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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 22.11.1906
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-11-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19061122011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906112201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906112201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-11
- Tag 1906-11-22
-
Monat
1906-11
-
Jahr
1906
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 22.11.1906
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Kapitünleiitiiant a. D. Graf Ernst zu Revrntlvw er klärt öffentlich den Grafen Pückler-Kl. Tichirne sirr s«tt«saktion»un.sübig. Die Geschüft-leiter und die sogenannte Nruuer-Koniuiiision der Druckerei des ..Vorwärts* veröffentliche» eine Erklärung, i» der sie die Handlungsweise des Direktors der Druckerei. Ab geordneten Fischer, zu verteidigen suchen. In der Erklärung wird u. a. dervorgeboben. daß Genosse Richard Fischer bei seinen Dispositionen ausschließlich daS Interesse des iinn a»ver- trauten Geschäftes Ivahrzunehnie» bestrebt gewesen lei. Diese Hervorhebung ist denn doch für einen sozialdemokratischen Betrieb sehr seltsam. Der Leiter eines solche» Betriebes sollte eigentlich nicht ausschließlich die Interesse» des Geschäftes, sondern auch einigermaßen die der Angestellten und Arbeiter wahrnedmen. In vuigetticden Geschäften pflegt man meist von den Leitern zu der. laugen, daß sie auch die letztere» Interessen berücksichtigen. Aus der Erklärung scheint bervvrzuaehe», bemerkt die ..Deutsche TaaeS;.". daß sozialdemokratische Betrievslriter keine andere Pflicht haben, als lediglich und ausschließlich die Interessen des Geschäftes wahi- junehnien. Oesterreich. Aus Anlaß des Wechsels in der Leitung des Geiicralstabes sind zwei kaiserliche Handsch rei b en ergangen. DaS erste enthält die Ernennung EvnradS v. Hötzendors zum Graeralsiabsches. daS zweite enthält Verordnungen bezüglich der Stellung und Verantwortlichkeit de» neuen GeneralstabScheks. Die neuen Bestimmungen enthalten nur gennatngtge Abände rungen gegenüber den Verordnungen aus dem Jahre 1861. Wie eine Korrespondenz ans Wien von „bestmilerrichieter Seite" erfährt, ist der österreichische Thronsolgrr Erzherzog Franz Ferdinand ein überzeugter Anhänger des Planes, cm engeres E i n v er»e h in e n z w i s ch e n d e n d r e i ö ft l i ch c n Kaiserin ächten wieder!,erznslellen. Der Vater des Thron folgers. Erzherzog Karl Ludwig, der jüngere Bruder des regieren den Kaisers. hielt stets an der Idee einer Drei-Kaner-Verständigung fest, und Erzherzog Franz Ferdinand soll schon im Jahre 1897. als er in politischer Mission nach Petersburg gesandt wurde, in diesem Sinne gewirkt haben. Das Abgcordne tenhaus setzte die Debatte über die R e i ch S r a t s w a h l o r d n u n a. insbesondere den Antrag Tollingcr auf Einführung des Pluralwahstysiems, fort. Der Minister des Innern Freiherr.». Bienerth sprach sich gegen den Antrag Tollingcr aus und erklärte bezüglich der Frage deS »alionälcn Katasters, die Regierung habe ursprünglich an dessen Einführung für die Reiclssrcttswahleii gedacht, sei jedoch hier von mit Rücksicht aus die -entgegeiifteyenden 'Schwierigkeiten abgekommen; sie glaube, daß die nationalen Kataster nur dort cingenchrt werden sollen, wo sie für die Landtagswahlei, bereits bestehen. Der Minister empfahl schließlich den Antrag Pilacco auf Aiisichließuna wegen Trunkenheit wiederholt Verurteilter asm Wahlrechte der Berücksichtigung des Hauses. (Beifall.) Mcysie Sitzung nwrgen. 