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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.10.1904
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19041029016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1904102901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1904102901
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-10
- Tag 1904-10-29
-
Monat
1904-10
-
Jahr
1904
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 29.10.1904
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' durch Wa lch die Beweisaufnahme genügend als daS beleuchtet worden, - sie sind, ein von vornherein aussichtsloses und schließlich strafbares Unternehmen, Bel der Besprechung der ersten beiden Anklagepunkte läßt der Vertreter der Staatsanwaltschaft sein Bedauern durchblicken. daß der flüchtige Steinwald bisher nicht erlangt werden konnte,'wenn auch nicht verkannt werden soll, daß die Müll-Gesells Unterstützungen Steinwalds überhaupt nicht auf die Füße koininen wäre. Ter Hall Richter — der Angeklagte Hcym soll in diesem Halle den Zeugen um 3000 A t ohne die fortwährenden sinauziellcn "itze ge- ciilnanu ... Mark 1» schädigen versucht haben — ist von der Staats anwaltschaft selbst nicht mehr festgehalten worden. Bei dem Zugeständnis der Angeklagten seien die beiden ersten Punkte der Anklage glatt erwiesen: der einfache Bankrott, der Heymann allein zur Last fällt, ist durch die Aussage des Sach- verständigen Zeuner sestgestellt. Die einzelnen Belrugssälle zu- sammenfaisend, kommt der Staatsanwalt dahin, das, gegen Hey- maun aus eine längere Freiheils- und daneben auf eine ange messene Geldstrafe erkannt werden möge. Das Verschulden Leh manns lei ein geringes: er werde mit einer mäßigen Geldstrafe durchzulassen sein. — Der Verteidiger sür Heymann, Rechtsanwalt Stadtrat Lehmann, weist darauf hin, daß eS doch vielleicht möglich gewesen wäre, die Müllverwertungs-Gesell- schast in die Höhe zu bringen. Der Gedanke der Miillverwer- tung, dir an der Großenyainer Straße begonnene Versuchs anstalt seien jedenfalls nicht so aussichtslos gewesen. Heymann, als optimistische Natur, habe bei dem Unternehmen sicher nicht «ine betrügerische Absicht verfolgt, sondern sich lediglich selbst eine gesicherte Existenz gründen wollen. Betreffs der Bilanzver schleierung bemerkt der Verteidiger, daß der Angeklagte doch ge glaubt haben möge, die eingesetzten Werte seien richtig, sonst hätte er in das Grundstück in der Großenbainer Straße nicht selbst so enorme Summen gesteckt. Ter Erfolg ist ausgeblieben bei der Müllverwertungs-Gesellscliast, aber nur aus Neid der Konkurrenz und Aengstlichkcit der Beteiligten. Wenn der Ange klagte in de» Annoncen von einer „renommierten" Firma sprach, so habe er eben nur ein glänzendes Aushängeschild gebraucht, wie es im Geschästslebcn im allgemeinen üblich sei. Dem Auge- klagten Heymann müsse aber doch zugute gerechnet werden, daß er olle dir sreniden Gelder lediglich im Interesse der Gesell schaft verbraucht l-abc. Der Verteidiger beantragt, die Sckuld- sragcn in der Hauptsache zu verneinen: im übrigen möge bedacht werden, daß der Angeklagte keine gemeingefährliche Person sei. Jedenfalls möchte dem Angeklagten die seit Jahresfrist währende Untersuchungshaft ganz oder teilweise angercchnct werden. Bei Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe möchte aber der kranke Heymann nicht in Hast behalten Weden. — Lehmanns Verteidiger, Rechtsanwalt Heymann, sagt zu gunsten seines Klienten, daß Lehmann