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Dresdner Nachrichten : 03.03.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190303036
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19030303
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19030303
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-03
- Tag 1903-03-03
-
Monat
1903-03
-
Jahr
1903
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 03.03.1903
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u»vf« hab«l,«cher überall eine erfreuliche Beluulmng und Ent- Wicklung in konstatieren ist. Bei den Neuwahlen für den Gcuioor- stand wurde al» 1. Gauvorsitzender Schneider-Leipzig gewählt. Ass 3. Vorsitzenden wählte man Rennert-Leipzig. Für die übrigen Aemter wurden die bisherigen Inhaber der Mandate wiever- gewählt. Di« Wahl de- One» »ur Abhaltung de» nächste» Gau tage» fiel auf Drüben bei Dresden. Die vom Gauvorstand be schlossene Abänderung der Satzungen de» Gaue» für da« König, reich Sachsen wurde ohne besondere Debatte genehmigt. Nach Er- ledigung mehrerer Punkte interner Natur wurde der offizielle Teil de» Gautage» mit DankeSwvrten geschlossen. In Verbindung mit dem Gaulage war eine interessante Ausstellung von organi. satorischen und agitatorischen Hilfsmitteln der Gruppen und de» Gaue» veranstalt« worden, die allseitig« Anerkennung fand. Den ernsten Beratungen schloß sich eine gemeinsame Mittagstafel an. Der Gründer des Verbände», Herr Jrwahn-Hamburg, hielt eine der Bedeutung de» Tages entsprechende Ansprache. Abends fanden Militärkonzert, Theater und Festball statt. — In Verbindung mit dem Gautag tagte am Sonntag auch der zweite Sächsische Hand lungsgehilfen tag, der aus ganz Sachsen zahlreich beschickt war. Er nahm Stellung zur Sonntagsruhe und zum 8 Uhr- Ladenschluß, sowie zu dem Gesetzentwurf über ,,Kaufmann», nerichte. ES wurde folgende Resolution an Reichstag und Hundesrat beschlossen: „Der am 1. März in Zwickau tagende zweite Sächsische Handlungsgehilfentag begrüßt das Erscheinen des Gesetzentwurfes betreffend Errichtung von Kaufmannsgerichten n>it lebhafter Genugtuung. Der zweite Sächsische Handlungs- gehilsentag erachtet jedoch diese Frage erst dann zur vollen Zu friedenheit der beteiligte» Kreise gelost, wenn das Gesetz folgende Fassung erhält: 1. Die Gerichte müssen überall obligatorisch ein- gerichtet und an die Gewcrbegerichte anaeglicdert werden; 2. ihre Wirksamkeit muß aus alle Handlungsgehilfen und Lehrlinge ohne Unterschied des Geholtes erstreckt werden; 8. für Streitigkeiten aus Äonkurrenzklauseln oder Ronventionalstrasen müssen die Kauf mannsgerichte zuständig sein; 4. die Zuständigkeit dieser Gerichte darf nicht durch Verträge ausgeschlossen werden: 5. das aktive Wahlrecht muß auf das 21., das passive Wahlrecht auf das 25. Lebensjahr festgesetzt werden; 6. bei dem Wahlverfahrcn sollen Wählerlisten aufgestellt werden; 7. die Berufungsgrenze darf erst bei einem Wertgegenstände von 500. mindestens jedoch 300 Mark festgesetzt werden; 8. den Kanfmannsgerichtcn muß die Befugnis erteilt werden, auch als Einigungsamt zu wirken; 9. die begut- achtende Tätigkeit dieser Gerichte ist auf alle handelsgewerblichen Fragen auSzudchnen Der zweite Sächsische Handlungsgeh ilsentag erblickt in dem so ausgestaltctc» Gesetz die Erfüllung der fahre- langen Wünsche der Handlungsgehilfen und Kaufleute, und er wartet, daß der Hohe BundcSrat und der Hohe Reichstag dem Gesetze nur in dieser Fassung ihre