2m Eimauft befinden sich zwei Inter- pellatwnen der Agrarier in,Sachen der Bewilligung der Vieh einsuhr aus Italien und Holland. Die Interpellanten ver weisen aus die in beiden Ländern herrschenden Viehseuchen und betonen die Gefahr der Einschleppung dieser Seuchen auch für die Einfuhr anscheinend gcjunder Rinder aus verseuchten Gegenden. Frankreich. Ihn Senat beendete Gaudi» de Villainc seine Ausführungen «mit einem o» den Ministerpräsidenten gerichteten Aorwurs. daß er sich gu Mitarbeiter» Picguart und Pichon gowäbü habe. E lömcnc e a u lwicS in deiner Erwiderung auf die glänzende «diplomati che Vergangenheit Pichons und auf die edlen Ebaräktereigewchaftcir -Picquarls hi», der einst leinen Dogen .zerbrochen habe, um eine heilige Mich» zu erfüllen. Ciämenceau erklärte im weiteren, daß er über die sranzö- sisch ° e ng Iischc EnI, entc nichts sagen könne. Er glaube indessen nicht.an das Besiehe» einer uniiläri'chen «Abrede. Was a«c Prophezeiung von Gefahren anaehe. die daraus entstehen könnten, und was den Revanchc-gcdanken betreffe, S sei er cnlnistek darüber, daß ein Scnaior iinn eine Falle habe stellen wollen und ihm die Verpflichtung habe ans erlegen können, entweder die HMnungen guter Fron,zwei, z» enttäuschen oder kriegerische Erklärungen obziigebcn. Er werde daher keinerlei Antwort geben. Der Ministerpräsident bemerkte sodann, daß er. wie er es verirprochen l>abe. den sbotholiken einen Auf schub «bewilligt habe; er müsse aber die Kircheninveiitaraur- nahme vor dem 12. Dezember »um Abschluß bringen. Die Gruppen «würden geduldig tzein. aber wenn man aus sie schieße, wnidcn sie auch ,»chicßc». Die I » v c n t a ra uf n ahm c u 'sicn in zehn Departements beendet. De Regierung werde 2orgc tragen, daß «das Ge ch durch die Kirchenvorstehcr und »on den Küstern respektiert werde, wie von den anderen Bürgern. Der Ministerpräsident t'chloß mit «Ser Erklärung: Die Re gierung wird nicht besiegt werden. Ich babe die Ehre, mich "ebnen zu empfehlen. iBeüsall nnb Heiterkeit > Gaudin de AiÜaine ergriff nochmals da» Wort und siellie «fest, der Müiisterpräsident wisse nicht, daß ein i ro n z üs i'sch-eng lisches M i l i t är ab? o m m e ii bestehe: das «ei eine unge heure S«iche, und es, «lei unumgänglich notwendig, daß das Pailamcnt endlich A'iMärung erhalle. Minister des Aeußcrn, Pichon, erklärte, man habe nicht Vas Recht, in der Weise, wie der Vorredner getan, zu sprechen, wenn man einer Partei au- gcbore. die nur «verstanden habe. Frankreich an den Aon rund u führen. iGaudin de Villainc erwiderte, er «wünsche nur. daß das Lachen ClämenceauS, «der -ein Patriot sei, sich nicht bald in Dränen über den Ruin des Vaterlandes verwandle. lBeisall rechts.) Die Debatte wurde hiermit ossMosseir. Das Haus nahm, wie einem Teile der Leier bereits gemeldet wurde, mit 713 gegen W Stimmen eine «von Maurice Ferure einaebrachte Dagesordnung an, ln wälchcr der Regierung das Vertrauen a-s Hauses ausgc-sprocheir wird und ihre Erklärungen gebilligt werden. England. Der Staatssekretär deS Acmßereii. E- Grev, empsing eine Abordnung, die ihn über die Absichten der Regierung hin sichtlich des Kong oft aateS befragte. Gret, erwiderte, wem, Belgien