie zuriickzusührcn ist. Die Zahl der revidirten Betriebe beträgt 1397 oder 18,5 Prozent der ge zählten, die Zahl der Revisionen aber 1499. Während die Arbeit geber wieder in zahlreichen Fällen an Amtsstellc erschienen, um über die für ihre Neu- oder Erweiterungsbauten zu erwartenden Vorschriften Erkundigungen einzuzichcn oder sonstige Belehrung zu suchen, beziffert sich die Zahl der Arbeiter, welche mit der Inspektion in Verkehr traten, nur auf 19. Obgleich den Arbeitern immer wieder versichert wird, daß ihre Angelegenheiten vertraulich behandelt werde», nnd daß sic keine Indiskretionen zu befürchten haben, von denselben auch zugegeben wird, daß solche nicht vvr- aekommen sind, wird doch vorgczogen, vorhandene Mißständc in Fabriken in öffentlichen Versammlungen zu erörtern. Daß hierniit weder der Sache gedient ist. noch der Friede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gefördert wird, liegt auf der Hand. Dies ist aber auch gar nicht die Absicht der Versammlungs-Veranstalter und-Leiter: die Mißständc werden vielmehr als willkommener Agitationsstoff für die Organisation der Arbeiter benutzt. Daß überhaupt das Bestreben besteht, den Arbeiter vom Gewcrbe- Jnivektor fern zu halten und Mißtraue» zu säen, beweist eine Reihe von Vorgängen, die in den Berichten eingehend geschildert werden. Die Zahl der am 1. Mai des Berichtsjahres beichästigten jugendlichen Arbeiter betrug 5010 oder 5,6 Prozent aller ermittelten Personen. Dem Vorjahre gegenüber ist eine Zunahme um 108 Köpfe zu verzeichnen. Dem Gcschlechte nach scheiden sich die jugendlichen Arbeiter in 372l oder 73,8 Prozent männliche und 1319 oder 26,2 Prozent weibliche. Die Zahl der am 1. Mai des Berichtsjahres beschäftigten, über 16 Jahre alten Arbeiter innen betrug 20,276 oder 22,5 Prozent aller Arbeiter. Die Zahl der in den Betrieben des Anssichtsbezirks beichästigten v^rbeiratheten Frauen, einschließlich der verwittweten und geschiedenen, betrug 6229, das sind 30.7 Prozent der erwachsenen über 16, Jahre alten Arbeiterinnen oder 6,9 Prozent der überhaupt beschäftigten Personen. Daß die Beschäftigung verheiratheter Frauen in Fabriken erhebliche Nachtheile in gesundheitlicher Be ziehung im Gefolge hat. vermochte die Inspektion ziffernmäßig nicht festzustellen. Als Thatsache kann jedoch gelten, daß das lange Stehen, wie es z. B. in Emaillirwerken, Papierfabriken und anderen Betrieben erforderlich wird, sowie die andauernde sitzende Haltung bei der Näharbeit in Strohhut-Fabriken. Blumen-Fabriken und anderen Betriebe» unter Umständen mit gesundheitsschädliche» Folgen verbunden ist. Schädigungen der in -nage stehenden Art würden übrigens auch nnverheirathete Arbeiterinnen erfahren. Schwerer fällt in's Gewicht, daß das häusliche Leben durch die Fabrikarbeit der Frauen Schaden leidet, daß der Mann, dessen Häuslichkeit sich in nngeordnetem Zustande befindet, nur zu stark der Versuchung ausaesetzt ist, die Abende im Wirthshaus zu verbringen, und daß er dieser Versuchung auch häufig genug unterliegt. Daß dann in weiterer Folge auch die Kinder körperliche und sittliche Schädigungen erfahren, bedarf keines Nachweises. Non fast allen befragten Arbeitgebern werden allerdings Nachtheile fraglicher Art in Abrede gestellt. Dagegen ist von mehreren Unternehmern betont worden, daß vre ver- heiratheten älteren Frauen auf die in der Fabrik thSttaen