Zustimmung erteilen werden. — Bezüglich der Sonntagsruhe, des 8 Uhr-Ladenschlusses und der Arbeitszeit in den Kontor- und Lagergeschäften wurden Petitionen an das sächsische Ministerium und den sächsischen Landtag gerichtet. — Die Handelskammer Dresden stellt von jetzt ab kostenfrei künstlerisch ausgestattete Anerkennungs-Urkunden ans für solche Personen, die ununterbrochen mindestens 25 Jahre in demselben zur Handelskammer beitragspflichtigen Fabrik-, Handels- oder sonstigen Betriebe beschäftigt sind und sich durch gute Führung und tüchtige Leistungen ausgezeichnet haben. Ein Anrecht auf Verleihung einer Anertennunas-Urkunde besteht nicht. Anträge auf Verleihung solcher Urkunden sind von den Inhabern oder gesetzlichen Vertretern lDircktorens der Firmen auf Vordrucken cinzurcichen, die von der Kammer unentgeltlich zu beziehen sind. — Im Exner-Prozeß in Leivzlg kam essest«» wiederum zu längeren Auseinandersetzungen zwischen den Sachverständigen der Verteidigung und Exncr über die Zulässigkeit von Rück- datlrrungen. Am 28. Dezember 1900 wurde in der AusncbtSratS sttzunq der Leipziger Bank im Beiseln des Direktors Schmidt be schlossen, daS Trustkonto sowie das Konto mit der Berliner Finanz» und Handels,eitnng zu schließen. Dies wurde am 13. Januar 1901 vom Kasseler AulsichtSrat genehmigt, die Konto schließung aber noch ini alten Jahre in den Büchern verzeichnet Sachverständiger Prof. Lampert hält dies für zulässig, da das Geschäft bereits im alten Jahre vorgeichlagen war. Sachver ständiger Plaut bezeichnet die Nückdatierung als unzulässig, weil daS Geschäft endgültig erst am 13. Januar geschlossen wurde. Zum mindesten hätte ein Jntcrlmskvnto angelegt werden müssen Sachverständig« Kommerzienrat Sieskind-Sicskind erklärt sowohl die Rückdatierung wie ein JnterimSkonto als absolut unstatthaft Die Niickdatleiimg lei geeignet gewesen, die Aktionäre zu täusche» Im weiteren Verlause bezeichnet Sachverständiger Plant die Nück- datierung von 650000 Kronen ungarischer and 815 OM Kronen bosnischer Aktien als unzulässig, weil tue betreffenden Geichäste erst Im Januar 1901 perfekt geworden sind. Betreffs der Bosnier sei eine Aenderung der Bilanz bewirkt worden. Der daraus als Zeuge vernommene Kaulrnann Renner bekundet ans Befragen, er habe in Hamburg eine Gerb- und Farbstoffextraktsabrik. Obwohl diele 11 bis 12 Prozent Dividende gehabt habe, sei von seiner nachträglich in ein Aktienunterncbmen un,gewandelten Gesellschaft — Der Vorstand der Orlsrguppe Dresden vom deutsch» evangelischen Frauenbund gibt die Wahl von Frl. Natalie Hübel als erste Vorsitzende und Frau Hauplmann Bausch ass deren Stellvrrtreterin brtaunt Gordon sagt Renner, der Direktor tVinNrnfk «-ine« Mnnimk mit döien Betragen des Verteidigers v Schmidt habe keineswegs den Eindruck eines Mannes Absichten gemacht. Ans Befragen des Staatsanwalts Weber bc kündet Renner. Schmidt habe ihm das Obligo der Treber- aesellichaft bei der Leipziger Bank ans nur 3 bis 4 Millionen beziffert. Zeuge Kaufmann Rothe-Hamburg berichtet über die von ihm für tue Trebergesellichaft bewirkten Äktienverkäuse, die stets vorher von der Leipziger Bank genehmigt gewesen wären. In der Nachmittagssitzung wird daS Protokoll der Obltgoloinmiisions- sitzung vom 8- Februar 1901 verlesen. Darin wird beschlossen, den Kiedit der Trcberge'ellschast uni eine Million zu erhöben. Weiter gelangt das Protokoll der AnffichtSratSsihung der Leipziger Bank vom 21. Februar 1901 zur Verleiung. Tanials wurde beichlossen, der Generalversammlung vorzuschlagc», aus dem erzielten Rein gewinn von rund ü>/, Millionen 9 Prozent Dividende zu zahlen. In den weiteren zur Verlesung kommenden Brie'en schreiben Exncr und Dr. Gentzich an Schmidt: „Wir konnten Ihre Anweisung nicht respektieren, da wir die begründete Vermutung haben, daß Sie daS Geld zu Aufkäufen von Treberaktien verwenden.