Suche löschen...
01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 25.09.1903
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030925016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903092501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903092501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-09
- Tag 1903-09-25
-
Monat
1903-09
-
Jahr
1903
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 25.09.1903
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
DL LrLüt- türb Kassenbericht de» 1. Dresdner Fra«enbtlduna»verein», Struvestraße 19. 2.. über daS Schuljahr 1002 OS ist «schienen. Die Schulen wurden im Schul, jahre INS bi» 1SVS von 586 Schülerinnen besucht, die Abrndichule vou »21. die Handels- und Tage-schule von 165. Au» dem voihergehendea Schuljahre waren 154 mit in da» Berichtsjahr übergrgangen. Die Gesamtzahl der Schülerinnen ist gegen da» Vorjahr etwa» gewachsen, die Zunahme betrifft jedoch nur die Abendschule und die Handelsschule, der Beinch der Tagesschule wird durch die Errichtung der FortdttdunnSklassen an den Bürger schulen dauernd ungünstig beeinflußt. Die Abendschule dagegen wird sehr aut betucht: besonder» die Abcndklassen von 7 bi» 8 Uhr für Maschlnenühen und Schneidern, iruneisr von Mädchen und Frauen besucht, die noch nach de» Tage» ost recht schwerer Arbeit sich fleißig mühen, um nützliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu erwerben, sind immer voll besetzt, oft müsse» die sich dasür Mel denden auf eine spätere Zelt zum Eintritt vertröstet werden. — Die Einnahmen und Au-gaben wellen 17 371 Mk. 30 P!g. auf Am 5. Oktober beginnen für Sprachen und Handarbeiten neue Kurte, sowie ein halbjähriger kaufmännischer KuriuS in der Abend schule mit 8 Unterrichtsstunden wöchentlich. Nähere Auskunft wird in den Schulräumen, Struvestraße I». 2.. täglich von 9 bis 12 Uhr. Montag» auch von 8 bi» 5 Uhr erteilt. — ver Männergeiangverein „Dresdner Orpheus" hat soeben sein Programm für den kommenden Winter herauSgrgeben Darnach finden am 5. November ein Bvlksltederabcnd und am 3. März ein Konzert unter Mitwirkung hervorragender künstlerischer Kräste im ÄerelnShause statt. Nächsten Freitag, den 2. Oktober, wird lm „Ltnckrichen Bade' die Ktrmesseier ab- aehalten. Außerdem sieht das Programm noch mchiere Gesell schaft»» und Theaterabende vor. TonnerStng. den b. Mal 1904, feiert der Berein sein 70. Stistungssest im.Gewerbe Hause.' — Nachdem bereit» im Jahre 1901 drei Beamte der im Jahre 1868 gegründeten Lamprnfabrlk Krrtzschmar, Bösenberg u. Co.. Dresden, Srrrestraße 5/7, das 25jähiige Jubiläum feiern konnten, war eS der genannten Firma letzt wiederum möglich, einen ihrer besten Aiberter, den Metalldrücker Albert Zandc, zu seinem 25lährigen ArbeitSjubiläum beglückwünjchen und be schraken zu können. — Central-Theater. Uebermorgen, Sonntag, finden die letzten Sonntagsvorsührungen des September-Programms mit fernen originellen humoristischen Darbietungen statt. Stach- mittag» r/^4 Uhr gelten ermäßigte, abends ^8 Uhr gewöhnliche Preise. Sämtliche für September engagierten Künstler und Künstlerinnen treten sowohl nachmittags wie abends auf. — Den Arbeitern Schmied Uhlemann, Schlosser Kuhn. Svlnner Richter. Handarbeiter Herklotz und der Fabrik arbeiterin Reichelt, sämtlich in der Baumwolllpinnerci der Firma G. Hevmann in Äückclsberg beschäftigt, wurde das Cbren- reichen für Treue ln der Arbeli verliehen. Die Firma ließ jedem der Jubllare ei» Geldgeschenk überreichen. — Landgericht. Der 16jährige