unver» heiratheten einen erzieherischen Einfluß auägeübt hätten. So wünschenSwerth eS erscheinen möchte, verheirathete Frauen, soweit sie ein HauSweien zu besorgen haben, allgemein von der Beschäf tigung in Fabriken ausruschneßen, so wenig würde es sich empfehlen, rrne derartige gesetzliche Bestimmung zu ersoffen. In erster Linie würde» die davon betroffenen Arbeiterfamilien so schwere Nachtheile erleiden, daß sie die vermeintliche Wohlthat als Plage empfinden würden. Denn für den Ausfall an Verdienst müßte Ersatz geschaffen werden; dieser fit aber nicht so leicht, zweifellos aber nicht in ausreichendem Maße zu beschaffen. In zweiter Linie würde auch die Industrie schwer geschädigt werden. Thatsächlich bejtebt bereits jetzt ein Mangel an Arbeiterinnen, der durch die völlige Ausschließung der verheirathete» verschärft würde. Die Folge würde sein, daß noch mehr jüngere Arbeiterinnen in die Fabrik gezogen und dem Dienstbotcustande ferngehalten würden. Die Zahl der Arbeiterinnen, die ohne eine Spur wirth- schnftlicher Kenntnisse in die Ehe treten, und die Zahl der hieraus entstehenden Mißehen würde nur vermehrt werden. Gegen ein allgemeines Verbot der Frauenarbeit haben sich denn auch sänimt- liche Befragte» ausgesprochen. Nach Ansicht der Inspektion dürfte es sich empfehlen, schrittweise vorzngehen nnd die Hand zunächst dort anzulege», wo thatsächlich größere Ucöelständc bestehen. Dies ist in erster Linie der Fall, wo Kinder der Pflege nnd Erziehung bedürfen und andere geeignete Personen, welche die Mutter er setzen. nicht vorhanden sind. Die Frage, ob die Einschränkung der Frauenarbeit die Neigung der Männer, in den Ehestand zu treten, Permindern nnd eine Nerinchrung des Konkubinats herbci- ffihren würde, ist schwer zu beantworten. 11 Arbeitgeber bejahen die Frage, 8 verneinen dieselbe. Ei» Arbeitgeber äußert, daß der Mann aus die Unterstützung der Frau rechne: „eS ist für ihn dasselbe, wie für andere Kreise die Frau mit Vermögen". Auch der Evangelische Arbeiterverein bejaht die Frage entschieden. Ob bei den Arbeiterinnen, welche während des ledigen Stande? in Fabriken beschäftigt waren, die Abneigung in den Ehestand zu treten, nach Beschränkung der Frauenarbeit sich in besonderem Maße geltend machen würde, wird zumeist bezweifelt, zum Tbeil aber auch als zutreffend bezeichnet. Diese Aeußernngen dürsten sich indessen nur auf Vermnthungen stützen. Als feststehend kann jedenfalls angenommen weiden. daß ein Verbot der Frauenarbeit die Sittlichkeit im Allgemeinen nicht fördern würde. Die Folgen einer weiteren Beschränkung der Frauenarbeit für die Bctrievs- unternehmer lassen sich dahin znicnnmrnsaffrn, daß ein Theil der selben auf die Einstellung von Frauen überhaupt verzichten müßte. Die Inspektion ist zu dem Ergebnis; gelangt, daß eine allgemeine Einschränkung der Frauenarbeit, sollen nicht neue, größere Ucdcl entstehen, weder erwünscht, noch durchführbar erscheint; eine theil- weise Einschränkung der Frauenarbeit ist dagegen erstrebenswert!). Hierbei müßte aber auf die häuslichen und wirthichaftlichcn Ver hältnisse der in Betracht kommenden Personen Rücksicht genommen werden. — Tic Zahl der anr 1. Mai des Berichtsjahres in den Betrieben des Anssichtsbezirks beschäftigten, über 16 Jahre alten männlichen Arbeiter betrug 61.871 oder 71,8 Prozent aller beschäf tigten Personen. Gegen daS