- Ferner schreibt Exn« an Schmidt: .Nachdem dir Fusion jetzt zu stände gekonimen ist, sind wir nicht weiter in der Lage. Ihnen Geld zu gewähren, Sie müssen sich schon jetzt anderweitig Kredit verschaffen." Schmidt antwortete: .Woher soll ick jetzt schnell anderweitig Kredit erhalten ? Wenn Sie mir jetzt plötzlich die Hilfe verweigern. Ist der Ruin unserer Gesellschaft und der Leipziger Bank unausbleiblich.- — Am 1. d. M. konnte Herr Albert Richard Faber au eine 25iäl»ige Tätigkeit als Buchhalter bei der Dresdner Bank, hier, znrückblicken, bet welcher Gelegenheit dem Jubilar seitens der Direktion und Kollegen verschiedentlich« Ehrungen zu teil wurden. — Vergangenen Sonnabend waren es 25 Jahre, hakHerr Verwalter Betzing seine Kräfte in den Dienst der Wald- ichlößchenbrauere» stellte. Aus diesem festlichen Anlässe batte die Direktion dieses Etablissements zu Ehren des Jubilars ein Fest essen auf der .Waldichlößchen-Terrasse- ausgerichtet, wobei dem Jubilar zahlreiche Ehrengaben seitens des Direktoriums, sein« Mitangestelllen und vieler Freunde und Bekannten dargebracht wurden. — Mit dem gestrigen Tage erfüllen sich 40 Jahre, seitdem der Arbeiter Friedrich Gottlob Ziller in der hiesigen Steingut fabrik von Villeroy u. Noch beschäftigt wird. — In betreff des geplanten Reitbahn st raßeaburch- bruchS ist nunmehr am 28. Februar eine von 38 Anliegern, also von fast sämtlichen dabei in Betracht kommenden Interessenten, Unterzeichnete Eingabe an den Rat abgegeben worden, dahin gebend, nach Maßgabe des von den Architekten Herren Rose und Röhle hier ausgearbeiteten Planes den projektletten Straßen- durchbruch von der Reitbahnstmßc nach dem Wien« Platz in direkter Richtung nach dem Hauptbahnhofe zu im Bebauungsplan der Servorstodt endgültig festlegen zu wollen, damit den beteiligten Grundstücksbesitzern und späteren Bauunternehmern eine gewisse Sicherheit und bestimmte Anhaltspunkte darüb« gewährt werden, wir sie sich bet der künftigen Durchsühruna vieles Durchbruches und der Bebauung de» gesamten tu Frag« kommenden Areals zu Verhalten haben. Amtliche Bekanntmachungen. Beim hiesige» Stadtkrankenhause Iriedrichstadt ist die Stelle eines Hilfsarztes an der 2. inneren lmedizinischen 'Abteilung sOberarzt Hosrat Dr. Fischers vom 1. April an neu zu besetze». AuS der von Fräulein Klara Henriette Auguste Tittmann in Dresden letztwilltg errichteten Stiftung für Studlerenbe an ein« deutschen Universität sind wievcrum einige Stipendin zu vergeben. Dieselben sind in erster Linie bestimmt für Miiglteder der Familie der Stisterl». insbesondere für Abkömmlinge der Frau Johanne Pauline Fiievrtke veno Pastor Schröter ged. Titlmann in Goiznv. des Dozenten Tr. JulinS Tittmann in Göttingen. de» PkarrreS Ernst August Tittmann in Elaußnitz bei Sapda und deS Superintendenten Dr. Karl Christian Titlinann in Dresden. VewerbungSgesuche sind mit den «forderlichen AuSweiSpapieren und Zeugnissen Ins zum 21. März bei dem StfftSamte, Lanbhaus- straßc 7. 