Fabrikarbeiter Richard Hugo Stolze! war rm vergangenen Sommer kür eine hiesige Molkerei als Milchausträger tätig, unterschlug im Juni und Juli 24 Mark vereinnahmter Gelder und legte seinem Herrn einen gefälschten Brief vor, wonach eine Kundin erst sür später Zahlung versprach. Der Gerichtshof diktiert dem reuigen Angeklagten 2 Wochen Gefängnis zu. — Bis zum 20. Juni d. I. war der 26jährige Expedient Max Gustav Schneider aus Strehla in der hiesigen „Leseballe" angpstellt. Längere Stellenlosigkeit hatten ihn pekuniär zurückgebracht, so daß er sich zuletzt vor Schulden nicht mehr zu Helsen wußte. Am genannten Tage vergriff er sich an der GAchäftSkaffe, floh mit 3600 Mark nach London und brachte in kurzer Zeit die ganze Summe in leichter Gesell schaft beim Spiel durch. Auf Requisition der deutschen Behörden wurde er auSaeliefert und nun zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis verurteilt. — Die mehrfach vorbestrafte Aufwärterin Dorothea Olga Schuiskoi aus Schivarzenberg nahm ihren Austraggebe- rinnen Kleidungsstücke und Schmuckgegemtände im Gesamtwerte von 32 Mark weg. Da Nückfalldiebstahl in Frage kommt, er kennt daS Gericht auf 3 Monate Gefängnis. — Ein Sittlichkeits- Verbrechen in der Richtung des 8 176,3 des Strafgesetzbuchs hat der wagen gleichartiger Verfehlungen bereits zweimal vorbestrafte Schuhmacher Alexander Albert Uhlig aus Dresden mit 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis und 3 Jahren Ehrverlust zu büßen. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt. — Als Angestellter eines hiesigen Baumeisters hat der Expedient Robert Paul Trubel einen Betrag von 400 Mark unterschlagen, davon drückende Schulden bezahlt und eine Zeitlang >n Saus und Brau» gelebt. Der Leichtsinn kostet ihm 4 Monate Gefängnis. - Der vorbestrafte Reisende Willi Surau aus Potsdam ver schaffte sich von einem Buchhändler durch Vorlegung von l3 ge fälschten Bestellscheinen einen nicht verdienten Provisionsbetrag von 13 Mark. Dieser Angeklagte hat mit 3 Monaten Gefängnis zu büßen. — Von der Aussage, an einem 10 jährigen Knaben ein Sittlichkeitsverbrechen begangen zu haben, wird der Handels- mann Friedrich August Rein aus Niedergorbitz nach längerer, unter Ausschluß der Oeffentlichkeit geführter Verhandlung frei gesprochen. — Der mehrfach vorbestrafte Stallschweizer. Max Alfred LewenSki, gen. Hühner, aus Roßwci» verübte in der Pirnaer Gegend mehrere Gelcgenheitsdiebstähle und unterschlug eine Anzahl von Arbeitsgenossen geliehener Kleidungsstücke. Die 5. Strafkamm« diktiert ihm 9 Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust zu. — Die Händlerin Anna Christiane verw. Polster geb. Richter aus Niederseisersdorf ging am 18. August in Pirna ihrem Gewerbe nach. In einem unbewachten Augenblicke ließ sie ein fremdes Deckbett mit Kopfkissen in ihrem Korbe verschwinden. Da die Diebin schon empfindlich vorbestraft ist, trifft sic nunmehr eine Strafe von 1 Jahr Zuchthaus und 5 Jahren Ehr verlust: Polizeiaufsicht ist zulässig. — Als Kassierer deS .^Zentral- verbände» deutscher Maurer" unterschlug der Maurergeselle Ernst Hermann Leßke aus JakobSthal im Zeiträume von 3 Monaten 148 Mark Versicherungsbeiträge. Seine Behauptung, er habe eine große Anzahl Ouittungsmarken verloren, findet keinen Glauben. Er wird zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Deutsche §t<iäte-nisstellung ru vresäen .