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57. Jahrgang. 224. Freitag, 15. August 1913. Bezugs-«ebübr vierteliStzrt. I»r Dr«». d«n dei tüglich zwei. n«,II,,kZulr^u»l,<an Sonn- und Moniauki» nur «inina» 7.b<> M., durch »»»wilrüfteNoni. mWouure dis ».bc»Pt, Bei einmaUger Zu- lieilunq durch dl« Polt SM. (»>>»« Br»«i>n«,d>. Ausland: Oesier- nich-Ungar» L,»!> Kr., Schwri, d.lil, Fr«».. Ztatirn 7,>7 Lire. — Nochdruck nur mit txutttcher Quellen- »ngabe („Dresdner Mchr."> zulässig, lln. »eriangie Manuslripir »erd.nlchlausbewahrt. TelegramnoSidressc: Rachrichten Dresden. Sanunelitummer sür sämtl. Telephouanschlüsje: LS 241. Nachtanschlust: 11. Druck und Verlag von Licpsch L Rcichardt in Dresden. bä-jer Visns-Lac! »(Uk'-Säcisi- slisi- 22 öü^Sfwiess 22. A»<eige»-Taris. ülnnahme »on ilnkün- digungc« di» nachm. :l Uhr. Lonniags nur Moriensirasie »» von il bis >/-> Uhr. Die einspalügc Zeile (etwa d Silben, d« Pf., die zweisvaiiige Zeile aus lleriseiie 70 Pj.. die zweispaii. Rekiamezeüe l.bo M, gamilien- Nachrichten aus Dres den die einspaii. Zeile Sb P>. - I» Slum- mcr» nach Sonn- und Kelerlagen erhdhier Daris. — Auswärtige Sliifirüge nur gegen Borausbezahiung. - JcderBelrgdialtlvPf. Hauptgeschäftsstelle: Marirnftrastc ÜK4K. rue xrünclliclleli ljeseili^uiiL von imiiii»! nn^vi», WaNLSN U8PV. so k>lcnnix. Versancl nach ausvärts. Löllisl. Lolspotdelrv, Vrvsävll-^.. Ssorssvtor. VertanLe» 8ie ükkis» »ui- kaäebel'Aer?il8nei- ADW L rMIV KiWMv in »Nsn M »r»- IllMkllctiii' Llilttltmleki'iclil Itinl«»!»!. kradedepAer Lxpoi't.diei-vi'Äuei'ej. t KU Ni». Istemmii IMIiMel - -Hu» ^«lo» BZtsr VeiTmnil nscki ausivLilL. — Kütsloi; korlenlos. eitigo Leso-v. Mutmaßliche Wittern »ft: Zeitweise anshciternd, etwas wärmer, kein erheblicher Niederschlag. Der Bermühlung des Exkönigs Manuel vo n Por tugal. die am 4. September in S i g n> a r i n g c n statt- sindct. wird der Prinz von Wales als Vertreter des Königs von England beiwohnen. Der Fluglehrer Kunitz führte ans dem Flugplätze Halbcrstadt mit einem Fahrgast einen drei stündigen Flug aus. Der russische Botschafter v. Kiers hat dem 6s rase n Berchtold vom Verzicht Russlands aus eine Revision amtliche Mitteilung gemacht. Die österreichische Regierung wird mehr als 14 0 0 0 E rf a tz r e s e r v i st e n in Bosnien im Präscnz- slande zurückbehalten. Im englischen U n t c r h a n s c erklärte Schatz- kanzler Lllond George. es sei nicht die geringste ns sicht ans eine Ermässignng der Rnstungsabgaben vor- lmnden. Der mexikanische Minister des Aensicrn empfing den amerikanischen Sondergcsandten Lind: die Lage wird jetzt ruhi g e r beurteilt. 25 000 A u f st ä n d i s ch c der chinest'chen Provinz Hunan überschritten die Kreuze und schlugen eine kleine Zahl von Ncgiernngstrnppen. Ae Diplomatie wahrend der Balkan- Krisis. Derjenige Teil, der in der ganzen Balkankrisis am schlechtesten abgeschnitten hat, ist unzweifelhaft die europäische Diplomatie. Die Diplomaten der europäischen Kros,machte haben, solange überhaupt Balkanstaaten be stehen. ihre Hand schützend über den Zwcrggebilden von Staaten ans dem Balkan gehalten, stc haben sie seinerzeit zu Anfang des lO. Jahrhunderts. als der Befreiungskampf der von den Türken unterjochten Völker seinen Anfang nahm, ans der Taufe gehoben und ihnen ihre Unterstützung im ganzen Verlause der Kämpfe, die ans die Unabhängig keit vom Krosthcrr» hinansgingen, zuteil werden lassen. Solange diese Staaten klein und wenig machtvoll waren, teilten sich Russland und Oesicrrei.h-ttngarti, die nächst- beteiligte» Mächte, friedlich in den Einflnst ans dem Bal kan. In Streitigkeiten und Schwierigkeiten kamen die Großmächte erst dann, als die Nationalitätenkämpsc der Balkansürstcntümcr