keinesfalls zugestanden habe, die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft gekonnt und die Anmeldung des Konkurses bewutzt unterlassen zu haben. Jedenfalls habe der Angeklagte im guten Glauben gelxmdelt. Es müsse Freisprechung erfolgen. In seiner " ' ' " - - unter ebenfalls national sein muß. Für unfer heutiges deutsches Emp finden wird es unerträglich sein, von englischen oder rus sischen Fürsten regiert zu werden, und cs kann uns hierbei gleich- gültig sein, daß säst alle Dynastien der Welt, und unter anderem auch die englischen und russischen Dyimstien, ursprünglich deutschen Blutes waren. Aber cs gehört zum Wesen der Unabhängigkeit, daß bei den Leirkern des Staates auch nur der Schein der Fremdheit vermiebeu wird. Aus dieser Gruiidforderung ergibt sich eine Menge von Einzelsordcrungcn, die vielleicht klciylich erscheincn könnten, und die wir deshalb auch nicht ausführen, sondern nur andcutcn wollen. Hierher gehört das Erfordernis einer nationalen Erziehung der Thronfolger lttzd ihrer Fragen, eine Verbannung fremder Sprachen von den Höfen, die Anwendung der deutschen Sprache im internationale» Ver kehr, nicht nur der Staaten, sondern auch der Höfe, und jede Vermeidung der in früheren Iahrhuiiderlcii leider fast notwendig gewesenen Fremdtümelei an unseren Höfen und in den von' ihnen beeinflußten obersten Schichten der Gesellschaft, b) Streitigkeiten, dt haben, zeigen, daß die iner Schlußverteidignngsrede führt der Angeklagte Heymann anderem an, daß er nicht die gemeingefährliche Person sei, als die ihn der Staatsanwalt hingestellt habe, sondern daß er seine Anklage in erster Linie dem Zahlreich anwesenden Publikum ,m Zuschauerraume und der Presse, die überhaupt bestrebt wäre, jede, und insbesondere seine Sache, prinzipiell ins Ungeheuer liche zu ziehen, zu verdanken habe. Darauf wird der Ange klagte in seiner fulminanten Lcrteidigungsrcd,? vom Vorsitzen den, Herrn Landgerichtsdircktor Aböe, unterbrochen, der ihm entgegnet, daß er, der Präsident, diesen Vorwurf gegen die Dresdner^ Presse entschieden dahin zurückweiscn müsse, daß dieselbe zur Aufklärung des Publikums nur rein objektive Be richte bringe. — Das in später Abendstunde verkündete Urteil lautet gegen Heymann unter Anrechnung der vollen Unter suchungshaft und unter teilwciser Freisprechung aus 4 Jahre Ge fängnis und 600 Mk. Geldstrafe oder weitere 60 Tage Gefäng nis und 5 Jahre Ehrverlust, gegen den Angeklagten Lehmann auf 900 Mk. Geldstrafe oder 30 Tage Gefängnis.—Die Kundschaft der Deutschen Müll- und Aschebehälter-Fabrik ist nicht an die Dresdner Fuhrwesen-Gesellschaft, sondern an die Dresdner Paket- sahrt Philipp u. Co. verkauft worden. Ist das Deutsche Reich ein deutscher Nationalstaat? Der in weiteren Kreisen bekannte alldeutsche Führer und frühere Reichstagsabgeordnete Prof. Tr. Hasse in Leipzig hat ein großzügig angelegtes Werk über den „Deutschen Natio nalstaat'' verfaßt, das demnächst im Verlage von I. F. Leh mann in München erscheinen wird. Der Verfasser erörtert sein Thema streng von seinem alldeutsche» Standpunkte ans. den er bis zur äußersten Konsequenz durchführt, wcSbalb er sich auf starken Widerspruch von den verschiedensten Seiten, namentlich auch vom Realpolitiker, gefaßt machen muß. Selbst feine an scheinend extremsten Ansichten und Forderungen werden aber zweifellos von einem kerngesunden Patriotismus,, von einer be geisterten Liebe z»m Germanentum in seiner gesamten Lcbens- belätignna getragen, und es ist auch nicht zu leugnen, daß