Boriahr ist eine Zunahme »m 1222 Kopfe zu verzeichnen, wobei die Prozentziffer um 0.2 zurückgiiig. Von den 61,871 Arbeitern waren allein 16,IM bei der Industrie der Steine und Erden, 15,625 bei der Maschineiiindiistrie nnd 6973 bei der Metallverarbeitung tbätig. Ein Vergleich mit den Ziffern des Vorjahres läßt bei der Maschinenindustric eine Zunahme »in 2601, bei der Industrie der Steine und Erden eine solche um 805, bei der Metallverarbeitung dagegen eine Abnahme um 791 Köpfe erkennen. —* Die von den Abgeordneten des Deutschen Schützcnbundcs anläßlich des Probeschießens am 21. Juni bezeichneten. in der Hauptsache geringfügigen Mängel sind seitens des Schießansichnsses des 13. Deutschen B u nd es > ch icßens zu Dresden sofort berücksichtigt und entsprechende Aeiidermiaen vorgenommeii worden. Morgen findet eine Fortsetzung des Prvveschicßciis, icdoch ohne Vertheiliiiig von Preisen, statt. Alle Anlagen werden in der Fest woche tadellos fniiktionire». Bei dem Probci chicßen, an welchem sich 169 Schützen bctheiligtcn, wurden iiisgesammt 11,219 Schuß abgegeben. —* Pvlizcibcricht, 30. Juni. In der Autonstadt ent leibte sich gestern Abend ein 32 Jahre alter Privatbcamter. - Im Großen Ostrngehcgc wurde anr Donnerstag Abend der Lei ch - n a in eines 26 Jahre alten Schlosiergrhilfei, gelandet. — Ober halb der Earvlabrücke wurde heute Nachmittag der Leichna in eines niibekaiinten Mannes ans der Elbe gezogen. —* In der Rvienstraße, Ecke Bartholvinäistraße. fand heute Vormittag ein Wasscri vhrbrnch statt. Ter Schaden wurde durch Arbeiter des städtischen Wasserwerks bald beseitigt. —* In denr Schaufenster des altrenommirten Gold- und Silberwaarengeschärts von August Synetzk», Ostra-Allee Nr. 2, sind zur Zeit niedrere Ehrengaben für das 13. Deutsche Lundcsschieße» ausgestellt. Besonders in's Auge sollend ist die Ehrengabe des Schießausschusses, bestehend aus einem Besteck- tästeii, enthaltend Messer. Kabel». Speise-^iind Kaffeelöffel für 12 Perionen und eine Suppenkelle. Die Schießkoinmiision des Deutschen Schützenbundes hat eine goldene Herren-Savonnetteuhr gestiftet. Die Ehrengabe des Freihandichühenvereins »Saxonia" in Dresden besteht aus einem silbernen Vokal mit Deckel, welcher ebenso wie die anderen Ehrengeschenke für die Leistungsfähigkeit des Geschäfts spricht. Für einige Tage sind ebendaselbst eine Anzahl Etuis, welche für Geldprämien aus die verschiedenen Stand-, Feld- undMeistericheiben bestimmt sind, ausgestellt. Die Etuis enthalten, je nach Größe. 1000 bis herab zu 50 Mk. in Gold- und Silberstücken. —* Löbtau. In der Nacht zum Feitag wurde bei einem Konditor ans der hiesigen Wilsdrufferstraßc ein Einbruch verübt. Die Diebe sind vom Garten aus durch ein nicht zugewirbcltes Fenster eingestiegen nnd haben die Laden- und Antoinateiikasse erbrochen. Den Dieben sielen nur 5 Mk. baares Geld in die .Hände. —* Einem im Schanzeiwicriel in Cotta wohnenden Arbeiter wurde das auf 260 Mk. lautende Sparkassenbuch gestohlen. Der Verdacht, den Diebstahl ausgeführt zu haben, lenkte sich aus den 17jährigen Sohn des Bestohlenen. Dieser legte sich anfangs auf's Leugnen, gab aber schließlich den Diebstahl zu mit der Bemerkung, daß ec 60 Mk. von der Dresdner Sparkasse abgehoben habe, wo von noch 1ü DU. in seinem Besitz seien. Leiber hatte diese Dich» stablssache noch einen tragischen Abschluß, indem der