den Kongosiaat nickst übernehme, werde die englische Negierung die Mächte hinsichtlich einer internationalen Konferenz sondieren. Rur im äußersten Mstsatte werde England für sich allein Vorgehen. Welches auch immer die Ansicht der übrige» Mächte sei» möchte, so würve es der britischen Regierung unmög lich sein, noch länger den gegenwärtigen Stand der Dinge aus unbestimmte Zeit giiziierkemieii. (Wiederholt.) Kunst und Wissenschaft. Im König!. Hofopernhnnsc heute <7 Uhr) ..Dir Zauberslöte": im S ch a n i v i el h a „ s e (' ->8 Uhr) ziim ersten Male „Das Glashaus". Lustspiel von O. Blnmciithal. Im Neji- henzthealer i>/»8 Uhr) „Die liiilige Witwe". i Heule 7 Uhr findet im Vrreinshanse das Konzert von Madame Pelva ans Paris unter Mittel, kling des .Herrn Henri Vrins «Violinci aus Amsteidai» statt. - Im Pnlmcngarten gibt 7 Uhr die Konzertverciniaiing von Mitgliedern des Königlichen Hof-Domchores zu Berlin ein Konzert. b Königl. Kapelle. Das 2. Sinsonie-Konzert der D-Ierie vermittelte die Bekanntschaft eines zweifellos hochbegabten Komponisten, der in den 90er Jahren seine Studien am Dresd ner Konservatorium gemacht lzat: Paul Schcinpfliig. Während drei Bicr'elftundcn erzählte er uns in einem einzigen Ricicnatcmzuge ein Kampf- und Lebciislied. ^.Frühling" belitcll, eine Tondichtung von mindestens ebensoviel interessan ten und markanten Schönheiten, wie sie an barocken, das musi kalische Obr förmlich «vernichtend trcficndcn Momenten mehr alS reich ist. Aber gleichviel, man hört diese Tondichtung in ihren feinsinnige», zarten und dusligen Gebilden, sowie im Chaos ihrer beim einmaligen flückstigen Begegnen undefinierbaren Dissonanzen mit steigendem Interesse, sie fesselt und überzeugt, daß man einen Komponisten von entschiedener Begabung und reichem Wissen vor sich hat. Allerdings einen, der ohne die beiden großen Richarde, Wagner und Strauß^ nicht zu stände gekommen wäre, dem zu wünschen ist, daß er sich im Geschmack läutert und einsehen lernt, daß man. solange es noch ein un- verletzbares Naturgesetz gibt, unter Musik etwas anderes ver steht. als ein bis zum Trommelfell platzendes Donnern und Wüten, hier und da unterbrochen von sentimental schwärme rischen Poesien Sturzbäder vom kochend Heißen zum eisig Kalten, wie er sie uns in seinem „Frühlings ein paar Dutzend Male über den Leib laufen läßt, mögen der äußersten Musik- Lmken effektvoll erscheinen, sie mögen Richard Strauß in jrmem elementarsten Mustkzorn noch um ein Bedeutendes über bieten, wir lehnen sie ab als ei» der sinfonischen Musik fremdes Etwas, das, solange das Ohr noch als oberster Richter in der Musik zu gelten hat, mehr abstoßen als anmuten wird. EinS wird man aber trotz alledem nicht verkennen «können und dürfen: Wenn DchcinpffugS Ziel dahin gerichtet war. ünö in seinem „Frühling'' ein «Kampf- und Lebens!i«'c> hören zu lassen, ein symbolisches Durchringen von Rächt zum Ockst. vom Sterben zur Auferstehung, wenn er bezweckte, den, seelischen Kämpfe» eines idealen Künstlers, dem Sorge und Bitternis mit auf de» Weg gegeben, den drastischen Ausdruck zu ver- leche», ohne Rücksicht aus die eckte und rechte Verteilung von Schatten und Licht, wenn es ihm darum zu tun Ivar, den helden haften Sieg über ein Äirrsal von Hindernissen zu gewinnen, ,o hat er das in seinem „Frühling" erreicht. Er beweist das nicht nur durch urwüchsige, dem