ver einzelte Punkte, die, wie z. Ä. das Verbot des Erwerbes von Grundbesitz sür Ausländer und die sonderrcchtliche Behandlung fremdsprachiger Minderheiten, wie der Polen, deren Durchfüh rung in normalen Zeitläuften unmöglich erscheint, unter kritischen Umständen sich eventuell zur Notwendigkeit niiiHejtallen können. Der Verfasser untersucht von feinem speziellen Standpunkte aus die Frage, ob das heutige Deutsche Reich zugleich ein deutscher Nationalstaat im strengen Sinne des Wortes ei. und gibt darauf eine verneinende Antwort. Des weiteren teilt er dann einen Katalog der Forderungen auf. die nach einer Meinung noch verwirklicht werden muffen, um das bc- zeichnete Ziel zu erreichen, und hieraus heben wir nach den uns von der Vcrlagshandlung zur Verfügung gestellten Aus hängebogen folgende besonders interessante und aktuelle Aus führungen hervor: Wir haben darauf hingewiesen, daß die Vielheit der Kon fessionen das wichtigste Hindernis sür eine nationale Wicklung des Deutschen Reiches ist. Die Hoffnung werden wir oufgeben müssen, die Bevölkerung des Dcntfchen Reiches kon fessionell einheitlich zu gestalten. Aber die Forderung deutscher Nationalkirchen ergibt sich doch nicht nur vom religiösen Stand punkte aus, sondern auch vom nationalen. Der letztere gebietet die LoSlösuna der Römisch-Katholischen von dem fremden, will sagen römisch-italienischen Einstuß, also die Schaffung einer deutsch-katholischen Landeskirche. Und was die ver schiedenen evangelischen und protestantischen Bekenntnisse anbe- langt, so liegt es gus der Hand, wie förderlich eine einheitliche Zusammenfassung aller evangelischen Organisa, tionen und Bestrebungen auf nationaler Grund- löge sein wird. 'Bekanntlich hat man neuerdings i» Gotha «inen Anlauf genommen, soelrartiges zu erreichen (Ansprache des Regenten an den Kaiser und dessen Antwort am 26. Sep tember 1901 und Beschluß der Konferenz evangelischer Kirchen regierungen Deutschlands in Eisenach vom 31. Mai 1902). Die Billigkeit verlangt freilich auch, die Bedenken zu berücksichtigen, die der Professor Friedrich Vanlse» im Jahre 1902 gegen diese Bestrebungen geäußert hat. Er hält eine deutsche Nationalkirchc unter der Suprematie des Staates für unser gesamtes Leben für verhängnisvoll. Das System der Cäsaropapie wäre schlim mer als die Kirchenspaltungen, und cs würde die geistige und mit ihr die politische Freiheit erdrücken. Freilich betreffen diese Bedenken mehr die an sich aussichtslosen Verflicht der Ver schmelzung der katholischen und evangelischen Kirchen zu einer deutschen Nationalkirchc, als die von uns befürwortete Ent- italienisicruNg der Römischen, Kirche im Deutschen Reiche und der Zusammensassiliig der verschiedene» cvangelifcheii Kirchen des Deutschen Reiches. Aus dem nationalen Wesen unseres Deutschen Reiches heraus müssen wir aber den römische» Ultra montanismus bekämpfen, der den deutsche» National staat noch immer verneint. Unser deutsches Fürstenrecht ist auf dem Boden des mehr oder lvcniger internationalen Charakters unseres hohen und höchsten Adels erwachsen. Die aus diesem Gebiete vorliegen den Mißstände sind so zahlreich, daß wir nur die belangreichsten berausgreisen dürfen und uns auf nachstehende Forderungen be- whränken müssen!: s) Die vor kurzem in einigen, wenn auch kleinen deutschen Bundesstaaten gemachten Erfahrungen und müh sam beschworenen Befürchtungen führen gebieterisch zu der For- derung v«S Ausschlusses aller Fremden von der Thronfolge aus den Thronen der deutschen