tunge Mann während der Vernehmung plötzlich, jedenfalls auS Furcht vor Strafe, durch einen Sprung aus dem Fenster der in der ersten Etage gelegenen elterlichen Wohnung das Wette suchen wollte, wobei er sich einen doppelten Beinbruch zuzog. Trotz dieser schweren Verletzungen schleppte er sich noch b!» in de« Keller des elterlichen Hauses. —* Gestern Abend gegen >/<8 Uhr wurde in unmittelbarer Nähe der Dampfschiffhaltestelle Lvschwitz von der Besatzungs- mannschast des Dampfers .Pillnitz" mit dem Beiboote ein Arbeiter aus dem Elbstrome gerettet, welcher dem Ertrinken nahe war. —* Eine in Neu-Rochwitz wohnende Familie, von der die Frau durch Plätten von Wäsche sich einen Nebenverdienst ver schaffte. bel dem sie von ihrer 16jährigen Tochter unterstützt wurde, hatte rn der Nacht zum Freitag längere Zeit noch gearbeitet, eine 12>ährige Tochter aber wollte sich einer am Freitag statt- sindenden schulpartie nach der Sächsischen Schweiz anschließen. Die beiden Mädchen, welche gemeinschaftlich ein Schlasgrmach inne hatten, sollten nun frühzeitig von der Mutter geweckt werden, diese fand aber ihr ältestes Kind todt und das jüngere bewußtlos vor, und die sofort eingeleitete Untersuchung ergab, daß jedenfalls eine Vergiftung durch Kahlcngaic stattgefunden hatte. Leider ist in dem Befinden der 12jährigen Tochter eine solche Ver schlimmerung cingetreteii, daß auch hier das Schlimmste zu be fürchten ist. —' Wetterbericht der Hamburger Lccwartc vom SO. Juni. Das Minimum deS Lustviucks, das sich nordwestlich Schottland nähert, beein- slussi bereits Nordwestdcutschinnd : der höchste Lnsldruck liegt über Südsrank- rcich bis zu den Alpe». In Deutschland ist eS wärmer und ruhig, im Nvrdwestcn trübe, sonst vorwiegend heiler. — Wahrscheinlich ist meist wärmeres, ziemlich trübes Wetter, stellenweise mit Regen. Tagesr,eschichte. x Deutsches Neich. Der Kaiser wird auf seiner Nvrd- landSreise dcaieitet sein vom Chef des MarinekabinctS Vice-Admiral Freiherrn v. Senden, General-Adjutanten Gcnerattentnant v. Kessel, den Generalmajors und Generalen u tu suito Grafen v. Hiilsen- Häscler, v. Scholl nnd v. Moltke, Hansmarschall Freiherr» v. Lhnkcr, den Flügel-Adjutanten Obersten und Kommandeur des Leih-Kürassier-Rcginients Nr. 1 Grafen v. Moltke. Oberstleutnant v. Jacob!. Korvctten-Kapitän Ärnimne und Generalarzt Dr. v. Lcuthvld. Als Gäste des Kaisers werden sich an Bord der „Hohenzollern" befinden Prinz Albert zu Schleswig-Holstein, Botschafter Fürst zu Eulenburg und Herlefeld, Graf Schlitz ge nannt v. Goch. Intendant v. Hülsen, Pros. Dr. Güßseldt und der Marinemaler Prof. Salzmann. lieber die Rückkehr des Kaisers von der NordlaiidSreiic ist noch nichts endgiltig bestimmt, jedoch dürste sic nicht vor dem M. Juli erfolgen. x Oesterreich. Ans Reichstädt wird ge,neidet: Obwohl sich der Erzherzog Franz Ferdinand icden Empfang ver beten hat, schmücken und beflaggen die Bewohner alle Häuser. Das alte RathhauS wird mit Wappen, Bilder». Änirlanden und Fahnen detoriit. Der Bahnhof ist ganz mit Palmen und blühen den Pflanzen aus den benachbarten Villen geschmückt. Zum Em pfang der Braut sollen nur Erzherzogin Marie Therese und beide Töchter anwesend sein. Eine Höhenbelenchtniig wurde für Sonn abend Nacht vorbereitet, ebenso ein Stündchen der Militärkapelle auf der Terrasse des Schlosses. Reichstadt ist überfüllt von Frem den. Das