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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 29.06.1927
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1927-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19270629029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1927062902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1927062902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1927
-
Monat
1927-06
- Tag 1927-06-29
-
Monat
1927-06
-
Jahr
1927
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301 Seit- 2 — »Dresdner Nachrichten" — Mittwoch. 2S. 1927 Die Entscheidung dariiber. was im Zwetselssalle alS Money-Bill zu betrachten ist. stand bisher allein dem Sprecher (Vorsitzendens des Unterhauses zu. Künftig soll aber dem Sprecher diese Befugnis entzogen und in die Hände eines aus beide» Häusern zusammengesetzten Aus schusses gelegt werde». Endlich ist noch eine Bestimmung vorgesehen, die daraus abzielt, den finanzpolitischen Experi menten der sozialistischen Gemeinderäte einen Riegel vor- znschieben. ES handelt sich dabei um die Kvmmunalsteuern. die vom Parlament bewilligt werde». Dabet macht sich der Einfluß der radikalen Gemetnderäte durch die Kanäle -er Arbeiterpartei in solchem Maße geltend, daß die bürgerlichen Steuerzahler in den Gemeinden sich bitter beklagen. Um gegen diese sozialistische Finanzpolitik einen Schutzdnmm zu errichten, der auch unter einer etwaigen neuen Arbeiter- regierung nicht versagt, sollen nach der Resvrmvorlage alle Gesetzentwürfe, die sich auf die kommunalen Abgaben be ziehen. ohne weiteres, also ohne daß der Einwand der Money- Bill zulässig ist, der Zuständigkeit des Oberhauses unterliegen. Als Zugeständnis an die Linke will die konservative Negierung eine anderweitige Zusammensetzung deö Ober hauses gewähren. DaS HanS der Lords besteht gegenwärtig ans 7-tl Mitgliedern und beruht vorwiegend auf dem Prinzip der Erblichkeit der Sitze. Daneben kann die Krone nach Belieben ohne Behinderung in der Zahl PccrS für das Ober haus ernennen. Künftig soll die Anzahl der Mitglieder auf 350 beschränkt werden,- gleichzeitig wird in begrenztem Um fange das Wahlrecht eingesührt. Das Oberhaus wird als- dann auS drei Gruppe» von PeerS bestehen: solchen „aus eigenem Recht" sPrinzen, hohe Richter und Bischöfe), von den gesamten Peers des Reiches gewählten und von der Krone ernannten PeerS. Die Hälfte der Sitze fällt der ersten Gruppe zu. lieber die Verteilung der andere» 175 Sitze unter die zweite und dritte Gruppe macht der Entwurf keine Vorschläge, sondern überläßt die Entscheidung dem Par lament. Die Festlegung der Zahl hat zur Folge, daß die Krone die Möglichkeit verliert, bei Konflikten zwischen Ober haus und Unterhaus einen sogenannten PeerSschub zu ver. anstalte». d. h. so viele neu« PeerS zu ernennen, daß da durch die dem Unterhaus« gegenüber oppositionelle Mehrheit des Oberhause» in ein« Minderheit verwandelt wird. Mit einem solche» PeerSschub drohte Lloyd George 1011 und zwang dadurch da» Oberhaus zur Nachgiebigkeit Wenn die Regierung erklärt«, daß sie ihren Einfluß bet der Krone be nutzen werde, um der Arbeiterpartei mehr Sitze als bisher im Oberhause zu verschaffen, so ist darin offenbar die Wir. kung eine» von dem linken Flügel der Konservativen aus- geübten Druckes zu erkennen: der Reform soll auf solche Weise ein gewisser volkstümlicher Anstrich gegeben werden. Ungeteilten Beifall findet die Vorlage in ihrer fetzigen Gestalt nirgends. Den Rechtskonservativen geht sie nicht weit genug, weil sie das Vetorecht des Oberhauses nicht in vollem Umfange wiederherstellt. Die Ltnkskonservativen bemängeln das Verbleiben von Peers aus eigenem Recht und die Sicherstellung