Vorwürfe entsprechend«- Er- sindung und Charakterisierung, auch seine thematische Arbeit, seine polyphonische Kunst, die Virtuosität seiner Instrumeu- lieruna kennzeichnen ihn als einen nach den höchsten Ziel» trebenoen Künstler, der verdient, sehr ernst genommen und in einem Streben aus das wärmste gefördert zu werden. In diesem Sinne haben wir ihn in. dem künstlerisch «vornehmen Rahmen der ^insonie-Konzerte der König!. Kapelle herzlich begrüßt in der Hoffnung, ihm in reiferem und geläutertcrcm Gefchmacke wieder zu begegnen. Den anhaltenden und starken Beifall, den das Werk iand, dankte cs zum guten Teil der voll endeten Ausführung. Was ». Schuch an hinreißendem Tempc- rauicnt der Führung, an genialer Eachierung toter Punkte ge- tan, was er an kongenialem Empfinden beiaetragcn. und was die Könial. Kapelle an technischer «und künsilcrffcher Bravour geleistet hat. um dem Werke den Erfolg zu erkämpft», wird der Komponist nicht verkennen. Unter solchen Schuh gestellt, mug schließlich alles siegen. waS ein Recht des Daseins >)at. Solist des Abends war Friedrich Kreisler, der sich mit dem Brahmsschen Konzerte (op. 77) wieder als einer der ersten Vertreter seines Instruments bewährte. Auch in der Wahl des Vortrages. Wer das Werk spielt, und nur wenigen ist es gegeben, cs im Sinne seines Sci)öp>ers spielen zu können, steht im vorhinein von dem wohlfeilen Erfolge des landläufigen Virtuosentums ab. Hier handelt es sich einzig und allein darum, konform mit einem rein sinfonischen Gebilde zu gehen und soli- slisch nur einen Ausgleich der Kontraste zu vermitteln. Dies vollendet zu erreiche», ist um so schwieriger, als das Konzert, namentlich in seinem ersten Satze, nicht den geringsten Appell an die Gunst deS .Hörers erhebt. Auch der unerbittliche Ernst, in dem daS Ganze gehalten ist, imponiert mehr dem Musiker als dem Musikfreund. Was aus dem Werke aber an effektiver Musik herauszuholen -ist. wie großartig und fesselnd auch die zahlreichen ungelenken und nahezu unbeugsamen technischen Schwierigkeiten durch den Geist und die Kunst eines Berufenen beherrscht werden können, hat Kreisler wieder aus das glän- zendstc bewiesen. Sein Vortrag war das. was man 'cklechiwea ein Meisterstück nennt. — Ein solches leistete auch die König!. Kapelle mit Beethovens Egmont-Ouvertüre, die den Abend eiwleilcte. H. 6r. s Restdenztheater. Am Dienstag führte im Residenztheater der Berliner Oberregisscur Dr. Franz Ferdinand mit seinem Ensemble des Dänen Sven Lange süm'aktige-, Drama „Ein Verbrecher" auf., Man rühmt sehr Langes Drama „Die stillen Stuben", das wir in Dresden noch nicht gesehen haben. Es ist möglich. daß ein. Verfasser zwei Stücke schreibt, die ganz ungleich a» dichterischem Werte sind: eines etwa unter äußerem Zwang der Verhältnisse, eines aus tiefstem innerem Drange '-.-.aas. Der „Verbrecher" gehört wohl kaum in die zuletzt genannte Kategorie: denn ein trocknercs, nüchterneres, mehr akademisches Stück haben wir seit langem nicht zu sehen bekommen. Das Thema erinnert an Dostojewskis „Raskolnikow". Auch hier bringt ein Bedrängter in seiner Verzweiflung den Wucherer um, der ihn und so viel andere unglücklich gemacht, und fühlt darnach keine Reue, bis sich allmählich unter der Ein wirkung eines edlen weiblichen Wesens die innere Läuterung einstelll. , Die näheren Umstände des Verbrechens — um im krimiiialistiichcii Stile