Schloß war einst Eigenthmn der Herzoge von Snchsen- Laucnbura. x Italien. Crispi hat in der Deputirtenkammer eine Interpellation eingcbracht, die de» Minister des Aeußeren zu einer Aeußernng über die von der Regierung beabsichtigte Haltung in der chinesischen Frage anffordcrt. x England. I» der Budget-Kommission des Unterhauses stand ein Antrag aus Einbringung eines nominellen Nachtrags- Kredites von 6 Pfund Sterling zur Ergänzung der Saniläts- Einrichtungen des Heeres zur Berathnng. Burdett- Coutts beklagte sich über die Leiden, denen Äcrwundete und Kranke in Südafrika infolge der Niiznrcichlichkeit der SantiätS- Eiiirichtniige» cnisgesctzt seien. Darauf erwiderte der Unterstaats- sekrelär des Krieges Wyndham. es sei richtig, daß Verwundete nnd Kranke in Bloemsontein fürchterlichen Beschwerde» ausgesetzt gewesen seien, doch habe die Regierung nichts „»tcrlaffcn, um die mit dcni Kriege unvermeidlich verbundene» Beschwerden m einein nie zuvor geschehenen Maße zu mildern. Die anfgetretenen Miß- jtänoe seien nicht die Folge von Mangel an Bvrräthcn gewesen, sondern von unüberwindlichen Schwierigkeiten, das Material an die Stellen, wo es gebraucht wurde, zu schaffen. Nie zuvor sei in so ausgedehntem Maße sür die Beschaffung von Lazareth-Betten in Kriegszeiten gesorgt worden. Tic Sterblichkeit an Tvvbus während des südafrikanischen Krieges habe nur 21 Prozent von der i» die Lazarethe anfgcnommenen Zahl betragen. Im Nilfeldzuge 1898 sei die Verhältnißziffer 28 Prozent gewesen, im Mcitabelc- Feldzugc 32 Prozent, im Chitral-Kriegc 28 Prozent, in Indien im Jahre 1897 : 27 Prozent. — Wyndham besprach sodann die ungeheuren Schwierigkeiten des militärischen Transportwesens während des raschen Vormarsches des Lord Roberts. Er betonte, daß in der in der Rede stehenden Zeit Blvemsontain nicht der Stützpunkt sür ei» in vollkommener Sicherheit gelegenes Hospital sein konnte, denn die Verbindung der englischen Flanke und der Nachhut waren bedroht und es fanden täglich Kämpfe statt, sodaß die Besörderung des Sanitäts-Materials unmöglich war. Diese Darlegung erachte es für ausreichend, um die von Burdctt-Coutts dorgestellte Sachlage zu rechtfertigen. Der Krieg in China. x Generalmajor v. Hoepfncr hielt am Freitag in Kiel die letzte Musterung des Seebataillons ab; die Mannschaften traten zum ersten Male mit Khakianzügcn an. x Ans Verlangen der Regierung in Melbourne werden drei Schiffe des Hilfsgeschwadcrs von hier nach China abgehen. x Der amerikanische Admiral Kcnipss meldet aus Tichifu, daß die von Sevmour befehligte Expedition sich mit 200 Kranken' und Verwundete» in Tcntsin befinde: die Gesandten, sowie die in Peking lebenden Ausländer seien jedoch nicht bei ihm und man habe keine Nachrichten von ihnen. waren Gräber, die Zerstört hatte. Aus Erdhügel säumt das Gleis ein. Dieie Hügel das steigende Wasser des Peiho im Frühjahr manchen dieser Grabhügel schaute der Deckel eines Sarges hervor Je weiter wir kamen, desto mehr sahen wir die Verheerungen des Hochwassers. Die Grabhügel längs der Strecke waren kaum mehr zu erkennen, die Särge standen da schon ganz frei ans dem Boden; hier fehlte der Deckel, und man sah den Todtenschädcl in die Morgensomie grinsen, dort war ein ganzer Sarg aus den Fugen gegangen, und die Bretter lagen zerstreut neben dem Gerippe. Alles war in Folge der Feuchtigkeit, die den