Einzelstaaten. Ist eS doch selbstverständlich, daß in einem illalionalstaate einer der wichtigsten Faktoren des Staates, nämlich die Dynastie, wie wir sie in und um Lippe erlebt haben, z< „ Anerkennung der Ebenbürtigkeit des hohe» Adels für Frauen aus deutschen JürslenthronenI nötig ist. Wir sind nicht so radikal, die Abschaffung,der Ebenbürtigkeit überhaupt zu vcr langen. Auch H. v. Trcitschke hält die Ebenbürtigkeit sür sürst liche Häuser sür notwendig. Aber wenn wir von de» Thron folgern der deutschen Einzelstaaten verlangen müssen, daß sic nur deutsche Frauen heiraten, so muß ihnen dies, namemlich bei der Beschränkung auf Gleichheit der Konfessionen, auch meä-anisch dadurch möglich gemacht werden, daß sie nicht auf die ivenigen zur Verfügung stehenden Prinzessinnen gleicher Konfession aus deutsche» regierenden Häusern angewiesen sind. Wir haben in Deutschland einen so zahtreichen hohen Adel, der sich auch ge schichtlich so wenig von unseren heute regierenden Häusern unter scheidet, daß in! der Anerkennung der Ebenbürtigkeit solcher mediatisierter Fllrstensamilien auch sür dentsche Throne keine Unbilligkeit erblickt werden kann. Mit anderen Worten: wir können uns auch in Deutschland mit der Ebenbürtigkeit zu frieden geben, die in England genügt. Das würde der drohenden Tcgenerierung unserer Dynastien am besten Vorbeugen. Und wir sind es doch, die unter einer solchen leiden. Mit aller Entschiedenheit muß gefordert weiden, da« Fürstenrecht einschließlich der HauSgeletze'und Erbverträge zum Reichs rech» zu machen. Abmachungen der Einzelstaaten dürfen nur dann Gültigkeit baden, wenn sie von de» Faktoren der ReichSgeictz- gebnng gebilligt werden, ck) Wir brauchen wohl kaum auf die peinlichen Erfahrungen bezug zu nehmen, vie wir in Vergangen heit und Gegenwart gemacht haben und die uns in der Zukunft drohen, wenn wir dem Wunsche Ansdruck geben, die HauSgesetze unserer Dynastie», die sich bisher überhauvt dem völkischen Ein flüsse fast ganz entzogen habe», möchten höhere Anforderungen an dir Throiisolgeberechtiqung stellen, das Volljährigkeitsalter erhöhe» und den Ausschluß von geistig oder körperlich Kran ke» von der Thronfolge aussvrechen. Uns scheint dieser Wunsch ebenso sehr im monarchische» wie im völkische» Interesse zu liegen. Ten» wenn man bei der Monarchie doch schließlich von der Fik tion ansgeht, daß der Monarch auch mcnschtich auf einer höhere» Stnfe stehe als das Volk, so' m»ß man nicht künstlich an den Monarchen mindere Anforderungen stellen als an jede» wehrpflich tigen Tkiilschen und jeden deutschen Staatsbürger, s) Die dem hohe» nnv höchste» Adel bislang noch eingeräumten Sonder rechte in bezug auf Nichtzuständigkeit der öffentlichen Gerichte. Nichtbrstenerung und Befreiung von der allgemeinen Wehipslicht sollten fallen gelassen weiden, weniger ans praktischen Gründen, als mit Rücksicht auf das nodilo otlleinm. Auch für die Mit glieder solcher Familien würde es eine Wohltat sein, an den Frei heiten der „Untertanen" auf dem Gebiete des Janiiiienrechls reil- nehmrn zu dürfen. Wir brauchen kaum a» gewisse Vorgänge der jüngsten Zeit in den Dynastien von Habsbmg und Koburg-Wettin zu erinnern, t) Wenn der niedere Abel im modernen Natwiialstaate eine Daseinsberechtigung haben soll, lo bedarf er der Nationalisierung, zumal wenn man in ihm die ^Edelsten der Nation" erblicken will. Und da wird man sich entscheiden müssen, ob er eine eidliche, geschichtliche Einrichtung sein soll, oder eine persönliche Auszeichnung. Beides verträgt