zu bleiben, den das Stück uns auf- nöl.gt — sind folgende: Der Prokurist August Hansen ist in Geldnöten. Ein Wftcherer. Engström. der «inen Wechsel von lausend Kstoncn, glaub' ich. von ihm besitzt, will diesen Weckst! nicht mehr prolongieren. Hansens Frau, Emma, ist das ein schränkungsvolle Leben satt: sic liegt mit ihrem Gatten in fort währendem Streit. Markuä Lerche, Hansens wohlhabender Schwager, will diesem nur unter der Bedingung Hellen, daß er ihm über alle Ausgaben Rechnung ablegt und „nach keiner Pfeife tanzt". Durch seine ideal denkende Schwester Marie, die sehr zur Unzeit des Bruders Ehrgefühl ousstacheltc, gegen den unausstehlichen Markus gereizt, lehnt Hamen dies ab, ebenso ein Darlehen von hundert Kronen, das Markus seiner Schwester zuliebe jenem anbietet. Moralisch vor die Türe ge setzt. eilt Markus zum Wucherer, der mit der Einkassierung nur drohte, um höhere Prozente herauszuschlagen, und bestimmt ihn. de» Wechsel nunmehr wirklich «inzmordern. Die Folge davon ist die Ermordung des Wucherers durch den unglück seligen Hansen. Durch eine eigentümliche Verkettung von Um ständen fällt der Verdacht aus die Wirtschafterin des Alten, die ihn auf Markus obwälzcn will. Da entschließt sich Hansen, der sonst niemals entdeckt worden wäre, sich selbst dem Gericht zu stellen. Marie, die ihn in diesen schrecklichen Nöten schwester lich beiacstanden, geht mit ihm. Diese Vorgänge sind im allgemeinen getreu der natura listischen Konvention dargestellt und mit einer spar'amen. sauberen Technik behandelt, die allerdings auch das Beiseite- Ipreche» und einen gelegentlichen kleinen Monolog nicht ver- schmäht. Der Grundirrtum des gesamten Naturalismus sein Irrtum, den z. B. Ibsen nie geteilt hat), daß wissenschaftliches Rachbilden des Lebens di« intuitiv« dichterische Arbeit ersetzen könne, herrscht auch in diesem Elendsdrama. dessen Idee wob! in Mariens Worten zu suchen wäre: „In jedem von uns steckt ein Verbrecher, den meisten fehlt nur die Gelegenheit." Leider durchschaut man nicht recht den Ursprung der Geldverlegen heiten, von denen immer die Rede ist- Hansen hat ein kleines, aber nicht zu verachtendes Auskommen: die Leute haben keine Kinder, leben äußerst einfach Ferner tut der Wirkung des Stückes Eintrag, daß sein Held ein guter, aber beschränkter Mensch ist. Für solche Helden hat nun einmal der Zuschauer nicht viel übrig. Dagegen weist das Drama auch einige inter essantere Züge ausi Der latente Antagonismus, der zwischen zwei verschwägerten Familien häufig besteht, tritt hier so kraß in die Erscheinung, weil die Ehegatten nicht einig sind. So verläßt denn Emma ihren Mann und gebt zum Bruder Markus, während August Hansen zu Marie flüchtet. Blut ist hier dicker als Wasser. Die beiden Gruppen, man möchte fast sagen, die beide» Raffen: „Lerche" und „Hansen" stehen einander feindlich gegenüber. Tr. Franz Ferdinand vom Berliner Theater hat das Drama mit vieler Liebe in Szene gesetzt und die Haupt- aestcilt mit künstlerischer .Hingebung auSgearbeitel. Manches durfte er wohl auch binzugediastet naben, so das Zaudern des Mörders, bevor er über Engslröms Leiche hinüberzuschreiten wagt. Mit einfachen Mitteln und ohne Virtuo'enmätzchcn wurde Herr Dr. Ferdinand seiner Ausgabe gerecht. Der Mann war zuletzt nur eine einzige Angst. Ii» vierten und sünslcu Akt erreichte die künstleri'che Leistung des Gastes 'Irren