^Täglich von 9 bis 6 Uhr geöffnet Prozeß Hüsfener. Da» bereit» kurz erwähnte Urteil im Proreß Hüssener ln Kiel lautete: Die Vom Kriegsgericht der ersten Mniliieinwektion am 26. Mal gegen den Angeklagten wegen vorsätzlicher körperlicher Mißhandlung eines Untergebenen mit tödlichem Ausgange in Jdealkonknrrenz mit rechiswidrigem Wassengebrauch erkannten Einzelstrafen und die von demjelben Gericht erkannten Gelamt- sreiheitS- und Edrenftrasen werde» aufgebobcn und der Angeklagte wird wegen vorschriftswidriger Behandlung eines Untergebenen und vorsätzlicher Mißhandlung mit tödlichem AuSganae in rechts widrigem Gebrauche einer Waffe zu 2 Jahren 7 Tagen Festungs haft venrrteilt, von welchen 2 Monate 7 Tage aus die erlittene Untersuchungshaft als verbüßt erachtet werde». Die iveitcrgehende Berufung deS Angeklagten und dleicniae des GerlchtSherrn wurden verworfen. AnS den Urteilsgrknden Ist hervorzriheben, der An geklagte habe nicht die Möglichkeit in Betracht gezogen, daß der Tod eintrete» könnte. Es ist ein minder schwerer Fall angenommen worden, weil der Angeklagte zum Ziehen der Waffe berechtigt war. Der Angeklagte Hüssener erllärte sofort, auf weitere Revision »u verzichten. Zu diesem AuSgange des Falles Hüssener schreibt die „Rhein.- Wests. Ztg.": Es war am Ostersonntage dieses Jahres, als die Kunde von einer schrecklichen Bluttat die Stadt Essen und bald auch alle Nachbarorte durchlief. Der Fähnrich zur See Hüssener hatte in der Nacht den Einjährigen Hartmann erstochen. Die Empörung über die Tat war allgemein. Es fanden sich wohl nicht viele Leute im ganzen rheinisch-westfälischen Jiidustricbezirke, die die Tat zu entschuldigen wagten. Die Stimmung des Volkes war so erregt, daß man besondere Vorsichtsmaßregeln treffen mußte, »m den Gefangenen bei sein« Wegfichruna nach Kiel vor oer BolkSwut zn schützen. Schon am 24. April fand tm Reichstage eine Besprechung de« Vorfälle» statt und der Staatssekretär v Tlrpltz gab seine Meinung dnhin kund, daß Hüssener in allen Fällen gegen die Bestimmungen gehandelt habe. Er verlas zu gleich Zeugnisse von den Offizieren, die ihn auSgebildet hatten, die geradezu vernichtend für den Angeklagten waren. Obwohl die Sache noch nicht verhandelt war. war Hüssener bereit» verurteilt. Am 26. Mat fand die erste gerichtliche Verhandlung in Kiel statt. ES wurden gegen Hüssener beantragt 6 Jahre Zuchthaus und Ausstoßung au» dem Heere. Ta» Gericht erkannte aber aut 4 Jahre Gefängnis und Degradation, indem es den, Anaeklagten alaudte. daß er nicht die Tötung de» Harimann beabsichtigt habe. ES erkannte auch an. daß der Angellagte geglaubt habe, er lei berechtigt gewesen, von der Waffe Gebrauch zu machen. Dieses Urteil wurde in wetten Kressen al» zu milde empfunden. Immer hin war Hüssener mit einer entehrenden St-afe belegt, leine Offi- jierS-La»sba>>» abgebrochen und er zum Gemeinen degradiert Eine allgemeine Empörung machte sich aber im deutsche» Volke bemerkbar, als am 6. Juli daS Oberkriegegericht das erste Urteil aushob und trotz des Antrages, der wiederum aui 6 Jakre Zucht haus lautete, den Angeklagten wegen vorlätzlicher Mißhandlung eines Untergebenen zu 2 Jahren Festungshaft verurteilte. Ei» ganz anderer Wind hatte bei dieser Berbaridlung geweht. Der unzureichenden Jirstruklion wurde die Schuld gegeben und von dem Angeklagten ein i» mancher Beziehung günstigeres Charakter bild entworfen. Außerdem nahm das Oberkcieasgcricht an. daß Hartman» sich gegen Hüssener gewandt uud ihn geschlagen, er demnach die Waise zur Abwehr gezogen habe. Der Unwille über dieses Urteil wich erst, als bekannt wurde, daß Revision an das Reichsmilitärgericht anaemeldet