des Oberhauses gegen jeden Reformversuch durch das Unterhaus. Die Arbeiterpartei hat der Vorlage de» schärfsten Kamps angesagt, da von konservativer Seite ihr parteipolitischer Klassenkampfcharakter auSdriicklich bc- stätigt worden sei: ohne Befragung der Wähler dürfe eine so einschneidende Verfassungsänderung nicht vorgenvmmen werden. Auch die Liberalen treten für vorherige Neuwahlen ein, da sie durch die Parole „Oberhaus gegen Unterhaus" ihre Aussichten zu verbessern hoffen. Sie rechnen darauf, baß die Vorherrschaft des Unterhauses auch heute noch für die liberalen Kreise eine zugkräftige Losung bildet, und daß die jenigen liberalen Wähler, die bei den letzten Wahlen aus Furcht vor dem Sozialismus zu den Konservativen über gingen, ins liberale Lager znrückkehren werden, wenn ihnen die Gefahr einer Rebellion des Oberhauses gegen das Unter haus gehörig auSgemalt wird. Der weitere Verlauf dieser für die iuuerpvlitische Entwicklung Englands bedeutsamen Aktion bietet auch für den ausländischen Beobachter erheb liches Interesse. Kongreß der Gesellschaft für soziale Reform. Die soziale Seile -er Nationalisierung. Hamburg, 29. Juni. Auf dem 10. Kongreß der Gesellschaft für soziale Reform, zu dem Vertreter der ReichSregie- rung, der preußischen und sächsischen Regierung und eine große Reihe von Vertretern von Behörden und sozialen Körperschaften erschienen waren, bedauerte der Vor sitzende, Obcrverwaltnngsgcrichtspräsident von Nostitz. in seiner Eröffnungsrede, daß es noch nicht gelungen sei, daS Washingtoner Abkommen zu ratifizieren. Gegen über neuerlichen Angriffen auf die obligatorischen Sozial versicherungen hob er deren segensreiche Bedeutung hervor, und legte entschieden Verwahrung gegen die Angriffe auf daS ArbcitsgcrichtSgcsetz ein, die offenbar nur zu er klären seien auS einer tiefen Abneigung gegen das Laien richtertum. Aus die Arbeitslosigkeit übergehend, betonte von Nostitz die Notwendigkeit der sozialen und volks wirtschaftlichen Seite der Nationalisierung, die bisher hinter die privatwirtschastliche zuriickgctreten sei. Lohnhcrab- setzirngen seien keine Rationalisierung. Es müsse nach den sozialen Wirkungen und nicht nur nach privatwirt- schaftlichen Erfolgen gefragt werden. Bei der noch immer hoben Arbeitslosen,zahl, die zu einer Dauererscheinung zu werden drohe, sei eine Verlängerung der Schul pflicht in Erwägung zu ziehen. Statt der ErwcrbSloscn- unterstützung solle man den Eltern E r z i c h n n g s b e i- Hilfen gewähren. Sozialpolitik sei das allerletzte, an dem gespart werden könne. Prof. Lederer (Heidelberg) sprach über die Wirkung von Lohnerhöhungen ans die Kauf kraft und den inneren Markt. Er verlangt, daß die Löhne zur Erhöhung der Kaufkraft gesteigert würden. Die Steige rung der Produktivität werde daS Steigen des Reallohnes erreichen. Zum gleichen Thema sprach Prof. Dr. Bauer sKarlsrnhe), der ausführte, daß bei der Rationalisierung die Arbeiter schaft die Opfer gebracht habe. Sticht nur habe der Lohn nicht mit der Rationalisierung Schritt gehalten, sic habe ihr auch noch dazu Arbeitslosigkeit, Unsicherheit und Mechanisierung des Lebens auferlegt. In der Aussprache gab als erster Redner das geschäfts- führcnde Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Saar industriellen, Rcszmar, zu, daß die Rationalisierung für die Arbeiter Lasten gebracht habe. Aber auch die Unternehmer hätten eine neue Belastung erhalten. Der Argumentation der Gewerkschaften könnten die Arbeitgeber nicht zustimmen. Wenn die Kaufkraft gesteigert werden solle, sei es nötig, zu erst den Güterverteiluiigsapparat zu vereinfachen. Auch der Verwaltungoapparat müsse vereinfacht werden, was natür lich den Abbau von