schlammige» Boden durchtränkt, verfault. Endlich wurden am fernen Horizont durch den Tunst in fahlen Silhouetten hohe Schornsteine sichtbar: wir näherten uns Tientsin. Einige dürftige Bäumchen, am Boden sich himankcnd, tauchten allmählich auf, die Grabhügel schließen sich näher an einander, und dürre Grasflächen unterbrechen das eintönige Grau der Gegend. Der Peiho ichlängelt sich wieber zu unserer Linken, nnd c-s werden Chinesen sichtbar, die mit dem Ausbau eines Hanscs beschäftigt sind. Primitiv, aber dem Klima entsprechend, fügen sie cs aus Schlammerde zusammen und über decken es mit Lattenwcrk. Rechts nnd links von der Bahntrace liegen kleine Gehöfte. Schmutzige Ehincsenkinder spielen mit schwarzen Ferkeln und wühlen im Staub herum. Die kleinen Maubgärtc» verschwinden, nnd wir fahren durch die Stadtmauer in Tientsin ein. Ein Halis lehnt sich an's andere, und eins sieht hausälliger aus als das andere. Jin Bahnhöfe selbst herrsch^ reges Treiben. Mit knapper Noth bringen wir unser Gepäck in Sicher beit nnd verlassen gleich dcirnuf im l'astai Our, der nur sür Fremde eingerichtet ist, Tientsin. Die Gegend wurde jetzt freundlicher. Dicht am Bahnglcis standen Birken, die eben Vlüthcn ansetztcn. Weiterhin ge wahrte man unter Wasser stehende Reisfelder, die von hoch geschürzten Leuten bebaut würben. sowie kleine, struppige Pferde, die den einfachen Pflug hinter sich Herzogen. Kinder liefen am Rain neben der Bahn einher und schwenkten Tücher oder ichnittcn Grimassen. So ruhig und friedlich blieb die Gegend durch zivei Stunden. Reiher standen in den Feldern oder flogen krehchend vor dem Zuge ans. Tann ward es wieder öde. staubig nnd trostlos. Die Felder und Bäume hörten ans, nnd man sah Chinesen, die neben ihren Maulthieren einhertrobten, Arbeiter mit ihren Werkzeugen, Soldaten, höhere Beamte. Mandarine, Sänften, von vier Kulis getragen, plumpe Karren init blauem Dach. Lilles bewegte sich »ach einer Richtung hin: sie Alle gingen nach Peking, der Riesenstadt, der größten Stadt deS chinesischen Nordens. Im Bahnhof dasselbe Getriebe wie in Tientsin, nur kamen noch zudringliche Bettler hinzu. Gab man ihnen ein Almosen, io kamen hundert andere, und die konnte man nur mit dem Stock vertreiben. Auf Jeden von uns wartete ein Diener mit einem Pferd. Wir saßen aus und ritten min im raschen Trab demwingeil der vier Stadtthvre zu, das dem Bahnhof am nächsten liegt. Ans dem Wege dahin ritten, fuhren, gingen und standen Tausende von Menschen. Hier lag ein Karren im Straßengraben, dort saß ein aussätziger Bettler, nnd da balgten sich etliche Hunde um eine» Knochen, da wieder verkaufte ein Chinese Backivert, dort einer Reis und wieder ein anderer Näncherhvlz und Stickerei. Dies Alles ans offener Straße, im ärgsten Schmutz. Der von den Passanten Fahrzeugen nnd Tlncren aufgewirbclte Staub beengte die Brust und legte sich in alle Poren; dazu das Lärmen der feilschenden, rufende» und aufgeregten Menge. So ging's vom Bahnhof bis znm ersten Thor. Wir durchritten nun das Tartarenviertel. Der selbe vhrcnbetänbcodc Lärm, dieselbe verpestete, staubige, nilgeinnde Atmosphäre, die sich erst besserte, als wir uns dem Stcidttheile näherten, in dem sich die Europäer niedergelassen haben. Auch hier bedeckt eine hohe Staubschicht den Boden, aber die Häiffcr, aus Stern gebaut, stehen in zwei Zeilen: längs der Gebäude ziehen