worden sei. Tieres hob dann am 26. August dieses Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an die Borinstniiz zurück. I» dem Urteil wurde hcrvorgchobe». das Vorurteil habe sich nicht deutlich über die Äillensrichtung des Angekingtcn bei Ausführung des Stoßes aus- aewrochen. Jetzt hat nun die nochmalige Verhandlung vor dem Oberkrregsgericht In Kiel statlgeiinrdc» und den kurz gemeldeten Verlauf genommen. Ohne auf die Verhandlungen, die »ur in den oben mitgeteilten Auszügen vorliegen, eiiizngelicn. können wir zu dem Urteil selbst nur dns'elbe lagen, was wir früher geschrieben habe». Es ist tick bedauerlich, daß das Rechtsempfinden des Volkes und zwar nicht etwa der großen Blasse allem, sondern des ganzen Volkes mit Einschluß der gebildeten bürgerlichen Kresse in einem so scharfen Gegensätze steht zu dem militärischen Kreise. Ebeisso bedauerlich ist es. daß die militärischen Vorschriften über bgö Geleit Verbasleler so sind, daß ein solches Urte» gefällt wer den konnte Wir zweifeln selbstverständlich i» keiner Werse daran, daß die Richter nach bestem Wissen und Gewissen geurteilt haben, daß »ach den geltenden Vorschriften und ihrer Uebeizcngung und Auffassung kerne andere Strafe mögttch war. Aber diele Ueber- zeugung und Auffassung der Nichler ciisspringt einer Anschauung vom Ossiziersstande und dem Rechte des Wnssengcbrairchs, die nicht zeitgemäß ist und sobald wie möglich einer gründlichen Revi sion unterzogen werde» mnß. Wir geben also ans Grund dieses Urteils, das wobt erne Aenderung nicht mehr erfahre» wird, dem Verlangen Ausdruck, daß die Dienstvorschriften über das Geleit der Verhafteten geändert, daß die Auswahl der Offiziere noch sorgfältiger voigenvinme» wird und daß ihre Erziehung daraus hinarbeiret, keinen Unterschied zwilchen der Rcchtsanssassung gebil deter bürgerlicher und militärischer Kreise cmskommen zu lassen Die Folgen dieses Urteils werden traurige sein, um lo trauriger, je weniger ma» den obigen Forderungen nachkommt. — Die „Bert. N. N." bemerken zu dem Urteil: Die Richter haben also die überaus milde Strafe und die dem Angeklagten sehr günstige Anschauung aus dem ersten Prozeß vor dem Oberlriegsgerichi beiliehalie». Dem allgemeinen Rechts- und moralischen Gefühl entspricht die kurze Feriungsstrafe. welche für Hüssener nichts Ehrenwidriges hat. und ihm sogar die Fortsetzung seiner Larishcrh» gestatten würde, durchaus nicht. Man wird zum mindesten er warte» dürfen, daß Hüssener unter leinen Umständen Offizier in der deutschen Marine wird. TageSgeschichte. Deutsches Reich. Der Kaiser hat sich mit der Arbeiter- Deputation in Danzig nach der bereits mitgeteilten An sprache noch längere Zeit zwanglos unterhalten. Nach der „Tanz. Ztg." erkundigte sich der Kaiser u. a. bei den Arbeitern, ob die Danzig« Wohnungsverhältnrsse gute seien und wie noch die Miete komme. Herr Urban sagte, daß er für eine Wohnung mit einem kleinen Zimmer 16,50 Mk. zahle. „Das ist noch zu teuer für Arbeiter," erwiderte der Kaiser und fragte den Ober- werftdierktor, ob in Danzig etwas für den Bau von Arbeiter wohnungen getan werde. Auf die Antwort, daß hier Baugenossen schaften gegründet und tätig seien, bemerkte der Kaiser: „Aber auch gesunde Wohnungen und möglichst in der Nähe der Arbeits stätten." Weiter erkundigte sich der Kaiser, oh für die Arbeiter auch ein ordentlicher Speisesaal und Wärmevorrichtungen vor handen seien, um das Mittagessen auszuwärmen. Er habe jetzt solche Einrichtungen gesehen, die sehr praktisch seien. Die Frau brauche