Höhe punkt. Tie Szenen mit der Schwester waren wohl das Vor- züglichstc. Diel« Schwester des „Verbrechers" gab Frau Elsa U i clr tz - F e rdina nd. die in Dresden schon mit (Hcsolg aus- getreten war. Der Markus Lerche des Herrn Willy Lang war äußerst lebendig. Solche Markusse laufen viele herum. Auch der Engström des Herrn Hugo Wahl« bot ein charakte ristisches Bild. Noch sei Fräulein Betty Leopold (Emma) aenaunt. Das Zusammcnspiel war gut studiert worden. Den Darstellern ließ man's an Anerkennung nicht fehlen. i>. >V—x. ch Zum Dresdner Mnsikfest. Erst vorgestern abend ist offiziell die -Hwage erfolgt, daß die Königliche Ka pelle unter v. Schuchs Leitung den orchestralen Teil «des im Juli gelegentlich >oer in Dresden tagenden Versammlung des Deuischen Musiker-lTonkiinstler-sVereius übernimmt. Auch das F c st - K o m ilce i-st min daiiniii-v «gebildet durch die Herren «ObeMirgsrmeificr Beutler. Geyeimcr Hchrat von Seduch, :Dr. Richard Strauß und dem Komponisten des „Moloch" Schillings. Ausgeschlossen ist nicht, daß die Kom- ponisten der Werke, die bei dem MuM'cst zum ersten Male .zur Auchsschruny gelangen — in Fratze kämen vielleicht nur Strauß, Mahler und Schillings — selbst dirigieren werden. Sonst bar musikalisch niemand etwas mit dem Feste zu tu». Vorgesehen sind während der Fasttage auch einige. Festvor- sta!I.'un««n im Königl. H o fop« r nha uise. Wie ver lautet, sollen, je «u einem Abend. Strauß' ..Salome* uns „Feuerzauher", Schillings' „Moloch" und ein Wagnerichis WerT l,/Meistersinger"! «goaoben werde». Die Fest-Kon zert« dürsten iin AuÄNenuntgspalaste nansindcir 's Herr Hosrat Proieffor Oskar W ermann hat. in- folge einer Rippensellenizüuvung und. eine-- Gallensteiuleroeus. in Lebensgefahr gcsthwehi. Seine ge'undc. Irästige Rann ha: die Kri'sis aber vereiis iw>erwunderi, looaß, rack, ärztlicher Mel- iiung, oie völlige Wiederaenestin-a mit Sicherheit zu hoffen ist. h Tee Bildhauer Walter SintruiS. ein früherer Schule, deS Herrn Geh. HosrcstS Pros. Diez und Mitglied der Kstnstlci- gruppe „Elbier" bat »ach seiner Rückkehr aus Brüssel das Atelier Haus deS verstorbenen Professors He nie in Dresden. .Hobe- ltraße 51. übernommen und erftilt vaselbst Unterricht im Modellieren an Damen. Ernst und Gcherz. Groß heißt das Losungswort der Welt von heute. Klein, zierlich, anmnug ist aus der Mode gekommen, es mun letzt alles „kolossal", „eminent" oder „vyramidal" icin, laulcr Fremd Wörter, die den Deutschen Svrachoercni in Aufregung bringen Wie sich die Zeiten aeänderi haben'. Wenn Goethe von einer Sängerin.urieilte: sie hätte daS L edchcn „recht artig" oor getragen, so war sie im siebenten Himmel und schrieb oas Er eignis abends mir vielen Ausrusungszcichen in ihr Taa«- buch. Hatte ihr aber sogar der große Dichterfürst galant eine Rose überreicht oder für sic in leinenr Garten eigenhändig einen Zweig Immerarün gepslücki, dann war sie aus dem Gipftt der Seligkeit anscrommen, trug ihren Schatz mir freudestrahlend. :i Augen nach Haii'e und verwahrte ihn bis an ihr Lebensenae als kostbares Andenken: „Von Wolsgaiig Goethe!" So billic- ist eine große Sängerin heutzutage nickt zu beiriedigeu, tvede. diesseits noch senstilS des großen Wassers. In den Tage zeitungcn eryält sie bei Bc'prechung ihrer Xanitleistung eine Fülle vvu Komplimenten und nimmt sie als jcldsiversiändlicheu Tribut hin. Ihre Stimme ist von