über den Bestand des eigenen kleinen Reiches hinausgrisscn. Die Balkanstaaten beugten sich, als sic selbst noch wenig gckräftigt waren und die Türkei noch Widerstandskraft hatte, der Vormund schaft der- Krostmächtc. Solange das europäische Kon zert in Balkanfragen zusammcnhielt und keine -er Krostmächtc ihre Sonderansprüche und -bcstrebnn- gcn ausdringlich in den Vordergrund schob, war cs für die Diplomatie keine schwere Aufgabe, sich den Einslust auf den europäischen Wetterwinkel zu erhalten und die Vorwärtsbewegung der Ballansürstentümer hintanzn halten. Im Eirunde genommen scheute sich jede der Mächte, das Balkanproblcm anfznrvllen, weil keine de» redlichen Versicherungen der anderen traute und von einer Ausrollung des gefährlichen Problems ein Weltbrand be fürchtet werden musste. Daher hatte mau sich seit langem ans die Formel des Ltatnsguo geeinigt, das heisst, es sollte alles so bleiben, wie cs war und wie cs stand. Von diesem Snstcnr profitierte die Türkei am allermeisten, und es war das auch durchaus kein nngesundcr Zustand, da die Türkei in ihrer Art eine staatserhaltcndc Macht darstellte und den revolutionären Versuchen der kriegerisch gesiunien Balkanstämme einen festen Damm entgegensetzte. Daher hat auch Dentschland mit gutem Grunde in dieser ganzen jetzt zurückliegenden Zeitspanne eine Politik der Stärkung und Konsolidierung des türki schen Sultanats und des Kalifenreiches getrieben. Anders wurde cs erst, als die Herrschaft der Alttürkcn durch die der Jiingtürken abgclüst wurde und die Periode des Zerfalls des ottomanjschen Reiches in allen seinen Gliedern und Teilen cinsctztc, als besonders das türkische Heer innerlich morsch und saul wurde. Nun gab eS kein Halten mehr unter den Balkanstaate». Die Sehnsucht »ach der Wiedergewinnung der Stammesbrüder in Mazedonien brach sich unwiderstehlich Bah», und die militärisch auster- ordentlich erstarkten Staaten begannen den Eroberungs krieg, in dessen Verlaus die Türkei über den -Hansen ge worfen wurde. In dem Angcnblicl, wo die Ballanstaaten ihre Sa ch e selbst in die H and nah m e n und, allen Warnungen der Krostmächtc zum Trotz, über die Türkei hersielcn und auf Landerwerb vssenknndig ausgingen, hatte die europäische Diplomatie bereits zum grössten Teil ans- gespiclt. Selbst in diesem Zeitpunkt vermochte sie sich noch nicht mit der Veränderung der Dinge nbznsinden und verfiel in den schweren Fehler, nochmals die abgebrauchte Formel des Statusquo hcrvorzuholen und daraus herum- znreitcn. Als dann eine türkische Niederlage aus die andere folgte und die Grostmächte immer noch die Formel lirlü et orlii verkündeten, hast ein Kebietsverlust der Türkei nicht geduldet werden dürfe, die Balkanier aber sich bereits häuslich in Mazedonien und Thrazien niedcrliesten und auch keine Anstalten machten, die eroberten Gebiete wieder zu räumen, verfiel die Diplomateii-Zunft etwas dem Fluche der Lächerlichkeit. Die Diplomaten musttcn schliestlich gute Miene zum bösen Spiel machen und im Prinzip dem von den Kriegführenden ausgestellten Grund satze, dast das eroberte Gebiet dem Sieger ge höre, zilsiimmen. Ernstlich einzugrciscn vermochten die Grostmächte erst, als die albanische Frage brennend wurde. Die Ansrichtnng eines albanischen Staa tes und die Zuteilung Skutaris zu diesem neuen Staate waren die einzigen Ertvlge, die die Diplomatie der europäischen Kabinette in diesem Feldzug errang. Wie groste Schwierigkeiten zu überwinden waren, ehe cs gelang, Skntari wieder den Montenegrinern abzunehmen, ist noch in frischer Erinnerung. Die albanische Frage ist dann im wesentlichen durch die Londoner Botschaftcr - konfcrcnz. dieses Verlcgenhcitsprodult der europäischen Diplomatie, gelöst worden. Es