sich nicht mit einander Entweder handelt es sich um einen Titel oder eine Auszeichnung. Und diese kann nicht vererbt werden, ebenso wenig wie ein Orden. Die Verquickung des Begriffs der Erblichkeit mit dem Begriffe der Auszeichnung verträgt sich nicht. Das empfindet das gelamte Bürgertum bei der jetzigen „Erhebung" von Familien in den erb lichen Adelsstand. (Vesser wäre der Ausdruck ..Versetzung".) Jeder Fall der N o b i l l t i e ru n g , ganz besonders die Verleihung des erbliche» Militäradcls, ist eine Beleidigung aller Angehörigen des Bürgerstandes. die entgegen allen Veriassnngen dadurch als nicht befähigt bezeichnet werden, die höchsten Ehrenstcllen und Acmter im Staate zu velieiden, Uns wäre die historische Behand lung des Adels lieber. Aber dann müßte man ihn wirklich als Reliquie ans alter Zeit behandeln. Niemand dürste den Adels titel im Deutsche» gleiche führen, dessen Vorfahren nicht väter licher- und mütterlicherseits fchvn im 18. Jahrhundert dem deut schen Adel angehört hätten. Aber nun gar die Nachkommen fremder Russe» als de» .Adel deutscher Nation" anzuerkennen, widerspricht denn doch zu sehr dem vollliche» Empfinden des 20. Jahrhunderts Im öffentlichen Interesse liegt eS schließlich nur, das Ans- und Absteige» der deutsche» Familien in der Gesell schaftsordnung nicht durch künstliche Hindcrnilse zu erschweren, g) Es ist gewiß kein unbilliges Verlange», daß überall da, wo dus Tentiche Reich nach außen vertreten wird, das dentsche Wesen seiner Vertreter in Abstammung, Sitren, Gewohnheiten und An schauungen einwandsrci in die Erscheinung tritt. Wir müssen deshalb um der dcnlichen Selbstachtung willen und damit auch die Fremde» uns gebührend achten, fordern, daß im Verkehr mit ircmden Völkern, StaatShänplern und Staatsmännern ausschlicß- tich die deutsche Sprache zur Anwendung gelange. Wie will man dem Deutschen im Auslände einen Vorwurf daraus machen, wenn er die deutsche Muttersprache verleugnet oder vergißt, wen» die amtliche Vertretung des Deutsche» gleiches die deutsche Sprache nicht für vornehm genug erachtet, um sie jedermann gegenüber zur Anwendung und Geltung zu bringe» ? Leider bedienen wir uns aber auch zur Vertretung des Deutschen Reiches, selbst da, wv eiiiwandstele Dentsche zur Veriügnna flehe», als Konsuln fremder Männer, srenid von Ahsiammung und Denkart, so fremd dem Deulichtuni, daß sie nicht einmal deutsch z» schreiben und zu sprechen vermögen. Und selbst! bei treulich geborenen Gesandte» »nd Konsul» begegnet man noch oft der Unsitte, daß sie sremd- svrachige Besuchskarten, strmde Firmen, Annchristo« und Wappen führen. Am anstößigste» und Politisch am bedenklichste» ist es aber, wenn amtliche Vertreter des Deutschen Reiches in hohen und höchsten Aemtern srem d v ö I k i s ch e Frauen heiraten. Man wird nicht so weit zu gehen brauche», von jedem Offizier und Beamten des Deutsche» Reiches und seiner Einzelstaaten zu veilangen, er solle nur mit einer deutsche» Frau verheiratet sein, obgleich man sonst in dem Konflikt zwischen der veriönlichen Liebe und der Rücksicht auf das Amt nicht so rück sichtsvoll zu sei» pflegt. Man verlangt bekanntlich von der Iran eines Offiziers ein standesgemäßes Vermögen — warum nicht auch dentsche Geburt? Aber daß Minister. Gesandte. Kvnstrln, Gouverneure und ähnliche Beamte, die zur Vertretung des Deutsch tums »ach außen verpflichtet sind, deutsche Sprache und Sitte auch in ihrem Hnnsivcicn z» pflege» und dies durch dieVolkszugehörig keit ihrer Gattinnen sicher zu