dIzichem WoiMam. pastös oder vom klarsten Timbre, mau lobt die seine» Nuancen ihres Vortrags, ihre geistreiche Interpretation de: Komposition, ihre perlenden Skalen und Koloraturen usw. Die Mitglieder des Deutschen Sprachvereins schlagen vor Entsetzen über die vielen unnötigen Fremdwörter die Hände über den Köpfen zu'ammen, aber der Dame gefüllt die aedruckft Rezension, „denn was man schwarz auf weiß besitzt, kann mau aetrost nach Hause tragen". Ganz allein tun's aber Wort, auch nicht immer bei ihr. Mit einer einzigen Rose würde so wohl schwerlich zufrieden sein, ist sie doch ein modernes weib liches Wiesen. Das verstebt der Blumenhändler ganz aut. Er windet für sie Lorbeerkränze im Umiange eines Wagenrades, knöpft eine Ricienschleise vom breitesten Moiröband, das er bekommen kann, daran, oder er ersinnt ein Vlumenarrangemev!, das von zwei stamuihofteii Ehaiseulrögern sorlgcscha'st werde? muß. Einer allein kann es nicht erzwingen. Noch lieber ,s> es ihr, wenn ihr von ihren Verehrern Gaben dargebrach: werden, die weniger poetisch als wertvoll sind. Sie hat Kwai auch mancherlei Aberglauben und würde nie ohne das ibr Glück bringende Amulet — ein rostiges Hufeisen — auftreten, ober daß Perlen Tränen bedeute!!, «staubt sie nicht. Sie liebt ech- Perlenschnuren sehr, verschmäht ober auch Brillanten keinxs- nicht mehr beliebt.' Der Amerikaner baut Wolkenkratzer mit gy Stockwerken, und in der Schweiz, wo Wülhelm Tcll mit seinem treuen Weibe in dem kleinen, bescheidenen Anwesen hauste, steht «in ricieugroßetz Hoiel neben dem andern. Wie oft wolle» ui der Hauptsaison 500 Fremdenzimmer nicht aus- reichen. Man schläft in Badewannen oder aus dem Billard. Bon der kleinsten Hütte, in der ein glücklich liebend Paar Raum haben soll, wollen moderne Brautleute nichts wissen. Sie brauchen Salon. Boudoir, Schlaf--, Toiletten- und Badezimmer, eine Gaststube für die beiden Schwiegermütter, die abwechselnd zu Besuch kommen wollen, allerlei WirtschoNsräume, Diele, Logaia und Wintergarten, vor ollem aber ein großes Speise» zimnier. Das muß man unbedingt hoben, wenn man «in großes Diner oder Souper gibt! Ein seitliches Mahl? Das Hort sich gut an: da weiß man doch gleich, wie's gemeint ist. Wird man zum Tee geladen, ?v denkt mancher on «inen lau- warmen, wälsrigen Ausguß, on Lünne Butterbrote und kleines Backwerk, das nicht wehr ganz frisch ist und schon manchen Sturm erlebt hat. Leim Mittagessen braucht man sich solch«» Befürchtungen nicht hinzugeben: der als Vertrauensmann hinzugezogcne Koch wird sckwn seine Sache machen, beim Tiner wird auch nicht musiziert, da liest kein Dichter leine Werke vor, wies einem leicht beim Tee geschehen kann. Man sitzt an der geschmackvoll gedeckten Distel, ißt und trinkt etiixis Gutes und unterhält sich mit feinen Nachbarn. Aber auch hier heißt's: Wer Glück hat. führt die Braut heim — wer Glück hat. sitzt neben angenehme», unterhaltsamen Tiich- gcnoffrn, und wer ein geborener Pechvogel ist. bringt trotz aller Bemühungen kein Gespräch in Gang und langweilt sich schmählich. So ging's de», Herrn Dr. A., einem sehr gelehrten Herrn, der binnen wenigen Tagen dreimal die gemittliche, aber hausbackene Frau L. zur Tisthnachbarin hatte. Zweimal hatte rr's geduldig ertragen, aber als er sich abermals neben der Dame befand, wurde er grimmig und sprach sich gegen seinen Freund Z. vifen aus. „Und das soll ein