3. Etage, einzureichen. ragesgeschichte. Deutsches Reich. Das Gerücht, daß der Kaiser den König von Dänemark zu dessen Geburtstag am 6. April besuchen werde, bestätigt sich nicht. Damit fallen auch gewisse Kombi Nationen weg, die sich an ein Zusammcntressen des Kaisers mit gewissen Mitgliedern der dänischen Königssaintlie, wie dem Herzog von Cumberland. geknüpft hatten. Der Geburtstag fällt m die Charwoche, und in der reist der Kaiser niemals. Er wird wahr scheinlich zu einem spätere» Zeitpunkte seinen Besuch in Kopen Hagen machen. Der Kaiser empfing am Sonntag den sächsischen Kriegs minister v. Hau je», den Gesandten in Chile, v. Reichenau, und den italienischen Militäratlachü Oberstleutnant Gastaldc-.o, der Gc- scksichtswerke^ der itastcniichcn Truppenteile übergab. Sämtliche Bonner Korps Freiherr , im Gewerbehause eine zahlreich besuchte Vorbesprechung den Vorarbeiten für das Lest wurden zunächst eia Ge- schuß» sowie Sonderausschüsse gewählt. Herren wurden zur Mittagstafel geladen. Bei dem Kaiser hatte eine Deputation des Bonn, „Borussia", bestehend aus Gras Lehudorss, Gras Dönhoff, o. Lersner und Graf Brassewltz, eine Audienz. Prtnzeisin Gabriele von Bauern, die mit ihrem Gemahl, dem Prinzen Rupprechl, eine Jndienreije macht, ist erkrankt nnv mußte in Bandung Zurückbleiben. Sie halte eine Anhöhe bei Pvcntjak «kielten, wollen und war dabei von einer Unmenge „Land--Bl»legel angesallen woiden. Diese Tierchen haben der Pnnzcssin einen heftigen Fieberansaü eingcliagen. Der Staatssekretär Gras Posadowsku hat Emlavunge» zu ein« pailamentanichcn Abendgeiellfchajt auf Donnerstag, den 12. März, «gebe» lassen. Bei dem Aussehen, welches die Erörterungen in der Budget, kommission des Reichstages über die Forderung zur Erwerbung des Truppenübungsplatzes Ne »Hamm er erregt haben, wird der Wortlaut der Erläuterung von Interesse sein, durch welche die Etatsüberschreitung um 3 Millionen Mark begründet werden sollte. Es heißt da: „Ueberschlaa .... nach neuer Ermittelung 9000000 Mark, bisher 6000000 Mark." „Tie Kostenerhöhung ist verursacht durch Höhere Grundcrwcrbskosten, als nach den ersten Sachverständlgentaxcn anzuuchmcn waren, durch Mehrausgaben für Rodungs- und Eiiiebmlngsarbciten, durch umfangreiche Ent wässerungsanlagen zur Trockenlegung der Sumpfstrecken, Mehr aufwendungen für Ehaussccballtcn, Ansamungen und den Lager- bau, sowie durch Mindercrlöse für Holz." Hiernach und nach den in der Budgctkommisfion abgegebenen Erklärungen ist jede Art von Ausgabe oder Einnahme unrichtig veranschlagt worden! — Einem Artikel der „Köln. Bolksztg." ist noch Folgendes zu entnehmen: Der Uebungsplatz für das sechste sschlesischej Armeekorps bei Neu- hammcr war im Jahre 1900. wie Abg. Müller fFuldaf feststellte, infolge von Erklärungen der Militärverwaltung genehmigt worden, die sich nachher als völlig unzutreffend herausstellten. Darnach sollte dos Hauptgelände mit etwa 4200 Hektar, welche vom Grafen Alfred Dohna «worben werden sollt«,, mit 2'/t Millionen Mark gekauft werden. Davon sollte jedoch als Ertrag der darauf stehen den „guten Holzbcstände" etwa 1 Million in Abgang kommen, sodaß die ganze Fläche nur l^h Million Mark kosten würde. Jetzt stellt sich heraus, daß sie dem Grafen Dohna niit mehr als 2 800 000 Mk bezahlt wurde, und daß der darauf befindliche Wald wertloses Go büjch war, das nicht einmal die Kosten der Abholzung deckte, ge- schweige denn 1 Million Mark cinbrachte. So «gibt sich eine Differenz von 1550000 Mark zu Ungunst«, des Reiches. Außer- dem aber stellte sich noch heraus, daß das Terrain so