Staatsausgaben bedeute. — Der Vor sitzende des HvlzarbeiterverbandeS, Fritz Tarnow. erklärte als Vertreter der freien Gewerkschaften, man müsse endlich erkennen, daß die entscheidende Konsumkraft heute bei den breiten Massen läge. Wenn es nicht gelänge, die Kaufkraft der Masten weiter zu steigern, dann miste er nicht, umhin mit der gesteigerten Produktion. Hoffentlich komme auch bei uns einmal die Zeit, wo das Unternehmertum zu der Ueberzeugung gelange, daß hohe Löhne der wichtigste A n t r i e b s m o t o r für die Wirtschaft seien. — Prof. Moll- Leipzig wandte sich dagegen, daß die offizielle National ökonomie heute noch ganz in der Frage des Bertcilungs- snstcms aufgehe. — Nach einem Schlußwort des Professors Lederer schloß die Aussprache. Statt Oberhausreform Aenberung -er Parlamentsakle. London, 28. Juni. Angesichts der geteilten Aufnahme der Vorschläge für die Oberhausresorm bet dem Konservativen des Unterhauses verlautet, daß die Negierung den in der ver gangenen Woche von Lord Cave im Oberhaus diktierten Plan nicht durchführen, sondern sich damit zufrieden geben wird, im nächsten Jahre gewisse Vorschläge zur Aenderung der P a r l a m e n t s a k t e, besonders soweit sie die Fincinz- gesc he betreffen, zu unterbreiten. Als Antwort aus den Mißtraucnsantrag der Arbeiterpartei gegen die Regie rung. dessen Einbringung im Unterhaus gestern beschlossen wurde, haben die Konservativen den Antrag aus Ab» äiz-erung cingebracht. T. U.) Daudel noch in Frankreich Paris, 29. Juni. In Paris verstärkt sich der Eindruck immer mehr, daß sich Daudet nicht in der Schweiz, sondern noch tn Frankreich aushält. Die polizeilichen Nach forschungen haben bisher auch noch nicht die geringste Spur von dem Geflüchteten seststellen können. Oertliches und SSchslsches. Neue Regierungsvorlagen. Da» Gcsamtministermm hat in seiner Sitzung vo«l S7. Fnnt beschlossen, den Präsidenten des GtaatSrechnnnas.1 hoset mit Erstattung eines Gutachten- «der die Möglichkeit! einer vereiusachungnndBerbilltgnng dersäch.I sische« GtnatSperwaltnng zu beanstrngen. S»! dleidt ih« Vorbehalten, sich dabei mit dem ReichSsparkommiffarl i«S Bernehmen ,« setzen. Ferner hat das Gcsamtmlnisterium bcschloffe«, den Ent,I wnrs eines Gesetzes zur Aenderung des AlterS « renzen.1 grsetzeS s«r Beamte «nd Lehrer sowie eine Vor,! läge über Besitzoerändernug im staatliche,! Packhosgrundstück «nd an de» anschliestenben staatliche,! Elbnserslächen in DreSden-Altstadt zur Gewinnung vo«I Bauplätzen sür verschiedene Nenbautcn des Reiches, des säch,I siichen Staates «nd der Stadt Dresden dem Landtage zu! gehen zn lassen. Endlich ist noch dem Entwurf einer Ber-I ordnung über die Gewährung von UebergangSgeltzs für Angcstellte zugestimmt worden. Am ein Kin-enburg-Biid. Abg. Voigt sD. Vp.) hat im Landtage folgende Anfrage! cingebracht: Der Schülcreltern der VerbandSrealschule in Thum hat! sich ernste Erregung bemächtigt, weil der Studiendirektor! Dr. Große in heransfvrderndcr und jedes staatsbürger.I liche Empfinden verletzenden Meise die Entsernungl e i n e S B i l d e S des R e i ch 8 p r ä s i d e n t e n v. H i n d e n.1 bürg ans einem Unterrichtszimmer betrieben und cr-I reicht hat. Sind der Regierung diese Vorgänge bekannt, billigt fiel das Verhalten Dr. Großes und hat sie den berechtigte,! Klagen der Elternschaft in diesem Falle abgeholsen? Mitteilungen aus -er ESesamirais-Sitzung I am 28. Juni 1827. 