gelang nach Uebcrmindnng grosser Hindernisse, die Grenzen Nord- und Rordost- albanieus scstzusehen. und endlich ist in diesen Tagen auch die Normierung der südalbanischen Grenze durch eine An näherung des griechischen und deö italienischen Stand punktes erreicht worden. Mehr hat die Londoner Nvtschafterkonserenz nicht zn leisten vermocht. Sie konnte weder die Frage der Zukunft Adrianopels lösen, noch die Teilung der Kriegsbeute unter de» Verbündeten ans friedlichem Wege erzwingen. Als Adrianopel in die -Hände Bulgariens fiel, musste sie diese Tatsache anerkennen und der Einverleibung von Stadt und Festung in bulgarisches Gebiet znslimmcn. Die wieder holt erhobene Forderung, den religiösen Rechten des Sultans müsse in Adrianopel Genüge geschaffen werden, blieb auf dem Papiere stehen, und es wurde gar nicht der Versuch unternommen, ihr zur Verwirklichung zu vcr- Helsen. Die Grostmächte hatte» alle bisherigen Theorien über den -Hansen geworfen und sich dem Grundsätze der Balkanstaatcn anbegucmt, dast nur der W a f s eu er so lg allein entscheidet. Aber unglücklicherweise liesten sie diesen Grundsatz schon wieder fallen, als die türkische Armee Adrianopel im Verlaufe des zweiten Ballankrieges wieder nahm, und verlangten, entgegen alle» Prinzipien der Logik und Konseguenz. von der Pforte die Zurückgabe der Festung. Wenn die Pforte sich jetzt dessen weigert, so beruft sic sich nur ans eine» Grundsatz, den die Diplomatie ihr gegenüber in den Tagen der Niederlagen selbst anwnndte. Genau so siebt cs jetzt mit der Revi sion d c s B u k a r c st c r F r i c d c n S. Die Mächte können auch nicht einen sachlichen Eirund sür die Notwendiglcit einer Revision ansühren, sic haben keine Berechtigung, den Fricdeusvcrtrag nachträglich zu revidieren, um den Sieger» einen Teil der Beute wieder abzuuehmen. Eine Rcviston würde a»fs neue dem Grnndsatz ins Gesicht schlagen, dast allein der Waffenersolg zu entscheiden hat. Nach einer Revision pflegt iw allgemeinen nur der Geschlagene zu schreien. Das ist in diesem Falle Bulgarien, und zwar merkwürdigerweise dasselbe Bulgarien, das vor seinen Niederlagen eine so anmastcnde Sprache führte und die europäische Diplomatie verhöhnte. Die Mächte haben gar keinen Anlast, das Rcvistonsbcgehrcn eines Staates zu er füllen, der bei nächster Gelegenheit sich wieder über die Beschlüsse der Grostmächte hinwcgsetzen wird. Die europäische Diplomatie hat sich im Verlaufe dieser beiden Balkankricgc so oft kompromittiert, dast sic leine Ver anlassung hat, zu ihren bisherigen Niederlage» noch eine neue hinznzlisilgen. Für die Jricdenschlicstendc» ist der Vertrag von Bnkarcst unter allen Umständen bindend. Eine Niiislvstung des Vertrages müsste natiirgcmäst die Sieger erbittern und neuen Unfrieden unter den Bal- kaniern stiften. Das europäische Konzert hätte zudem» leine Möglichkeit, selbst wenn cs einig wäre, die Heraus gabe von Kawallc. vo» Griechenland zu erzwinge». Das weist man auf dem Balkan auch, wo man im Verlause der letzten Monate die Bedeutung diplomatischer Einwirkun gen der Grostmächte richtig abzuschätzcn gelernt hat. Die Balkanstaaten sind eben flügge geworden, „mündig", wie der griechische Ministerpräsident Vcnizelos aus dem Fricdensbnnkett in Bukarest sagte. Glücklicherweise ist die Revisivnsidee dank dem energischen Widerstande Deutschlands und Englands und dank dem mäßigenden Einflüsse Frankreichs aus Rußland ins Wasser gefallen. Rußland hat sich bereits zurückgezogen und Oester reich tt n g a r n damit isoliert. Wie Oesterreich-Ungarn sich nunmehr verhalten will, ist seine Sache. Die europäische Diplomatie kann mit diesem Ergebnis durchaus zufrieden sein, denn sie hat nicht viel mehr an Prestige zu verlieren, und