sogenanntes Vergnügen sein! Ich bin absolut fertig mit der Dame, weiß nichts mehr mit ihr zu reden! Drei mal hat sie mir erzählt, wo sie im letzten Sommer mit ihrem Mann war, was Zimmer und Frühstück im Hotel gekostet haben und ob cs in der Pension mittags vier oder funs Gerichte gegeben, hat. Ich habe mit ibr von der Fleischtenerniig und von der reich liehen Obsternte gesprochen, und ich weiß, was sie mit ihrer Köchin erlebt hat. als sie sich wagte, die Rehkeule hart zu sinde». und was ihre Schwester für Aergcr mit dem Stubenmädchen freilich nicht, daß sich zur nämlichen Zeit seine Nachbarin auch über ihn beschwert. Sie sagt: „Zum drittenmal neben dem stumpf sinnigen Professor! Der Mann kann mir das feinste Mittagessen gründlich veileiden. Ich kann erzählen, was ich will — er bleibt stumm, nickt höchstens mit dem Kopfe und ißt wie ein aus aehungerter Wehrwols. Und das soll ein großer Mann sein ' Nur wenn er auf seine alten Handschiisten kommt, aus wurmstichige Schränke und Truhen mit alten Pergainentrollen, wird er g: sprächig. Ich möchte wissen, wen, der alte Plunder etwas nützen soll, den er in seiner Wohnung aushänst. Dort möchte ich einmal großes Reinemachen anstelle», da könnte der gute Herr etwas er sehen!" Großes Reinemachen! Da sind wir ja wieder bei einem großen Ereignis angekommeii, das noch doz» für die heutige Generation nichts Neues ist. Auch rn der guten alten Zeit bat man gefegt und gepulst, iin Frühling den Wintcrstciuh und die Spinmvedcn hinansgekehrt und irische, reine Luft zu den weit gevssiieten Fenstern eingelassen. Auch damals haben griesgrämige Männer über die weibliche Leidenschaft fürs Scheuern acipottcl. eS hat ihnen aber gar nichts geholfen, und der Junggeselle, de, heute am lautesten darüber lacht und schnöde Witze macht, sieht im Nlickitkii Jahre als Ehemann ein. daß da§ große Schenerfesr ei» Uevel ist. dem niemand cmsweichen kann, und daS uns nnsehi bar überfällt, wie Masern oder Spitzblattern. Einmal muß es doch kommen! Hat die iimge Fron niit anmutiger Beredsamkeit ihrem Gatten die Sache gründlich aiiseiiiaiidergesetzt, so besinnt er sich aut den Satz: „Der Starke weicht mittig einen Schritt zurück." Er greift nach Hut und Stock, wirst einen letzten wehmutsvolle!! Blick auf Schreibtisch. Bücherbrett und Pseiscnständcr und ver schwindet lautlos in einer Versenkung wie der Geist von Hamlets Vater. Aber bang ist's ihm doch zu Mute. Wird er die Dinge, an denen sein Herz hängt, imverielnt wiedersindeii? Kein wich tiges Papier vom Winde foitgetragen. kein Bild zerbrochen oder vom Wasser vernichtet? Ob die Bücher wieder in Reih' und Glied stehen, wenn er ani Abend nach .Haine kommt, oder iaml und sonders ani dem Kopie? Ja, wer weiß! Möglich ist in unserer iinvollkoimneiien Well mancherlei und Umsturz und Wechsel ist an der Tagesordnung. Mancher halt sich für einen sehr großen Mann, und die Nachwelt zuckt die Achseln und nennt ihn einen gewandten Schwätzer. Mancher gilt für einen großen Helden und ist in leinen, eigenen Hause ein snnslmütiger Pantoffelheld, der nach der Pseiic seiner launischen Frau tanzen muß; das große Vermögen, da^ der Vater in ehrlicher Arbeit erworben, ist in den Händen des «Lohnes in kurzer Zeit zusammengeschmolzen: der große Name allein imponiert niemandem mehr! Am Groß folgt manchmal Klein' <s s
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