1. Für Straße »bauten bewilligt man ss 70 400 Mark zu banplanmäßigcr Verbreiterung un> Ausbau der Peniirtchcr Straße zwischen Kron prinzen- und Ehamistostraße, K) 120 720 Mark zum Ausbau der Steinbacher Straßes zwischen Ehamistostraße und Hebbelplah, cs 20 000 Mark zur Herstellung der verlängerten Uhde. straße im Stadtteil Leiibnib-Neiiostra zwischen Rem. brandt- und Tcplihcr Straße, cl> rd. 4000 Mark für den Ausbau der Straße Hoher j Rand im gleichen Stadtteil, es 5912 Mark Beitrag zur Äcschleusung der Burgen. landstraße im Stadtteil Laubegast, k) rd. 20 870 Mark für Kanalbauten in der Straße L zwischen Saalhausener und Grcnzstraße. 2. Man genehmigt die Einrichtung eines städtischen Lehr, lingsheims für Mädchen im Grundstück Titt. mannstraßc 2 unter Bewilligung von 84 400 Mark Ein- richtungs- und 6000 Mark Betriebskosten. 3. Für das Güntzbab wird eiixe neue Haus- und Bade ordnung genehmigt. Zu 1. und 2. ist Beschlußfassung der Stadtverordneten erforderlich. —* Neu« Rcichsgerichtsräte. Zu Reichsgerichtsräten sind vorbehaltlich der Genehmigung des Rcichsratcs ernannt wor den: Die Kammergertchtsräte Pick und Dr. Ernst Sonn- tag. der Scnatspräsidcnt am Oberlandcsgericht Naumburg Epping und der Landgerichtsdirektor Schräder vom Landgericht Düsseldorf. —* Verleihung von Ehrenzeichen. Die Gewerbe kammer Dresden verlieh in Anerkennung besonderer Verdienste um Handwerk und Gewerbe dem Tischlermeister Albert Frank in Dresden das tragbare Ehrenzeichen in Silber am weiß-grünen Bande. —* Straßenbahnnachrichten. Nachtwagennmleitung in der Nacht zum Donnerstag von 1 bis 6 Uhr früh: Linie 1: zwischen EliaS- und Schillcrplatz über Psotenhauerstraße wie Linie 18, Linie 8: zwischen EliaSplatz und Augsburger Straße über Pfotenhaucr-, Fürsten-, Dürerstratze. — Denkmalweihe der 17er Ulanen. Am 2. und 3. Juli dieses JahreS findet in Osch atz eiike Wiedersehensfeier und die Enthüllung -es Denkmals der ehemaligen Oschatzer Ulanen auf dem Douzyplatz statt, ans hohem Granitsockel einen überlebensgroßen Ulanen zu Pferde in Bronze dar. stellend. Die Anmeldungen zu dem Feste gehen außer- ordentlich zahlreich ein. Alle ehemaligen 17er Ulanen werden um ihr Erscheinen gebeten. Auskunft erteilt Kählert, Oschatz, Brühl 8. „Fenster." Komödie von John Galsworthy. Erstausführung im Schauspielhaus, 28. Juni. „Fenster" — das ist natürlich symbolisch zu verstehen. Die Fenster trennen Sie Stube von der Straße, die gute Stube von der bösen Straße —, aber die Stubcubewohner schauen hinaus und die Straßenmcnschen können auch mal in die Stube gucken. Die durchsichtige Scheidewand des Glases trennt jedoch das Drinnen und Draußen entschieden voneinander. Selbst wenn der Mann von der Straße Fensterputzer ist, wie Mr. BIy. und deshalb auch i n der Stube sein darf, sogar jemanden hereinbringen darf wie seine Tochter Kitty, die im Kittchen saß, wegen — ja, das ist nun freilich ziemlich bös und kaum noch symbolisch, wegen — Kindesmord. Wenn wir erst im sym bolischen Glashaus Ibsens saßen, sind wir nun im Armen haus Hauptmanns, nahe bet Rose Bernds Hütte. Ober auch: Sudermanns Vorder, und Hinterhaus gerät in fatale Ver traulichkeit. KindeSmord, Gefängnis, Polizeiaufsicht — wo soll denn da die Komödienlaune Herkommen? Da Hilst der Geist Shaws, die Weltanschauung des sozialen Witzes, des Witzelns mit dem Sozialen, des Expcrimenticrens mit Möglichkeiten. Also: warum soll denn Kitty nicht „gerettet" werden, wenn sie Stubenmädchen bei Marchs wird? Papa March, der Schrift steller, möchte gerne einmal seine Theorien in die Praxis um- setzen. Mama March, die Dame mit dem Wirklichkeitssiny. ist dagegen: sie weiß, wie das enden muß. Johnny March, der Sohn, ist als moderner Mann, der den Krieg durchritten hat, für Durchbrechung der Vorurteile. Mary, die Tochter, ver tritt die aufgeklärte Skepsis. Mr. Bly ist Volksphilosoph, der seine Weisheit teils aus Nietzsche, teils aus der Schnapsslasche bezieht. Er ist sür Vertrauen aus die Natur des Menschen und den