außerdem harren noch eine An zahl wichtigerer Fragen der Lösung, die Frage der staatlichen Organisierung Albaniens, der ägäischcn Fusel» und in gewissem Sinne auch der Zukunft Adrianopels. Ter Balkanfrieden ist wieücrhcrgcsteüt, aber nicht durch die Arbeit der europäischen Diplomatie, sondern dank der Weisheit Nnmänicns und seiner vorzüglichen Staats- lcnker und Diplomaten. Der leidtragende Teil ist gewissermaßen die Diplomatie der Großmächte. Nicöer- schkagend ist das weiter nicht, denn jeder Eingeweihte weist, dast auch die M i t t e l d e r e n r o p ä i s ch c n D ip l o m a ti e nur begrenzte sind und daß der eigentliche Grund für ihre mangelnden Erfolge gerade ans dem Balkan in dem Elcge n s a tz der beiden g r v st e n Mächtegruppen im allgemeinen und den besonderen Interessengegensätzen einzelner dieser Grostmächte begründet liegt. Die beiden Mächtegruppen können wohl vorübergehend ver einigt werden, eine dauernde Uebercinstimmung des euro päischen Konzerts gerade in Oricntfragcn ist eine Unmög lichkeit. Insofern sind die Niederlagen der Diplo maten recht eigentlich Niederlagen des europäischen Konzerts. Einen satirischen Beigeschmack haben diese Niederlagen nur durch die fortwährende I n konsca n e n z bekommen, und eine solche hätte vermieden werden können. Bom Balkan. Zni« Verzicht Rlchlands auf die Revision. Die Wiener „Ncichsposl" erführt, dast der russische Bot schafter v. Kiers dem Grafen Berchtold vom Verzicht Rußlands ans eine Revision amtliche Mitteilung gemacht hat. Die Revisivnsidee sei also ausgcgcben. Es sei aber ein Trugschluß, daß damit auch Oesterreich-Ungarn auf die Wahrung seiner Interessen bei der Neuordnung auf dem Balkan verzichte. Eine andere Wiener Meldung, deren Richtigkeit jedoch an- gczwcifclt werden muß, stellt die russische amtliche Vcrzicht- lcistung als falsch hin. Tie ans russische Anregung cin- geleiketen Verhandlungen der beiden Mächte über die Re vision dauerten noch fort, man habe i» Wien jedoch nicht den Eindruck, dast Rußland sich schließlich sür die Revision entscheiden werde, und glaube, daß es sich bei dem Peters burger Kabinett mehr um eine Anstandspausc handle, um die Bulgaren nicht durch ein zu brüskes Fallen lassen für immer abznstostcn. Weitere Zurückbehaltung der Ersalzrcscrvisten in Bosnien. Wie die Wiener „Zeit" meldet, werde» die Ersatzrcser- vistcn des Jahrganges >012, die im Oktober N1I2 mit den Rekrnicn ciuberufeu und »ach erfolgter Abricktung im Pcäseiizslaude zuriickhchaltcn wurden, also nunmehr bald ein Jahr dienen, erst dann zur Beurlaubung gelangen, bis die diesjährigen Rekrut e n bczm. Ersatzrcservi st e n abge richtet sein werden und die letzteren zum Er sätze hcrangezogcn werden können, um den erhöhten Stand beim 15. und lli. Korps, der für die Kompagnie etwa 160 Mann betragen wird, zu decken. Insgesamt werden zur Ansrcchterhaltnng des erhöhten Standes in den Bereichen der beiden genannte» Korps bei der Infanterie mehr als 1 4 0 0 0 E r s atzrcsc r v i st e n i in P räscnz st ande ,z n r ü cl b c h a I t c n werden. Dieser Zustand wird so lange andancr», bis durch die Wirkung der neuerlichen Erhöhung des Rekriitenkvntingcnts eine hinreichende Ersatzmannschaft zur Verfügung stehen wird, was jedoch >m günstigsten Falle nickt vor dem Späthcrbste 1014 zu er warten sein wird. Oesterreichs Ziikmiftspolitil. Die zu hoben Stelle» gute Beziehungen unterhaltende österreichische „Nundscha»" schreibt u. a.: Bulgarien werde bei einer Politik aus weitere Sicht Rußland niemals an seiner Seite finde», während der Dreibund mit ungleich größerer Objektivität den weite ren Zukunstspläiien Bulgariens gegenüberstehc. Gleich wohl sei trotz aller Schwierigkeiten «in besseres Vcr-