sich Trottoirs hin, und in Abständen von hundert zu Iniiidcil Meter stehen Laterne». Große Rinnen in den Straßen, Karren, deren Achsen weit über die Spurweite der Räder ragen, bindern uns im rasche» Bormärtskommen. Wir können nur im Schritt reiten nud Passiren endlich die Legationsbriicke. die über ein nusgctrockiietes Flußbett führt, in dem ein Rest stinkenden Wassers steht. Wir reiten nun in die Lcgativnsstraße ein. Es ist dies eine lange Zeile dicht cincincrndcrschließender Aiegel- mauern, die hin und wieder durch sechs- oder achteckige Thore nnterhrochen sind. Bor diesen Thoren sahen wir Statuen aus Sandstein, ja selbst Marmor, den Hvllcnhund „Fo mit der Kugel" darstellend, der mit seinem wilden, schielenden Blick, dem viereckig geöffneten Rachen, dem Schopf auf dem Haupte und dem buschigen Schweis die Geister zur Nachtzeit von dem ?horc fern- halten soll. In den Hof eines Gebäudes kann man durch das Tbor nicht sehen, west eine zweite Mauer hinter dem Thoreingaiig stafselsörniia ausgeführt ist. Dies ist auch eine Maßnahme gegen die bösen Geister, denn diese finden dann, durch die beiden Mauern verwirrt, sich nicht zurecht. Hinter solchen Mauern, die beinahe zwei Meter hoch und einen Meter stark sind, befindet sich die fran zösische Legation. Die anderen Gesandtschaften sind gleichfalls von hohen nnd festen Maliern umgeben nnd liege» mit Ausnahme der russischen und der österreichischen in derselben Straße. Die russische Gcsaiwtschast ist abseits in einem großen Park gelegen. Rieng hohe Mauer», die mit rothglasirten Ziegeln gekrönt sind, schützen sie Ten Sommer verbringen die Gesandten gewöhnlich im Ge birge in der Nähe Pekings, wo ihnen von der chinesischen Regierung verlassene Tempel als Sommerresidenz zngewiesen wurden. In diesem Sommer dürfte der jo sehr beliebte, dem Staub. Dunst und Lärm Pekings entrückte. landschaftlich so wunderschöne Sommersitz allerdings schwerlich seine Gäste sehen. Der Chinese, wie ich ihn kennen lernte, zeigte sich über die Maßen feig. Immer that der Stock seine Wirkung. Eine euro päische Uniform ist dem Chinesen am unangenehmsten, wenn deren Träger zu seiner soustigcii Bewaffnung noch einen Stock schwingt. Dieser letztere dünkt ihm gefährliche,: als Säbel oder Äaionett. offenbar weil er öfter mit dem Stock als init den Waffen Bekanntschaft macht. Aus seinem Haß gcgcn die Europäer macht der Chinese kein Hehl, aber man gewöhnt nch bald daran, «cho» als wir den Ticntsiuer Bahnhof passirten, sielen nnS große Zettel in die Angen, ans denen, wie uns unser Koch verdolmetschte, geschrieben stand: „Nächsten Samstag werden alle Europäer ermordet." Wir erschraken natür lich. Als der Kondukteur an unseren Gesichtern die Bestürzung merkte, sagte er ganz ruhig: ,.Xi> Isar, tbat'a tiom tour ivssics c»M!" (KeineFurcht, das ist ichon vier Wochen alt') Stephan Mautner lim N. W. Lagcbl. Vermischtes. ** Der Tischler Schneeweiß in Beiliu wollte seine Geliebte erschießen, traf aber den Vater deS Mädchens nud verwundete diesen schwer, worauf er sich selbst durch einen Schuß in die Brust tödtete. ** Der Chef des Rechnung?- und Kaffa-DeparteiuentS der nngarischen Staatsbalinen. Oberinspektor Zickoar», tödtete seine Frau, sein Kind und dann sich selbst. Angeblich sollte eine Dis- zipiinarnntersiichniia gegen ihn bevorstehe».
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