ungeeignet als möglich war, zum Teil aus Flugsand, zum Teil aus Sümpfen bestand, und daß die Herstellung der Entwässerung und die Straßenanlagen usiv. noch weitere Mehrkosten in Höhe von etwa Ihs- Millionen Mark erforderten, sodaß im ganzen Mehrkosten von rund 3 Millionen entstehen. Von vornherein war man bei der Schätzung des Landes weit über seinen Wett hinausgcgangen. Hinterher hat man dem Grafeil aber noch einen diese Schätzung weit übersteigenden Preis gezahlt. Das Hektar war etwa 200 Mr. wert; gegeben bat man etwa 660 Mark dafür. Viele Bauern, die Grund und Boden abtreten mußten, haben sich dagegen bitter über Benachteiligung beklagt. Ja, einem Bauern wurde im Erpro- priationsverfayren angeblich für den Uebungsplatz ein stück Land abgenommen, das man dann an den Grafen Dohna zur Arron- dierung seines Besitzes abtrat. Man staunt förmlich, daß solche Dinge bei uns möglich sind, und die Äudgetkouimisswn unterließ nicht, ihre Meinung sehr deutlich darüber auszusprechen. Da die Hauptausgaben jetzt einmal erfolgt sind und man den halbseitigen Uebungsplatz nicht unvollendet lieg«! lassen kann, wird dem Reichs- tage leider nichts anderes übrig bleiben, als die Mehrkosten noch nachzubewilligen. Auf Antrag des Berichterstatters wurden iw dessen von der diesjährigen Nachforderung 620000 Matt ein. stimmig gestrichen, um dem Unwillen des Reichstages über diese Vorkommnisse Ausdruck zu geben. Abg. Müller sFuldaj brachte ferner eine Resolution ein: „Den Reichskanzler zu ersuchen, oei künftigen Anforderungen für Vene Truppenübungsplätze genaue Entwürfe und Voranschläge, sowie Vorverträge über den Ankauf des in Betracht kommenden Geländes oorzulegen." Diese Reso lution wurde mit dem Hinweis begründet, daß ähnlichen Vor kommnissen wie beim Uconngsplatze des sechsten Armeekorps ein Riegel vorgeschoben werden müsse und trotz des Widerspruchs des Kricgsministers einstimmig angenommen. Im Plenum wird die Angelegenheit unzweifelhaft noch zu Debatten führen, die der Militärverwaltung sehr unbequem sein werden. Für den Truppen übungsplatz des 11. Armeekorps bei Ohrdruf waren 80000 Matt als erste Rate gefordert, die Gesamtkosten sollen sich auf 9000000 Mark belaufen! Auch hi« scheint es sich um eine „Dornaus- zicherei" zu handeln. Interesse daran sollen hauptsächlich einige Großgrundbesitzer im Gothaischen haben, während die große Zahl kleiner ländlicher Besitzer, insbesondere des Dorfes Mühlberg, welchem 2600 Morgen obgenommen werden sollen, darunter auch eine größere der Gemeinde gehörige Fläche, welche mit 24 000 Obst- bäumen bepflanzt ist, die im besten Ertrag stehen, entschieden gegen diesen Uebungsplatz protestiert. Ucber diese Position berichtete Abg. Müller sFuldaj- Er beantragte Ablehnung sowohl in Konse- quenz der gefaßten Resolution als auch mit Rücksicht auf den Pro- test der bäuerlichen Beoölkernng, welche um die Grundlage ihrer Existenz kommen würde, wenn ihr 2600 Morgen abgenommen werden. Die Heeresverwaltung verteidigte ihren Standpunkt nach Kräften und fand dabei die Unterstützung des gothaischen Bundes ratskommisfars v. Bonin, der extra zum „Dornausziehen" her- geschickt zu sein schien. Die Kommission trat jedoch einstimmig dem Anträge des Abg. Müller sFuldaj bei, lehnte die Forderung von 800000 Matt ab und bewilligte »ur 25000 Mark für die Vor- arbeiten und Vorvcrtragskosten für Ermittelung eines anderen Ucbungsplatzes im Bezirk des 11. Armeekorps. Zum Schutz der Bauern gegen solche