stelle» — oder ans solche Aemtcr zu verzichte» und sich einer Beschäftigung z» widmen haben, die weniger mit der Vertretung des Deiiljcbtnins z» tun tun — dies war nicht nur die private Anschauung des Fürsten Bismarck, son der» er hat sie auch amtlich rnr Geltung gebracht Aber auch der -liberale" Minister v. Slosch konnte ani 28 Oktober 1870 aus Versailles schreibe»: „Es ist beinahe ein Unglück, daß der Kron prinz. Blumenlhal »nd Gvltbcrg, alle drei Engländerinnen zu Frauen haben. Das macht unwillkürlich eine Partei aus ihnen, sogar in politischen Dingen." Seitdem haben bekanntlich Staats männer wie Graf Walderiec, die Botschafter v. Hatzfeldt, v. Nado- witz und v. Schweinitz, der Grsandte ». Brandt und andere eben falls fremde Frauen geheiratet, und beule gilt bei uns jene Ver ordnung des Mrstcn Bismarck, obwohl sie »och zu Recht bestehen soll, für völlig „antiquiert", wie so vieles ans dem Zeitalter Bis marcks. Ich besitze eine lange Liste solcher Männer, die hrnte n» der Vertretung des Deunchen Reiches beteiligt sind. Aber ich will sie hier nicht abdrnckcn Xomma sunt ocliosi». Mir aber kommt es nicht ans Gehässigkeiten gegen einzelne Personen, noch viel weniger etwa gegen deren Franc» an. die vortreffliche Gattin nen sein mögen, sondern ans die Wahrung von Ginndiätzen. Und da mnß im deutschen Nationalstaate nicht nur dem einfachen Bür ger. sondern auch hochstehende» Beamten zugcrnfe» werden: Deutsch bis auf daS Mark, Deutsch über alles! Der englisch-russische Zwischenfall. Ueber englische Maßnahmen zur See wird vom 27. d. M- gemeldet: DaS K a n a lg e s ch w a d c r hat heute nach mittag gescchtstlar gemacht. Es geht dar Gerücht, die ganze Flotte, mit, Ausnahme des Schlachllchisfes „Cäsar", gehe morgen in der Frühe nach Westen in See, um angeblich eine» Schcur- angriss gegen Gibraltar auszusühren. Heule nachmittag sind einige Torpedoboote nach Tanger abgcgaikgen. Die Tätig- keil, »n Arsenal wird kräftig fortgesetzt. Die Division der M i t t e l m e e r fl o t t e, welche hier crwarlei wird, umfaßt iechö Schlachtschiffe, sämtliche Panzerkreuzer, sowie 20 Torpedo boote und Torpedobootzerstörer. Bier Schisse des englischen Mitlelmccrgcschwaders verließen um 11 >4 Uhr abends den Hafen von Fiume. Der in den griechischen Gewätiern befindliche Teil des englischen Miilelinecrgcschwadcrs erhielt Besehl, diese Ge Wässer mit aller Beschleunigung zu verlassen. In Malta ii»o der britische Kreuzer „Bacchant? mit Konlrcadniiral Walker, das Schlachtschiff „Albemarle", mit Kontreabmiral Hamiltvn an Bord, ferner das Schlachtschiff „Montagu" und 6 Torpedoboot zerstörer von Korsn eincctroffen. Das 'Schlachtschiff „Queen" und 9 Torpedobootzerstörer sind mit unbekannter Bestimmung von Malta abgegangen. (Teilweise wiederholt.) Ueber die Haltung Deutschlands wird offiziös ge schrieben: „Im amtlichen Berlin hält man eS nicht sür völlig ausgeschlossen, daß der Konstikr in den letzten 24 Stunden eine gewisse Bösartigkeit angenommen hat. man glaubt aber nach wie vor durchaus an eine schließlich? friedliche Löiung. Jcden- salls würde man es in Deuffchland ungemein bedauern, wenn der Gang der Ereignisse nicht zu eine'- glatten Beseitigung des Zwistes führen tollte. DaS Reich hat ein ganz erhebliches Inter esse daran, daß weitere Störungen des Welnriedens vermieden werden: es bedarf keines besonderen Hinwcises aus seine industriel len und Handelsbeziehungen, um das zu begründen. Beide Staaten stehen ihm gleich nahe, beider Wohlergehen i!