dann nicht Mittag tragen, sondern kön.ne zu Hause bleiben und etwas anderes in der Familie machen. Der Arbeiter habe einen ebenso feinen Magen wie wir und esse Eisbein auch lieber, wenn cs warm ist. Der Oberwerftdirektor antwortete, daß solche Einrichtungen vorhanden seien und noch weiter ausgebaut werden sollten. D« Kaiser erkundigte sich dann nach den Danzig« Hauptgerichten uttd wie sie zubcreitet würden. „Po- muchel in Senfsame", war die Antwort. Ein Veteran der freisinnigen Volksvartei, G. H. Richter, ist 86jährig in Hamburg gestorben. Richter gehörte dem Reichs tage von 1867 bis 1870 als Vertreter von Hamburg und 1880 bis 1883 als Vertreter von Husum-Tondcrn an. In Hamburg war er langjähriger Vizepräsident der Bürgerschaft und späterer Alterspräsident. Bei der jüngst erfolgten feierlichen Einweihung der Schächte des Köiilgl. Salzwerkrs Bleicherode hat der preußische Handels- minsstrr Möller eine Ansprache gehalten, die nach der „Saaleztg." wie folgt lautete: „Das neue Kaliwerk in Vleicherode iss rm Vaterlande nur ein kleines Glied in der industriellen Entwicklung, der wir uns in de» letzten Jahrzehnten zu erfreuen gebubt haben. Wäre diese Entwicklung unseres Vaterlandes nicht in dem Maße eingetretcn, wie es geschehen ist. so hätten Hnnderttauiende von Ihnen heute nicht in der Heimat verbleiben können, wie das In früheren Jahrzehnten der Fall gewesen ist. Sie hätten den Wanderstav ergreifen müssen, um in ferner Welt ihren Platz zu finden. Daß es möglich gewesen Ist, daß alle im Vaterlnnde ihr Brot finden, daS »engt von einer gedeihlichen, freudigen Entwick lung deS Vaterlandes. Diese haben zum großen Teile die Jahre l8ti6 und 1870/7l gebracht. Ohne diese bedeutungsvollen Jahre wäre eine solche Entwicklung nicht möglich gewesen. Es ist von jeher eine Pflicht der Staatscegicning gewesen, dafür zu sorge», daß dic Entwicklnng des deutschen Vaterlandes, das so viele fleißige Hände beschäftigt, nicht ans wenige Punkte konzentriert wird, son dern soweit wie möglich verbreitet wird über das Land, soweit sich Schätze zu heben finden. Daß eS gelungen ist. auch hier aus diesem vorgeschobenen Posten an der Grenze des Eichsfeldes, wo ein ganzer Menschenschlag mit dem Hunger zu kämvsen gehabt bat, wo alle Industrie darniederlag. »cne Arbeit zu schaffe». daS ist der Staatsregieruno eine Hobe Befriedigung. Die StaaiSreglerung bat es als ihre heiligste Pflicht erkannt, nicht nur die Beschaffung neuer Arbeitsstätten der Industrie zu überlassen, sondern sie hat es als vornehmste Pflicht betrachtet, auch ihrerseits in den Kreis der industriell Schaffenden einintrelen, um ihreffcits Mitwirken z» können in der Förderung und Fürsorge für die Atbelieischast. Ich habe die feste Erwartung und sichere Hoffnung, daß der Versuch, der an dieser Stelle gemacht ist, ebenso gut ausfallen wird wie an anderen Stellen. Nicht »ur die StantSreglemng nimmt an dem Werke Anteil, an dem, waS hier getchehen. nein, auch unser aller- anädlgster Kaiser und König nimmt an dem. was hier geschaffen Ist, und an dem Feste, das wir beute liier mitfeier», rege» Anteil." Wie ein Berliner Blatt wissen will, wird sich der Reichstag voraussichtlich in der nächsten Session u. a. auch mit einem Entwurf betreffend die Sicherung der Forderungen der Bauhandwerker zu beschäftigen haben. Die schon kurz erwähnte Rede, in welcher der würltembergischc Minister des Innern v. Pischek auf dem Landwirtschaftlichen Gaufeste zu Blaubeurcn den Dresdner Sozialistentag kritisierte, hatte nach dem