Expropriation, wie sie bei Ohrdruf geplant war, brachte Abg. Müller sFuldaj unterstützt von den Abgg. Graf v. Roon und Graf Oriola und Frese noch eine Resolution dahin gehend ein: „Ten Reichskanzler zu ersuchen, der künftigen An- sorderungen von neuen Truppenübungsplätzen solche Projekte grundsätzlich auSzuschließen, durch welche die Schädigung einer großen Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe eintreten würde." Auch dieje Resolution fand die einstimmige Annahme der Kam- Mission. Ueb« die Kurse der deutschen Reich»» und Staat»» laviere schreibt der „RelchSbote": Noch immer werben die »rutschen Reichs- und Staatspapiere an den Börsen wenig« hoch eingeschätzt als die Schuldverschreibungen einer ganzen Reibe von Staaten, die weit weniger Sicherheit bieten als da» Deutsche Reich. Nicht nur die Schuldverschreibungen Englands. Frankreichs »nt» der »ordamerikanischen Univn, sondern auch diejenige» der Schweiz. Belgiens. Hollands und Dänematts werden höher klassifiziert als die deutschen Reichs- und StaatSPapiere. Früher bat man zur Erklärung dies« Tatsache arigesührt, daß da» Deutsche Reich nicht eine» so großen Reichtum aufzuwcise» habe, wie die genannten anderen Länder. Diele Beliauptirug läßt sich indessen nicht mehr ausrecht erhalten. Die Ursachen dn bedauerliche» Erscheinung sind nach ander« Richtung hin zu sirchrn, in brr nationalen Indole»; des deutsche» Großkapitals, das für densiche Reicks» und Staatspapiere kein Interesse bekundet, weil daran nichts verdient wird, in der manaelhaiten Erziehung des deutschen Sparers nnv Kapitalisten, der sich »ur zu leicht zum Ankarff von Dividenden- und Spielpapteren wie von exotischen Werte» ver leiten läßt, um höhere» Zinserigennß z» erzielen, und nicht zuletzt i» dem irrtnsor lang laisr-er aller der zuständigen Stellen, die sic!, um das Geschick der emittierte» deutschen Reichs- und Staats- vapiere nicht im geringste» kümmern. Mit überraschendem Erfolge hat die Staatsverwaltung namentlich in Frankreich und in Lester reich a» der Hcvnirg des StaatStrediteS gearbeitet, indem sie darauf himvirkte, daß die öffentlichen Sparkassen veranlaßt wurde», ihre überslüssige» Gelder tn Staatspapiere» aiizuleae», also sin Ttaatspapiere als stets bereiter Käufer aiif dem Markte zu er scheinen. Dadurch wurde» die Kurse der Stoaispapiere vor Schwankungen und besonders vor gelegentlichen Angriffen der Bcmsicrs gelchühl und nachhaltiger als zuvor und mit größerer» Vertrauen schritt auch das Publikum zum Ankauf von Stants- papieren. Tic Verhandlung im Reichstage hat am Freitage gezeigt, daß die Negierung und alle Parteien mehr oder iveniger eifrig und bereit sind, die KraitkenoersichernngSnovelle noch irr dieser Session zu flandc zu bringe». Alle Redner stimmten darin überein, daß der Entwurf lückenhaft ist und die in der Kranken- Versicherung notwendige durchgreifende Reform nicht bietet. Man stellte sich aber vorwiegend ans den Standpunkt, das Bessere >ei der Feind des Guten, eine groß angelegte Reform würde man letzt nicht erledigen können, und bei dem Versuche würden die in der Novelle gebotenen Vorteile der Ausdehnung der Kranlenunter- ftützung von 13 auf 26 Wochen und der Erhöhung der Uule» itützungszcit der Wöchnerinnen von 4 auf 6 Wochen weiter miss Ungewisse den Versicherten vorenthalten werden. Andererseits ward die Befürchtung ausgesprochen, daß durch die Annahme der vorliegenden Abschlagszahlung das große Werk einer gründlichen Aenderung der