> eine weienr- liche Voraussetzung für die wirffchastlichc Wohlfahrt Deutsch lands. Mst einer gewissen Besorgnis blickt man auf die Haltung der deutschen Presse. Ihre Sympathien sind bekanntlich geteilt Es wäre dringend zu wünschen, daß wenigstens die ernsteren Organe sich in der Betätigung solcher Sympathien und Antipathien möglichste Beschränkung auserlegten. Jedes feind selige Wort nach der einen oder anderen Richtung hin, jedes Wort etwaiger Genugtuung darüber, England, das so osl aus den Streitigkeiten kontinentaler Mächte Nutzen gezogen habe, nun mehr selbst in einen ernsten Konflikt verwickelt, — Rußland, dem schon Japan Schwierigkeiten genug bereite, von neuen Sorgen bedrängt zu sehen; jedes Wort dieser Art wird nach der, wie immer wieder betont werden muß, allein wahrscheinlichen, fried lichen Beilegung des Konflikts an der Themse oder an der Newa zur Ablenkung der allgemeinen Erregung auf Deutschland aus- genntzt werden. Für die deutsche Presse empfiehlt sich dieselbe Haltung, die das Reich als solches einnimmt, nämlich die des völlig unintereisicrten Gentleman." Von der Beschießung eines deutschen Fisch- dampfers, „Sonntag , der sich in der kritischen Nacht in der Nähe der Doogerbank befand, erfährt man erst jetzt, nach dem dickes Schiff in seinen Heimathafen Geestemünde zurück gekehrt ist., Ter Schiffsführer, Kapitän Hähnel, teilt hierüber folgendes mit: „Wir befanden uns am 21. Oktober bei den Horns- riff-Fischgründen an der iütländischen Westküste. Vormittags passierten fünf russische große Schiffe, abends nenn weitere. Nördlich von uns befand sich ein großer Frachtdompfer. Um 8V? Uhr wurden wir durch Scheinwerfer beleuchtet: gleich darauf sielen die ersten Granaten in unserer Nähe. DaS russische Schilf feuerte nach allen Seiten, bis 80 Schüsse in der Minute. Gegen 9tzs, Uhr kam der Frachtdampscr in unsere Nähe und lenkte das Feuer auf sich. Beim Lichte des Scheinwerfers konnten wir das Ausschlagen der Granaten dicht bei diesem Dampfer beobach ten, tahen dann südlich einen zweiten Scheinwerfer und in der Nähe des uns beschießenden Schiffes Granaten aufschlagcn. Wir blieben unbeschädigt. Nach 11 Uhr kamen keine Granaten mehr." Tnl,esl,esch«'chte. Dentsch-Südwestasrika. Nach dem Telegramm des Generalleutnants v. Trotha, der den Oberbefehl auf dem nördlichen Kriegsschauplätze an Major v. Mühlenfels übertragen Hai und in Windhuk eingetroffen ist, scheint die Widerstandskraft der Herero doch völlig gebrochen zu sein. Tie ganze Flnßlinic des Epukiro, an dem entlang die Herero nach Britisch-Belichuanaland zu entkommen gedachten, ist von Otjmanangombe im Osten bis Kanduwe im Westen von unseren Truxven besetzt und weiter nach Nordwesten letzt sich die dentsche Abiperrungslinie über Okowarumende und Okatjeknri bis Ewarc fort. Nördlich von diesem Orte sitzt Major o. Estvrff bei Owinaua-Naua und beobachtet den Samuel Moharero, der etwa vier Tagemärsche nordöstlich am Rande der Omahelte (Sandwüste) sitzt und fast alles Vieh und die Hälfte seiner Leute verloren haben soll. Bestätigen sich diese von Ge fangenen stammenden Mitteilungen, dam, ist das Schicksal der ichwarzcn Rebellen besiegelt und dann ist das Blut deutscher Krieger am Watcrberge nicht vergeblich geflossen. — Ueber das Verhältnis, das zwischen dem ermordeten Hauptmann v. Burgs- dorfs und den Hottentotlen-Kapitänen bestand, wird der „N.