Instinkt. Inzwischen putzt er die Fenster, um die Be ziehungen zwischen Stube und Straße durchsichtiger zu machen. Kittn, ohne Philosophie, aber mit der Erfahrung, verläßt sich auf den Instinkt und das Leben. Ihr ist es also natürlich, den Ideologen Johnny zu küssen, seinerseits sozusagen aus Versehen. Ta ist aber so ein geschickt angebrachtes Klapp fenster zur Küche. Und da ist Bessic, die Köchin, die sich die fatale Lustspiclunsitte nicht abgcwöhnen kann, gerade im ent scheidenden Augenblick die Klappe zu össnen. Dies Fenster ohne GlaS, vor dem die beiden sciistcrlii, össnet symbolisch den Weg ins Freie. Kitty, fristlos entlasten, will wieder ans die Straße. JohnnyS Ritterlichkeit versperrt den Weg. Aber die Straße verlangt ihr Opfer. Blunter, ein fremder junger Moiin, man kennt die Torte, ist ihr neuer „Freund". Er kommt sie holen. Ihn zn holen kommt der Polizist. Aber, trotz Polizeischlitz, Kitty wird doch aus die Straße gehen, das ist. sagt Galsworthy, ihr Schicksal. Dieses trübe Lied von der Unvereinbarkeit von guter Stube und böser Straße wird anfangs in Hellen Tönen ge sungen. Dafür sorgt der Zwiegesang zwischen Mr. March und Mr. Bly. Hier wird praktische Lebensphilvsvphic aus dem vollgesogcnen Schwamme der Erfahrung auf die platte Scheibe der Aufklärung ausgedrttckt, daß der verwässerte Tiefsinn in bizarren Rinnsalen hcrabrinnt. Das ist ergötzlich zu beobachten. Geist und Witz und scharfe Menschcnzetchnung gaukeln so lange eine komödienhafte Stimmung vor, bis die Bitterkeit den Tatsachen den Spaß verdirbt. Die „Rettung" eines unglücklichen Menschenkindes ist eben eine zu ernst hafte Frage, als daß sie in geistreicher Unterhaltung zu lösen wäre. Leiber schweigt sich gerade Miß March, die Vertreterin des gesunden Menschenverstandes, am Schlüsse völlig aus und läßt die Ideologen sich vorm Leben blamieren. Statt besten trinkt sie reichlich Kognak und ist zuletzt in einer schwer zu fastenden Stimmung zwischen Lachen und Weinen ob der Unvernunft der Welt und der Menschengesellschaft. So bleibt alles unentschieden, schwankend, charakterlos in dieser sauber angelegten Stnbcnkomödie, in der ein Abglanz von Shaws Witz um gut beobachtete Gestalten Suderinännischcr Prägung schwebt. Galsworthy hat hier wie in anderen Dramen den geschickten Griff in den Fragekasten der Zeit getan, aber ans dem Zettel, den er aus der Pandorabüchse hcrausgreist, steht keine Antwort auf dringliche Forderungen. Der geistreiche Schriftsteller ist kein erlösender Dichter. Darum entläßt er uns kalt und etwas beschämt über die genoffene Heiterkeit. „Das Mädel, was muß die gelitten haben!" sagt wenigstens Hauptmanns Mitleid von der KtnbesmSrdertn. Galsworthy, nach verunglücktem Experiment mit dem Unglück, sagt nicht einmal: „Das Mädel, was wird die noch leiden müssen!" Von Josef Gielen, dem Regisseur, war eS ganz richtig, alles Heitere, Helle, Komödtsche hervortreten zu lasten, und den Humor so lange als möglich zn bewahren. Schon das Zimmer mit den die ganze Rückwand einnehmenden Fenstern und der modernen Ausstattung nach dem neuen Bauhausibeal des Kahlen gibt Zeitstimmung, Symbol der seelischen Kargheit der Nachkriegszeit. Dementsprechend ist das Spiel der Darsteller äußerst gepflegt und geistreich ab gestimmt. In dieser Beziehung eine Sehenswürdigkeit noch vor Abschluß der Spielzeit. Den Geist der unromanttschen, sachlichen Menschenbeirrteilung vertritt Stella David al.s Miß March mit höchster Vornehmheit und Selbstbeherrschung. Den Geist der Zerfahrenheit und weltfremden Hilflosigkeit zeigt Alfred Meyer als molluskenhaster, charakterloser Ideologe March, mit rührenden Schwtmmgcbärdcn gegen seine Nichtigkeit ankämpsend. Die Klugheit des Mannes ans