Krankenversicherung zu lveit hinausgcschoben und zu unsicher werde. Staatssekretär Graf Posadowsky hat das alte, seit einigen Jahren zritückgestellte Problem der Vereinigung oller Versicherungsgesctze: Kranken-, Jnvaliditäts- und Unsallllettichc- rung, als Zukunftsmusik wieder sympathisch gestreift. Zugleich befürwortet der praktische Sachkenner Tr. R. Freund in der „Soziale» Praxis" neuerdings die Verschmelzung der Krankenversicherung mit der Invalidenversicherung. Er betont dabei einen Haupt mangel der jetzigen Organisation der Krankenversicherung: „Die paritätische Organisation der Arbeitervcrsicherungsämter — gleiche Anzahl Arbeitgeber und Arbeitnehmer — würde eine Ab weichung bilden von dem bisherigen Vcrtrctunasverhältnis der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in den Krankenkassen, welches den Arbeitnehmern zwei Drittel und den Arbeitgebern nur «n Drittel der Stimmen zumeist. Aber jeder einsichtige Sozialpolitiker wird diese Aenderung mit Freuden begrüßen, denn das bisherige Stim menverhältnis m den Krankenkassen hat tatsächlich zu großen Un- Ailträgüchkeiten geführt. Das ungleiche Stimmenverhältnis zwischen Arbeitgebern uns Arbeitnehmern bringt aber die völlige Ohnmacht der Arbeitgeber mit sich, hat infolgedessen vielfach zu schweren Konflikten innerhalb der Verwaltung der Krankenkassen geführt, öfters mit dem gänzlichen Rücktritt der Arbeitgeber von der Ver waltung geendet und so die bestehenden Gegensätze zwischen Ar beitgebern und Arbeitnehmern noch mehr verschärft. Eine Organi sation, in welcher Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam erfolg reich wirken sollen, in welcher das gemeinsame Wirken zugleich einen versöhnenden Einfluß ausüben soll, kann nur auf der Basis der Gleichheit des Stimmenvcrhältmsscs und des vermittelnden Vorsitzes eines Unparteiischen begründet werden." Die Sozialdemokraten sollen beabsichtigen, im Wahlkreis München 1l. der bisher durch Herrn v. Vollmar vertreten war, einen anderen Kandidaten anszuftellen, da ihnen dieser Wahlkreis durchaus sich« sei. v. Vollmar soll jetzt für München I kandidieren, und durch seine Person hofft man auch diesen bisher von dem wildliberalen Abgeordneten Schwarz vertretenen Wahl kreis der Sozialdemokratie gewinnen zu können. Frankreich. Aus Paris war gemeldet worden, daß die Budget kommission der Tcputiertenkammer im Einverständnis mit dem Finanzmimst« Nonmer beschlossen habe, rusiischcs Petro leum mit einem Zuschlagszoll von 1,25 Francs pro 100 Kilo gramm zn belegen. Jetzt wird berichtigend gemeldet, daß es nicht „russisches", sondern „rohes" Petroleum heißen müsse. Der Fehler rühre daher, daß bei der telephonischen Aufnahme der Depesche statt: „Lotrolss brrrts" man „INtrolos russes" gehört habe. Emen wie ungünstigen Eindruck die Nachricht von der angeblich bevorstehenden Einführung eines Zuschlagszolles, speziell auf das russische Erdöl bei der „nation »iriio c>t ulliov" gemacht bat, erhellt aus einem Artikel der St. Petersburger „Nowosti", der den Franzosen sofort erklärte, sic sollten ihre an die Person des nunmehrigen Vertreters der dritten Republik am St. Peters burger Hofe, des Herrn Bompard, geknüpften Hoffnungen auf das glatte Zustandekommen eines neuen französisch-russischen Handelsvertrages erheblich herabsetzen. Durch die prompte Richtig stellung des irrigen Pariser Telegramms loird die ruffische Ver stimmung wenigstens zum Teil be'eitigt werden. Denn wenn die allgemeine Erhöhung des