Stuttgarter „Staatsanzeigcr" solgenden bemerkenswerten Inhalt: Die landwirtschaftlichen Bezirks- und Gaufeste, die im laufenden Monat landauf, landab gefeiert werden, seien Feste des Dankes für eine im wesentlichen gute Ernte, Feste der Freude über die Erfolge gemeinsamer Arbeit, der Aufmunte rung zu weiteren Fortschritten, sowie der Betätigung des Gefühls der Zusammengehörigkeit, und Feste, auf welchen — so mannigfach selbstverständlich die übrigbleibenden Wünsche sind — eine gewisse Befriedigung über die allgemeine Lage zum fröhlichen Ausdruck komme. Derartige Feste seien besonders wohltuend in einer Zeit, wo von anderer Seite, wie gerade jetzt in Dresden, Haß und Kampf gegen die bestehende Ordnung gepredigt, alle Leidenschaften aufgewühlt, mit dem Worte Revolution ein freventliches Spiel getrieben und der Teufel deS gewaltsamen Umsturzes so lange an die Wand gemalt werde, bl« schließlich doch einmal der versuch einem solchen unter Herbeiführung namenlosen Unglücks für werte Kreise, insbesondere aber für die Unternehmer selbst, gemacht wer- den konnte. Gleichzeitig werde freilich dem vielgeschmähten Klassen- floate ein Zeugnrs deS unverwüstlichen Vertrauens auf ferne Ge- rechtigkeitsftebe und seine Gutmütigkeit ausgestellt, indem von ihm verlangt wird, daß er »um Zustandekonrmen von Gesetzen mitwirke, deren erklärtes Ziel in erster Linie die Schüruna und Förderung des Klassenkampses und nicht die Befriedigung saäsiicher Bedürs- nisse sein soll. Aber Staat und Regierung werden sich, davon dürfe man überzeugt sein, durch derartige Denamatione» nicht aus dem Gleichgewicht bringen lassen, sondern nach wie vor gerecht und unparleiisch nach bestem Vermögen auf die Verbesserung der Lage all« Bcrufsstände, einschließlich des Arbeiterstandes, hmzuwirkeu sich bemühen, zumal da ja auch der letztere mit der Sozialdemo kratie nicht identisch sei und da von den drei Millionen Wählern, auf die man sich stolz berufe, sicherlich der größte Teil, wenn es je einmal zu einem Versuche der Verwirklichung der Endziele kommen sollte, sich bedanken werde, den Parteiführer» Heeresfolge zu leisten. Daß aber Staat und Negierung wenn sie auch gleichmäßig für alle Stände zu sorgen haben und auch sorgen werden, mit besonde rer Freude desjenigen Standes sich annchmen. in welchem sie eine feste und treue Stütze finden, das verstehe sich von selbst. Auch künftig werde zur Förderung des Bauernstandes seitens der Regie rung geschehen, was möglich sei. Aber selbstverständlich dürfe nicht alles von der Regierung erwartet werden, die den Weltverkehr mit seinen Folgen nicht zuriickschrauben könne, sondern die Bauern müssen in erster Linie selbst durch Verbesserung ihrer Betriebe, durch Ausnützung der modernen technischen Hilfsmittel, durch ge nossenschaftlichen Zusammenschluß, durch Umsicht, Fleiß und Spar samkeit ihre wirtschaftliche Lage zu heben suchen. Daß das mehr and mehr geschehe, davon sei Redner überzeugt, das habe er auch heute wieder gesehen. Der Sicaßpurger Professor Dr. Ziegler bat aus den Salz burger Ferial-Hochschiilklirsen über die neue katholische Fakultät in Slrnßduig gesprochen: „Die katholisch-theolo gische Fakultät ist gebunden ci» die kirchliche Lehre und an das »nselsibare Lehramt. So bildet sie inncrbalb der Universität ein Glied, das sich den Gesetzen des Ganzen entzieht und sich einer sremden Macht, der kirchlichen, unterwirft, das Prinzip der Vor aussetzungslosigkeit in dem beschliebenen Sinne preisgibt. Die einzig konieglienle Lösung scheint daher