dem Volke, der in die Höhe will, macht Erich Ponto an dem Fensterputzer Bly mit eindringlicher, gemessener Schlauheit verständlich, innerlichst komisch in der gespielten Treuherzig keit seiner Philosophie. Den Geist neuer Jugend verkörpert Felix Steinböck als Johnny mit beherzter, empörter Mannhaftigkeit, an entscheidender Stelle vom Dichter im Stich gelassen. Die Gedrücktheit und neue LebenSspannung in Kitty malt Alice Verden mit verhaltener Kraft starker Instinkte, zum Guten wie zum Bösen gleich bereit. Die Tochter bleibt etwas blaß, wird aber von Stcffie ZetS als modernes Mädchen ohne Vordringllchkclt taktvoll eingefngt. Am Schluß taucht neben dem gemessenen Detektiv Liedtkes noch P a u l s e n als gut gezeichnete Zuhältertype auf. Die rundliche Köchin macht Jda Bardo u »Müller zur paffenden Füllftgur. Es ist das kluge und wohlberechnete Zusammenspiel solcher Darsteller, was Galsworthys Komödie lustiger und freundlicher erscheinen läßt, als sic bet tieferem Einblick ist. Darum ergab sich behagliche Lustspielstimmung mit unbehaglichen Zwischentönen. Dr. Felix Zimmerman«. Kunst «nd Wissenschaft. s* Mitteilungen der Sächsischen StaatStheater. Opern« hauS: Freitag. 1. Juli, außer Anrecht, Beethovens „Fidelto" mit Maria Rösler-Keuschnig in der Titclpartte, Curt Taucher, Friedrich Plaschke, Rudolf Schmalnaner, Adolph Schoepflin, Angela Kolniak, Heinrich Tcßmer. Musikalische Leitung: Fritz Busch, Spielleitung: Alfred Ncuckcr. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus: Sonnabend, 2. Juli, (Anrechts- reihe lis, wird nicht wie angekündigt Shakespeares „Wie es euch gefällt", sondern die Komödie „Fenster" von John Gals worthy gegeben. Spielleitung: Josef Gielen. Anfang tt8 Uhr. Die Ausgabe der Schauspiel-AnrechtS» karten erfolgt an die bisherigen Anrechtsinhaber, die ihr Anrecht für eine oder beide Vorstellnngsreilien erneuern wollen, vom 4. bis mit 7. Juli 1027. von 10 bis 2 Uhr, an der Kaste des Schauspielhauses (Eingang Ostra-Allees. Anrechts inhabern, die ihre Plätze gegen andere Umtauschen wollen, wird empfohlen, die bisherigen Plätze einzulöscn und sich wegen dcS Umtausches am 8. Juli während der Bormittags- kassenstundcn (10 bis 2 Uhrs an die Schausptelhauskastc zu wenden. Die Ausgabe der frciwerdeiideii Anrechtskarten erfolgt am 9. Juli von 10 bis 2 Uhr an der Kasse des Schau spielhauses. Albert-Theater. Donnerstag, den 30. Juni, Abschicdsvorstek» lang der Direktion Hanns Fischer in der Borstellung „Der Raub der S a b t n c r I n n c n". Den Theatcrdirektor Sirics« spielt HannS Fischer. -t* «lbert-Theater. Die Ntbert-Theatcr-Nktlengesellschast hat tn hochherziger Weise dem künstlerischen Personal da« Theater kür Freitag, deir 1. Juli, bis mit Sonntag, den 3. Füll, kostenlos zur Bersügnng gestellt. Die Einnahmen dieser drei Vorstellungen fließen restlos der Ferienkassc der Mitglieder zu. Gegeben wird an diesen drei Tagen, unter Mitwirkung des gesamten Personals, die Knockabout-Bnrlcske „Bob und Bobbn ans der Hochzeitsreise", di« bei ihrer Erslausitthrung einen durchschlagenden Ersolg erzielte. Be ginn der Vorstellungen )48 Uhr. Dt« Komödie. Am Donnerstag, dem 30. Juni, verabschiedet sich für diese Spielzeit Carola Toellc als Jacqueline in dem Lust spiel „Die Liebe wacht". Frau Toellc wurde von der Leitung der Komödie cingeladcn, auch in der nächsten Wintcrlpiclzcil In einigen ihrer beiten Rollen an der Komödie zu gastieren. i* Mitteilung des Restdeuz-TheaterS. Freitag, den I. Juli, Erst« anttührung: ..Das A b st e i g c a n a r I i e r". Gastspiel des Berliner Residenztheatcr». Erste Nachmittagsvorstellung dcS gleichen Stückes am Sonntag. i>.m 3. Juli.
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