Eingangszollcs auf rohes Petroleum den russischen Produzenten auch nicht gerade erfreulich fein kann, so stellt es sich doch immerhin heraus, daß das russische Erzeugnis nicht ungünstiger behandelt werden soll, als das anderer Länder, insbesondere das amerikanische. Kriegsminister General Andre- hat aus Anlaß dcrJahrhundertfcier Edgar Ouinets die Polytcchniker begnadigt, welche wegen Ver weigerung der Ausarbeitung von Schulaufgaben aus der „Ecolc polytechmque" verwiesen und zu den Regimentern verletzt wurden. Spanien. Der Generalkommandant von Fcrrol, welcher seine Zustimmung zu einer von 7 Hafcnkommandanten an das Mini sterium gerichteten in unangemessenen Ausdrücken avgcsaßten 'Denk schrift gegeben hatte, ist seiner Stellung enthoben worden. Holland, lieber die Ausstandsgesctze wird der „Köln. Ztg." aus Amsterdam ocschricbcn: Tie Rede, mit welcher der Ministerpräsident Dr. Kapper der Zweiten Kammer die infolge der letzten Ereignisse notwendig gewordene» Gesetzentwürfe vor legte, bat einen außerordentlich günstigen Eindruck gemacht, und was besonders wohltätig berührte, war die Entschiedenheit, womit die Regierung ihren festen Entschluß verkündete, der Wieder- Hölting von Ereignissen, welche man in den abgelauscncn Wochen erlebt hatte, ein für allemal zu steuern. Interessant war das Bekenntnis^ daß die Regierung durch den Ausstand der Eiscn- bahnbedienstetcii vollständig überrumpelt worden war, und daß sie auch nicht über die nötigen militärischen Mittel verfügte, um, wenn sic einmal eingcgrisscn hätte, dem Gesetze die gebührende Achtung z» verschaffen. Es ivar allerdings eine hatte Lehre, das; cs eines die Lcbcnsbedinaungen der Gesellschaft bedrohenden Aus- standcs bedurfte, um die Regierung zur Erkenntnis der im Ctraf- gcsetzbuch bestehenden Lücken zu bringen, und die Vorlage der Re gierung an die Zweite Kammer nimmt denn auch bis zu vier Jahren steigende Gefängnisstrafen für Fälle in Aussicht, die bis jetzt entweder gar nicht oder m lächerlich geringfügigem Maße strafbar gelvesen waren. Die Raschheit, mit der die drei Gesetz entwürfe ausaearbcitet worden sind, übertrifst alles bisher Da- gcwescne. Besonders der KttcgSminister Bergansins verdient in dieser Hinsicht rückhaltlose Anerkennung; die bestehende Effenbahn- Kompaanie, deren Bestimmung cs nur war, im Falle eines Krieges Eisenbahnen, Brücken usw. zu zerstören oder anzulege», die aber noch nicht zur selbständigen Leitung deS Betriebes hcrangcbildct worden Ivcrr, soll nun auch zn dieser Aufgabe herangczogcn wer den, „um unter außerordentlichen Berbältnisscn den Dienst auf einzelnen Hanptlinien. wenn auch i» beschränktem Umfange, auf recht zu erhalten". Daß cs der Regierung wirklich ernst ist, nicht nur repressive Maßregeln zu ergreifen, sondern für die Herstellung dauernd geordneter Zustände zu sorgen, geht aus der dritten Vor lage hervor, die eine Untersuchung über die Rechtsverhältnisse und die Bedingungen, unter denen das Personal bei den Eisenbahnen ongestellt ist, anordnet. Es soll zu diesem Zwecke eine Staatsrom- Mission ernannt werden, der das Recht verliehen werden muß, Sachverständige und Zeugen zu vernehmen. Nur muß. wenn über haupt etwas erreicht werden soll, in diesem Falle mit den bisherigen Gewohnheiten gebrochen werden; denn alle bisherigen Staatskom missionen habe» im Tempo de» Schneckenganges gearbeitet, «d Dres-irer Nachrichten. «». Seite 3. Dienstag. 3. Mär, LV03
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