die Ausscheidung der katho lisch-theologischen Fakultäten ans dem Lehrkörper der Universitäten zu sein. In Teuischlanb aber haben gerade die freieren und feineren Geister unter den Katholiken selbst stets an der Zugehörig keit der theologischen Fakultäten zu den Universitäten festgehnllen. Natürlich im Jitteresse der Freiheit. Im katholischen Theologic- prosessor steckt doch immer der deutsche Professor und damit ein ganz kleines Stück „Los von Rom". Das weiß auch die Kurie, und das ahnen auch die Negierungen. Die deutlche Reichs- ceaierung und die eliässische Laiideslegierung hätten sich nicht so dringlich bemüht, die Zuililiimung Roms zur Gründung der katho lischen Fakultät iu Straßburg zu erhallen, wenn sie nicht das Ge fühl gehabt hätten, an der Fakultät gebildet» Geistliche seien ge bildeter, das will siMii fiel«, loser von Rom, nationaler, deutscher, als die im Grand Leminaire zu Sttaßburg oder Metz erzogenen Geistlichen. Sie mochten den Einfluß überschätzen, in ihren Er wartungen zu optimistisch gewesen sei», aber elwas Wahres ist doch daran, und darum habe ich nicht den Mut und glaube nicht, das Recht zu haben, die eine prinzipiell richtige und konsegueitte For derung aiiszustellen: Weg mit allen katholisch theologischen Fakul täten aus irisieren Universitäien I Wen» ich die Macht dazu hätte, ich würde mich lehr bedenken, sie von uns zu stoßen und dem un fehlbaren Lehrainte der Kirche ganz auszuiiesern. Es ist logisch nicht richtig, es ist nicht konsequent, ist auch nicht beguem für uns. daß wir diesen Fremdkörper an unseren Hochschulen habe»: aber so lange er bei uns sein will, müssen wir ihn bei uns dulden und ertragen, gerade auch im Dienste der Freiheit selber." Die Gründung eines damischen Landesverbandes der jung- liberalen Vereine hat sich in München vollzogen. Der Verband tritt mit einer vorläufigen Anzahl von 1500 Mitgliedern i»S Leben. Zum Vorsitzenden wurde 'Rechtsanwalt Dr. Gold- ichmit-München und sür die Dauer eines Jahres München zum Vnrort gewählt. Aus Antrag des Vereins Augsburg faßte der Verband folgende Resolution, die der Landtagssraktion übermittelt werde» soll: „Wir erwarten von den liberalen Voltsvertretern, daß sie alle reaktionären Bestrebungen entschieden bekämpfen und sür die vcrsgssungsinäßigen Vvlkscechle und sür eine entschieden sreihettlichc, fortschrittliche und entschieden soziale Politik eintrelen. Wir halten iiisbcwiidere auch eine berechtigte Kritik unserer öffentlichen Zustände für eine der ersten nationalen Pflichten der liberale» Volksvertreler und fordern daher, daß die selben diese Pflicht energisch und rücksichtslos ausübcn, wo immer die Notwendigkeit dazu vorlicgt. Wir erwarten weite,hin, daß unsere Adgeordnele» mit sicherer Hand die Führung der liberale» Wähleischnft übernehmen und durch eine entsprechende Auftläinngs- und Veriamiittungsiätigkeit dafür sorgen, daß eine geschlossene Wählermasse hinter ihnen stehe." In einem Artikel über „Die positive Arbeit der Sozialdemokratie" schreibt im Hinblick auf den Dresdner Parteitag die „Köln. Ztg.": Kaum jemals sind so scharfe Worte ivider Revisionismus, bürgerliche Parteien und den Staat ge ölten, wie auf dieser Tagung. Durch die Betonung des Gegen- atzcs gereizt, ist der instinktive Haß der radikalen Führer gegen ?cn Staat und die bürgerliche Gesellschaft in einer Heftigkeit zum Ausbruch gekommen, daß jegliche Hoffnung auf eine wirklich ernste Versöhnung und Mitarbeit für lange Zeit gänzlich ge schwunden ist. Die Einzelmeinung eines bedeutenden