-Z." geschrieben: Durch die Nachrufe auf den Bezirksamtmann von Burgsdorff zittert manchmal der leise Vorwurf hindurch, er habc sein Leben durch sein allzu großes Vertrauen aus die An ständigkeit der Hottentotten cingebüßt. Wenn aber einer das Recht beiaß, zu hoffen, noch durch ein gutes Wort in zwölfter stunde die Hottcntoltenkapitäne von ihrem unseligen Schritte zurückzuhalten, so war er es. Er behandelte die Kapitäne mir unwandelbarer Güte nicht nur freundlich, sondern freundichastlich. Es kam oft genug vor, daß, wenn ein Kapitän zu ihm kam, um Dienstliches mit ihm zu besprechen, er ihn nach vollendete» Ge- schäften cinlud. und daß er dann den farbigen Häuptling bei Tische neben sich sitzen hatte, wie einen weißen Gatt. Ich habe neulich schon gesagt, daß ich eine solche gesellschaftliche Gleich- stellrmo sür fehlerhast halte, und ich habe damals besonders Bnrgsvorff im Auge gchccht. Aber andererseits durste gerade dieser Mann wohl hoffen, daß lein mutiger und edler Schritt nickt einen so traurigen Ansgang sür ihn selbst nehmen würde. Daß selbst er nicht geschont wurde, und daß er seine Güte mit dem Tode büßen mußte, darin liegt eine tiest Tragik. Ich wiederhole: sein Fehler war sein jabrelang geübtes, wenn ich so sagen dort, zu nivellierendes Verhalten gegenüber den Hottentotienkapitänen. Daß er aber bei Ansbruck des Ansstandes vertrauensvoll zu ihnen ging und lo den Tod fand, das war nicht ein Fehler an sich, sondern die logische und traurige Konsequenz eines früher und grundsätzlich begangenen Fehlers. Sein Tod wird eine Warnungs tafel sür das künftige Verhalten der Beamten gegenüber den Hottentottenhäuptlinaen sein, und so wird der wackere Mann noch mit seinem Tode ieinem Vaterlandc gedient haben. Deutsches Reich. Zum neuen Militärpensions- Gesetzentwurf, dessen Jnhali wir neulich im Auszuge mitgcteilt haben, erläßt Korvettenkapitän a. D. Tesdorps in der Nenfirclitzer „Landcszeitung" einen Aufruf, in dem es heißt: „WaS hier gewähri wird, entspricht für das aktive Offizierkorps der Armee »nd Marinc den Billigkcitsrücksichtcn und LcbenSaniordcriingcn unserer heutigen Zeit, wenngleich es bedauerlich bleib!, daß der durch Dienstunbrauchbarkeit nach relativ kurzer Dienstzeit lnnter zivanzig Jahren) ausschcidende Dffizicr der unteren Chargen letzt schlechter wcgkommi, als bei dem ersten Entwurf. Die Herabsetzung der Anfangspension nach zehn Dicnstjahrcn von auf mag wohl in der nichi günstigen Finanzlage des Reiches zu suchen sein. Und nun trotz Vieler großen Erspar nisse im neuesten, endgültig beschlossenen Entwurf wiederum daS Unfaßliche: „Eine allgemein rückwirkende Kraft ioll dem neuen Gesetz nicht gegeben werden, vielmehr eine von der ursprünglichen Fassung des Kricgsininistcriums und RcichSmarincantts abwei- chcndc, nur ganz beschränkte rückwirkende Kraft." Nach dein jetzigen Entwurf erfordert die allgemein rückwirkende Kraft snr etwa dreitausend inaktive Offiziere nur ein Mehr von vier bis fünf Drällionen — eine tatsächliche Lappalie für dos große Deutsche Reich. Der seit Jabren geführte Kamps »in Billigkeit und Ge rechtigkeit wird endlich in allernächster Zeit vor dem öffentliche. Forum des Reichstages seine endgültige Erledigung finde», wel cher gerechten Entscheidung wir alten Kriegsteilnehmer in bc- greiflrcher Spannung und Erregung entgegeniehen." Korvetten- kapitän Tesdorps fordert die sämtlichen Vereinigungen inaktiver Offiziere der Armee und Marine auf, in allgemeinen P otest - Versammlungen gegen den unsaßlichen Beschluß des Buir- desrats Stellung zu nehmen. Wir hoben schon aus die Härte w Dves-irev Nachrichten
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