Führers wäre soweit belanglos, wenn nicht unter diesem Zeichen wieder die mehr oder weniger feste Einigkeit erzielt worden wäre. Sei es wie cs sei, welche Mentalrelervationen, d. h. Selbstlügen, die einzelnen auch gemacht haben, der Begriff d« Revolution, des Hasses gegen die Staatsgewalt, des Vernichtungstriebes gegen die Monarchie schweißte e'-nen eisernen Gürtel, der diese im einzelnen so ver schiedenen Politiker wieder unter das gemeinsame rote Banner zurückführte. Die Partei ist und bleibt revolutionär. Der Partei tag verurteilte jedes Bestreben, die vorbcmdenen, stets wachsenden Gegensätze zu vertuschen, um eine Anlehnung an bürgerliche Par teien zu erleichtern. Das sind die Leitsätze, zu denen ohne jede sach liche Prüfung, allein aus instinktivem Abncigungsgefühl der Dresd ner Tag geführt hat. Das ist ein trauriges Ergebnis, aber wenig stens ein deutliches. Es lehrt, daß das Beginnen liberaler Poli tiker. mit der Sozialdemokratie zu paktieren, ein verhängnisvoller Traum ist, es zeigt, daß es zwischen der Sozialdemokratie und dem Liberalismus rein Bündnis gibt und geben kann, daß die Parole in Zukunft heißen wird: Entlved« sozialdemokratisch oder liberal! Dringt diese Erkenntnis in den liberalen Reihen durch, dann ist die Dresdner Tagung doch nicht ganz ohne fruchtbares Ergebnis verlaufen. Die erste sozialdemokratische Versammlung, die sich mit dem Dresdner Parteitag beschäftigte, fand in Lickttenberg (bei Berlin) statt. Der Delegierte Mögler-Lichtenberg wendete sich in seinem Bericht in scharfen Worten gegen die Revisionisten, namentlich gegen Heinrich Braun. Der Parteitag habe viel Un erfreuliches geboten, doch iei es notwendig gewesen, mit den „un heilvollen Elementen abznrechnen". DaS Auftreten Richard Fischers, der als Berliner Abgeordneter sich in der Diskreditierung der Berliner gefalle, werde noch ein Nachspiel haben. Alle Wahl kreise müßten vom 2. Kreis verlangen, daß er seine» Vertreter zur Verantwortung ziehe. In der Diskussion erklärte ein Redner, die Einigkeit sei nur scheinbar hergestcllt, über kurz oder lang werde doch eine reinliche Scheidung erfolgen müsse». Die formelle Unterwerfung der Akademiker genüge nicht, man werde mltArgus- arigcn auf sie auspasse». ob sie sich auch im Rahmen des Pro gramms und der Parleltagsbelchinsse kalten. Andererseits wurde auch Bebel angcgrisicn. Er dünke sich unfchlbar und habe doch schon oft genug Böcke geschossen. Es sei unerhört, daß Bebel die selben Leute, die er gewissermaßen öffentlich backpfeift, vorher hat agitieren und wählen lassen! Wie stünden nun diese Abgeord neten vor ihren Wählern da! Als lehr zufrieden mit dcni Verlauf des Parteitages erklärte sich Reichstagsabgeordneter Stadthagen. Die Debatten seien vo» erfreulicher Offenheit und Schärfe ge wesen. Bei den Angriffen gegen Mehring habe sich gezeigt, aus welch' niedrigem geistigen Nwrau die Revisionisten stände». Die Mehrheit der Herren habe es ja für das beste gehalten, untcr- sukrlechen und dadurch der Partei die Amputation erspart. Damit ei die Sache noch nicht erledigt. Unterweisen sie sich nicht der Nesolution ihrem Inhalte nach, werde die Partei nicht mehr zögern, die nolwendigen Koiiseciuenzen zu ziehen. Italien. Es macht sich jetzt eine lebhafte Bewegung gegen die Absicht eines Teiles der sozialdemokratischen Partei geltend, den Zar mit Kundgebungen des Mißfallen» zu empfangen. Dresdner Nachrichten. vtr. 2««. Sette 3. »E Freitag. 28. September LV4»3
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)